Begriff und rechtliche Einordnung von Zweirädern
Der Begriff „Zweiräder“ bezeichnet im Straßenverkehrswesen Fahrzeuge, die über zwei Räder verfügen und eigenständig durch Muskelkraft, Motorantrieb oder beides angetrieben werden. Der Ausdruck umfasst dabei verschiedene Fahrzeugtypen wie Fahrräder, Pedelecs, E-Bikes, Mofas, Mopeds, Krafträder (Motorräder) und motorisierte Fahrräder. Die rechtliche Kategorisierung sowie die auf Zweiräder anwendbaren Vorschriften ergeben sich überwiegend aus straßenverkehrsrechtlichen Gesetzen, der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV), dem Straßenverkehrsgesetz (StVG), der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV), der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) und einschlägigen EU-Vorgaben.
Abgrenzung der Fahrzeugarten
Fahrräder
Fahrräder sind gemäß § 63a StVZO Fahrzeuge mit mindestens zwei Rädern, die ausschließlich durch menschliche Kraft über Pedale fortbewegt werden. Pedelecs und bestimmte E-Bikes mit Tretunterstützung bis zu einer Geschwindigkeit von 25 km/h gelten rechtlich als Fahrräder, sofern ihre Motorleistung 250 Watt nicht überschreitet und der Motor nur bei Tretbewegungen arbeitet.
Kleinkrafträder und Mofas
Kleinkrafträder sind gemäß § 2 Nr. 10 FZV zweirädrige Fahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit bis zu 45 km/h und einem Hubraum von maximal 50 cm³ (beim Verbrennungsmotor) oder einer Nenndauerleistung von nicht mehr als 4 kW (Elektromotor). Mofas unterliegen einer Sonderregelung und dürfen höchstens 25 km/h fahren (§ 2 Abs. 10b FZV).
Motorräder (Krafträder)
Krafträder sind nach § 2 Nr. 9 FZV zweirädrige Kraftfahrzeuge, deren Höchstgeschwindigkeit und Motorleistung die für Kleinkrafträder und Mofas genannten Grenzwerte überschreiten. Hierzu zählen auch Motorroller und Leichtkrafträder, letztere mit einer Höchstleistung von 11 kW und maximal 125 cm³ Hubraum.
Elektroscooter und andere elektrische Zweiräder
Elektrokleinstfahrzeuge (z. B. E-Scooter) sind nach der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV) seit 2019 eigenständig geregelt. Sie besitzen unter anderem eine bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit von 6 bis 20 km/h und dürfen nur mit entsprechender Betriebserlaubnis betrieben werden.
Rechtsgrundlagen für Zweiräder
Zulassungsrecht
Zulassungspflicht
Für Zweiräder gilt grundsätzlich: Fahrräder und reine Pedelecs sind zulassungsfrei. Kleinkrafträder, Mofas und Motorräder hingegen unterliegen der Zulassungspflicht gemäß § 3 FZV. Die Zulassung wird durch die Ausstellung eines amtlichen Kennzeichens und die Eintragung in die Zulassungsbescheinigung Teil I und II dokumentiert.
Betriebserlaubnis
Für alle Zweiräder, die am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen, ist nach § 20 StVZO eine Betriebserlaubnis erforderlich. Für Fahrräder und Pedelecs genügt in der Regel eine Konformitätsbescheinigung (CE-Kennzeichnung), während motorisierte Zweiräder eine amtliche Betriebserlaubnis benötigen.
Fahrerlaubnisrecht
Fahrerlaubnisklassen
Die Fahrerlaubnis für Zweiräder ist in § 6 FeV und in Anlage 3 zur FeV geregelt. Die wichtigsten Klassen sind:
- Mofa-Prüfbescheinigung: für Mofas bis 25 km/h ab 15 Jahren (§ 5 FeV)
- Fahrerlaubnisklasse AM: Kleinkrafträder bis 45 km/h ab 15 Jahren
- Fahrerlaubnisklasse A1: Leichtkrafträder bis 125 cm³ und 11 kW ab 16 Jahren
- Fahrerlaubnisklasse A2: Motorräder bis 35 kW ab 18 Jahren
- Fahrerlaubnisklasse A: unbegrenzte Krafträder ab 24 Jahren (Direkteinstieg) oder ab 20 Jahren nach zweijähriger A2-Inhaberschaft
Besonderheiten für Elektrokleinstfahrzeuge
Für Elektrokleinstfahrzeuge ist keine Fahrerlaubnis vorgeschrieben. Ein Mindestalter von 14 Jahren muss jedoch eingehalten werden (§ 3 Abs. 2 eKFV).
Versicherungspflicht
Für zulassungspflichtige und versicherungspflichtige Zweiräder schreibt das Pflichtversicherungsgesetz (PflVG) eine Haftpflichtversicherung vor. Dies betrifft insbesondere Kleinkrafträder, Mofas, Motorräder und Elektrokleinstfahrzeuge. Für Fahrräder und Pedelecs besteht keine Versicherungspflicht, jedoch wird eine private Haftpflichtversicherung empfohlen.
Verkehrsvorschriften
Verkehrsregeln und StVO-Bestimmungen
Zweiräder unterliegen den für sie einschlägigen Regelungen der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO):
- Radwegepflicht: Fahrräder und Pedelecs müssen gekennzeichnete Radwege nutzen, wo dies vorgeschrieben ist (§ 2 Abs. 4 StVO).
- Schutzhelm: Für Motorräder und Mofas besteht eine Helmpflicht (§ 21a Abs. 2 StVO). Für Pedelecs und E-Bikes bis 25 km/h gilt keine allgemeine Helmpflicht, bei schnellen E-Bikes ab 45 km/h hingegen schon.
- Alkoholgrenzen: Für Fahranfänger und Führerscheininhaber unter 21 Jahren gilt die 0,0-Promillegrenze beim Führen von motorisierten Zweirädern; ansonsten greifen die üblicherweise bekannten Grenzwerte gemäß Straßenverkehrsrecht.
Technische Anforderungen und Sicherheitsvorschriften
Zweiräder müssen über eine vorschriftsmäßige Ausstattung verfügen, darunter:
- Beleuchtung: Vorgaben nach § 67 StVZO (z. B. für Fahrräder Front- und Rücklicht, Rückstrahler)
- Bremsen: Zwei unabhängig voneinander wirkende Bremsen (§ 65 StVZO)
- Technische Überwachung: Motorräder und motorisierte Zweiräder unterliegen der regelmäßigen Hauptuntersuchung gemäß § 29 StVZO
Steuerrechtliche Aspekte
Für zulassungs- und versicherungspflichtige Zweiräder (motorräder, Leichtkrafträder, Roller) fällt eine jährliche Kraftfahrzeugsteuer nach dem Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG) an. Kleinkrafträder und Mofas sind steuerfrei, sofern deren Hubraum 50 cm³ nicht überschreitet und sie eine bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h haben (§ 3 Nr. 2 KraftStG).
Haftung und Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit Zweirädern
Beim Betrieb von Zweirädern können Haftungs- und Bußgeldvorschriften aus dem StVG, der StVO sowie dem Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) greifen. Verkehrsunfälle mit Zweirädern unterliegen den allgemeinen Haftungsregelungen einschließlich der Gefährdungshaftung (§ 7 StVG).
Besonderheiten durch EU-Vorschriften
Die Zulassung und der Betrieb bestimmter Zweiräder richtet sich teilweise auch nach EU-Verordnungen. Besonders maßgeblich ist die Verordnung (EU) Nr. 168/2013, die u. a. Fahrzeugtypenklassifizierungen für L-Kategorie-Fahrzeuge (dazu gehören die meisten Krafträder) vereinheitlicht.
Zusammenfassung
Der rechtliche Rahmen für Zweiräder ist vielschichtig und richtet sich nach der Ausgestaltung des Fahrzeugs, der Antriebsart, dem Einsatzzweck sowie dem öffentlichen Verkehrsraum, in dem das Fahrzeug genutzt wird. Zentrale Normen finden sich in StVG, FZV, StVZO und FeV, flankiert von spezialgesetzlichen Regelungen für elektrisch angetriebene Fahrzeuge und EU-weit gültigen Vorschriften. Entscheidende Kriterien für die Rechtsanwendung sind insbesondere Leistungsparameter, Fahrzeugklasse, Alter des Nutzers, Zulassungserfordernisse und Versicherungspflichten. Diese Regelungen dienen in erster Linie der Verkehrssicherheit, dem Schutz der Verkehrsteilnehmer und einer eindeutigen Einordnung im Verkehrsrecht.
Häufig gestellte Fragen
Benötigt man für das Führen eines E-Scooters auf öffentlichen Straßen eine spezielle Fahrerlaubnis?
Die Nutzung von E-Scootern im öffentlichen Straßenverkehr ist durch die Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV) geregelt. Grundsätzlich ist für das Fahren eines E-Scooters mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von bis zu 20 km/h keine spezielle Fahrerlaubnis (z.B. Führerschein) erforderlich. Es genügt, dass die Fahrer mindestens 14 Jahre alt sind. Für schnellere Fahrzeuge oder solche, die nicht unter die eKFV fallen (zum Beispiel sogenannte E-Roller oder Elektromofas), gelten teils andere, strengere Regelungen, die unter anderem eine Mofa-Prüfbescheinigung oder einen AM-Führerschein erfordern können. Wer ohne erforderlichen Führerschein ein nicht erlaubtes Fahrzeug führt, riskiert strafrechtliche Konsequenzen nach § 21 StVG (Fahren ohne Fahrerlaubnis). Zudem ist zu beachten, dass E-Scooter, die im öffentlichen Straßenraum bewegt werden, eine gültige Versicherungsplakette benötigen. Das Fahren ohne gesetzlich vorgeschriebene Haftpflichtversicherung wird als Ordnungswidrigkeit geahndet und kann mit einem Bußgeld sowie einem Fahrverbot einhergehen.
Welche rechtlichen Vorschriften gelten für das Parken von Fahrrädern auf Gehwegen?
Das Parken von Fahrrädern ist im Straßenverkehrsrecht nicht explizit geregelt. Nach § 12 Absatz 4 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) dürfen Fahrzeuge auf Gehwegen grundsätzlich nur dort abgestellt werden, wo es durch Verkehrszeichen oder durch Markierungen erlaubt ist. Für Fahrräder gilt eine großzügigere Toleranz: Sie dürfen grundsätzlich auf dem Gehweg abgestellt werden, sofern sie weder Fußgänger noch den übrigen Verkehr behindern. Das Abstellen vor Grundstückszufahrten, Treppen oder an Stellen, an denen Fahrräder als „Hindernis“ eingestuft werden könnten, ist jedoch unzulässig. Kommunale Satzungen und Sonderregelungen (z.B. in Großstädten) können zusätzliche Einschränkungen oder Regelungen enthalten, etwa das Verbot, Fahrräder an bestimmten Knotenpunkten oder in Bereichen mit hoher Fußgängerfrequenz abzustellen. Das Ordnungsamt hat das Recht, verkehrswidrig geparkte Räder kostenpflichtig zu entfernen.
Muss ein Helm beim Fahren von Motorrädern und Mopeds getragen werden?
Das Tragen eines Schutzhelmes ist für Fahrer und Mitfahrer von Krafträdern (dazu zählen Motorräder, Mopeds und Kleinkrafträder, auch mit Beiwagen) nach § 21a Absatz 2 StVO Pflicht. Der Helm muss der Norm ECE-Regelung Nr. 22 entsprechen und ordnungsgemäß befestigt sein. Die Vorschrift gilt unabhängig von der gefahrenen Geschwindigkeit, also auch im Stand oder bei kurzen Wegen auf öffentlichem Grund. Verstöße gegen die Helmpflicht werden mit einem Verwarnungsgeld geahndet. Für Radfahrer besteht in Deutschland hingegen keine generelle gesetzliche Helmpflicht, auch nicht für Pedelecs bis 25 km/h, jedoch wird das Tragen eines Helms insbesondere für Kinder und Jugendliche von der Polizei und Verkehrssicherheitsorganisationen dringend empfohlen.
Wie ist die Haftung bei Unfällen mit Fahrrädern oder E-Bikes geregelt?
Bei Unfällen mit Zweirädern greifen grundsätzlich die allgemeinen zivilrechtlichen Haftungsregeln (§§ 823 ff. BGB). Wer den Unfall verursacht hat, haftet für die entstandenen Schäden. Für Fahrräder besteht keine Pflichtversicherung, sodass Schadensersatzforderungen aus dem privaten Vermögen zu begleichen sind. Die private Haftpflichtversicherung deckt solche Fälle meist ab. Bei E-Bikes ist zwischen Modellen mit maximal 25 km/h (Pedelecs) und schnelleren S-Pedelecs zu unterscheiden: Für S-Pedelecs besteht eine Versicherungspflicht, vergleichbar mit Kleinkrafträdern, und im Schadensfall greift die Kfz-Haftpflichtversicherung. Bei Verschulden des Zweiradfahrers – etwa Missachtung der Vorfahrt, Alkohol am Lenker oder Defekte am Fahrzeug – kann die Haftung für Personen-, Sach- und ggf. Vermögensschäden vollständig auf ihn übergehen.
Welche Alkoholgrenzwerte gelten für Fahrer von Zweirädern?
Für alle Fahrzeugführer – und somit auch für Nutzer von Fahrrädern, E-Scootern, Mopeds, Motorrädern und E-Bikes – gelten bestimmte Promillegrenzen. Für Fahranfänger (unter 21 Jahre oder innerhalb der Probezeit) gilt die Null-Promille-Grenze nach § 24c StVG. Für Radfahrer und Fahrer von E-Scootern beträgt die sogenannte absolute Fahruntüchtigkeit 1,6 Promille. Ab diesem Wert drohen strafrechtliche Konsequenzen (§ 316 StGB), darunter Führerscheinentzug und Geldstrafe. Bereits ab 0,3 Promille können bei auffälligem Fahrverhalten (z.B. Schlangenlinien) Sanktionen ausgesprochen werden. Für Fahrer von motorisierten Zweirädern (Motorrad, Moped, S-Pedelec) gelten die strengeren Werte für Kfz: 0,5 Promille als Ordnungswidrigkeit, ab 1,1 Promille Straftatbestand der absoluten Fahruntüchtigkeit mit möglichen strafrechtlichen Folgen.
Welche Beleuchtungsvorschriften gelten für Zweiräder?
Alle Zweiräder, die am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen, unterliegen strengen Beleuchtungsvorschriften nach § 67 StVZO (Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung). Fahrräder müssen über eine weiße Frontlampe, einen roten Rückstrahler und eine rote Rückleuchte, gelbe Speichenreflektoren oder reflektierende Streifen an Reifen oder Felgen sowie zwei unabhängig wirkende Bremsen verfügen. E-Bikes und Mopeds benötigen eine Beleuchtung, die dauerhaft mitgeführt und eingeschaltet werden kann, dazu gehört ein Abblendlicht, ein Rücklicht, Bremslicht und Blinker (je nach Fahrzeugklasse). Die Beleuchtung muss auch am Tag funktionieren und darf andere Verkehrsteilnehmer nicht blenden. Verstöße führen zu einem Bußgeld und können im Falle eines Unfalls als Mitverschulden gewertet werden. Auch für E-Scooter ist eine StVZO-konforme Lichtanlage verpflichtend.
Welche rechtlichen Anforderungen bestehen für Umbauten oder das Tuning von Zweirädern?
Umbauten und Tuningmaßnahmen an Zweirädern sind nur dann zulässig, wenn sie die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs nicht beeinträchtigen. Veränderungen an sicherheitsrelevanten Komponenten (Bremsen, Licht, Motor, Chassis) müssen durch einen amtlich anerkannten Sachverständigen (z.B. TÜV, DEKRA) abgenommen und bestätigt werden (§ 19 StVZO). Das Tuning von Motorleistung bei E-Bikes, Mopeds oder E-Scootern, das zu einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit führt, führt zum Erlöschen der Betriebserlaubnis und Versicherungsschutz. Der Fahrer macht sich damit strafbar und riskiert ein Verfahren wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach § 21 StVG sowie Versicherungsbetrug. Bereits geringfügige Eingriffe, wie der Einbau nicht zugelassener Beleuchtung oder Auspuffanlagen, können als Ordnungswidrigkeit geahndet werden und führen zum Verlust des Versicherungsschutzes.
Welche Pflichten bestehen beim Mitführen eines Sozius (Mitfahrer) auf einem Zweirad?
Das Mitführen von Personen auf einem Zweirad ist nur zulässig, wenn das Fahrzeug ausdrücklich dafür gebaut und zugelassen ist. Bei Fahrrädern dürfen Kinder bis sieben Jahre auf speziellen Kindersitzen oder in geeigneten Anhängern mitgenommen werden (§ 21 Abs. 3 StVO). Für Krafträder (Motorräder, Mopeds) gilt: Es muss ein zweiter Sitzplatz (Soziussitz) mit Fußrasten und Haltevorrichtung vorhanden sein, der Mitfahrer muss ebenfalls einen geeigneten Schutzhelm tragen. Das Überladen oder unzulässige Mitnehmen von weiteren Personen stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und kann zu Bußgeldern führen. Bei Unfällen kann eine Mitschuld oder Haftungsverschiebung eintreten, wenn die gesetzlichen Vorschriften nicht eingehalten wurden.