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Zwangsverwalter


Definition und rechtliche Einordnung des Zwangsverwalters

Der Zwangsverwalter ist eine vom Gericht eingesetzte natürliche Person, die im Rahmen der Zwangsvollstreckung mit der Verwaltung einer Immobilie oder eines Grundstücks beauftragt wird. Ziel des Verfahrens ist die Sicherung und Befriedigung der Forderungen von Gläubigern aus den Erträgen der Immobilie. Die Tätigkeit des Zwangsverwalters ist im deutschen Recht insbesondere in der Zivilprozessordnung (ZPO), dem Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (ZVG) sowie im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt.

Rechtliche Grundlagen

Zwangsverwaltung als Vollstreckungsmaßnahme

Die Zwangsverwaltung zählt neben der Zwangsversteigerung zu den wichtigsten Wegen der Immobiliarvollstreckung. Sie dient primär dazu, aus den laufenden Einnahmen einer Immobilie – etwa Mieteinnahmen – bestehende Forderungen von Gläubigern zu decken, ohne dass die Immobilie selbst unmittelbar verwertet wird. Die rechtlichen Bestimmungen hierzu finden sich insbesondere in den §§ 146-161a ZVG.

Bestellung und Aufgabenbereich

Bestellung des Zwangsverwalters

Die Einsetzung eines Zwangsverwalters erfolgt durch das zuständige Vollstreckungsgericht per Beschluss (vgl. § 152 ZVG). Voraussetzung ist ein vollstreckbarer Titel über eine Geldforderung sowie die Eintragung einer entsprechenden Sicherungshypothek oder Grundschuld im Grundbuch. Der Beschluss über die Zwangsverwaltung begründet das Verwalteramt und konkretisiert dessen Rechte und Pflichten.

Aufgaben und Befugnisse

Der Zwangsverwalter hat die Aufgabe, das Verwaltungsobjekt im Interesse sowohl des Schuldners als auch der Gläubiger ordnungsgemäß zu bewirtschaften. Zu seinen wichtigsten Pflichten zählen:

  • Einziehung und Verwaltung der Miet- und Pachteinnahmen
  • Durchführung laufender Instandhaltungs- und Verwaltungstätigkeiten
  • Sicherstellung der Erhaltung des Immobilienwerts
  • Tilgung der durch Beschluss festgestellten Forderungen aus den vereinnahmten Erträgen

Der Verwalter tritt dabei in bestehende Miet- und Pachtverträge ein, übt die damit verbundenen Rechte und Pflichten aus und hat umfassende Auskunfts-, Rechenschafts- und Berichtspflichten gegenüber dem Gericht sowie den Beteiligten (§ 155 ZVG).

Rechtsstellung des Zwangsverwalters

Der Zwangsverwalter übt ein öffentliches Amt aus. Er ist gegenüber dem Vollstreckungsgericht weisungsgebunden und agiert als unparteiischer Dritter. Gleichwohl trifft ihn eine umfassende Treuepflicht sowohl gegenüber dem Schuldner als auch gegenüber den Gläubigern. Er handelt auf eigene Rechnung, ist jedoch verpflichtet, die Einnahmen ordnungsgemäß zu verwalten und abzurechnen.

Vergütung

Die Vergütung des Zwangsverwalters richtet sich nach der Zwangsverwalterverordnung (ZwVwV) sowie ergänzenden gerichtlichen Festsetzungen. Grundlage bildet in der Regel eine berechnete Verwaltungsgebühr, die sich prozentual an den verwalteten Einnahmen orientiert. Zusätzlich können Auslagen und besondere Aufwendungen erstattet werden.

Beendigung der Zwangsverwaltung

Die Zwangsverwaltung endet in den folgenden Fällen:

  • Befriedigung des Gläubigers aus den verwalteten Einnahmen
  • Aufhebung des Verwaltungsverfahrens durch Gerichtsbeschluss
  • Endurteil in einem damit zusammenhängenden Rechtsstreit
  • Insolvenz des Schuldners
  • Einstellung oder Wegfall der Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen

Mit Beendigung der Verwaltung bestehen umfangreiche Rechnungslegungs- und Herausgabepflichten.

Rechte und Pflichten der Beteiligten

Rechte und Pflichten des Schuldners

Der Schuldner bleibt während der Verwaltung Eigentümer, verliert jedoch das Verwaltungs- und Verfügungsrecht an dem Objekt weitestgehend. Er darf weder über die laufenden Einnahmen noch über das Verwaltungsobjekt selbst wirksam verfügen. Dennoch kann er das Verfahren durch Begleichung der titulierten Forderungen oder Hinterlegung des geforderten Betrags beeinflussen.

Rechte des betreibenden Gläubigers

Der betreibende Gläubiger erhält aus den Erträgen vorrangig Befriedigung. Ihm stehen umfassende Informationsrechte gegenüber dem Zwangsverwalter zu. Bei Pflichtverletzungen durch den Verwalter kann der Gläubiger eine gerichtliche Entlassung beantragen und Schadensersatz geltend machen.

Rechte von Mietern und Dritten

Mieter und Vertragspartner des schuldnerischen Eigentümers behalten während der Zwangsverwaltung ihre bestehenden Rechte und Pflichten. Für sie verändert sich lediglich der Ansprechpartner. Der Zwangsverwalter nimmt die Rolle des Vermieters ein und ist für alle Belange der Mietverwaltung zuständig.

Haftung und Aufsicht

Der Zwangsverwalter unterliegt der gerichtlichen Beaufsichtigung. Bei Pflichtverletzungen haftet er gegenüber den Beteiligten auf Schadensersatz (§ 154 ZVG, § 839 BGB analog). Die Haftung setzt ein Verschulden voraus, wobei die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Verwaltungsorgans Maßstab ist.

Abgrenzung zu anderen Vollstreckungsmaßnahmen

Die Zwangsverwaltung steht in Konkurrenz zur Zwangsversteigerung. Während aber bei der Versteigerung das Eigentum an der Immobilie übergeht, bleibt der Schuldner bei der Zwangsverwaltung Eigentümer; lediglich das Verwaltungsrecht wird übergeleitet. In vielen Fällen wird die Zwangsverwaltung vorgeschaltet oder parallel zu einer späteren Zwangsversteigerung betrieben, sodass zunächst fortlaufende Erträge gesichert und bestehende Verpflichtungen gegenüber Gläubigern teilweise bereits vor der Zuschlagserteilung erfüllt werden können.

Literatur und weiterführende Rechtsvorschriften

  • Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (ZVG)
  • Zivilprozessordnung (ZPO)
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
  • Zwangsverwalterverordnung (ZwVwV)
  • Rechtsprechungsübersicht des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Zwangsverwaltung

Fazit

Der Zwangsverwalter nimmt eine zentrale Rolle im deutschen Vollstreckungsrecht ein. Seine Bestellung, Aufgaben und Haftung sind umfassend gesetzlich geregelt. Die Zwangsverwaltung stellt ein Instrument zum Gläubigerschutz dar, das zugleich die Belange des Schuldners und anderer Betroffener im Blick behält. In der Praxis trägt der Zwangsverwalter wesentlich zur geordneten Wahrung und Verwertung notleidender Immobilien bei.

Häufig gestellte Fragen

Welche Aufgaben und Befugnisse hat ein Zwangsverwalter im Rahmen der Zwangsverwaltung?

Der Zwangsverwalter wird vom Vollstreckungsgericht eingesetzt, um im Rahmen der Zwangsverwaltung die ordnungsgemäße Bewirtschaftung und Verwaltung eines Grundstücks beziehungsweise einer Immobilie sicherzustellen. Seine Aufgaben sind im Wesentlichen im § 152 bis § 158 ZVG (Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung) geregelt. Zu den wichtigsten Aufgaben des Zwangsverwalters zählt die Erhebung aller zum Objekt gehörenden Einnahmen, insbesondere Mieten und Pachten. Er hat die Pflicht, für die Erhaltung, Bewirtschaftung und unter Umständen für notwendige Instandsetzungen der Immobilie zu sorgen. Der Zwangsverwalter kann Mietverträge schließen oder kündigen und ist befugt, gerichtlich sowie außergerichtlich das Eigentum zu vertreten. Er führt die eingenommenen Gelder in einem eigenen Verwaltungs- oder Treuhandkonto, zahlt bestimmte bevorrechtigte Forderungen (zum Beispiel öffentliche Lasten) und verwendet überschüssige Beträge zur Tilgung der gesicherten Forderungen der Gläubiger. Der Zwangsverwalter unterliegt der gerichtlichen Kontrolle und muss regelmäßig Rechnungslegung gegenüber dem Vollstreckungsgericht abgeben.

Wie erfolgt die Bestellung und die Entlassung eines Zwangsverwalters?

Die Bestellung eines Zwangsverwalters erfolgt durch Beschluss des zuständigen Vollstreckungsgerichts gemäß § 146 ZVG. Das Gericht bestimmt dabei, welche Person zum Zwangsverwalter eingesetzt wird, wobei in der Praxis häufig Rechtsanwälte, Steuerberater oder besonders qualifizierte Personen mit Erfahrung im Immobilienwesen bestellt werden. Der Bestellungsbeschluss wird im Grundbuch vermerkt und ist allen Beteiligten bekannt zu geben. Die Bestellung kann auf Antrag eines Beteiligten oder von Amts wegen wieder aufgehoben werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt (z. B. grobe Pflichtverletzungen, Interessenkonflikte, fehlende Sachkunde, Geschäftsaufgabe des Verwalters oder Vollzug des Verfahrenszwecks). Auch durch die Einstellung oder Aufhebung des Zwangsverwaltungsverfahrens endet das Amt des Zwangsverwalters automatisch.

Welche Rechte haben die Eigentümer während der Zwangsverwaltung ihrer Immobilie?

Während des laufenden Zwangsverwaltungsverfahrens verliert der Eigentümer die Kontrolle über die in die Verwaltung genommene Immobilie in weiten Bereichen. Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis geht gemäß § 148 ZVG weitgehend auf den Zwangsverwalter über. Dem Eigentümer bleibt dennoch das Recht, gerichtliche und behördliche Verfahren zu führen, die nicht die Verwaltung selbst betreffen, sowie Rechtsmittel gegen Verwaltungsmaßnahmen einzulegen. Er ist weiterhin dinglicher Eigentümer, darf jedoch keine Verfügungen über die zur Verwaltung gezogene Sache mehr treffen, sofern diese die Interessen des Zwangsverwalters beeinträchtigen. Ebenso ist er verpflichtet, dem Zwangsverwalter die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Unterlagen auszuhändigen.

Welche Rechte und Pflichten haben die Gläubiger im Zwangsverwaltungsverfahren?

Gläubiger, die einen Anspruch auf Befriedigung aus dem Objekt haben, können gemäß §§ 146, 148 ff. ZVG die Anordnung der Zwangsverwaltung beantragen. Sie haben Anspruch auf anteilige Auszahlung der aus der Verwaltung erzielten Überschüsse nach einer gesetzlich festgelegten Rangfolge (§§ 155, 156 ZVG). Ihren Rang und Bestand müssen sie regelmäßig durch Vorlage geeigneter Unterlagen belegen. Gläubigern steht das Recht zu, Anträge oder Beschwerden gegen Entscheidungen oder Handlungen des Zwangsverwalters beim Vollstreckungsgericht einzureichen. Sie sind ebenfalls berechtigt, Einsicht in die Verwaltungskonten zu verlangen und bei Verdacht auf Pflichtverletzungen oder Missbrauch Maßnahmen gegen den Zwangsverwalter zu initiieren.

Was passiert mit bestehenden Mietverhältnissen während der Zwangsverwaltung?

Die bestehenden Mietverhältnisse bleiben von der Anordnung der Zwangsverwaltung zunächst unberührt. Der Zwangsverwalter tritt gemäß § 152 ZVG in die Rechte und Pflichten des Vermieters ein. Er ist berechtigt, Mieten einzufordern und Mietverhältnisse zu kündigen oder neu abzuschließen, sofern dies der ordnungsgemäßen Verwaltung dient. Mietzahlungen sind an den Zwangsverwalter zu leisten; zahlt der Mieter weiterhin an den Eigentümer, besteht die Zahlungspflicht bis zur korrekten Kenntnisnahme fort. Der Zwangsverwalter ist verpflichtet, das Mietrecht, insbesondere die Vorschriften des BGB zum Schutz der Mieter, zu beachten, jedoch kann er bei berechtigtem Interesse Anpassungen vornehmen (beispielsweise Mietanpassungen, Kündigungen wegen Eigenbedarfs der Zwangsverwaltung).

Wie haftet ein Zwangsverwalter für Fehler oder Pflichtverstöße?

Ein Zwangsverwalter haftet für vorsätzliche oder fahrlässige Pflichtverletzungen gem. § 152 Abs. 2 ZVG in Verbindung mit allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften (§§ 276 ff. BGB). Eine Haftung tritt ein, wenn durch fehlerhafte Maßnahmen, unzureichende Verwaltung oder gesundheitsschädliche Unterlassungen ein Vermögensschaden bei Eigentümern, Gläubigern oder sonstigen Beteiligten entsteht. Die Haftung kann sowohl vertragliche als auch deliktische Grundlagen haben. Ansprüche auf Schadensersatz müssen im Zivilprozess geltend gemacht werden. Im Einzelfall kann das Vollstreckungsgericht bei groben Pflichtverstößen die sofortige Entlassung des Zwangsverwalters anordnen. Die Haftung erstreckt sich sowohl auf Vermögens- als auch auf bestimmte Personenschäden.

Wie und durch wen wird die Tätigkeit des Zwangsverwalters kontrolliert?

Die Kontrolle der Tätigkeit eines Zwangsverwalters liegt in erster Linie beim Vollstreckungsgericht. Dieses überwacht gemäß § 156 ZVG die Ordnungsmäßigkeit der Verwaltung und kann den Zwangsverwalter jederzeit zu Bericht und Rechnungslegung auffordern. Die Gläubiger und Eigentümer haben ebenfalls Beteiligungsrechte und können Beschwerden bei Gericht einreichen, sollten sie Unregelmäßigkeiten oder Missstände feststellen. Über die Prüfung der Verwaltungskonten und der wirtschaftlichen Handlungen hinaus kann das Gericht bei Bedarf Unterlagen anfordern oder sogar einen Sonderprüfer bestellen. Letztlich gewährleistet auch die Möglichkeit einer Ersatzvornahme oder die Entlassung des Zwangsverwalters eine effektive Aufsicht.

Welche Kosten entstehen durch die Zwangsverwaltung und wer trägt sie?

Die Kosten der Zwangsverwaltung umfassen die Vergütung des Zwangsverwalters, Gerichtskosten, Auslagen sowie notwendige Verwaltungsausgaben für den laufenden Betrieb und die Instandhaltung der Immobilie. Die Vergütung orientiert sich an den Vorschriften der Zwangsverwalterverordnung (ZwVwV) und wird regelmäßig vom Gericht im Rahmen eines Vergütungsfestsetzungsverfahrens festgelegt. Die Kosten werden aus den erzielten Einnahmen (vor allem Mieten und Pachten) beglichen. Erst nach Deckung der Verfahrenskosten werden Überschüsse an die Gläubiger ausgeschüttet. Reichen die laufenden Einnahmen nicht zur Kostendeckung aus, trägt letztlich der Eigentümer das wirtschaftliche Risiko, auch wenn Gläubiger zur Deckung vorrangig befriedigt werden.