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Zwangsexmatrikulation


Zwangsexmatrikulation – Rechtsgrundlagen, Verfahren und Auswirkungen

Die Zwangsexmatrikulation bezeichnet den von Amts wegen durch die Hochschule verfügten Ausschluss eines Studierenden aus dem Kreis der immatrikulierten Studierenden. Dieser rechtliche Vorgang erfolgt unabhängig vom Willen der betroffenen Person und stellt eine einschneidende Maßnahme im Hochschulrecht dar. Die Zwangsexmatrikulation wird auch als „Exmatrikulation von Amts wegen“ bezeichnet und ist von der freiwilligen Exmatrikulation abzugrenzen, bei der der Studierende selbst die Beendigung des Studierendenstatus beantragt.

Rechtliche Grundlagen der Zwangsexmatrikulation

Hochschulgesetze der Bundesländer

Rechtsgrundlagen für die Zwangsexmatrikulation finden sich vor allem in den Hochschulgesetzen der einzelnen Bundesländer. Diese Gesetze regeln umfassend, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Verfahren eine Zwangsexmatrikulation erfolgen kann. Die spezifischen Bestimmungen variieren je nach Bundesland, tragen jedoch grundlegende Gemeinsamkeiten.

Typische Regelungen sehen vor, dass ein Studierender von Amts wegen exmatrikuliert werden kann oder muss, wenn bestimmte gesetzlich normierte Tatbestände erfüllt sind. Zu diesen Tatbeständen zählen unter anderem das Bestehen der Abschlussprüfung, wiederholte Nichtbestehen zwingend vorgeschriebener Prüfungen, nachgewiesene Falschangaben bei der Immatrikulation oder bei Rückmeldungen, sowie das Ausbleiben der Rückmeldung oder des Semesterbeitrags.

§ 62 Hochschulrahmengesetz (HRG) – Bundesrechtlicher Rahmen

Das Hochschulrahmengesetz (HRG) gibt mit § 62 einen bundesrechtlichen Rahmen für die Exmatrikulation vor und bindet die Gestaltungsmöglichkeiten der bundesländerspezifischen Hochschulgesetze. Das HRG bestimmt insbesondere, dass der Studierendenstatus endet, wenn die Voraussetzungen für die Einschreibung entfallen oder wesentliche Pflichten des Studierenden nicht erfüllt werden.

Gründe für die Zwangsexmatrikulation

Erlöschen der Zulassungsvoraussetzungen

Ein häufiger Grund ist das Erlöschen der Zulassungsvoraussetzungen, beispielsweise durch Verstöße gegen Immatrikulationsvoraussetzungen oder bei nachträglich erkannten Täuschungen oder Falschangaben.

Nichtbestehen von Prüfungen

Das endgültige Nichtbestehen von Prüfungen – vor allem von Abschluss- oder Wiederholungsprüfungen – führt regelmäßig zur Zwangsexmatrikulation. Der Prüfungsanspruch entfällt, wodurch das Studium an der jeweiligen Hochschule nicht mehr fortgeführt werden kann.

Nichterfüllung administrativer Pflichten

Eine Zwangsexmatrikulation erfolgt auch, wenn der Studierende seinen administrativen Pflichten nicht nachkommt, etwa durch Nichtzahlung des Semesterbeitrags, Versäumnis der Rückmeldung zum Folgesemester oder Nichtabgabe erforderlicher Bescheinigungen (z.B. Krankenversicherungsnachweis).

Sonstige Gründe

Darüber hinaus können spezifische Verstöße, wie etwa schwerwiegende Verstöße gegen hochschulinterne Ordnungen, Disziplinarmaßnahmen oder Unvereinbarkeiten mit aufenthaltsrechtlichen Vorschriften (bei internationalen Studierenden), zur Zwangsexmatrikulation führen.

Rechtliches Verfahren der Zwangsexmatrikulation

Anhörung und Verwaltungsverfahren

Eine Zwangsexmatrikulation wird in der Regel im Rahmen eines verwaltungsrechtlichen Verfahrens vollzogen. Die Hochschule ist verpflichtet, dem betroffenen Studierenden vor Erlass des Exmatrikulationsbescheids rechtliches Gehör zu gewähren (§ 28 Verwaltungsverfahrensgesetz). Der Studierende erhält in der Regel eine Anhörung oder eine Möglichkeit zur Stellungnahme, um etwaige Einwendungen geltend zu machen.

Erlass und Form des Exmatrikulationsbescheides

Der Exmatrikulationsbescheid wird als Verwaltungsakt erlassen und muss schriftlich erfolgen. Der Bescheid enthält eine Begründung, die Rechtsgrundlage sowie eine Rechtsbehelfsbelehrung, aus der hervorgeht, in welcher Weise und innerhalb welcher Frist der Betroffene gegen die Exmatrikulation vorgehen kann.

Rechtsmittel und Rechtsfolgen

Die Zwangsexmatrikulation kann vom betroffenen Studierenden durch Widerspruch und ggf. Klage vor dem Verwaltungsgericht angefochten werden. Insbesondere sind dabei die Fristen zu beachten, die sich in der Regel aus der beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung ergeben (zumeist ein Monat ab Bekanntgabe). Ein Widerspruch hat im Regelfall keine aufschiebende Wirkung, die Exmatrikulation wird sofort wirksam, sofern keine Aussetzung der Vollziehung beantragt und bewilligt wird.

Rechtsfolgen und Auswirkungen der Zwangsexmatrikulation

Verlust des Studierendenstatus

Der Betroffene verliert mit Wirksamwerden der Zwangsexmatrikulation sämtliche Rechte und Pflichten aus seinem Studierendenstatus. Dies betrifft insbesondere die Nutzung hochschulischer Einrichtungen, die Teilnahme an Lehrveranstaltungen sowie Studierendenvergünstigungen (z.B. Semesterticket, Krankenversicherung als Student).

Auswirkungen auf Prüfungsansprüche und Prüfungsrecht

Mit der Zwangsexmatrikulation entfällt regelmäßig auch der Anspruch auf weitere Prüfungen sowie auf Prüfungs- und Studienleistungen im betroffenen Studiengang. In Ausnahmefällen, etwa zur Wiederholung nicht bestandener Prüfungen, können gesetzliche Übergangs- und Härtefallregelungen greifen.

Auswirkungen auf Aufenthaltstitel

Für internationale Studierende können sich durch die Zwangsexmatrikulation weitreichende aufenthaltsrechtliche Konsequenzen ergeben, da der Aufenthaltstitel oftmals unmittelbar an das Bestehen eines Studierendenverhältnisses geknüpft ist.

Anerkennung und Fortsetzung des Studiums an anderen Hochschulen

In vielen Fällen schließt die Zwangsexmatrikulation für den jeweiligen Studiengang eine Wiedereinschreibung an einer anderen Hochschule aus, insbesondere wenn sie wegen endgültigen Nichtbestehens ausgesprochen wurde. Eine Fortsetzung des Studiums in einem anderen Studiengang oder an einer Hochschule eines anderen Bundeslandes kann jedoch im Einzelfall möglich sein, wenn die Exmatrikulation nicht studienübergreifend wirkt.

Rechtsschutzmöglichkeiten

Widerspruchs- und Klageverfahren

Studierende haben die Möglichkeit, gegen eine Zwangsexmatrikulation Rechtsmittel einzulegen. Der Widerspruch gegen den Exmatrikulationsbescheid ist bei der Hochschule einzureichen, die den Bescheid erlassen hat. Wird dem Widerspruch nicht abgeholfen, besteht die Möglichkeit, Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht zu erheben.

Eilrechtsschutz

Bei drohenden schwerwiegenden Nachteilen kann ein Antrag auf Eilrechtsschutz nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) gestellt werden, um die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherzustellen.

Fazit

Die Zwangsexmatrikulation ist eine rechtliche Maßnahme mit erheblichen Konsequenzen für betroffene Studierende. Ihre Voraussetzungen, das Verfahren sowie die Rechtsfolgen sind detailliert in den Hochschulgesetzen der Bundesländer geregelt. Betroffene Studierende sollten die Rechtsgrundlagen, das Verfahren und die Möglichkeiten des Rechtsschutzes sorgfältig beachten, um ihre Rechte im Zusammenhang mit einer Zwangsexmatrikulation wahren zu können.


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Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für eine Zwangsexmatrikulation vorliegen?

Die Zwangsexmatrikulation ist im Hochschulrecht bundeseinheitlich nur grundlegend durch das Hochschulrahmengesetz geregelt. Ihre konkrete Ausgestaltung obliegt jedoch im Wesentlichen den Hochschulgesetzen der Bundesländer sowie den jeweiligen Prüfungs-, Immatrikulations- und Studienordnungen der einzelnen Hochschulen. Zu den häufigsten rechtlichen Voraussetzungen zählt der endgültige Nichtbestehensfall einer verpflichtenden Prüfungsleistung (z. B. Bachelor-, Master-, Zwischen- oder Staatsexamen), nicht fristgerechte Rückmeldung, fehlender Nachweis der Krankenversicherung oder erhebliche Verstöße gegen die Ordnung der Hochschule (zum Beispiel durch Täuschung oder Gewalt). In jedem Fall muss die Hochschule den Studierenden zuvor über das bevorstehende Verfahren informieren und diesen anhören, um dem verfassungsrechtlichen Gebot des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) zu entsprechen. Ferner muss der Zwangsexmatrikulation immer ein schriftlicher, individuell begründeter Bescheid vorausgehen.

Welche rechtlichen Möglichkeiten haben Studierende, sich gegen eine Zwangsexmatrikulation zu wehren?

Studierende können nach Erhalt des Exmatrikulationsbescheides innerhalb der im Bescheid genannten Frist (meist ein Monat) Widerspruch bei der Hochschule einlegen. Dieser Widerspruch entfaltet in manchen Bundesländern aufschiebende Wirkung, so dass die Exmatrikulation vorerst nicht wirksam wird. Lehnt die Hochschule den Widerspruch ab, besteht sodann die Möglichkeit, innerhalb eines Monats Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht zu erheben. Rechtlich empfiehlt es sich, parallel einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage zu stellen, wenn die Hochschule die sofortige Vollziehung der Exmatrikulation angeordnet hat. Eine juristische Begleitung wird dringend geraten, da das Verwaltungsprozessrecht und die hochschulrechtlichen Detailregelungen komplex sind.

Gibt es eine gesetzliche Frist zur Mitteilung der Zwangsexmatrikulation?

Nach den landesrechtlichen und hochschulinternen Vorschriften besteht in der Regel eine Verpflichtung, einen Exmatrikulationsbescheid „unverzüglich“, also ohne schuldhaftes Zögern, nach Eintritt des Exmatrikulationsgrundes zuzustellen. Die konkrete Frist kann sich aus der jeweiligen Hochschulordnung ergeben, sie beträgt oft nur wenige Tage. Eine verspätete Mitteilung kann die Rechtmäßigkeit der Exmatrikulation beeinträchtigen, vor allem dann, wenn dem Studierenden durch die Verzögerung rechtliche Nachteile entstehen. In jedem Fall muss dem Betroffenen ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt werden.

Dürfen Hochschulen eigene Gründe für eine Zwangsexmatrikulation festlegen?

Hochschulen sind im Rahmen der Gesetze und Verordnungen, insbesondere des jeweiligen Landeshochschulgesetzes, an rechtliche Vorgaben gebunden und dürfen nur die darin vorgesehenen Gründe für eine Zwangsexmatrikulation anwenden. Eine eigenmächtige Erweiterung der Exmatrikulationsgründe in den hochschulinternen Ordnungen ist meist unzulässig und kann im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens gerichtlich überprüft werden. Die gängigsten, gesetzlich anerkannten Gründe sind endgültiges Nichtbestehen einer Prüfung, Nichtzahlung von Gebühren, fehlende Rückmeldung oder schwere Ordnungsverstöße.

Welche Auswirkungen hat die Zwangsexmatrikulation auf den rechtlichen Status des Studierenden?

Mit dem Zugang des wirksamen Exmatrikulationsbescheides endet formal die Mitgliedschaft an der Hochschule und damit auch alle hiermit verbundenen Rechte und Pflichten. Das betrifft insbesondere das Recht, an Lehrveranstaltungen und Prüfungen teilzunehmen, Vergünstigungen des Studierendenausweises in Anspruch zu nehmen oder BaFöG zu erhalten. Auch die Meldepflicht gegenüber dem Einwohnermeldeamt (bei internationalen Studierenden gegenüber der Ausländerbehörde) ändert sich; bei Wegfall des Studentenstatus kann das Aufenthaltsrecht betroffen sein. Ein gerichtlicher Erfolg gegen die Exmatrikulation kann den Studierendenstatus rückwirkend wiederherstellen.

Kann eine Zwangsexmatrikulation auch rückgängig gemacht werden?

Ja, unter bestimmten rechtlichen Voraussetzungen kann eine Zwangsexmatrikulation aufgehoben werden. Dies ist möglich, wenn im Rahmen des Widerspruchs- oder Klageverfahrens festgestellt wird, dass formelle Fehler (z. B. fehlende Anhörung, unzureichende Begründung) oder materielle Fehler (z. B. unzutreffende Bewertung einer Prüfungsleistung, fehlerhafte Rechtsanwendung) vorlagen. In selteneren Fällen lässt die Hochschule auf begründeten Antrag eine Wiedereinschreibung zu, insbesondere, wenn der Exmatrikulationsgrund nachträglich entfällt oder geheilt wird (z. B. nachgezogene Zahlung von Gebühren). Ein Rechtsanspruch besteht allerdings nicht generell, sondern muss im Einzelfall geprüft werden.

Wie sind die Informations- und Anhörungsrechte der Studierenden im Verfahren der Zwangsexmatrikulation geregelt?

Das Verwaltungsverfahrensrecht verpflichtet die Hochschulen, vor Erlass belastender Verwaltungsakte wie einer Zwangsexmatrikulation die Betroffenen formell anzuhören (§ 28 VwVfG bzw. landesrechtliche Entsprechungen). Studierende haben Anspruch, alle entscheidungserheblichen Unterlagen einzusehen, über geplante Entscheidungen und deren Begründung informiert zu werden und eigene Stellungnahmen und Beweismittel einzureichen. Kommt die Hochschule diesen Pflichten nicht nach, liegt ein erheblicher Verfahrensfehler vor, der den Exmatrikulationsbescheid anfechtbar macht.