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Zumutbare Belastung


Begriff und Bedeutung der Zumutbaren Belastung

Die zumutbare Belastung ist ein zentraler Begriff im deutschen Steuerrecht und findet insbesondere bei außergewöhnlichen Belastungen gem. § 33 Einkommensteuergesetz (EStG) Anwendung. Sie definiert den Anteil an Aufwendungen, der einer steuerpflichtigen Person im Rahmen der allgemeinen Lebensführung als selbst zu tragend und damit nicht steuermindernd abgezogen gilt. Erst soweit Aufwendungen die sogenannte zumutbare Belastung überschreiten, wirken sich diese steuermindernd aus.

Die konkrete Festlegung und Berechnung der zumutbaren Belastung ist gesetzlich geregelt und unterliegt festen Kriterien, die eine einheitliche Anwendung sicherstellen sollen.


Rechtliche Grundlagen der Zumutbaren Belastung

Grundlagen im Einkommensteuergesetz (§ 33 EStG)

Der Begriff der zumutbaren Belastung wird vornehmlich in § 33 Abs. 3 EStG konkretisiert. Der Gesetzgeber sieht vor, dass naturgemäß im Leben des Steuerpflichtigen immer wieder Kosten anfallen, deren Tragung grundsätzlich Teil der allgemeinen Lebenshaltung ist. Aus diesem Grund lässt das Steuerrecht außergewöhnliche Belastungen nur insoweit zum Abzug zu, als sie die individuell bestimmte zumutbare Belastung überschreiten.

§ 33 Abs. 1 EStG erlaubt den Abzug außergewöhnlicher Belastungen, „wenn dem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie gleichen Familienstandes erwachsen“. Die zumutbare Belastung stellt eine Art Selbstbehalt dar, der als zumutbar angesehen wird.


Berechnung der Zumutbaren Belastung

Berechnungsgrundlagen und Prozentstaffel

Die Höhe der zumutbaren Belastung wird durch einen Prozentsatz des Gesamtbetrags der Einkünfte bestimmt. Dieser Prozentsatz richtet sich nach dem Gesamtbetrag der Einkünfte, dem Familienstand (ledig, verheiratet) sowie der Anzahl der Kinder. Die gesetzlich festgelegten Staffelungen dienen der sozialen Fairness und berücksichtigen damit die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unterschiedlich großer Haushalte.

Gesetzliche Staffelung nach § 33 Abs. 3 EStG

Gemäß Gesetz ergeben sich folgende Prozentsätze:

| Familienstand | Gesamtbetrag der Einkünfte | Zumutbare Belastung in Prozent |
|———————————–|—————————————–|———————————–|
| (a) Keine Kinder | bis 15.340 Euro | 5 |
| | über 15.340 Euro bis 51.130 Euro | 6 |
| | über 51.130 Euro | 7 |
| (b) Ein oder zwei Kinder | bis 15.340 Euro | 2 |
| | über 15.340 Euro bis 51.130 Euro | 3 |
| | über 51.130 Euro | 4 |
| (c) Drei oder mehr Kinder | jeweils | 1 |

Außergewöhnliche Belastungen wirken sich steuerlich erst aus, soweit sie die jeweils ermittelte zumutbare Belastung überschreiten.

Ermittlung in der Praxis

Der Gesamtbetrag der Einkünfte ist die Berechnungsgrundlage, von der aus die Höhenstaffel ermittelt wird. Kinder werden dabei nach dem Einkommensteuergesetz gezählt, sofern für sie ein Anspruch auf Kindergeld oder einen Freibetrag besteht.

Die Berechnung erfolgt meist automatisiert während der Erstellung der Steuererklärung mit entsprechender Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse (Familienstand, Kinder). Die Finanzverwaltung prüft sodann die Angemessenheit und Berücksichtigung der geltend gemachten Aufwendungen.


Typische Anwendungsfälle der Zumutbaren Belastung

Außergewöhnliche Belastungen

Die zumutbare Belastung findet insbesondere Anwendung bei sogenannten außergewöhnlichen Belastungen im Sinne des § 33 EStG. Typische Beispiele hierfür sind:

  • Krankheitskosten (z. B. Medikamente, Behandlungskosten, Zuzahlungen)
  • Pflegekosten
  • Bestattungskosten (soweit sie nicht aus dem Nachlass bestritten werden können)
  • Kosten der auswärtigen Unterbringung von Kindern
  • Kurkosten

In jedem dieser Fälle prüft die Finanzbehörde, ob die aufgetretenen Kosten zwangsläufig und außergewöhnlich waren und ob sie die individuell errechnete zumutbare Belastung übersteigen.

Abgrenzung zu weiteren steuerlichen Abzugsbeträgen

Die zumutbare Belastung findet keine Anwendung auf bestimmte andere Abzugstatbestände, wie z. B. Sonderausgaben, Werbungskosten oder haushaltsnahe Dienstleistungen. Sie ist strikt auf die außergewöhnlichen Belastungen nach § 33 EStG beschränkt.


Rechtsgrundlagen und Rechtsprechung

Gesetzliche Regelungen

Die maßgebliche Rechtsgrundlage ist ausschließlich das Einkommensteuergesetz (§ 33 EStG), insbesondere die Absätze 1 bis 3. Die Vorschrift legt die Rahmenbedingungen für die steuerliche Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen fest, definiert die Staffel und verweist auf die individuelle Zumutbarkeit.

Rechtsprechung zu Einzelfällen

Die Auslegung der Vorschriften zur zumutbaren Belastung wurde durch zahlreiche Urteile der Finanzgerichte (FG) und des Bundesfinanzhofs (BFH) geprägt. Vor allem Fragen der Definition von Zwangsläufigkeit, der Einordnung außergewöhnlicher Belastungen sowie der Anrechnung etwaiger Ersatzleistungen (z. B. von Versicherungen) sind Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen.

Urteile betonen wiederholt die Erforderlichkeit der Begrenzung auf eine zumutbare Eigenbelastung, um einen übermäßigen Ausgleich alltäglicher Lebensrisiken auf Kosten der Solidargemeinschaft zu vermeiden.

Entwicklung und Reformen

Über die Jahre gab es immer wieder Diskussionen um die soziale Angemessenheit, Nachvollziehbarkeit und Transparenz der Berechnung der zumutbaren Belastung. Gesetzgeberische Änderungen bezogen sich vor allem auf die Anpassung der Staffelungen und die Klarstellung der Anwendungsbereiche, um Rechtsfrieden und Gleichbehandlung zu gewährleisten.


Kritik und Reformbedarf

Soziale Gerechtigkeit

Kritiker bemängeln, dass starre prozentuale Selbstbehalte dazu führen können, dass gerade in unteren Einkommensgruppen hohe Belastungen bestehen bleiben, ohne steuerliche Entlastung zu erfahren. Die Abstufungen werden regelmäßig auf ihre Angemessenheit und Berücksichtigung der tatsächlichen Lebensverhältnisse überprüft.

Verwaltungspraxis

In der Praxis führt die Komplexität der Berechnung und die Abgrenzung der zu berücksichtigenden Aufwendungen teils zu Unsicherheiten. Steuerpflichtige sehen sich deshalb häufig mit Auslegungsfragen und Nachweispflichten konfrontiert.


Zusammenfassung

Die zumutbare Belastung ist ein zentrales Element des deutschen Steuerrechts zur Festlegung, in welchem Umfang der Staat außergewöhnliche Belastungen an der steuerlichen Bemessungsgrundlage anerkennt. Die genaue Berechnung erfolgt anhand klar definierter Staffelungen unter Berücksichtigung persönlicher Merkmale des Steuerpflichtigen. Die Regelung dient dem Schutz der öffentlichen Haushalte und der sozialen Gerechtigkeit, sorgt aber regelmäßig für rechtliche und politische Diskussionen hinsichtlich ihrer Ausgestaltung und Anwendung.

Häufig gestellte Fragen

Wie wird die zumutbare Belastung im Steuerrecht praktisch angewendet?

Im Steuerrecht ist die zumutbare Belastung der Betrag, bis zu dem außergewöhnliche Belastungen (z.B. Krankheitskosten, Pflegekosten) steuerlich nicht berücksichtigt werden. Sobald die tatsächlich angefallenen Aufwendungen diesen individuellen Schwellenwert übersteigen, mindert nur der darüber hinausgehende Betrag das zu versteuernde Einkommen. Die Höhe der zumutbaren Belastung richtet sich nach § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) und wird prozentual nach dem Gesamtbetrag der Einkünfte, dem Familienstand sowie der Anzahl der Kinder des Steuerpflichtigen gestaffelt berechnet. Die Differenz aus den geltend gemachten Belastungen und der zumutbaren Belastung kann als außergewöhnliche Belastung steuerlich geltend gemacht werden. Das Finanzamt prüft dabei sämtliche Umstände anhand der eingereichten Nachweise (z.B. Rechnungen, Zahlungsbelege) und berücksichtigt ausschließlich notwendige und angemessene Aufwendungen.

Welche Rolle spielt das Einkommen bei der Ermittlung der zumutbaren Belastung?

Das Einkommen, genauer gesagt der Gesamtbetrag der Einkünfte des Steuerpflichtigen, bildet die ausschlaggebende Bemessungsgrundlage für die Berechnung der zumutbaren Belastung. Je höher das Einkommen, desto höher fällt auch der individuelle Prozentsatz an, der als zumutbare Belastung gilt. Die Prozentsätze liegen laut Gesetz zwischen 1% und 7%, gestaffelt nach Einkommenshöhe, Familienstand (ledig, verheiratet) und Kinderzahl. Maßgeblich ist ausschließlich der Gesamtbetrag der Einkünfte nach § 2 Abs. 3 EStG vor dem Abzug außergewöhnlicher Belastungen, jedoch nach Abzug bestimmter Sonderausgaben und Freibeträge.

Wie wirkt sich der Familienstand und die Anzahl der Kinder auf die zumutbare Belastung aus?

Familienstand und Kinderzahl sind zentrale Faktoren bei der Höhe der zumutbaren Belastung. Für Ehegatten und eingetragene Lebenspartner, die zusammen veranlagt werden, sowie für Steuerpflichtige mit Kindern, gelten niedrigere Prozentsätze. Dies trägt der erhöhten finanziellen Leistungsfähigkeit von Alleinstehenden gegenüber Haushalten mit Unterhaltsverpflichtungen Rechnung. Für jeden Steuerpflichtigen und für jedes Kind, für das ein Anspruch auf Kindergeld oder einen Kinderfreibetrag besteht, wird bei der Berechnung ein reduzierter Prozentsatz angewandt. Die gesetzliche Staffelung nach § 33 Abs. 3 EStG soll auf diese Weise eine sozial gerechte Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen gewährleisten.

Welche Nachweise müssen für das Überschreiten der zumutbaren Belastung erbracht werden?

Um außergewöhnliche Belastungen steuerlich geltend zu machen, muss der Steuerpflichtige dem Finanzamt lückenlose und prüffähige Nachweise für sämtliche Ausgaben vorlegen. Hierzu zählen insbesondere Originalbelege, Quittungen, Rechnungen mit Zahlungsnachweisen, ärztliche Atteste sowie gegebenenfalls Kostenerstattungen von dritter Seite (z.B. Krankenkassen, Versicherungen). Für bestimmte Aufwendungen, wie medizinische oder pflegerische Leistungen, sind unter Umständen weiterführende rechtliche Nachweise vorgeschrieben – etwa die Notwendigkeitsbescheinigung eines Amtsarztes oder die Genehmigung für außergewöhnliche Wohnformen. Das Finanzamt erkennt nur zwangsläufig entstandene und nachweislich bezahlte Kosten an; Eigenleistungen oder freiwillige Aufwendungen werden grundsätzlich nicht berücksichtigt.

Kann die zumutbare Belastung auch auf mehrere Jahre verteilt werden?

Eine Verteilung der zumutbaren Belastung auf mehrere Jahre ist gesetzlich nicht vorgesehen. Maßgeblich ist stets der Veranlagungszeitraum (Kalenderjahr), in dem die außergewöhnlichen Belastungen tatsächlich entstanden und bezahlt wurden. Die Gesetzesregelung verlangt eine periodengerechte Abgrenzung, sodass Aufwendungen den entsprechenden Steuerjahren zugeordnet werden müssen. Eine Ausnahme bildet die sogenannte Abschnittsbesteuerung bei wiederkehrenden Zahlungen, wenn sie um den Jahreswechsel herum erfolgen; hier kann eine Zuordnung zum jeweiligen Kalenderjahr nach tatsächlichem Abfluss nach § 11 EStG erfolgen.

Welche typischen Fehlerquellen gibt es bei der Angabe der zumutbaren Belastung?

Häufige Fehler entstehen durch falsche Berechnung des maßgeblichen Einkommens, fehlerhafte Zuordnung von Familienstand und Kinderzahl, das Einreichen unzureichender oder ungeeigneter Nachweise sowie durch Geltendmachung nicht abziehbarer Kosten. Typisch ist auch die unzutreffende Annahme, dass freiwillige oder nicht notwendige Ausgaben (z.B. Schönheitsoperationen) ebenfalls als außergewöhnliche Belastungen anerkannt würden. Zudem wird oft vergessen, Zahlungen von Versicherungen oder Erstattungen von dritter Seite zu berücksichtigen, was den steuerlich ansetzbaren Betrag reduziert. Die zumutbare Belastung ist ein individueller Grenzbetrag; pauschale Angaben werden vom Finanzamt nicht akzeptiert.

Welche Rechtsmittel bestehen bei Streitigkeiten zur zumutbaren Belastung?

Kommt es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Steuerpflichtigem und Finanzamt über die Anerkennung oder Höhe der außergewöhnlichen Belastung in Bezug auf die zumutbare Belastung, stehen dem Steuerpflichtigen die üblichen Rechtsmittel offen. Gegen den Steuerbescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Einspruch eingelegt werden (§ 347 AO). Sollte dem Einspruch nicht abgeholfen werden, besteht die Möglichkeit einer Klage vor dem zuständigen Finanzgericht. Im Rahmen des Einspruchs- oder Klageverfahrens können ergänzende Nachweise oder Gutachten vorgelegt werden. In Einzelfällen entscheidet auch der Bundesfinanzhof (BFH) über grundsätzliche Rechtsfragen zur Anwendung und Auslegung der gesetzlichen Regelungen zur zumutbaren Belastung.