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Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden


Begriff und Bedeutung der Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden

Die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden ist ein zentraler Begriff des deutschen Verwaltungsrechts und bezeichnet die rechtliche Ermächtigung einer Verwaltungsbehörde, bestimmte hoheitliche Aufgaben wahrzunehmen und Verwaltungsakte zu erlassen. Die Zuständigkeit ist Voraussetzung für die Wirksamkeit einer behördlichen Entscheidung und schützt sowohl die Handlungsfähigkeit der Verwaltung als auch die Rechte der betroffenen Bürger.

Arten der Zuständigkeit

Die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden untergliedert sich in verschiedene Arten, die festlegen, welche Behörde für eine bestimmte Verwaltungstätigkeit verantwortlich ist. Die wichtigsten Unterarten sind:

Sachliche Zuständigkeit

Die sachliche Zuständigkeit legt fest, welche Aufgaben einer Behörde innerhalb des Systems der öffentlichen Verwaltung zugewiesen sind. Sie beantwortet die Frage, welche Behörde materiell-rechtlich berechtigt und verpflichtet ist, eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen.

Rechtsgrundlagen der sachlichen Zuständigkeit

Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich regelmäßig aus spezialgesetzlichen Vorschriften, allgemeinen Verwaltungsgesetzen, Satzungen oder Rechtsverordnungen. Häufig findet sich die Zuweisung im jeweiligen Fachgesetz, das für den betroffenen Verwaltungsbereich maßgeblich ist.

Abgrenzung zu anderen Behörden

Durch die sachliche Zuständigkeit wird die Aufgabenverteilung zwischen verschiedenen Behörden geregelt. Sind mehrere Behörden grundsätzlich zuständig, regeln Kollisionsnormen, wie beispielweise § 3 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), die Abgrenzung.

Örtliche Zuständigkeit

Die örtliche Zuständigkeit legt fest, welche räumlich abgegrenzte Verwaltungseinheit – beispielsweise welche Stadt, Gemeinde oder Verwaltungsstelle – für eine bestimmte Angelegenheit zuständig ist.

Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit

Die örtliche Zuständigkeit ist häufig an den Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder die Lage des betroffenen Gegenstands geknüpft. Maßgebliche Vorschriften finden sich insbesondere in § 3 VwVfG sowie in den jeweiligen Landesverwaltungsverfahrensgesetzen.

Instanzielle Zuständigkeit

Die instanzielle Zuständigkeit regelt, auf welcher Verwaltungsebene eine Aufgabe wahrgenommen wird, also ob erstinstanzlich, oberinstanzlich oder als Widerspruchsbehörde entschieden wird. Sie hängt häufig mit dem Verwaltungsaufbau (z. B. kommunale Behörden, Landes- oder Bundesbehörden) zusammen.

Funktionelle Zuständigkeit

Bei der funktionellen Zuständigkeit wird bestimmt, welche organisatorische Einheit oder Stelle innerhalb einer Verwaltungsbehörde zuständig ist. Dies betrifft beispielsweise die Entscheidungskompetenz zwischen einem Amt, Referat oder Dezernat.

Erwerb und Verlust der Zuständigkeit

Begründung der Zuständigkeit

Die Zuständigkeit wird durch gesetzliche Vorschrift oder seltener durch Verwaltungsakt begründet. Sie entfaltet ihre Wirkung ab dem Zeitpunkt, ab dem die Behörde die zugewiesene Aufgabe wahrnimmt oder ein entsprechender Umstand (z. B. Einreichung eines Antrags) erfüllt ist.

Wegfall und Wechsel der Zuständigkeit

Die Zuständigkeit kann durch Änderung der maßgeblichen Umstände oder durch Übertragung auf eine andere Behörde entfallen oder wechseln. Insbesondere im Fall von Zuständigkeitskonzentrationen oder -verlagerungen auf höhere Verwaltungsebenen ist dies bedeutsam.

Folgen von Zuständigkeitsmängeln

Ein Handeln einer nicht zuständigen Behörde kann schwerwiegende rechtliche Konsequenzen haben:

Rechtsfolgen einer fehlenden Zuständigkeit

Nach § 44 VwVfG ist ein Verwaltungsakt, der von einer unzuständigen Behörde erlassen wurde, in der Regel rechtswidrig und im Einzelfall sogar nichtig, insbesondere wenn die Unzuständigkeit einen besonders schwerwiegenden Fehler darstellt.

Heilung und Nachholung der Zuständigkeit

Teilweise lässt das Gesetz unter bestimmten Voraussetzungen eine Heilung des Zuständigkeitsmangels zu. Nach § 45 VwVfG kann etwa die sachliche oder örtliche Unzuständigkeit nachträglich geheilt werden, wenn die zuständige Behörde den Verwaltungsakt nachträglich genehmigt.

Abgrenzung zur Ermächtigungsgrundlage

Die Zuständigkeit ist von der Ermächtigungs- oder Eingriffsgrundlage zu unterscheiden. Während die Zuständigkeit regelt, wer handelt, bestimmt die Ermächtigungsgrundlage, inwieweit ein Verwaltungshandeln zulässig ist.

Zuständigkeitsvorschriften im System des Verwaltungsrechts

Regelungen im Bundesrecht

Im Bundesrecht finden sich Zuständigkeitsvorschriften u.a. im Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) sowie in zahlreichen Spezialgesetzen, wie dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) oder dem Aufenthaltsgesetz (AufenthG).

Regelungen im Landesrecht

In den Landesverwaltungsgesetzen und Landesverfassungen werden Zuständigkeiten ebenfalls geregelt. Zudem bestehen landesspezifische Verwaltungsgliederungen, die besondere Formen der Zuständigkeitsverteilung vorsehen können.

Besondere Zuständigkeitsformen

Delegation und Organleihe

Die Verwaltung kennt Formen der Delegation, etwa die Übertragung einer Aufgabe auf eine andere Behörde oder die so genannte Organleihe, bei der eine Behörde Aufgaben im Namen einer anderen wahrnimmt. Dies geschieht auf gesetzlicher Grundlage oder auf dem Wege der Amtshilfe.

Amtshilfe und Organvertretung

Im Rahmen der Amtshilfe wird einer anderen Behörde unterstützend geholfen, ohne dass die Zuständigkeit vollständig übergeht. Die Organvertretung betrifft Fälle, in denen Organe verschiedener Rechtsträger (z.B. Bund, Länder, Gemeinden) gegenseitig handeln.

Praxisbeispiele und Anwendungsbereiche

Im laufenden Verwaltungsvollzug ist die Feststellung der zuständigen Behörde Grundlage für jede Antragstellung, jeden Verwaltungsakt und jedes ordnungsbehördliche Vorgehen. Typische Praxisbeispiele sind die Zuständigkeit des Ordnungsamts für Gewerbeanmeldungen, die des Bauamts für Baugenehmigungen oder die örtliche Ausländerbehörde für ausländerrechtliche Angelegenheiten.

Bedeutung in gerichtlichen Verfahren

Vor den Verwaltungsgerichten spielt die Frage der Zuständigkeit sowohl prozessual als auch materiell eine Rolle, da Klagen in der Regel gegen die zur Entscheidung berufene Behörde zu richten sind und die Rechtswirksamkeit von Verwaltungsakten regelmäßig von der Zuständigkeit der erlassenden Behörde abhängt.

Literatur und weiterführende Quellen

  • Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)
  • Bundesgesetzblatt, einschlägige Fachgesetze
  • Kommentarliteratur zum Verwaltungsrecht
  • Lehrbücher zum Allgemeinen Verwaltungsrecht

Dieser Lexikonartikel bietet eine umfassende und detaillierte Übersicht zum Begriff der Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden und erläutert die verschiedenen Aspekte, die im deutschen Verwaltungsrecht für Behördenhandeln von grundlegender Bedeutung sind.

Häufig gestellte Fragen

Wann ist eine Verwaltungsbehörde für eine bestimmte Angelegenheit zuständig?

Die Zuständigkeit einer Verwaltungsbehörde ergibt sich regelmäßig aus den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften, insbesondere dem Allgemeinen Verwaltungsrecht und gegebenenfalls aus Spezialgesetzen. Dabei wird vor allem zwischen sachlicher, örtlicher und instanzieller Zuständigkeit unterschieden. Die sachliche Zuständigkeit ist durch das jeweilige Aufgabenfeld der Behörde bestimmt, während die örtliche Zuständigkeit an den geografischen Wirkungskreis der Behörde anknüpft, etwa an den Wohnsitz einer betroffenen Person oder den Ort eines zu regelnden Sachverhalts. Die instanzielle Zuständigkeit beschreibt, welche Stufe innerhalb der Hierarchie der Verwaltung tätig wird – also beispielsweise die Untere Verwaltungsbehörde, der Landesbetrieb oder das Bundesverwaltungsamt. Bei mehreren möglichen Behörden ist die genauere Festlegung oft in den jeweiligen Fachgesetzen (z. B. Bauordnungsrecht, Ausländerrecht) oder in speziellen Zuständigkeitsverordnungen geregelt. Zudem gilt bei Unklarheiten regelmäßig das Gebot der effektiven Verwaltungsarbeit, sodass nach dem Sinn und Zweck der Norm entschieden werden kann.

Wie kann die Unzuständigkeit einer Verwaltungsbehörde geltend gemacht werden?

Wird eine Behörde angerufen, die für eine bestimmte Entscheidung oder Maßnahme nicht zuständig ist, kann die Unzuständigkeit durch eine förmliche Einrede gerügt werden. In Verwaltungsverfahren ist die Prüfung der eigenen Zuständigkeit (§ 2 VwVfG – Amtsermittlungsgrundsatz) zwar Aufgabe der Behörde von Amts wegen, dennoch kann eine betroffene Person bei begründeten Zweifeln selbst Unzuständigkeit geltend machen, etwa durch einen entsprechenden Hinweis im Antrags- oder Widerspruchsschreiben. Dies führt zur Prüfung durch die Behörde, die gegebenenfalls einen formellen Verweisungsbeschluss fasst und das Verfahren an die zuständige Behörde abgibt. Ein fehlerhaft von einer unzuständigen Behörde erlassener Verwaltungsakt ist gemäß § 44 VwVfG im Regelfall rechtswidrig, kann aber ggf. geheilt werden, wenn die zuständige Behörde später das Verfahren übernimmt (§ 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG).

Wer entscheidet im Fall von Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen Verwaltungsbehörden?

Bei Streitigkeiten um die Zuständigkeit zwischen verschiedenen Verwaltungsbehörden greifen organisatorische oder rechtliche Klärungsinstrumente. Die genaue Regelung hängt vom Verhältnis der betroffenen Behörden (Bund-Land, Land-Land, Intern innerhalb einer Verwaltungshierarchie) ab. Häufig sind sogenannte Aufsichtsbehörden tätig, die Anweisungen zur Weiterleitung, Verweisung oder Durchführung des Verfahrens erteilen. In besonderen Konstellationen gibt es Lenkungsstellen oder sogar spezielle Instanzen zur Klärung der Zuständigkeit, zum Beispiel die oberste Landesbehörde oder der Bund-Länder-Ausschuss. In seltenen Fällen kann ein verwaltungsgerichtliches Zwischenverfahren über die (vorläufige) Klärung der Zuständigkeit entscheiden.

Welche Folgen hat eine Entscheidung oder ein Verwaltungsakt durch eine unzuständige Behörde?

Ein Verwaltungsakt, der von einer unzuständigen Behörde erlassen wurde, ist grundsätzlich rechtswidrig. Dies betrifft vor allem die sachliche oder instanzielle, seltener die örtliche Zuständigkeit. Rechtswidrige Verwaltungsakte sind nach allgemeinen Verwaltungsverfahrensgrundsätzen (§ 44 VwVfG) entweder nichtig oder zumindest anfechtbar, wobei eine Heilung unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist. Ist der Verwaltungsakt nicht nichtig, sondern lediglich rechtswidrig, kann er durch Widerspruch oder Anfechtungsklage aufgehoben werden. Hat die Unzuständigkeit jedoch besonders schwerwiegende Auswirkungen (zum Beispiel bei gravierenden Kompetenzüberschreitungen), wird die Nichtigkeit angenommen. In bestimmten Fällen sorgt jedoch das sogenannte Verböserungsverbot dafür, dass Antragsteller durch einen Zuständigkeitsfehler nicht schlechter gestellt werden, als sie bei richtiger Verfahrensführung stünden.

Wie werden die Zuständigkeitsbereiche einer Verwaltungsbehörde veröffentlicht oder bekannt gemacht?

Die Zuständigkeiten der Verwaltungsbehörden sind überwiegend durch Gesetz, Rechtsverordnung oder Verwaltungsvorschrift geregelt und werden oft in sogenannten Geschäftsverteilungsplänen oder Zuständigkeitsverzeichnissen veröffentlicht. Diese sind häufig auf den amtlichen Internetseiten einsehbar oder, bei bundes- und landesrechtlichen Zuständigkeiten, über das jeweilige Verwaltungsverfahrensgesetz sowie Fachgesetze nachprüfbar. Überdies sind Kommunalverwaltungen verpflichtet, ihre Zuständigkeiten öffentlich bekannt zu machen, beispielsweise in Bürgerinformationssystemen oder Service-Portalen. Bei Änderungen der Zuständigkeiten erfolgen entsprechende amtliche Bekanntmachungen und Aktualisierungen der Geschäftsverteilung.

Können Zuständigkeiten zwischen Behörden delegiert oder übertragen werden?

Ja, Zuständigkeiten können in bestimmten rechtlichen Grenzen durch Delegation, Übertragung oder Übernahme vorübergehend oder dauerhaft auf eine andere Behörde übergehen. Dies erfordert in der Regel eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage (wie etwa in § 5 VwVfG, der die allgemeine Aufgabenübertragung regelt) oder einen Verwaltungsakt auf höherer Ebene. Eine Delegation kommt häufig bei aufsichtlichen Weisungen, zentralen Fallbearbeitungen oder bei Bildung von Sonderbehörden vor. Die Übertragung darf jedoch nicht gegen allgemeine gesetzliche Grundsatzregelungen oder das Prinzip des gesetzlichen Richters/der gesetzlichen Behörde verstoßen.

Wie werden betroffene Bürger über die zuständige Behörde im Einzelfall informiert?

Betroffene Bürger haben das Recht, sich bei der jeweils zuständigen Behörde zu informieren oder beraten zu lassen. Dieses Recht folgt aus dem Grundsatz der Amtshilfe und dem Sozialstaatsprinzip. In der Praxis informieren Bürgerbüros, Online-Portale oder zentrale Auskunftsstellen darüber, welche Behörde für welches Anliegen zuständig ist. Bei Fehleinreichungen eines Antrags muss die unzuständige Behörde von Amts wegen dem Bürger die richtige Behörde mitteilen und, wenn möglich, die Unterlagen weiterleiten (§ 3 VwVfG – Weiterleitungspflicht). Diese Mitwirkungs- und Beratungspflichten dienen der Verwaltungsvereinfachung und kommen auch einer etwaigen Rechtsweggarantie nach.