Begriff und Einordnung des Zusatzurlaubs
Zusatzurlaub bezeichnet bezahlte freie Tage, die über den allgemeinen Erholungsurlaub hinausgehen. Er dient dem Ausgleich besonderer Belastungen oder Schutzbedarfe bestimmter Gruppen von Beschäftigten und kann durch Gesetz, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Einzelvertrag begründet sein. Zusatzurlaub ist vom Erholungsurlaub und von sonstigen Freistellungen (etwa aus persönlichen Anlässen) abzugrenzen und folgt in der Regel den allgemeinen Grundsätzen des Urlaubsrechts, soweit keine spezielleren Regeln bestehen.
Rechtsgrundlagen und Quellen des Zusatzurlaubs
Gesetzlich begründeter Zusatzurlaub
Schwerbehinderung
Beschäftigte mit anerkannter Schwerbehinderung haben einen gesetzlichen Anspruch auf Zusatzurlaub. Der Umfang orientiert sich an einer vollen Arbeitswoche (typischerweise fünf Arbeitstage bei einer Fünf-Tage-Woche) und wird bei abweichender Verteilung der Wochenarbeitstage entsprechend angepasst. Entsteht die Schwerbehinderung oder wird sie erst im Laufe des Jahres anerkannt, entsteht der Anspruch zeitanteilig. Der Status der Schwerbehinderung und seine Mitteilung an den Arbeitgeber sind für die praktische Gewährung maßgeblich. Eine Anrechnung anderer, gleichartiger zusätzlicher Urlaubstage kann in Betracht kommen, wenn sie demselben Ausgleichszweck dienen.
Tariflicher Zusatzurlaub
Viele Tarifverträge gewähren Zusatzurlaub, insbesondere bei besonderen Arbeitsbedingungen (z. B. Wechselschicht, Nachtschicht, Schichtsysteme mit erhöhten Belastungen, Arbeiten unter erschwerten Bedingungen). Der Umfang, die Voraussetzungen und die Berechnung richten sich nach dem jeweiligen Tarifvertrag. Tariflicher Zusatzurlaub kann neben gesetzlichem Zusatzurlaub bestehen; eine Anrechnung ist möglich, wenn die Regelungen dies vorsehen oder wenn beide denselben Ausgleichszweck betreffen.
Vertraglicher Zusatzurlaub und Betriebsvereinbarungen
Arbeitsverträge und Betriebsvereinbarungen können Zusatzurlaub vorsehen, etwa zur Bindung von Fachkräften oder zum Ausgleich betrieblicher Belastungen. Solche Regelungen dürfen die gesetzlichen Mindeststandards nicht unterschreiten. Sie können den Kreis der Begünstigten, den Umfang und die Modalitäten (Nachweise, Beantragung, Übertragbarkeit) eigenständig festlegen, sofern keine entgegenstehenden Vorgaben bestehen.
Umfang und Berechnung
Bezug zur Zahl der Arbeitstage pro Woche
Der Zusatzurlaub wird grundsätzlich in Arbeitstagen bemessen. Maßgeblich ist die Anzahl der vertraglich geschuldeten Arbeitstage pro Woche. Bei einer Fünf-Tage-Woche entspricht eine „Arbeitswoche“ regelmäßig fünf Tagen; bei abweichender Verteilung (z. B. Vier-, Sechs- oder Teilzeitmodelle) wird der Zusatzurlaub proportional angepasst.
Zeitanteilige Entstehung im Kalenderjahr
Zusatzurlaub entsteht – wie der Erholungsurlaub – grundsätzlich zeitanteilig im Laufe des Kalenderjahres. Beginnt oder endet das Arbeitsverhältnis unterjährig oder wird der Anspruchsgrund (z. B. anerkannte Schwerbehinderung) erst im laufenden Jahr verwirklicht, reduziert oder erhöht sich der Anspruch anteilig.
Rundungsregeln
Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einem halben Tag entsprechen, werden in der Regel auf volle Tage aufgerundet. Geringere Bruchteile können verfallen oder nach betrieblichen Regelungen zusammengezählt werden.
Wechsel der Arbeitszeitmodelle
Wechsel zwischen Vollzeit und Teilzeit oder Anpassungen der Wochenarbeitstage wirken sich auf die Umrechnung des Zusatzurlaubs aus. Maßgeblich ist dabei die jeweils geschuldete Arbeitszeit im Bezugszeitraum. In Phasen ohne Arbeitspflicht können Urlaubsansprüche – einschließlich Zusatzurlaub – entsprechend geringer entstehen.
Gewährung, Lage und Auszahlung
Beantragung und Nachweise
Die Gewährung erfolgt auf Antrag der Beschäftigten im Rahmen der betrieblichen Urlaubsplanung. Wo ein besonderer Status Anspruchsvoraussetzung ist (z. B. anerkannte Schwerbehinderung), ist die entsprechende Anerkennung und ihre Geltungsdauer für die Gewährung bedeutsam. Die Lage des Zusatzurlaubs wird unter Berücksichtigung betrieblicher Belange und der Wünsche der Beschäftigten festgelegt.
Bezahlung während des Zusatzurlaubs
Zusatzurlaub ist bezahlter Urlaub. Während seiner Inanspruchnahme wird grundsätzlich das Urlaubsentgelt auf Basis der üblichen Entgeltgrundsätze gezahlt. Sonderzuwendungen, die an die tatsächliche Arbeitsleistung anknüpfen, können abweichen.
Auszahlung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Nicht genommener Zusatzurlaub wird bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Geld abgegolten, soweit er nicht mehr in Natur gewährt werden kann. Dies gilt für gesetzlichen und nachrangig auch für tariflichen oder vertraglichen Zusatzurlaub, sofern die einschlägigen Regelungen nichts Abweichendes bestimmen.
Übertragung, Verfall und Krankheit
Grundsatz der Inanspruchnahme im Kalenderjahr
Zusatzurlaub soll grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr genommen werden. Eine Zusammenballung mit dem Erholungsurlaub ist möglich, sofern betriebliche Gründe nicht entgegenstehen.
Übertragung in das Folgejahr
Kann Zusatzurlaub aus betrieblichen oder in der Person liegenden Gründen nicht im laufenden Jahr genommen werden, ist eine Übertragung in das Folgejahr möglich. In der Regel ist der übertragene Zusatzurlaub bis zu einem frühen Zeitpunkt im Folgejahr zu nehmen; nach Ablauf dieser Frist kann er verfallen, sofern keine besonderen Umstände vorliegen.
Krankheit, Arbeitsunfähigkeit und Langzeiterkrankung
Erkranken Beschäftigte während bewilligten Zusatzurlaubs, werden die durch ärztliche Bescheinigung nachgewiesenen Zeiträume der Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich nicht auf den Zusatzurlaub angerechnet. Bei langfristiger Arbeitsunfähigkeit kommen verlängerte Fristen für den Verfall in Betracht. Der Zusatzurlaub folgt dabei den Grundsätzen, die für den Erholungsurlaub gelten.
Anrechnung und Kollisionen
Anrechnung gleichartiger Ansprüche
Gewähren mehrere Regelungsquellen Zusatzurlaub für denselben Ausgleichszweck, kann eine Anrechnung erfolgen. Ziel ist die Vermeidung von Doppelleistungen bei identischem Belastungsausgleich. Bestehen unterschiedliche Zwecke, können Ansprüche nebeneinanderstehen.
Verhältnis zu anderen Freistellungsansprüchen
Zusatzurlaub ist vom Sonderurlaub aus persönlichen Gründen sowie von Bildungszeit und anderen gesetzlichen Freistellungen abzugrenzen. Diese Ansprüche dienen anderen Zwecken und folgen eigenen Voraussetzungen und Berechnungsregeln.
Mitbestimmung und betriebliche Praxis
Grundsätze der Urlaubsplanung, Auswahlrichtlinien und Verteilungsmodalitäten unterliegen der betrieblichen Mitbestimmung, sofern kollektive Regelungsfragen betroffen sind. Die konkrete Ausgestaltung in Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen und betrieblichen Richtlinien prägt die Praxis der Gewährung und Verteilung des Zusatzurlaubs.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist unter Zusatzurlaub zu verstehen?
Zusatzurlaub sind bezahlte Urlaubstage, die zusätzlich zum allgemeinen Erholungsurlaub gewährt werden. Er dient dem Ausgleich besonderer Schutzbedürfnisse oder Belastungen und kann auf gesetzlichen, tariflichen oder vertraglichen Regelungen beruhen.
Wer hat Anspruch auf gesetzlich begründeten Zusatzurlaub?
Beschäftigte mit anerkannter Schwerbehinderung erhalten gesetzlichen Zusatzurlaub. Der Status wird durch die zuständige Stelle festgestellt und ist gegenüber dem Arbeitgeber relevant. Weitere Gruppen können aufgrund tariflicher oder vertraglicher Regelungen Zusatzurlaub erhalten.
Wie wird der Umfang des Zusatzurlaubs berechnet, insbesondere bei Teilzeit?
Maßgeblich ist die Anzahl der vertraglich geschuldeten Arbeitstage pro Woche. Der Zusatzurlaub entspricht grundsätzlich einer Arbeitswoche und wird bei abweichender Wochenarbeitszeit proportional angepasst. Teilzeitkräfte erhalten daher einen entsprechend anteiligen Anspruch.
Kann gesetzlicher und tariflicher Zusatzurlaub zusammentreffen?
Beide können nebeneinander bestehen. Soweit sie denselben Ausgleichszweck betreffen, kommt eine Anrechnung in Betracht. Bestehen unterschiedliche Zwecke, können die Ansprüche kumulativ wirken.
Wann verfällt Zusatzurlaub?
Grundsätzlich ist Zusatzurlaub im laufenden Kalenderjahr zu nehmen. Bei Übertragung gilt eine Frist im Folgejahr, nach deren Ablauf ein Verfall möglich ist. Bei langfristiger Arbeitsunfähigkeit können verlängerte Verfallsfristen gelten.
Wie wirkt sich Krankheit auf den Zusatzurlaub aus?
Erkranken Beschäftigte während bereits bewilligtem Zusatzurlaub und ist die Arbeitsunfähigkeit nachgewiesen, werden diese Tage in der Regel nicht auf den Zusatzurlaub angerechnet. Bei Langzeiterkrankung gelten sinngemäß die Regeln, die für den Erholungsurlaub entwickelt wurden, einschließlich verlängerter Fristen.
Darf Zusatzurlaub ausgezahlt werden?
Während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses ist eine Auszahlung grundsätzlich ausgeschlossen. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird nicht genommener Zusatzurlaub abgegolten, wenn eine Gewährung in Natur nicht mehr möglich ist.
Gilt Zusatzurlaub rückwirkend?
Wird der anspruchsbegründende Status (z. B. Schwerbehinderung) rückwirkend festgestellt, kann der Anspruch für bereits vergangene Zeiträume innerhalb des Bezugsjahres bzw. relevanter Fristen berücksichtigt werden, soweit der Status und seine zeitliche Geltung nachgewiesen sind.