Legal Lexikon

Zweckverband


Begriff und Rechtsgrundlagen des Zweckverbandes

Ein Zweckverband ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die zur Erfüllung gemeinsamer Aufgaben von mehreren Gemeinden, Landkreisen oder anderen Gebietskörperschaften gebildet wird. Ziel eines Zweckverbandes ist es, die wirtschaftliche oder administrative Leistungsfähigkeit der beteiligten Mitglieder zu bündeln und Aufgaben effizient und überörtlich wahrzunehmen. Die rechtliche Ausgestaltung und Organisation des Zweckverbandes sind im deutschen Recht detailliert geregelt und unterliegen den entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften.

Allgemeine Definition

Als Zweckverbände werden öffentlich-rechtliche Zusammenschlüsse bezeichnet, deren Mitglieder zur gemeinsamen Erfüllung von Aufgaben oder zur Wahrnehmung öffentlicher Dienstleistungen, insbesondere im Bereich der Daseinsvorsorge, kooperieren. Typische Anwendungsfälle betreffen unter anderem die Trinkwasserversorgung, Abwasserentsorgung, Müllbeseitigung, ÖPNV sowie den Betrieb kommunaler Einrichtungen.

Rechtliche Grundlagen des Zweckverbandes

Gesetzliche Regelungen

Die Bildung und die rechtliche Organisation von Zweckverbänden ist im deutschen Recht insbesondere in den Kommunalgesetzen der Bundesländer geregelt. Die maßgeblichen rechtlichen Vorschriften finden sich zumeist in den Gemeindeordnungen (z. B. § 1 ff. GkG NRW – Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit Nordrhein-Westfalen) oder in speziellen Landesgesetzen über kommunale Zusammenarbeit und Ausführungsvorschriften (z. B. BayKommZG in Bayern).

Rechtsfähigkeit und Rechtsform

Zweckverbände sind Körperschaften des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit. Sie sind damit rechtsfähig und können als selbstständiger Rechtsträger Träger von Rechten und Pflichten sein, Verträge schließen sowie Vermögen besitzen und verwalten.

Mitglieder und Verbandsgebiet

Mitglieder eines Zweckverbandes können ausschließlich öffentliche Körperschaften sein, insbesondere Gemeinden, Landkreise und andere kommunale Zusammenschlüsse. Teilweise ist auch die Mitgliedschaft von Städten und weiteren Anstalten oder speziellen Körperschaften öffentlichen Rechts zugelassen. Das Verbandsgebiet umfasst grundsätzlich die räumlichen Einzugsgebiete der beteiligten Mitglieder.

Gründung und Satzung des Zweckverbandes

Gründungsverfahren

Die Gründung eines Zweckverbandes erfolgt durch öffentlich-rechtlichen Vertrag der beteiligten Gebietskörperschaften. Die Gründungsvereinbarung muss exakt die zu übertragenden Aufgaben, die gegenseitigen Rechte und Pflichten der Mitglieder sowie die Organe und deren Kompetenzen festlegen. Die Wirksamkeit der Gründung bedarf in der Regel der Genehmigung durch die zuständige Kommunalaufsichtsbehörde.

Verbandssatzung

Die Satzung des Zweckverbandes dient als Verfassung und ist das zentrale Regelwerk. Sie enthält Bestimmungen über Name, Sitz, Mitglieder, Aufgaben, Organisation, Finanzierung und Geschäftsführung. Die Satzung muss beschlossen werden und bedarf regelmäßig einer öffentlichen Bekanntmachung sowie der Kontrolle durch die Aufsichtsbehörde.

Organe und Aufgabenwahrnehmung

Verbandsversammlung und Verbandsvorstand

Die wichtigsten Organe des Zweckverbandes sind die Verbandsversammlung als Willensbildungs- und Beschlussorgan sowie der Verbandsvorstand als ausführendes Organ. Die Zusammensetzung, Wahl, Geschäftsordnung und die Befugnisse dieser Organe sind satzungsmäßig festzulegen und unterliegen den landesrechtlichen Vorgaben.

Aufgaben und Befugnisse

Der Zweckverband nimmt originär öffentliche Aufgaben wahr, für deren Ausführung die ihm angehörenden Mitglieder zuständig sind. Die Aufgabenübertragung erfolgt im Wege der sogenannten Aufgabenübertragung oder durch eine Erfüllungsübernahme. Im Rahmen seiner Tätigkeiten ist der Zweckverband Träger von Hoheitsrechten und vollzieht die ihm übertragenen Aufgaben in eigener Zuständigkeit und Verantwortlichkeit.

Finanzierung und Vermögen

Finanzierungsmodelle

Die Finanzierung des Zweckverbandes erfolgt im Regelfall durch Umlagen seiner Mitglieder, die nach festgelegten Schlüsseln (z. B. Einwohnerzahl, Leistungsumfang) erhoben werden. Darüber hinaus kann der Zweckverband Entgelte (Gebühren und Beiträge) von Nutzern seiner Einrichtungen und Dienstleistungen erheben. Zudem ist eine eigene Kreditaufnahme entsprechend den haushaltsrechtlichen Vorschriften möglich.

Vermögensverwaltung

Der Zweckverband verwaltet eigenes Vermögen, das ausschließlich zur Erreichung des Verbandszwecks verwendet werden darf. Die Verwendung der Mittel unterliegt der Kontrolle der Verbandsorgane sowie der kommunalen Aufsicht.

Aufsicht und Kontrolle

Rechtsaufsicht

Zweckverbände unterstehen der kommunalen Rechtsaufsicht, die ihre Tätigkeit auf die Rechtmäßigkeit von Beschlüssen, der Haushaltsführung und anderer Rechtsgeschäfte erstreckt. Die Aufsichtsbefugnisse sind in den zugrundeliegenden Kommunalgesetzen detailliert geregelt.

Rechnungsprüfung

Die Wirtschaftsführung des Zweckverbandes ist regelmäßig einer unabhängigen Rechnungsprüfung zu unterziehen. Diese Prüfung entspricht hinsichtlich Umfang und Tiefe den Bestimmungen für kommunale Körperschaften.

Beendigung und Ausscheiden von Mitgliedern

Beendigung des Zweckverbandes

Die Auflösung eines Zweckverbandes erfolgt durch Beschluss der Mitgliedskörperschaften und ist regelmäßig von der Genehmigung der Aufsichtsbehörde abhängig. Die Abwicklung des Zweckverbandes (Liquidation) regelt die Satzung, insbesondere über die Vermögensverteilung und Schuldenübernahme.

Austritt, Ausschluss und Änderung der Mitgliederzahl

Der Austritt einzelner Mitglieder ist möglich, bedarf aber bestimmter Fristen und Vereinbarungen, die in der Satzung festgelegt sind. Ein Ausschluss eines Mitglieds ist nur aus wichtigem Grund und unter Beachtung des rechtlichen Gehörsverfahrens zulässig. Veränderung der Mitgliederzahl bedürfen stets der Änderung des Gründungsvertrages und der Zustimmung der Aufsichtsbehörde.

Spezialfälle und Abgrenzungen

Unterschied zu anderen kommunalen Kooperationen

Der Zweckverband ist abzugrenzen von anderen öffentlich-rechtlichen Kooperationsformen, wie der Verwaltungsgemeinschaft, dem öffentlich-rechtlichen Vertrag oder interkommunalen Arbeitsgemeinschaften. Sein unterscheidendes Merkmal ist die Gründung als eigene, rechtsfähige Körperschaft mit Satzung und eigenem Vermögen.

Zweckverband auf Landes- und Bundesebene

Während sich die meisten Vorschriften zur Bildung und Organisation von Zweckverbänden auf die kommunale Ebene und entsprechende Landesgesetze beziehen, existieren themenbezogene Zweckverbände mit besonderen Aufgaben auch auf überregionaler Ebene (zum Beispiel Wasser- und Bodenverbände).

Bedeutung und Praxisrelevanz des Zweckverbandes

Der Zweckverband stellt ein bewährtes Instrument der interkommunalen Zusammenarbeit dar, das Effizienzgewinne, Kostensenkungen und die Bündelung von Fachwissen fördert. Durch die Übernahme gemeinsamer Aufgaben erhalten auch kleinere Kommunen Zugang zu möglicherweise komplexen Dienstleistungen und Infrastrukturen. In der Praxis leistet der Zweckverband einen wesentlichen Beitrag zur Bewältigung öffentlicher Aufgaben in Deutschland.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Grundlagen regeln die Gründung und den Betrieb eines Zweckverbandes?

Die Gründung und der Betrieb eines Zweckverbandes sind im Wesentlichen durch das Kommunalrecht der Länder geregelt. In Deutschland erfolgt dies insbesondere auf der Grundlage der jeweiligen Kommunalgesetze (z.B. Kommunalverfassungsgesetz, Gemeindeordnung, Kreisordnung) und den spezifischen Zweckverbandsgesetzen der Bundesländer. Darüber hinaus werden die Rahmenbedingungen für die Beteiligung, Zuständigkeit und Organisation von Zweckverbänden regelmäßig in ausführlichen Verbandssatzungen festgeschrieben. Die Genehmigung eines Zweckverbandes ist meist an formale Voraussetzungen geknüpft, u.a. an einen öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen den beteiligten Kommunen, der von der zuständigen kommunalen Aufsichtsbehörde (z.B. Landratsamt oder Regierungspräsidium) genehmigt werden muss. Grundlage für die Selbstverwaltung und Aufgabenzuweisung eines Zweckverbandes ist das Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung nach Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz. Zusätzlich gelten diverse Vorschriften aus dem Steuerrecht, Vermögensrecht und Haushaltsrecht, die sicherstellen, dass der Zweckverband rechts- und ordnungsgemäß sowie wirtschaftlich tätig wird. Europarechtliche Rahmenbedingungen, beispielsweise das Vergaberecht, können ebenfalls Einfluss auf die Organisation und Tätigkeit eines Zweckverbandes nehmen.

Welche Rechte und Pflichten haben die beteiligten Mitglieder eines Zweckverbandes?

Mitglieder eines Zweckverbandes – in der Regel Gemeinden oder Landkreise – verfügen über klar definierte Rechte und Pflichten, die spätestens in der Verbandssatzung verbindlich geregelt werden. Sie sind verpflichtet, den Zweckverband mit den zur Aufgabenerfüllung notwendigen Mitteln (Haushaltsmittel, Personal etc.) auszustatten und sich an der Finanzierung, ggf. auch an Investitionen oder Verlusten zu beteiligen. Im Gegenzug steht ihnen ein Mitspracherecht bei grundlegenden Entscheidungen im Rahmen der Verbandsversammlung zu. Die Rechte umfassen Wahl und Abberufung der Vertreter in den Verbandsorganen, das Einbringen von Anträgen und das Kontrollrecht über die Geschäftsführung. Pflichten ergeben sich u.a. aus der Einhaltung der Satzungen und Beitragszahlungen sowie aus der Mitwirkung bei der Umsetzung der Aufgaben des Zweckverbandes. Verstöße gegen diese Pflichten können – abhängig von der Regelung im Landesrecht und der Satzung – mit Sanktionen, bis hin zum Ausschluss aus dem Verband, geahndet werden. Bei Auflösung oder Austritt gelten besondere Liquidations- und Haftungsregelungen, die ebenfalls gesetzlich oder satzungsmäßig festgelegt sind.

Welche Aufsicht besteht über Zweckverbände aus rechtlicher Sicht?

Zweckverbände unterliegen der Rechtsaufsicht der zuständigen Kommunalaufsichtsbehörde, ähnlich wie die einzelnen Mitgliedskommunen. Die Art und Intensität der Aufsicht richtet sich nach den landesspezifischen Vorschriften, meistens nach dem Kommunalrecht. Die Aufsicht stellt sicher, dass der Zweckverband seinen gesetzlichen und satzungsgemäßen Aufgaben im Rahmen des geltenden Rechts nachkommt. Sie umfasst u.a. die Prüfung von Haushalt und Beschlussfassung, die Genehmigung bestimmter wichtiger Verbandsgeschäfte (z.B. bei größeren Krediten oder Grundstücksgeschäften), die Kontrolle der Wirtschaftsführung sowie die Überwachung der Gesetzmäßigkeit der Verbandstätigkeit. Die Aufsicht hat jedoch grundsätzlich nur eine reine Rechtsaufsicht inne, d.h. sie greift nur bei Rechtsverstößen, nicht bei bloßen Zweckmäßigkeitserwägungen ein. Bei gravierenden Rechtsverstößen kann die Kommunalaufsicht Anordnungen erlassen oder im Extremfall die Verbandsgeschäfte auf Zeit übernehmen.

Wie werden Streitigkeiten zwischen Mitgliedern eines Zweckverbandes geregelt?

Streitigkeiten zwischen Mitgliedern eines Zweckverbandes sowie zwischen Verband und Mitgliedern werden im Normalfall zunächst intern, im Rahmen der vorgesehenen Verbandsorgane, z.B. durch Vermittlung in der Verbandsversammlung, beigelegt. Kommt es zu keiner Einigung, legt die Verbandssatzung häufig ein Schlichtungsverfahren fest. Findet auch hier keine Lösung statt, ist der Rechtsweg eröffnet, sodass Angelegenheiten vor den Verwaltungsgerichten geklärt werden können. Entscheidungen der Verbandsorgane sowie Anordnungen der Aufsichtsbehörden können durch Klage oder Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz angefochten werden. In besonders gelagerten Fällen – beispielsweise bei der Anfechtung von Beitragsbescheiden oder bei Streitigkeiten über den Austritt – greifen die allgemeinen verwaltungsgerichtlichen Verfahrensordnungen. Im Verbandssatzungsrecht kann zudem ein Schiedsgericht vereinbart werden, dessen Entscheidungen rechtlich bindend sind.

Welche haftungsrechtlichen Regelungen gelten bei Zweckverbänden?

Die Haftung des Zweckverbandes ist in § 28 Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt sowie durch die landesrechtlichen Vorschriften und die Verbandssatzung konkretisiert. Der Zweckverband haftet als juristische Person des öffentlichen Rechts für Schäden, die durch pflichtwidriges Verhalten seiner Organe oder Bediensteten entstehen (Organhaftung). Die Haftung ist dabei grundsätzlich auf das Verbandsvermögen beschränkt; eine Durchgriffshaftung auf die Mitgliedskörperschaften besteht in der Regel nicht, sofern nicht ausnahmsweise in der Satzung oder durch abweichende Landesgesetze etwas anderes bestimmt ist. Im Innenverhältnis können die Mitgliedskörperschaften, z.B. bei Unterlassung von Zahlungen oder Pflichtverletzungen, zur Leistung herangezogen werden. Bei Insolvenz liegt die Verantwortung bei der Liquidation des Verbandsvermögens. Für bestimmte Aufgaben (z.B. im Bereich der gefährlichen Anlagen oder der Verkehrswege) kann Spezialgesetzgebung, wie das Umwelthaftungsrecht, zusätzliche Haftungsrisiken und Regelungen vorsehen.

Wie kann die Mitgliedschaft in einem Zweckverband beendet werden?

Die Beendigung der Mitgliedschaft in einem Zweckverband erfolgt regelmäßig gemäß der Verbandssatzung und unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben. Grundsätzlich gibt es verschiedene Arten der Beendigung: Austritt, Ausschluss oder Auflösung des Zweckverbandes. Ein Austritt ist meist nur aus wichtigem Grund zulässig und bedarf in vielen Fällen der Zustimmung der Verbandsversammlung oder der kommunalen Aufsichtsbehörde. Die rechtlichen Voraussetzungen und Fristen sind detailliert in der Satzung geregelt, ebenso etwaige zu leistende Abfindungszahlungen oder Ausgleichsleistungen für investives Verbandsvermögen. Der Ausschluss kann erfolgen, wenn ein Mitglied schwere Pflichtverletzungen begeht; hierfür ist ein förmliches Verfahren mit Anhörung und Beschlussfassung erforderlich. Die Auflösung des Zweckverbandes ist nur gemeinschaftlich durch die Mitglieder und unter Beachtung der landesrechtlichen Bestimmungen und der Satzung möglich. Hierbei ist die rechtmäßige Abwicklung des Verbandsvermögens (Liquidation) sicherzustellen. Entscheidungen zur Beendigung der Mitgliedschaft sind justiziabel und können von den Betroffenen vor dem Verwaltungsgericht angefochten werden.