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Zwischenrecht


Begriff und Bedeutung des Zwischenrechts

Das Zwischenrecht ist ein Begriff aus der Rechtswissenschaft, der insbesondere im Kontext von Rechtsnachfolge, Insolvenzverfahren und Eigentumsübertragungen eine zentrale Rolle einnimmt. Es bezeichnet den Zeitraum beziehungsweise den rechtlichen Zustand zwischen zwei aufeinanderfolgenden Rechtsakten, insbesondere zwischen dem Erwerb des Rechtstitels (z.B. einem schuldrechtlichen Vertrag) und dem Vollzug der dinglichen Rechtsänderung (z.B. der Eintragung im Grundbuch im deutschen Sachenrecht). Das Zwischenrecht schafft eine besondere rechtliche Lage, die sowohl die Interessen des Erwerbers als auch des Veräußerers sowie dritter Beteiligter betrifft.


Zwischenrecht im Sachenrecht

Entstehung des Zwischenrechts

Im Sachenrecht, insbesondere beim Immobilienerwerb, entsteht das Zwischenrecht zwischen dem Abschluss des Kaufvertrages (Verpflichtungsgeschäft) und der eigentlichen Eigentumsübertragung (Verfügungsgeschäft) durch Grundbucheintragung. Der Zeitraum dazwischen weist besondere rechtliche Besonderheiten auf, weil der Erwerber noch nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist, aber unter Umständen schon berechtigte Interessen am künftigen Erwerb geltend machen kann.

Inhalt und Sicherungen im Zwischenrecht

Während des Zwischenrechts bestehen verschiedene Schutzmechanismen für die Vertragsparteien. Ein klassisches Instrument ist die sogenannte Auflassungsvormerkung nach § 883 BGB, die den Anspruch des Erwerbers auf Eigentumsübertragung im Grundbuch sichert und ihn vor Verfügungen des bisherigen Eigentümers und der Belastung der Immobilie schützt. Diese Vormerkung schafft ein relatives Recht, das der Durchsetzung des schuldrechtlichen Anspruchs im Zwischenrecht dient.

Gefahren und Risiken

Im Zeitraum des Zwischenrechts bestehen für den Erwerber potenzielle Risiken, etwa im Falle einer Insolvenz des Veräußerers oder bei Zwangsvollstreckungsmaßnahmen von Gläubigern gegen den bisherigen Eigentümer. Ohne besondere Sicherung durch eine Vormerkung könnte ein gutgläubiger Dritter Rechte an dem Grundstück erwerben und der ursprüngliche Erwerber wäre unter Umständen nicht mehr in der Lage, seinen Anspruch durchzusetzen.


Zwischenrecht im Insolvenzverfahren

Begriffliche Einordnung

Das Zwischenrecht hat im Insolvenzrecht eine besondere Bedeutung. Entsteht beispielsweise nach Abschluss eines Kaufvertrages, aber vor der vollständigen Eigentumsübertragung die Insolvenz über das Vermögen des Veräußerers, stellt sich die Frage, welche Rechte der Erwerber in Bezug auf die erworbene Sache geltend machen kann.

Rechtsstellung des Erwerbers im Insolvenzverfahren

Wenn eine Vormerkung zugunsten des Erwerbers im Grundbuch eingetragen ist, genießt dieser auch während des Insolvenzverfahrens eine bevorzugte Stellung (§ 106 InsO). Er kann die Erwerbung des Eigentums aus der Insolvenzmasse verlangen, sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind. Liegt keine Vormerkung vor, ist der Erwerber in der Regel auf eine einfache Insolvenzforderung verwiesen und erhält lediglich eine quotale Befriedigung.


Zwischenrecht im Rahmen von Sicherungsrechten

Bedeutung bei der Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung

Im Rahmen von Sicherungsvereinbarungen, zum Beispiel bei der Sicherungsübereignung beweglicher Sachen oder der Sicherungsabtretung von Forderungen, kann ein Zwischenrecht entstehen, wenn die Einigung über den Übergang bereits erfolgt ist, die tatsächliche Übergabe oder Eintragung aber noch aussteht. In dieser Zwischenphase ist die Rechtslage besonders, da das Sicherungsrecht noch nicht oder nur eingeschränkt durchsetzbar ist.


Rechtsfolgen des Zwischenrechts

Schutzwirkung und Durchsetzung

Das Zwischenrecht begründet zwar noch kein endgültiges dingliches Recht, gewährt aber durch Eintragung von Vormerkungen und anderen gesetzlichen Schutzmechanismen einen relativen Schutzanspruch des zukünftigen Rechtserwerbers. Dieser Anspruch kann unter bestimmten Voraussetzungen auch gegen Dritte durchgesetzt werden, was insbesondere bei nachfolgenden Belastungen eine wichtige Rolle spielt.

Beendigung des Zwischenrechts

Das Zwischenrecht endet regelmäßig mit dem Eintritt der endgültigen Rechtsänderung, meistens mit der Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch oder, bei beweglichen Sachen, mit der tatsächlichen Übergabe oder Besitzübertragung. Mit Wirksamwerden der Verfügung wird der Erwerber uneingeschränkter Inhaber des Rechts.


Zwischenrecht im internationalen Kontext

Anknüpfungspunkte und Kollisionsrecht

In grenzüberschreitenden Sachverhalten, etwa bei Immobilien, die in verschiedenen Jurisdiktionen liegen, kann das anwendbare Recht und damit auch die Handhabung des Zwischenrechts unterschiedlichen nationalen Regelungen unterliegen. Die kollisionsrechtliche Behandlung des Zwischenrechts richtet sich nach dem jeweiligen internationalen Privatrecht (IPR).


Literaturhinweise und weiterführende Quellen

  • Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 883 BGB (Auflassungsvormerkung)
  • Münchener Kommentar zum BGB, Band 6, Sachenrecht
  • Staudinger, BGB-Kommentar, Sachenrecht
  • Brinkmann, Das Zwischenrecht im Insolvenzverfahren, ZInsO 2017, 1945

Zusammenfassung

Das Zwischenrecht stellt eine eigenständige und bedeutende Phase im Ablauf bestimmter Rechtsgeschäfte dar. Es zeichnet sich durch spezifische Risiken, Schutzmechanismen und Rechtsfolgen aus. Besonders relevant ist diese rechtliche Zwischenphase bei Immobiliengeschäften und im deutschen Insolvenzrecht, da hier wesentliche Fragen des Rechtsschutzes, der Rangverhältnisse und der Durchsetzbarkeit von Ansprüchen betroffen sind. Die genaue Ausgestaltung des Zwischenrechts ist abhängig vom jeweiligen Rechtssystem sowie den vereinbarten und gesetzlich vorgesehenen Sicherungsmechanismen.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist während des Zwischenrechts für die Verwaltung der Erbschaft zuständig?

Im Zeitraum des Zwischenrechts, d.h. der Phase zwischen dem Erbfall und der Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft durch die Erben, ist in der Regel die Nachlassverwaltung durch den sogenannten „vorläufigen Erben“ oder durch einen Nachlasspfleger gesichert. Die Zuständigkeit richtet sich nach § 1960 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) und kann auch das Nachlassgericht betreffen, sofern Unklarheiten über die Person der Erben bestehen oder wenn die ordnungsgemäße Verwaltung des Nachlasses gefährdet ist. Das Nachlassgericht kann in diesem Fall einen Nachlasspfleger bestellen, dessen Aufgabe es ist, den Nachlass zu sichern, zu erhalten und dringliche Maßnahmen zu treffen, bis die Erben feststehen und ihre Rechte ausüben können. Rechtshandlungen, die über den Rahmen der Sicherungsmaßnahmen hinausgehen, sind regelmäßig nicht gestattet.

Wie wird während des Zwischenrechts die Haftung für Nachlassverbindlichkeiten geregelt?

Die Frage der Haftung wird im Zwischenrecht differenziert betrachtet. Grundsätzlich haftet der Erbe gemäß § 1967 BGB mit dem Nachlass sowie mit seinem eigenen Vermögen für Nachlassverbindlichkeiten, sobald er die Erbschaft angenommen hat. Im Zwischenrecht selbst, also vor Annahme der Erbschaft, ist die Haftung jedoch beschränkt: Der potenzielle Erbe ist noch nicht verpflichtet, Nachlassverbindlichkeiten zu erfüllen. Bis zur Annahme der Erbschaft obliegt es insbesondere dem Nachlasspfleger, die Nachlassverbindlichkeiten lediglich zu verwalten oder Sicherungsmaßnahmen zu treffen. Eine persönliche Haftung des Erben tritt erst mit endgültiger Annahme oder ohnehin nach Ablauf der Ausschlagungsfrist automatisch in Kraft.

Können Erklärungen und Rechtsgeschäfte, die den Nachlass betreffen, während des Zwischenrechts wirksam abgeschlossen werden?

Innerhalb des Zwischenrechts sind Verfügungen über Nachlassgegenstände grundsätzlich beschränkt möglich. Befugt zur Vornahme verbindlicher Geschäfte ist, solange die Erben noch nicht feststehen oder die Erbschaft nicht angenommen haben, der Nachlasspfleger, der im Rahmen seiner Rechte und Pflichten nach § 1960 BGB ausschließlich Rechtshandlungen zur Sicherung und Erhaltung des Nachlasses vornehmen darf. Verfügungen, die das Vermögen des Nachlasses nachhaltig verändern, bedürfen regelmäßig einer Genehmigung des Nachlassgerichts. Sind die Erben jedoch bekannt und haben keine Ausschlagung erklärt, können diese gemeinschaftlich bereits, aber nur zur Nachlasssicherung, tätig werden. Über hinausgehende Erklärungen (wie Veräußerungen oder Verpflichtungsgeschäfte) ist ein Handeln ohne Annahme der Erbschaft unwirksam.

Welche Fristen sind während des Zwischenrechts zu beachten?

Im Zwischenrecht sind insbesondere die Fristen zur Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft von zentraler Bedeutung. Die Ausschlagungsfrist beträgt regelmäßig sechs Wochen ab Kenntnis vom Anfall der Erbschaft sowie vom Grund der Berufung (§ 1944 BGB). Ist der Erblasser im Ausland verstorben oder befand sich der Erbe bei Fristbeginn im Ausland, beträgt die Frist sechs Monate. Während dieser Frist darf keine Handlung gesetzt werden, die als konkludente Annahme der Erbschaft auszulegen ist. Auch Fristen für behördliche Maßnahmen (z.B. Beantragung eines Nachlasspflegers) können relevant sein.

Wie wird während des Zwischenrechts der Besitz am Nachlass geregelt?

Mit dem Tod des Erblassers geht der Nachlass gemäß § 857 BGB als Besitz automatisch auf den oder die Erben über, unabhängig davon, ob diese die Erbschaft bereits angenommen haben. Sind die Erben unbekannt oder nicht handlungsfähig, kann das Nachlassgericht den Nachlasspfleger als Besitzmittler einsetzen. Der Nachlasspfleger übt bis zur Annahme oder Ausschlagung die tatsächliche Gewalt über die Nachlassgegenstände aus und trifft Maßnahmen zur Erhaltung und Sicherung des Bestands. Eigenmächtige Maßnahmen von Dritten oder etwaigen Miterben ohne Legitimation sind in dieser Phase rechtlich angreifbar.

Kann im Zwischenrecht eine Nachlassinsolvenz beantragt werden?

Ja, die Stellung eines Insolvenzantrags für den Nachlass ist bereits während des Zwischenrechts zulässig. Gemäß § 315 InsO (Insolvenzordnung) kann sowohl ein Nachlassgläubiger als auch ein Nachlasspfleger oder sogar ein vorläufiger Erbe den Antrag stellen, wenn der Nachlass überschuldet oder zahlungsunfähig ist. Das Ziel der Nachlassinsolvenz ist es, das Nachlassvermögen von den sonstigen Vermögenswerten des Erben abzugrenzen und die Gläubiger gleichmäßig zu befriedigen. Mit der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens ist die Haftung des potenziellen Erben auf den Nachlass beschränkt.

Welche Rolle spielt das Nachlassgericht im Zwischenrecht?

Das Nachlassgericht hat im Zwischenrecht eine zentrale Sicherungs- und Ordnungsfunktion. Es bestellt Nachlasspfleger, überprüft deren Tätigkeit und erteilt erforderliche Genehmigungen für Verfügungen über den Nachlass. Weiterhin wacht es über die Einhaltung der Ausschlagungs- und Annahmefristen und koordiniert Maßnahmen, wenn Interessen von Nachlassbeteiligten gefährdet sind oder die ordnungsgemäße Nachlassabwicklung nicht gewährleistet erscheint. Bei Streitigkeiten entscheidet das Nachlassgericht im Rahmen seiner gerichtlichen Zuständigkeit.