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Zusätzliche Betreuungsleistungen

Zusätzliche Betreuungsleistungen: Begriff, Zweck und Einordnung

Zusätzliche Betreuungsleistungen bezeichnen im System der sozialen Pflegeabsicherung einen zweckgebundenen Geldrahmen, der Pflegebedürftigen im häuslichen Umfeld zur Entlastung im Alltag und zur Unterstützung pflegender Angehöriger zur Verfügung steht. Heute wird hierfür regelmäßig die Bezeichnung Entlastungsbetrag verwendet. Der Anspruch besteht unabhängig von Einkommen und Vermögen, setzt jedoch eine anerkannte Pflegebedürftigkeit und die Inanspruchnahme geeigneter, qualitätsgesicherter Angebote voraus.

Historisch stand der Begriff für einen Vorläufer mit abweichenden Zugangsvoraussetzungen und Monatspauschalen; seit der grundlegenden Reform der Begutachtung und Pflegegrade ist der Entlastungsbetrag das maßgebliche Instrument. In der Alltagssprache hat sich die ältere Bezeichnung teilweise erhalten.

Zweck und Inhalte der Zusätzlichen Betreuungsleistungen

Die Zusätzlichen Betreuungsleistungen dienen der Stabilisierung der häuslichen Pflege, der Förderung der Selbstständigkeit Pflegebedürftiger sowie der Entlastung der unterstützenden Personen. Gefördert werden Unterstützungsformen, die Aufsicht, Begleitung, Aktivierung oder Hilfe im Haushalt bieten und so Überforderung vorbeugen und Teilhabe ermöglichen.

Anspruchsvoraussetzungen

Pflegegrad und Wohnform

Anspruch besteht für Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 bis 5, die zu Hause leben. In vollstationären Dauer­einrichtungen besteht regelmäßig kein eigenständiger Anspruch auf den Entlastungsbetrag. Bei vorübergehender Unterbringung (zum Beispiel Kurzzeitpflege) kann der Betrag für bestimmte Kostenbestandteile eingesetzt werden.

Anspruchsberechtigte Personengruppen

Der Anspruch gilt für Erwachsene und Minderjährige gleichermaßen. Maßgeblich ist die Feststellung eines Pflegegrades. Eine Bindung an bestimmte Diagnosen besteht nicht.

Leistungsumfang und Verwendung

Monatlicher Betrag und Zweckbindung

Der monatliche Betrag beträgt 125 Euro. Er ist zweckgebunden: Er darf ausschließlich für qualitätsgesicherte Unterstützungsleistungen eingesetzt werden, die Pflegebedürftige entlasten oder in ihrer Selbstständigkeit fördern. Eine Auszahlung ohne Gegenleistung ist nicht vorgesehen.

Erstattungsprinzip und Direktabrechnung

Die Leistung wird als Kostenerstattung gewährt: Entweder rechnen anerkannte Anbieter direkt mit der Pflegekasse ab (Abtretung), oder Pflegebedürftige reichen Rechnungen zur Erstattung ein. Eine Erstattung erfolgt nur für förderfähige, nachgewiesene Aufwendungen bis zur Höhe der verfügbaren Beträge.

Anerkannte Angebote und Anbieter

Förderfähig sind insbesondere:

  • Anerkannte Angebote zur Unterstützung im Alltag (zum Beispiel Alltagsbegleitung, Betreuungsgruppen, haushaltsnahe Hilfen, niedrigschwellige Entlastungsangebote)
  • Leistungen der Tages- und Nachtpflege (insbesondere zur Deckung bestimmter Eigenanteile)
  • Leistungen der Kurzzeitpflege (insbesondere zur Deckung bestimmter Eigenanteile)
  • Leistungen ambulanter Pflegedienste im Bereich der Betreuung und Haushaltsführung; bei Pflegegrad 1 zusätzlich auch im Bereich körperbezogener Pflegemaßnahmen

Die Anerkennungsvoraussetzungen für Alltagsunterstützungsangebote regeln die Länder. Sie betreffen zumeist Qualifikation, Qualitätssicherung, Zuverlässigkeit, Haftpflichtversicherung und Dokumentation. Viele Länder veröffentlichen Listen anerkannter Angebote.

Kombination mit anderen Leistungen

Der Entlastungsbetrag ist eigenständig und wird nicht auf das Pflegegeld angerechnet. Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein Teil ungenutzter Sachleistungsbudgets für anerkannte Unterstützungsangebote umgewidmet werden. Umgekehrt ersetzt der Entlastungsbetrag keine Pflegesachleistungen und erhöht diese nicht.

Nicht förderfähige Verwendungen

Nicht förderfähig sind insbesondere allgemeine Lebenshaltungskosten (z. B. Miete, Lebensmittel), medizinische Behandlungen, reine Fahrdienste ohne Bezug zu anerkannten Betreuungs- oder Entlastungsleistungen sowie Vergütungen an nahe Angehörige aus demselben Haushalt. Details können landesrechtlich und durch Kassenvorgaben konkretisiert sein.

Abgrenzung und Verhältnis zu anderen Leistungen

Pflegesachleistungen und Pflegegeld

Pflegesachleistungen sind professionelle Pflegeeinsätze ambulanter Dienste zulasten des jeweiligen Sachleistungsbudgets. Das Pflegegeld ist eine Geldleistung für eigenverantwortlich organisierte Pflege. Zusätzliche Betreuungsleistungen sind demgegenüber zweckgebundene Erstattungsbeträge für alltagsunterstützende Angebote und bestimmte teilstationäre bzw. kurzzeitige Betreuungsformen.

Verhinderungs- und Kurzzeitpflege

Verhinderungspflege ersetzt temporär die Pflegeperson und wird aus einem eigenen Budget finanziert. Kurzzeitpflege ist eine vorübergehende vollstationäre Versorgung. Der Entlastungsbetrag kann bei Kurzzeitpflege und Tages-/Nachtpflege zur Abdeckung bestimmter Kostenbestandteile herangezogen werden, ersetzt diese Leistungen aber nicht.

Tages- und Nachtpflege

Bei teilstationären Angeboten kann der Entlastungsbetrag insbesondere für Kosten eingesetzt werden, die nicht aus den Leistungsbudgets der teilstationären Pflege gedeckt sind. Die genaue Zuordnung der Kostenarten ergibt sich aus den vertraglichen Regelungen mit den Einrichtungen und den Kassen.

Unterstützungsleistungen im Alltag

Als Unterstützungsleistungen im Alltag gelten etwa Beaufsichtigung, Begleitung, Anleitung, soziale Teilhabe, aktivierende Angebote und Hilfe bei der Haushaltsführung. Voraussetzung ist die landesrechtliche Anerkennung des Angebots.

Historische Entwicklung

Vor der Einführung der heutigen Pflegegrade richteten sich zusätzliche Betreuungsleistungen vor allem an Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz, häufig mit demenziellen Beeinträchtigungen. Es galten abgestufte Monatspauschalen. Mit der Reform des Begutachtungssystems wurden der Kreis der Anspruchsberechtigten erweitert und der einheitliche Entlastungsbetrag eingeführt, der heute allen Pflegegraden 1 bis 5 im häuslichen Bereich offensteht.

Verfahren und Nachweise

Antrag und Nachweisführung

Mit Zuerkennung eines Pflegegrades entsteht der Anspruch dem Grunde nach. Die tatsächliche Inanspruchnahme setzt die Beauftragung förderfähiger Leistungen und den Nachweis hierüber voraus. Für die Erstattung verlangen die Kassen regelmäßig Rechnungen, Leistungsnachweise und ggf. Anerkennungsnachweise des Anbieters; bei Direktabrechnung erfolgt die Abwicklung unmittelbar zwischen Anbieter und Kasse.

Fristen, Übertragbarkeit und Verfall

Der monatliche Betrag entsteht laufend und kann innerhalb des Kalenderjahres gesammelt werden. Nicht genutzte Monatsbeträge eines Jahres sind in der Regel bis zum 30. Juni des Folgejahres übertragbar; danach verfallen sie regelmäßig. Maßgeblich sind die Abrechnungsfristen der jeweiligen Kasse und die landesrechtlichen Anerkennungsregelungen.

Privat Versicherte

In der privaten Pflege-Pflichtversicherung besteht ein entsprechender Anspruch dem Grunde nach. Das Abrechnungsverfahren ist regelmäßig als Kostenerstattung ausgestaltet; es gelten die vertraglichen Nachweisanforderungen des Versicherungsunternehmens.

Träger- und landesrechtliche Besonderheiten

Die Ausgestaltung der anerkannten Alltagsunterstützungsangebote obliegt den Ländern. Daraus ergeben sich regionale Unterschiede bei Anerkennung, Qualifikationsanforderungen, zulässigen Leistungsinhalten und Abrechnungsmodalitäten. Pflegkassen stellen hierzu Informationsmaterial und Listen anerkannter Anbieter bereit. Eine Doppelfinanzierung mit Leistungen anderer Sozialleistungssysteme (etwa Eingliederungshilfe) ist ausgeschlossen; Leistungen sind miteinander abzustimmen.

Rechtsnatur und Grundprinzipien

Zusätzliche Betreuungsleistungen sind eine zweckgebundene, pauschalierte Geldleistung in Form der Kostenerstattung. Sie folgen den Prinzipien der Subsidiarität, Wirtschaftlichkeit und Qualitätssicherung. Die Zweckbindung stellt sicher, dass Mittel der Pflegeversicherung spezifisch für alltagsunterstützende Leistungen eingesetzt werden, welche die häusliche Pflege stabilisieren und Überlastungen vorbeugen.

Häufig gestellte Fragen

Was umfasst der Begriff Zusätzliche Betreuungsleistungen heute?

Gemeint ist der einheitliche Entlastungsbetrag von 125 Euro monatlich für Pflegebedürftige im häuslichen Bereich. Er dient der Finanzierung qualitätsgesicherter Unterstützungsangebote im Alltag sowie der Entlastung pflegender Angehöriger.

Wer hat Anspruch und in welcher Wohnform gilt der Anspruch?

Anspruch besteht für Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 bis 5, die zu Hause leben. Bei dauerhafter vollstationärer Versorgung besteht regelmäßig kein eigener Anspruch auf den Entlastungsbetrag.

Wofür darf der Entlastungsbetrag eingesetzt werden?

Förderfähig sind anerkannte Alltagsunterstützungen (Betreuung, Begleitung, Haushaltshilfe), bestimmte Anteile bei Tages- und Nachtpflege sowie Kurzzeitpflege und – bei Pflegegrad 1 – auch körperbezogene Hilfeleistungen durch ambulante Dienste. Allgemeine Lebenshaltungskosten sind nicht förderfähig.

Wie erfolgt die Abrechnung in der Praxis?

Entweder rechnen anerkannte Anbieter direkt mit der Pflegekasse ab, oder Pflegebedürftige reichen Rechnungen ein. Erstattet wird bis zur Höhe der verfügbaren Beträge, wenn förderfähige Leistungen und ordnungsgemäße Nachweise vorliegen.

Können nicht genutzte Beträge in das Folgejahr übertragen werden?

Nicht genutzte Beträge eines Kalenderjahres sind regelmäßig bis zum 30. Juni des Folgejahres übertragbar. Danach verfallen sie in der Regel.

Dürfen Angehörige mit dem Entlastungsbetrag vergütet werden?

Vergütungen an nahe Angehörige im selben Haushalt sind regelmäßig ausgeschlossen. Zulässig sind anerkannte Angebote und Personen, die die landesrechtlichen Voraussetzungen erfüllen.

Wie verhält sich der Entlastungsbetrag zu Pflegegeld und Pflegesachleistungen?

Der Entlastungsbetrag ist eine eigenständige, zweckgebundene Leistung und wird nicht auf das Pflegegeld angerechnet. Pflegesachleistungen werden durch ihn nicht erhöht; unter bestimmten Voraussetzungen ist eine begrenzte Umwidmung ungenutzter Sachleistungsbudgets für anerkannte Alltagsunterstützungen möglich.

Gilt der Anspruch auch bei Kurzzeitpflege oder teilstationären Angeboten?

Bei Kurzzeitpflege sowie Tages- und Nachtpflege kann der Entlastungsbetrag für bestimmte, nicht anderweitig gedeckte Kostenbestandteile eingesetzt werden. Die Abrechnung folgt den Regelungen der Pflegekassen und den vertraglichen Zuordnungen der Einrichtungen.