Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Arbeitsrecht»Zusatzurlaub

Zusatzurlaub


Begriff und rechtliche Einordnung von Zusatzurlaub

Definition des Zusatzurlaubs

Der Begriff Zusatzurlaub bezeichnet einen über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehenden Anspruch auf Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Zusatzurlaub kann auf verschiedenen rechtlichen Grundlagen beruhen und wird insbesondere zur Kompensation besonderer Arbeitsbedingungen oder gesundheitlicher Belastungen gewährt. Zusatzurlaub ist in Deutschland vor allem in den Vorschriften des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG), im Sozialgesetzbuch (SGB IX), in Tarifverträgen sowie in Einzelarbeitsverträgen geregelt.

Abgrenzung zum Erholungsurlaub

Der gesetzliche Mindesturlaub ist gemäß § 3 BUrlG auf 24 Werktage (Montag bis Samstag) festgelegt, bezogen auf eine Sechs-Tage-Woche. Zusatzurlaub stellt demgegenüber einen Mehranspruch dar, der aus besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen neben dem gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch gewährt wird.

Rechtliche Grundlagen des Zusatzurlaubs

Bundesurlaubsgesetz und darüberhinausgehender Urlaub

Das Bundesurlaubsgesetz regelt zwar vorrangig den Mindesturlaub, lässt jedoch im § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG ausdrücklich zu, dass arbeits- oder tarifvertraglich weitergehende Urlaubsansprüche vereinbart werden können. Viele Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen sehen Zusatzurlaub für bestimmte Beschäftigtengruppen vor.

Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen

Gemäß § 208 SGB IX haben schwerbehinderte Menschen Anspruch auf einen bezahlten Zusatzurlaub von fünf Arbeitstagen im Kalenderjahr, bezogen auf die Fünf-Tage-Woche. Dieser Anspruch besteht unabhängig davon, ob daneben weitere zusätzliche Urlaubsansprüche bestehen. Voraussetzung ist das Vorliegen der Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch nach § 2 Abs. 2 SGB IX mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50.

Besonderheiten bei Teilzeitarbeit und unregelmäßiger Arbeitszeit

Bei Teilzeitbeschäftigten oder Arbeitnehmern mit atypischen Arbeitszeiten wird der Zusatzurlaub anteilig gewährt. Entscheidend ist hierbei die Länge der individuellen Arbeitswoche.

Zusatzurlaub bei bestimmten Tätigkeiten

Nacht- und Schichtarbeit

Beschäftigte in Betrieben mit regelmäßiger Nachtarbeit oder besonders belastender Schichtarbeit können gemäß diversen Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen Anspruch auf Zusatzurlaub erhalten. Häufig werden hierfür besondere Belastungsfaktoren wie gesundheitliche Risiken, Schichtarbeit in Wechselschicht oder ungünstige Arbeitszeiten berücksichtigt.

Zusatzurlaub nach Tarifverträgen

Eine Vielzahl von Tarifverträgen sieht weiteren Zusatzurlaub vor, beispielsweise für Beschäftigte im öffentlichen Dienst, im Bergbau, in der Metall- und Elektroindustrie oder bei Tätigkeiten mit erhöhter Unfall- oder Gesundheitsgefährdung.

Beamtenrechtlicher Zusatzurlaub

Auch im Beamtenrecht gibt es Sonderregelungen, beispielsweise für Feuerwehrangehörige, Polizistinnen und Polizisten oder sonstige Beamte, die besonderen Belastungen unterliegen. Die jeweiligen Regelungen ergeben sich aus den Beamtengesetzen des Bundes und der Länder sowie ergänzenden Rechtsverordnungen.

Zusatzurlaub bei verminderter Leistungsfähigkeit

Personen mit einer gleichgestellten Behinderung (§ 2 Abs. 3 SGB IX) können, je nach arbeitsvertraglicher oder tariflicher Grundlage, ebenfalls Anspruch auf Zusatzurlaub haben, sofern die Gleichstellung arbeitsrechtliche Nachteile ausgleicht und dies explizit geregelt wurde.

Umfang und Berechnung des Zusatzurlaubs

Berechnung analog zum Mindesturlaubsanspruch

Die Bemessung des Zusatzurlaubs folgt in aller Regel denselben Grundsätzen wie der gesetzliche Erholungsurlaub. Im Falle von unterjährigem Eintritt oder Ausscheiden ist auch der Zusatzurlaub grundsätzlich zeitanteilig zu berechnen, soweit dies arbeitsvertraglich, tarifvertraglich oder gesetzlich nicht anders geregelt ist.

Übertragbarkeit, Verfall und Abgeltung von Zusatzurlaub

Auch beim Zusatzurlaub gelten die Grundsätze zur Übertragbarkeit und zum Verfall des Urlaubsanspruchs, wie sie für den gesetzlichen Mindesturlaub gelten. Zusatzurlaub muss grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. In besonderen Fällen kann ein Übertrag ins Folgejahr möglich sein. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist nicht genommener Zusatzurlaub abzugelten.

Anspruchsgrundlagen und Geltendmachung

Voraussetzungen für den Anspruch

Ein Anspruch auf Zusatzurlaub entsteht, sobald die hierfür relevanten Voraussetzungen erfüllt sind, beispielsweise durch Vorlage des Schwerbehindertenausweises oder durch Feststellung der Tätigkeit unter erschwerten Bedingungen gemäß Tarifvertrag.

Geltendmachung und Nachweispflichten

Der Anspruch sollte gegenüber dem Arbeitgeber formell geltend gemacht und im Streitfall ggf. durch Nachweise (z. B. Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft) belegt werden. Die genaue Ausgestaltung der Nachweispflichten regeln oftmals Tarifverträge oder interne Vorschriften.

Weitere Formen des Zusatzurlaubs

Sonderurlaub und Zusatzurlaub

Der Begriff Zusatzurlaub ist vom Sonderurlaub abzugrenzen. Sonderurlaub wird oftmals aus persönlichen, unvorhersehbaren Gründen, wie beispielsweise bei Todesfällen in der Familie, gewährt, basiert aber auf anderen gesetzlichen oder arbeitsvertraglichen Grundlagen.

Gesetzlicher und vertraglicher Zusatzurlaub

Zusatzurlaub kann sowohl auf gesetzlichen Vorschriften wie § 208 SGB IX beruhen als auch durch Arbeits- oder Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder durch das Direktionsrecht des Arbeitgebers eingeräumt werden.

Zusammenfassung und Bedeutung des Zusatzurlaubs

Zusatzurlaub stellt einen bedeutsamen Ausgleich für besondere Belastungen oder Bedürfnisse bestimmter Arbeitnehmergruppen dar. Er dient insbesondere dem Gesundheitsschutz, der besseren Vereinbarkeit von Arbeit und besonderen Lebenslagen sowie dem Ausgleich erschwerter Arbeitsbedingungen. Die genauen Anspruchsgrundlagen und Umfang des Zusatzurlaubs sind dabei vom jeweiligen rechtlichen Regelungsrahmen abhängig und sollten stets im Einzelfall geprüft werden.


Weiterführende Stichworte für die Recherche:
Erholungsurlaub, Mindesturlaub, Schwerbehindertenrecht, Tarifvertrag, Arbeitsvertrag, Schichtarbeit, Nachtarbeit, Beamtenrecht, Arbeitsrecht, Sozialgesetzbuch IX, Bundesurlaubsgesetz

Häufig gestellte Fragen

Wer hat einen Anspruch auf Zusatzurlaub gemäß deutschem Arbeitsrecht?

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben gemäß deutschem Arbeitsrecht unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Zusatzurlaub. Dieser Anspruch besteht insbesondere für schwerbehinderte Menschen nach § 208 SGB IX. Ihnen ist ein Zusatzurlaub von fünf Arbeitstagen im Kalenderjahr zu gewähren, bei einer abweichenden Verteilung der Arbeitszeit wird der Zusatzurlaub entsprechend angepasst. Darüber hinaus können tarifliche, betriebliche oder einzelvertragliche Regelungen ebenfalls einen Anspruch auf Zusatzurlaub begründen. Ebenso sieht das Mutterschutzgesetz (MuSchG) und das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) Sonderregelungen für bestimmte Arbeitnehmergruppen vor. Im öffentlichen Dienst oder in speziellen Branchen, wie der Schichtarbeit, können Vergünstigungen durch weitere gesetzliche, tarifliche oder betriebliche Regelungen entstehen. Es gilt dabei stets das Günstigkeitsprinzip, sodass für Beschäftigte stets die für sie günstigere Regelung Anwendung findet.

Wie wird der Anspruch auf Zusatzurlaub bei Teilzeitarbeit berechnet?

Bei Teilzeitbeschäftigten ist der Zusatzurlaub grundsätzlich anteilig, entsprechend der geleisteten Arbeitstage, zu berechnen. Entscheidend ist dabei die regelmäßige vertragliche Arbeitszeit im Vergleich zur Vollzeitbeschäftigung. Besteht beispielsweise bei Vollzeit mit einer Fünftagewoche ein Anspruch auf fünf Tage Zusatzurlaub jährlich für schwerbehinderte Menschen, so reduziert sich der Anspruch bei weniger Arbeitstagen pro Woche entsprechend. In der Praxis bedeutet dies: Wer an drei Tagen in der Woche arbeitet, hat Anspruch auf 3/5 von fünf Tagen Zusatzurlaub, also drei Tage im Jahr. Es ist nicht zulässig, Teilzeitbeschäftigte schlechter zu stellen als vergleichbare Vollzeitbeschäftigte.

Was passiert mit dem Zusatzurlaub bei Wechsel des Arbeitgebers innerhalb des Kalenderjahres?

Wechselt ein Arbeitnehmer innerhalb eines Kalenderjahres den Arbeitgeber, muss der bisher gewährte Zusatzurlaub beim neuen Arbeitgeber angerechnet werden, sofern der Anspruch nicht bereits vollständig erfüllt wurde. Es empfiehlt sich, eine Bescheinigung des bisherigen Arbeitgebers über den bereits genommenen oder gewährten Zusatzurlaub vorzulegen (§ 6 Abs. 2 BUrlG analog). Die Summe des gesetzlichen (ggf. auch tariflichen) Zusatzurlaubs darf kalenderjährlich den jeweiligen Höchstanspruch nicht übersteigen. Wird der Zusatzurlaub beim alten Arbeitgeber nicht genommen, kann dieser Anspruch in der Regel auf den neuen Arbeitgeber übertragen werden, sofern das Arbeitsverhältnis ohne Unterbrechung fortgeführt wird.

Kann Zusatzurlaub aus betrieblichen oder tariflichen Gründen ausgeschlossen werden?

Ein Ausschluss des gesetzlich geregelten Zusatzurlaubs ist im deutschen Arbeitsrecht nicht zulässig. Insbesondere schwerbehinderten Menschen steht der Zusatzurlaub zwingend zu (§ 208 SGB IX). Tariflich oder betrieblich vereinbarter Zusatzurlaub kann hingegen geregelt, modifiziert oder auch ausgeschlossen werden, sofern die gesetzlichen Mindestansprüche gewahrt bleiben. Günstigere tarifliche Bestimmungen, die über das gesetzliche Maß hinausgehen, dürfen jedoch nicht zu Ungunsten der Beschäftigten abgeändert werden, wenn bereits ein Anspruch entstanden ist (Nachteilsschutz).

Was ist bei der Übertragung von nicht genommenem Zusatzurlaub zu beachten?

Nicht genommener Zusatzurlaub verfällt grundsätzlich mit Ablauf des Kalenderjahres, wenn im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder durch Betriebsvereinbarung nichts Abweichendes geregelt ist. Eine Übertragung auf das folgende Kalenderjahr ist nur dann möglich, wenn dringende betriebliche oder persönliche Gründe dies rechtfertigen (§ 7 Abs. 3 BUrlG analog). Erkrankt ein Arbeitnehmer beispielsweise bis zum Ende des Urlaubsjahres und kann daher den Zusatzurlaub nicht nehmen, so bleibt der Anspruch bestehen, richtet sich aber nach den Fristen des Bundesurlaubsgesetzes bzw. einschlägiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Tariflicher Zusatzurlaub kann anderen, ggf. kulanten Regelungen oder Fristen unterliegen.

Wie unterscheidet sich Zusatzurlaub von Sonderurlaub im rechtlichen Sinne?

Zusatzurlaub ist ein zusätzlicher Anspruch auf Erholungsurlaub, der auf gesetzlicher Grundlage (z. B. Schwerbehindertenrecht), tariflicher oder individueller Ebene geregelt ist. Sonderurlaub hingegen wird für bestimmte, meist außergewöhnliche Gründe (zum Beispiel Hochzeit, Todesfall eines Angehörigen, Umzug) gewährt und beruht überwiegend auf tariflichen oder betrieblichen Vereinbarungen oder auf § 616 BGB (vorübergehende Verhinderung aus persönlichen Gründen). Sonderurlaub ist in der Regel unbezahlter oder bezahlter Urlaub, der an einen konkreten Anlass geknüpft ist, während Zusatzurlaub planmäßig zusätzlich zum Jahresurlaub zu gewähren ist und in der Regel bezahlt wird. Die Voraussetzungen, Berechnung und Anspruchsdauer unterscheiden sich im Detail erheblich.

Welche Nachweispflichten bestehen gegenüber dem Arbeitgeber?

Arbeitnehmer, die einen Anspruch auf Zusatzurlaub geltend machen wollen, müssen dem Arbeitgeber grundsätzlich entsprechende Nachweise und Bescheinigungen vorlegen. Bei schwerbehinderten Menschen ist dies insbesondere der Schwerbehindertenausweis oder der entsprechende Bescheid des Versorgungsamtes. Der Zusatzurlaubsanspruch entsteht erst nach Vorlage des Nachweises; jedoch kann die Geltendmachung auch rückwirkend erfolgen, insbesondere wenn die Schwerbehinderung vorab bestand, der Bescheid aber erst später ausgestellt wurde. Bei anderen Anspruchsgruppen, z. B. bei tariflichen Regelungen, ist beispielweise ein Nachweis über Schicht- oder Nachtarbeit zu führen. Die entsprechenden Dokumentationspflichten ergeben sich teils aus Spezialgesetzen, teils aus dem Nachweisgesetz (§ 2 NachwG).