Rechtliche Grundlagen und Definition von Zusatzstoffen
Begriffserklärung: Zusatzstoffe
Zusatzstoffe sind Substanzen, die Lebensmitteln, Futtermitteln oder anderen Produkten aus bestimmten Gründen zugesetzt werden. Der Einsatz dieser Stoffe erfolgt nicht zufällig, sondern unterliegt in Deutschland und der Europäischen Union strengen gesetzlichen Vorschriften. Die Definition und der Einsatz von Zusatzstoffen ergeben sich insbesondere aus unionsrechtlichen und nationalen Regelungen, welche deutlich unterscheiden, wann und wie ein Stoff als Zusatzstoff gilt.
Gemäß Art. 3 Abs. 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 sind Lebensmittelzusatzstoffe Stoffe, „die Lebensmitteln aus technologischen Gründen zugesetzt werden, um beispielsweise deren Haltbarkeit, Geschmack oder Aussehen zu beeinflussen.“ Futtermittelzusatzstoffe sind in der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 geregelt.
Rechtsquellen für Zusatzstoffe
Europäische Regelungen
- Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 über Lebensmittelzusatzstoffe: Regelt Zulassung, Verwendung und Kennzeichnung für alle Lebensmittelzusatzstoffe auf dem europäischen Markt.
- Verordnung (EG) Nr. 1334/2008 über Aromen und bestimmte Lebensmittelzutaten mit Aromaeigenschaften: Ergänzt die Vorschriften über Zusatzstoffe hinsichtlich Aromastoffen.
- Verordnung (EU) Nr. 231/2012: Definiert Spezifikationen für Lebensmittelzusatzstoffe.
- Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 über Zusatzstoffe zur Verwendung in der Tierernährung: Regelt den Einsatz von Zusatzstoffen in Futtermitteln.
Nationale Regelungen (Beispiele: Deutschland)
- Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB): Zentrales Rahmengesetz für die Durchführung und Überwachung der Lebensmittelüberwachung, einschließlich Zusatzstoffrecht.
- Zusatzstoff-Zulassungsverordnung (ZZulV): Enthält nationale Konkretisierungen und Ausnahmen zu den EU-weiten Vorgaben.
Zulassung und Einteilung von Zusatzstoffen
Zulassungsverfahren
Die Zulassung von Zusatzstoffen folgt einem in EU-Recht definierten Standardverfahren. Neue Stoffe dürfen nur nach vorheriger Prüfung und Bewertung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zugelassen werden. Das Verfahren stellt sicher, dass Zusatzstoffe gesundheitlich unbedenklich, technologisch notwendig und für den Verbraucher nicht irreführend sind. Der Ablauf umfasst:
- Antragstellung beim zuständigen EU-Gremium
- Risikobewertung durch die EFSA
- Entscheidung der Europäischen Kommission und der Mitgliedstaaten
- Aufnahme in die Unionsliste zulässiger Zusatzstoffe
Einteilung von Zusatzstoffen
Lebensmittelzusatzstoffe werden entsprechend ihrer Funktion klassifiziert, beispielsweise:
- Farbstoffe
- Konservierungsstoffe
- Antioxidationsmittel
- Emulgatoren
- Säuerungsmittel
- Süßstoffe
Nur zugelassene Zusatzstoffe sind für den definierten Einsatzzweck und unter Berücksichtigung der Höchstmengenregelungen einsetzbar.
Verwendungsvoraussetzungen und Kennzeichnung
Anwendungsbedingungen
Die Verwendung von Zusatzstoffen ist grundsätzlich nur dann gestattet, wenn diese ausdrücklich zugelassen sind und in der sogenannten Unionsliste (Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008) aufgeführt werden. Darüber hinaus gilt das sogenannte Verbotsprinzip mit Erlaubnisvorbehalt: Zusätze dürfen nur in den dort vorgesehenen Lebensmitteln und in den angegebenen Mengen verwendet werden. Für bestimmte Produktgruppen, wie Babynahrung, gelten strengere Regelungen.
Kennzeichnungspflichten
Lebensmittelzusatzstoffe müssen in der Zutatenliste eines Lebensmittels mit ihrer jeweiligen Funktionsklasse sowie namentlich oder anhand der sogenannten E-Nummer angegeben werden. Beispiel: „Emulgator: Lecithin (E 322)“. Diese Kennzeichnungspflicht dient dem Verbraucherschutz und der Transparenz. Für lose Ware, etwa beim Bäcker oder Metzger, gelten spezielle Ausnahmeregelungen.
Kontrolle und Überwachung
Überwachung der Zulassung und Verwendung
Die Überwachung von Zusatzstoffen obliegt nationalen Behörden und deren Kontrollinstanzen. In Deutschland ist dies vor allem die Lebensmittelüberwachung der Bundesländer. Verstöße gegen die Vorschriften werden als Ordnungswidrigkeit oder Straftat geahndet.
Rücknahme der Zulassung
Die Zulassung eines Zusatzstoffs kann widerrufen werden, wenn neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, die ein Risiko für die Gesundheit nicht ausschließen. Die Europäische Kommission und die nationalen Behörden können einen Stoff aus dem Verkehr ziehen oder Anwendungsbereiche weiter beschränken.
Behandlung von Zusatzstoffen im Futtermittelrecht
Im Futtermittelrecht sind Zusatzstoffe eigenständig geregelt. Hierzu zählen unter anderem Konservierungsmittel, Emulgatoren, Aromastoffe und Vitamine. Die Zulassung und Überwachung erfolgt auf EU-Ebene nach speziellen Vorschriften (Verordnung (EG) Nr. 1831/2003).
Straftaten und Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit Zusatzstoffen
Der Missbrauch oder unzulässige Einsatz von Zusatzstoffen kann als Ordnungswidrigkeit oder Straftat gewertet werden. Dies betrifft beispielsweise:
- Verwendung nicht zugelassener Zusatzstoffe
- Überschreitung der zulässigen Höchstmengen
- Fehlen oder falsche Angaben im Rahmen der Kennzeichnung
Das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) sieht hierzu entsprechende Sanktionen vor.
Ausblick und Entwicklungen
Durch Innovationen in Technologie und Forschung werden ständig neue Zusatzstoffe entwickelt oder bestehende neu bewertet. Daher bleibt das Recht der Zusatzstoffe ein dynamisch fortschreitendes Rechtsgebiet, das auf europäischer wie nationaler Ebene ständig angepasst wird, um Verbraucherinteressen und den Schutz der öffentlichen Gesundheit zu gewährleisten. Zusätze unterliegen einer ständigen Überprüfung hinsichtlich ihrer Sicherheit, Notwendigkeit und Deklaration.
Hinweis: Dieser Beitrag behandelt die Rechtslage vorwiegend für Deutschland und die Europäische Union. Bei internationalen Sachverhalten oder spezifischen Sachkonstellationen kann die Rechtslage abweichen.
Häufig gestellte Fragen
Müssen alle in Lebensmitteln verwendeten Zusatzstoffe auf der Verpackung deklariert werden?
Grundsätzlich schreibt das europäische und nationale Lebensmittelrecht verbindlich vor, dass sämtliche in verpackten Lebensmitteln eingesetzten Zusatzstoffe in der Zutatenliste angegeben werden müssen. Die Deklaration erfolgt dabei gemäß der Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV, VO (EU) Nr. 1169/2011), wobei zusätzlich die Funktionsklasse (zum Beispiel „Farbstoff“, „Konservierungsstoff“ oder „Antioxidationsmittel“) und die spezifische Bezeichnung oder alternativ die entsprechende E-Nummer genannt werden muss. Für einige Zusatzstoffe existieren besondere Ausnahmen von der Deklarationspflicht, etwa dann, wenn diese lediglich als Trägerstoff oder technische Hilfsstoffe eingesetzt werden und im Enderzeugnis keine technologische Wirkung mehr entfalten oder nicht mehr vorhanden sind. Auch lose, unverpackte Ware unterliegt ab 2023 erweiterten Informationspflichten bezüglich enthaltener Zusatzstoffe. Ausnahmeregelungen betreffen zudem Zusatzstoffe, die bereits Bestandteil einer zusammengesetzten Zutat sind, sofern diese im Endprodukt unterhalb bestimmter Schwellenwerte verbleiben und keine technologische Wirkung mehr ausüben. Trotz dieser Ausnahmen ist das oberste Ziel eine umfassende Transparenz für Verbraucherinnen und Verbraucher.
Wer ist für die Einhaltung der zulässigen Höchstmengen von Zusatzstoffen verantwortlich?
Verantwortlich für die Einhaltung der gesetzlich geregelten Höchstmengen beziehungsweise zulässigen Einsatzmengen von Zusatzstoffen in Lebensmitteln ist grundsätzlich der Lebensmittelunternehmer, der das jeweilige Produkt in den Verkehr bringt. Die relevanten Höchstmengen ergeben sich aus der europäischen Zusatzstoff-Zulassungsverordnung (VO (EG) Nr. 1333/2008) und gegebenenfalls ergänzenden nationalen Vorschriften. Lebensmittelunternehmer müssen nachweisen können, dass in ihrem Produkt die entsprechenden Vorgaben eingehalten werden. Dies geschieht üblicherweise im Rahmen von Eigenkontrollen, Dokumentations- und Rückverfolgbarkeitspflichten. Kontrollbehörden – in Deutschland in der Regel die örtlichen Lebensmittelüberwachungsämter der Bundesländer – überprüfen stichprobenartig die Einhaltung durch Analysen und Betriebsprüfungen und ahnden Verstöße als Ordnungswidrigkeit oder Straftat.
Dürfen Zusatzstoffe für alle Lebensmittel verwendet werden oder gibt es Verbote und Einschränkungen?
Die Verwendung von Zusatzstoffen ist in der Europäischen Union grundsätzlich nur für bestimmte Lebensmittel und unter festgelegten Bedingungen zulässig. Die EU-Zusatzstoffverordnung (VO (EG) Nr. 1333/2008) sieht eine Positivliste („Gemeinschaftsliste“) über erlaubte Zusatzstoffe und deren zulässige Einsatzbereiche vor. Somit dürfen nur die in dieser Liste aufgeführten Stoffe und nur für die dort genannten Lebensmittelkategorien verwendet werden. Für bestimmte Produktgruppen wie Säuglings- und Kleinkindernahrung, unverarbeitete Lebensmittel (z. B. frisches Obst, Gemüse, Fleisch) oder Bio-Produkte besteht ein grundsätzliches Verwendungsverbot oder sind nur eng begrenzte Ausnahmen erlaubt. Zudem existieren für einige Zusatzstoffe spezielle mengenmäßige Beschränkungen oder Verwendungsverbote bezogen auf einzelne Lebensmittelgruppen zur besonderen Risikoabwehr.
Wie erfolgt die Zulassung neuer Zusatzstoffe in der Europäischen Union?
Die Zulassung neuer Zusatzstoffe in der EU ist ein umfassendes Verfahren, das in der Verordnung (EG) Nr. 1331/2008 geregelt ist. Ein Antrag auf Zulassung muss durch den Hersteller oder einen Mitgliedstaat bei der Europäischen Kommission eingereicht werden. Kernstück des Antrags sind wissenschaftliche Nachweise über die gesundheitliche Unbedenklichkeit sowie den technologischen Nutzen des Stoffes. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) prüft auf Basis vorgegebener wissenschaftlicher Kriterien die Sicherheitsbewertung, unter anderem anhand von toxikologischen Studien. Erst nach einer positiven Stellungnahme der EFSA und einer nachfolgenden Bewertung durch die EU-Kommission sowie die Mitgliedstaaten wird der Zusatzstoff per Verordnung in die Gemeinschaftsliste der zugelassenen Zusatzstoffe aufgenommen und erhält eine E-Nummer. Die Zulassung ist stets an Bedingungen wie Höchstmengen, Lebensmittelkategorien und Kennzeichnungsvorschriften gebunden.
Sind Zusatzstoffe in Bio-Lebensmitteln erlaubt?
Für Bio-Lebensmittel gelten strengere rechtliche Vorschriften bezüglich des Einsatzes von Zusatzstoffen. Die maßgebliche Rechtsgrundlage ist die Verordnung (EU) 2018/848 sowie die ergänzende Verordnung (EG) Nr. 889/2008. Nur eine sehr begrenzte Auswahl an Zusatzstoffen (aktuell rund 50, darunter bestimmte Säuerungsmittel, Backtriebmittel oder Geliermittel pflanzlichen Ursprungs) ist im Rahmen der ökologischen Produktion zugelassen. Diese Auswahl ist in einer speziellen Positivliste der Bio-Verordnung abschließend aufgeführt. Der Einsatz nicht ausdrücklich genehmigter Zusatzstoffe ist für die Herstellung von Bio-Lebensmitteln ausdrücklich untersagt, auch wenn diese im konventionellen Bereich erlaubt wären. Ziel dieser restriktiven Regelungen ist es, die Prinzipien der ökologischen Produktion, insbesondere Natürlichkeit und Verzicht auf unnötige Zusatzstoffe, zu gewährleisten. Bio-Kontrollstellen überprüfen regelmäßig die Einhaltung dieser Vorgaben.
Welche Rechtsfolgen drohen bei nicht erlaubtem Einsatz oder falscher Kennzeichnung von Zusatzstoffen?
Die nicht zulässige Verwendung von Zusatzstoffen oder fehlerhafte beziehungsweise fehlende Kennzeichnung stellt einen Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften dar – insbesondere gegen die LMIV sowie gegen die Zusatzstoffverordnung. Solche Verstöße werden als Ordnungswidrigkeiten (nach § 60 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs, LFGB) geahndet und können zu empfindlichen Geldbußen führen. Verstöße mit Gesundheitsgefährdungspotential können auch strafrechtlich nach § 58 LFGB verfolgt werden und Freiheitsstrafen nach sich ziehen. Darüber hinaus werden betroffene Produkte in der Regel durch die Behörden beanstandet; sie müssen aus dem Verkehr genommen und gegebenenfalls zurückgerufen werden. Wiederholte oder besonders schwere Verstöße können zudem zu weiteren Sanktionen wie Gewerbeuntersagungen, Schließung des Betriebs oder steuerrechtlichen Konsequenzen führen.