Begriff und rechtliche Einordnung der Zweitwohnungssteuer
Die Zweitwohnungssteuer ist eine örtliche Aufwandsteuer, die von deutschen Kommunen auf das Innehaben einer Zweitwohnung im Gemeindegebiet erhoben wird. Sie dient vorrangig dazu, das Halten einer weiteren Wohnung neben der Hauptwohnung finanziell zu belasten und für zusätzliche Einnahmen der Gemeinden zu sorgen. Die Erhebung der Zweitwohnungssteuer ist Ausdruck des kommunalen Selbstverwaltungsrechts und basiert auf den jeweiligen Satzungen der Gemeinden, gestützt durch landes- und bundesrechtliche Vorgaben.
Gesetzliche Grundlagen
Rechtsgrundlage im Grundgesetz und Kommunalrecht
Die Erhebung der Zweitwohnungssteuer findet ihre Grundlage in Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz (GG) sowie im jeweiligen Kommunalabgabengesetz (KAG) der Bundesländer. Nach dem Grundgesetz dürfen die Bundesländer und damit auch die Gemeinden eigene Steuern erheben, soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelt sind.
Rechtsnatur der Zweitwohnungssteuer
Bei der Zweitwohnungssteuer handelt es sich um eine Aufwandsteuer im Sinne von Art. 106 Abs. 6 GG. Aufwandsteuern sind Steuern, die an bestimmte, typischerweise einen besonderen Aufwand für die persönliche Lebensführung kennzeichnende Vorgänge anknüpfen, wie etwa das Halten von Hunden (Hundesteuer) oder den Besitz von Zweitwohnungen. Sie wird nicht auf Einkommen oder Vermögen, sondern auf den „besonderen Aufwand“ erhoben, der durch das Halten einer Zweitwohnung entsteht.
Satzungsautonomie der Gemeinden
Die konkrete Ausgestaltung, Höhe und Erhebung der Zweitwohnungssteuer erfolgt durch Satzungen, die von den Kommunen erlassen werden. Die rechtlichen Rahmenbedingungen hierzu regeln das Kommunalabgabengesetz des jeweiligen Bundeslandes und, subsidiär, die Vorschriften der Abgabenordnung (AO).
Steuergegenstand, Steuerpflicht und Bemessungsgrundlage
Definition und Abgrenzung der Zweitwohnung
Eine Zweitwohnung ist jede Wohnung, die jemand neben seiner Hauptwohnung innehat, gleichgültig, aus welchen Gründen sie gehalten oder genutzt wird. Die entscheidenden Merkmale sind das Innehaben einer weiteren Wohnung zu eigenen Wohnzwecken sowie die melderechtliche Anmeldung.
Hauptwohnung und Nebenwohnung (Zweitwohnung)
- Hauptwohnung: Die Wohnung, in der der Betroffene sich überwiegend aufhält und die auch melderechtlich als solche bei der Meldebehörde geführt wird.
- Nebenwohnung/Zweitwohnung: Jede weitere Wohnung, die eine Person innehat und zu Wohnzwecken bereithält, unabhängig davon, ob darin tatsächlich ein regelmäßiger Aufenthalt erfolgt.
Steuerpflichtige Personen
Steuerpflichtig ist grundsätzlich, wer im Gemeindegebiet eine Zweitwohnung innehat, das heißt als Eigentümer, Mieter oder sonstiger Nutzungsberechtigter (z.B. Nießbraucher). Auch juristische Personen können steuerpflichtig sein, wenn sie Wohnraum für natürliche Personen bereitstellen, die dort nicht ihren Hauptwohnsitz haben.
Bemessungsgrundlage und Steuersatz
Die Bemessungsgrundlage variiert je nach kommunaler Satzung, umfasst jedoch meist die jährliche Nettokaltmiete bzw. eine vergleichbare fiktive Miete bei Eigenbewohnern. Der Steuersatz beträgt üblicherweise zwischen 5 % und 21 % der Bemessungsgrundlage, abhängig von der kommunalen Satzung und den jeweiligen wohnungs- und finanzpolitischen Zielsetzungen.
Ausnahmen und Befreiungen
Typische Befreiungstatbestände
Zahlreiche kommunale Satzungen sehen Befreiungen oder Ausnahmen von der Zweitwohnungssteuer vor, beispielsweise für:
- berufsbedingte Nebenwohnungen, falls eine doppelte Haushaltsführung vorliegt
- Wohnungen von Studenten und Auszubildenden am Studien- oder Ausbildungsort unter bestimmten Voraussetzungen
- Nebenwohnungen minderjähriger Kinder getrennt lebender Elternteile
- Nebenwohnungen in Pflegeeinrichtungen
- Wohnungen von Personen, die im öffentlichen Interesse (z. B. Rettungskräfte, Ärzte im Bereitschaftsdienst) zum Bezug einer Nebenwohnung verpflichtet sind
Die konkrete Ausgestaltung dieser Ausnahmen ist an die jeweilige Satzung gebunden und unterschiedlich streng geregelt.
Verwaltung, Erhebung und Rechtschutz
Festsetzungs- und Erhebungsverfahren
Die Zweitwohnungssteuer wird in der Regel durch einen Steuerbescheid festgesetzt, der auf Angaben zur Nutzung der jeweiligen Wohnung, nach Anmeldung über das Meldeamt, gestützt ist. Steuerpflichtige sind verpflichtet, alle relevanten Angaben wahrheitsgemäß und vollständig zu machen.
Rechtsbehelfe gegen Bescheide
Gegen die Festsetzung der Zweitwohnungssteuer kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids Widerspruch eingelegt werden. Wird diesem nicht abgeholfen, steht der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten offen. Streitgegenstand sind häufig Fragen der Wohnungsdefinition, der Ausnahmen sowie der Korrektheit der Bemessungsgrundlage.
Verfassungsrechtliche und europarechtliche Aspekte
Bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung
Das Bundesverfassungsgericht hat die Erhebung der Zweitwohnungssteuer grundsätzlich für verfassungsgemäß erklärt, sofern der Gleichheitssatz und das Prinzip der Besteuerung nach finanzieller Leistungsfähigkeit beachtet werden. Besonders relevante Entscheidungen betreffen die steuerliche Einbeziehung von Eheleuten, die melderechtlich getrennte Wohnungen innehaben, sowie das Spannungsfeld zwischen kommunalem Steuerrecht und der allgemeinen Handlungsfreiheit.
Europarechtliches Umfeld
Europarechtliche Vorgaben berühren die Ausgestaltung der Zweitwohnungssteuer insoweit, als sichergestellt werden muss, dass EU-Ausländer nicht mittelbar diskriminiert und unionsrechtliche Freizügigkeitsrechte nicht verletzt werden.
Bedeutung und Kritik
Einnahmequelle für Kommunen
Die Zweitwohnungssteuer ist vor allem in touristisch attraktiven Regionen (z.B. Ostsee, Nordsee, Alpen) sowie in Großstädten ein bedeutender Einnahmefaktor. Sie dient neben der Einnahmenerzielung auch dazu, die Nutzung zu kontrollieren und das Wohnungsangebot für Einheimische zu sichern.
Kritikpunkte
Kritisiert wird die Zweitwohnungssteuer, weil sie als finanzielle Belastung für Berufspendler, Studierende und andere Personengruppen empfunden wird. Die praktische Abgrenzung zwischen Haupt- und Nebenwohnsitz ist häufig streitanfällig, und die kommunale Uneinheitlichkeit wird als bürokratisch und individuell belastend bewertet.
Literatur und weiterführende Quellen
Siehe u.a.:
- Kommunalabgabengesetze der Bundesländer
- Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und der Oberverwaltungsgerichte
- Kommentarwerke zum Kommunalabgabenrecht und Steuerrecht
- Veröffentlichungen des Deutschen Städtetags und kommunaler Spitzenverbände
Fazit
Die Zweitwohnungssteuer stellt eine bedeutende, kommunal erhobene Aufwandsteuer dar. Ihre Ausgestaltung und Anwendung sind von rechtlichen Rahmenbedingungen der Bundesländer sowie der jeweiligen kommunalen Satzung abhängig. Die Zweitwohnungssteuer unterliegt umfassender Rechtsprechung und bleibt trotz ihrer Zweckmäßigkeit Gegenstand kommunal- und steuerpolitischer Debatten.
Häufig gestellte Fragen
Wer ist zur Zahlung der Zweitwohnungssteuer verpflichtet?
Zur Zahlung der Zweitwohnungssteuer ist grundsätzlich jede natürliche Person verpflichtet, die im Gemeindegebiet eine zweite Wohnung innehat. Maßgeblich ist, dass die betreffende Wohnung neben einer Hauptwohnung zu Wohnzwecken genutzt wird. Der Eigentumserwerb allein genügt dabei nicht; vielmehr muss die Wohnung auch tatsächlich – wenn auch nur gelegentlich – bewohnt werden. Die Steuerpflicht entsteht unabhängig davon, ob die Nutzung gemeldet wurde oder im Innen- oder Außenverhältnis (z.B. gegenüber dem Vermieter oder den Meldebehörden) als Haupt- oder Nebenwohnung deklariert ist. Juristische Personen können in der Regel nicht zur Zweitwohnungssteuer herangezogen werden, sofern sie die Wohnung nicht zu Wohnzwecken einer bestimmten natürlichen Person überlassen. Ferner sind Ehegatten und Lebenspartner, die aus beruflichen Gründen eine Zweitwohnung führen, je nach örtlicher Satzung entweder gemeinsam oder eigenständig steuerpflichtig, wobei das Verantwortlichkeitsverhältnis länderspezifisch variiert.
Welche Ausnahmen von der Besteuerung einer Zweitwohnung bestehen?
Die Regelungen zu Ausnahmen variieren je nach kommunaler Satzung und Landesgesetzgebung. Häufig werden Zweitwohnungen, die aus zwingenden beruflichen Gründen genutzt werden, von der Besteuerung ausgenommen, sofern ein auswärtiger Hauptwohnsitz besteht. Auch können Studierende, die am Studienort eine Nebenwohnung führen, in manchen Gemeinden unter bestimmten Voraussetzungen ganz oder teilweise von der Steuer befreit sein. Weitere Ausnahmen betreffen häufig Wohnungen, die unverschuldet leer stehen, etwa durch Renovierungsarbeiten oder gerichtliche Verfügungen zum Nutzungsverbot. Zeitlich befristete Ausnahmen sind ebenfalls möglich, beispielsweise im Falle einer Pflege von Angehörigen oder bei Betreuung minderjähriger Kinder. Über die Anwendbarkeit einzelner Ausnahmen entscheidet stets die jeweils geltende kommunale Satzung, weshalb eine individuelle Prüfung erforderlich ist.
Wie wird die Bemessungsgrundlage der Zweitwohnungssteuer bestimmt?
Die Bemessungsgrundlage für die Zweitwohnungssteuer wird ebenfalls durch die jeweilige kommunale Satzung bestimmt. Üblicherweise orientiert sich die Steuer am jährlichen Mietwert der Zweitwohnung, wobei der sogenannte „Nettokaltmietwert“ als Vergleichsmaßstab dient. Misst sich die Steuer an selbst bewohnten Eigentumswohnungen, wird zur Bestimmung der fiktive Mietwert herangezogen, der sich an ortsüblichen Vergleichsmieten orientiert. Teilweise genügt die Angabe der Wohnfläche multipliziert mit einem festgelegten Wert pro Quadratmeter. Die Festsetzung umfasst in der Regel alle zur Wohnung gehörigen Nebenräume und Stellplätze, sofern diese nicht ausschließlich gewerblich genutzt werden. In vielen Fällen ist ein Mindestbetrag festgesetzt. Bei erkennbarer Unter- oder Überbewertung kann die Kommune ergänzende Nachweise verlangen oder eigene Ermittlungen durchführen.
Wie muss die Zweitwohnung zur Steueranmeldung angezeigt werden?
Die Steueranmeldung obliegt dem Inhaber der Zweitwohnung und erfolgt regelmäßig formlos oder mittels eines von der Gemeinde zur Verfügung gestellten Formulars. Die Frist zur Anzeige richtet sich nach der jeweiligen städtischen Satzung und beträgt in der Praxis meist zwischen einer und vier Wochen nach Einzug oder Nutzungsbeginn. Versäumt der Steuerpflichtige die fristgerechte Anmeldung, kann die Gemeinde Bußgelder verhängen und rückwirkend Steuern nacherheben. Zur Anmeldung sind umfassende Angaben zu machen, insbesondere zur Anschrift, Wohnungsgröße, Mietverhältnis und Nutzungsdauer. Gegebenenfalls sind Nachweise vorzulegen, etwa ein Mietvertrag oder eine Eigennutzererklärung. Bei Unklarheiten kann die Verwaltung weitere Auskünfte oder Belege verlangen.
Welche Rechtsmittel bestehen gegen den Zweitwohnungssteuerbescheid?
Gegen Bescheide zur Zweitwohnungssteuer stehen dem Steuerpflichtigen die allgemeinen Rechtswege des Verwaltungs- und Abgabenrechts offen. Innerhalb der Frist – regelmäßig ein Monat nach Bekanntgabe des Bescheids – kann Einspruch bzw. Widerspruch eingelegt werden, wobei eine ausführliche Begründung und ggf. Nachweise (z.B. Beleg für Ausnahmetatbestände) notwendig sind. Wird dem Widerspruch nicht abgeholfen, besteht nach förmlicher Entscheidung die Möglichkeit einer Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht. Während des Rechtsbehelfsverfahrens bleibt die Zahlungspflicht im Regelfall zunächst bestehen, es sei denn, es wird ausdrücklich ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt. Steuerpflichtige sollten die örtlichen Satzungen sowie die Rechtsbehelfsbelehrungen im Bescheid beachten, um keine Fristen zu versäumen.
Welche Konsequenzen hat die Nichtbeachtung der steuerlichen Pflichten?
Die Nichtanzeige oder verspätete Anmeldung einer Zweitwohnung sowie die Unterlassung der Steuerzahlung haben rechtliche Konsequenzen. Hierzu gehören die rückwirkende Festsetzung der Steuer, die Erhebung von Säumniszuschlägen sowie die Verhängung von Bußgeldern gemäß den Bestimmungen des Kommunalabgabengesetzes und der jeweiligen gemeindlichen Satzung. In schwerwiegenden Fällen kann vorsätzlich falsche oder unvollständige Angabe als Ordnungswidrigkeit bzw. Steuerhinterziehung verfolgt werden. Die Kommune kann zudem Ermittlungshandlungen ergreifen, um steuerpflichtige Wohnungen zu identifizieren, beispielsweise durch Meldedatenabgleich oder Ortsbesichtigungen. Ein Steuerbescheid bleibt bis zur endgültigen Klärung der Sachlage grundsätzlich vollziehbar.
Können mehrere Personen gemeinsam für eine Zweitwohnung steuerpflichtig sein?
Ja, insbesondere wenn mehrere Personen eine Wohnung gemeinsam nutzen, also beispielsweise bei Wohngemeinschaften oder zusammenlebenden Paaren ohne gemeinsame Hauptwohnung. Die Steuerpflicht richtet sich dabei grundsätzlich nach dem jeweiligen Anteil an der Nutzung der Wohnung oder Gemeinwohl der Bewohner. Bei Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnerschaften, die berufsbedingt voneinander getrennt leben, kann eine gesamtschuldnerische Haftung bestehen, sofern beide als Inhaber der Wohnung gelten. In Wohngemeinschaften gilt in der Regel jeder Bewohner, der einen eigenen melderechtlichen Status für die Zweitwohnung hat, als eigenständiger Steuerpflichtiger. Die genaue Zuordnung richtet sich jedoch nach den Regelungen in der jeweiligen kommunalen Satzung.