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Zu versteuerndes Einkommen

Zu versteuerndes Einkommen: Bedeutung, Funktion und Einordnung

Das zu versteuernde Einkommen ist die zentrale Rechengröße für die Festsetzung der Einkommensteuer bei natürlichen Personen und der Körperschaftsteuer bei bestimmten juristischen Personen. Es handelt sich um den steuerlichen Bemessungswert, auf den der Steuertarif angewendet wird. Er entsteht, indem von den erzielten Einkünften zunächst betriebliche und berufliche Aufwendungen, anschließend verschiedene gesetzlich vorgesehene Abzugsbeträge und Freibeträge abgezogen werden. Nicht alle Zahlungen oder steuerlichen Vergünstigungen mindern das zu versteuernde Einkommen; einige wirken sich ausschließlich unmittelbar auf die festgesetzte Steuer aus.

Abgrenzung und Begriffsabfolge

Von Bruttoeinnahmen zum zu versteuernden Einkommen

Die Ermittlung folgt einer standardisierten Reihenfolge. In vereinfachter Darstellung:

  • Bruttoeinnahmen aus verschiedenen Quellen
  • abzüglich betrieblicher/beruflicher Aufwendungen (Betriebsausgaben, Werbungskosten) ergibt die jeweiligen Einkünfte
  • Summe der Einkünfte aus allen Einkunftsarten (unter Berücksichtigung zulässiger Verlustverrechnungen)
  • nach weiteren gesetzlich vorgesehenen Zwischenschritten und Abzügen (z. B. bestimmte Freibeträge, Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen) entsteht das Einkommen
  • abzüglich weiterer, ausdrücklich vorgesehener Freibeträge (z. B. kindbezogene Beträge, bestimmte Entlastungsbeträge) ergibt sich das zu versteuernde Einkommen

Die einzelnen Stufen wirken wie Filter: Zunächst werden Kosten der Einkunftserzielung berücksichtigt, danach persönliche Abzugsbeträge und Freibeträge.

Abgrenzung zur Einkommensteuer

Das zu versteuernde Einkommen ist nicht die Steuer selbst, sondern die Bemessungsgrundlage. Erst nachdem der progressive Steuertarif auf das zu versteuernde Einkommen angewendet wurde, ergeben sich die Einkommensteuer und auf dieser Basis etwaige Zuschläge. Davon getrennt wirken Steuerermäßigungen (z. B. für bestimmte Aufwendungen) und angerechnete Steuerabzüge (z. B. bereits einbehaltene Lohnsteuer).

Ausgangspunkt: Einkünfte natürlicher Personen

Einkunftsarten im Überblick

Bei natürlichen Personen werden Einkünfte grundsätzlich folgenden Bereichen zugeordnet:

  • Land- und Forstwirtschaft
  • Gewerbebetrieb
  • Selbständige Arbeit
  • Nichtselbständige Arbeit (Arbeitslohn)
  • Kapitalvermögen
  • Vermietung und Verpachtung
  • Sonstige Einkünfte (z. B. bestimmte wiederkehrende Bezüge, private Veräußerungsgeschäfte innerhalb gesetzlicher Fristen)

Ermittlung der Einkünfte

Innerhalb jeder Einkunftsart werden den Einnahmen die abzugsfähigen Aufwendungen gegenübergestellt. Bei nichtselbständiger Arbeit sind dies typischerweise Werbungskosten, bei betrieblichen Einkünften Betriebsausgaben. Pauschbeträge können an Stelle von Einzelaufstellungen berücksichtigt werden, soweit vorgesehen. Nach der Addition aller Einkünfte werden Verluste im rechtlich zulässigen Rahmen verrechnet. Das Ergebnis bildet die Grundlage für die weiteren Abzüge auf dem Weg zum zu versteuernden Einkommen.

Vom Gesamtbetrag der Einkünfte zum zu versteuernden Einkommen

Abziehbare Beträge, die das zu versteuernde Einkommen mindern

Auf der Ebene unterhalb der Summe der Einkünfte werden vor allem folgende Posten berücksichtigt, die das zu versteuernde Einkommen mindern können:

  • Sonderausgaben (z. B. bestimmte Vorsorgeaufwendungen, Beiträge, Unterhaltsleistungen in gesetzlich geregelten Fällen, Spenden im zulässigen Rahmen)
  • Außergewöhnliche Belastungen (z. B. zwangsläufig entstandene höhere Aufwendungen unter Berücksichtigung von zumutbaren Eigenanteilen)
  • Pausch- und Freibeträge (z. B. kindbezogene Freibeträge, Entlastungsbeträge, Behinderten-Pauschbeträge, Altersentlastungsbetrag, soweit einschlägig)
  • Abziehbare Verlustvorträge bzw. Verlustrückträge gemäß den zulässigen Mechanismen

Nach Abzug dieser Beträge entsteht das Einkommen. Weitere ausdrücklich vorgesehene Freibeträge führen zur Ermittlung des zu versteuernden Einkommens als endgültiger Bemessungsgrundlage.

Beträge, die die Steuer, nicht aber das zu versteuernde Einkommen mindern

Einige Vergünstigungen mindern nicht das zu versteuernde Einkommen, sondern die festgesetzte Steuer. Dazu zählen typischerweise:

  • Steuerermäßigungen für bestimmte haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse und Dienstleistungen sowie Handwerkerleistungen
  • Anrechnung bereits einbehaltener Steuern (z. B. Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer), Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer auf die Einkommensteuer
  • Anrechnung ausländischer Quellensteuern im Rahmen internationaler Sachverhalte

Diese Entlastungen wirken nachgelagert auf die Steuerschuld, ohne die Höhe des zu versteuernden Einkommens zu verändern.

Verlustverrechnung und Verlustvortrag

Negative Einkünfte können unter Beachtung gesetzlicher Beschränkungen mit positiven Einkünften verrechnet werden. Nicht ausgeglichene Verluste können, soweit vorgesehen, in andere Veranlagungszeiträume übertragen werden (Rücktrag/Vortrag). Ein wirksamer Verlustvortrag mindert in künftigen Jahren das zu versteuernde Einkommen, bis der Vortrag aufgebraucht ist. Für bestimmte Einkunftsarten und bei hohen Beträgen bestehen Begrenzungen.

Besonderheiten nach Personengruppen

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

Beim Arbeitslohn wird während des Jahres Lohnsteuer einbehalten. Das zu versteuernde Einkommen wird jedoch stets für den gesamten Veranlagungszeitraum (regelmäßig das Kalenderjahr) ermittelt. Der Lohnsteuerabzug beeinflusst nicht die Höhe des zu versteuernden Einkommens, sondern wird später auf die festgesetzte Einkommensteuer angerechnet.

Selbständige und Gewerbetreibende

Für betriebliche Einkünfte ist der Gewinn maßgeblich, der sich aus dem Betriebsvermögensvergleich oder der Einnahmen-Überschuss-Rechnung ergibt. Steuerliche Korrekturen (z. B. für nicht abzugsfähige Aufwendungen oder steuerfreie Erträge) führen zu einem steuerlichen Gewinn, der in die Summe der Einkünfte einfließt. Die persönliche Ebene der Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und Freibeträge wirkt erst danach auf das zu versteuernde Einkommen.

Rentnerinnen und Rentner

Rentenbezüge sind je nach Art und Entstehungsgrund in unterschiedlichem Umfang steuerpflichtig. Der steuerpflichtige Anteil einer Rente zählt zu den Einkünften und fließt in die Summe der Einkünfte ein. Pausch- und Freibeträge sowie weitere Abzugsbeträge werden auf den folgenden Stufen berücksichtigt.

Kapitalerträge

Für Kapitalerträge kann ein Quellensteuerabzug erfolgen, der grundsätzlich abgeltende Wirkung hat. In bestimmten Fällen oder auf Wahl hin können Kapitalerträge in die Veranlagung einbezogen werden. Werden sie einbezogen, erhöht sich die Summe der Einkünfte; der bereits einbehaltene Steuerabzug wird dann auf die festgesetzte Steuer angerechnet.

Körperschaften

Bei Körperschaften wird das zu versteuernde Einkommen ausgehend vom handelsrechtlichen Ergebnis durch steuerliche Korrekturen (Hinzurechnungen, Kürzungen, Nichtabziehbarkeit bestimmter Aufwendungen, steuerfreie Beteiligungserträge u. a.) ermittelt. Das Ergebnis bildet die Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer. Daneben können weitere Steuerarten wie die Gewerbesteuer eigenständig anfallen.

Tarif, Progression und Veranlagungsformen

Progression und Grundfreibetrag

Auf das zu versteuernde Einkommen wird ein progressiver Tarif angewendet. Ein Grundfreibetrag stellt sicher, dass das steuerliche Existenzminimum unbehelligt bleibt. Steigen die zu versteuernden Einkünfte, steigt der durchschnittliche Steuersatz mit.

Einzel- und Zusammenveranlagung

Bei verheirateten Personen und eingetragenen Lebenspartnerschaften kann eine gemeinsame Veranlagung in Betracht kommen. Dabei wird aus den zusammengerechneten Beträgen ein gemeinsames zu versteuerndes Einkommen ermittelt. Die Tarifermittlung folgt in diesem Fall besonderen Regeln, die eine Splittingwirkung entfalten können.

Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer

Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer knüpfen an die festgesetzte Einkommensteuer an. Sie werden nicht auf das zu versteuernde Einkommen berechnet, sondern auf die hieraus resultierende Steuer. Das zu versteuernde Einkommen wirkt damit mittelbar über die Höhe der Einkommensteuer auf diese Zuschläge.

Grenzüberschreitende Sachverhalte

Unbeschränkte und beschränkte Steuerpflicht

Der Umfang der Einkünfte, die in das zu versteuernde Einkommen einfließen, hängt vom steuerlichen Anknüpfungspunkt ab. Bei unbeschränkter Steuerpflicht werden in der Regel in- und ausländische Einkünfte berücksichtigt, bei beschränkter Steuerpflicht nur bestimmte inländische Einkünfte. Die Einordnung richtet sich nach den persönlichen Verhältnissen und Aufenthalts- bzw. Wohnsitzkriterien.

Doppelbesteuerungsabkommen und Progressionsvorbehalt

Internationales Einkommen kann durch Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung entlastet werden. Je nach Methode führt dies zur Freistellung mit Progressionsvorbehalt (das Einkommen bleibt steuerfrei, beeinflusst aber den Steuersatz) oder zur Anrechnung ausländischer Steuer auf die inländische Steuer. In beiden Fällen ist zu unterscheiden, ob die ausländischen Einkünfte das zu versteuernde Einkommen erhöhen oder lediglich den Steuersatz bzw. die Steuer beeinflussen.

Verwaltungspraxis und Rechtsfolgen

Festsetzung und Bescheid

Das zu versteuernde Einkommen wird im Steuerbescheid ausgewiesen. Es bildet die Grundlage für die Tarifanwendung und die Ermittlung der Steuer. Gegen den Bescheid bestehen die üblichen verfahrensrechtlichen Rechte innerhalb der vorgesehenen Fristen.

Vorauszahlungen und Steuerabzug

Vorauszahlungen zur Einkommensteuer orientieren sich an einer Schätzung des voraussichtlichen zu versteuernden Einkommens. Steuerabzüge wie Lohnsteuer oder Kapitalertragsteuer werden auf die festgesetzte Einkommensteuer angerechnet, ohne die Höhe des zu versteuernden Einkommens zu verändern.

Häufig gestellte Fragen

Was bedeutet „zu versteuerndes Einkommen“?

Es ist die steuerliche Bemessungsgrundlage, die nach Abzug gesetzlich vorgesehener Aufwendungen, Freibeträge und Abzugsbeträge von den erzielten Einkünften verbleibt. Auf diesen Betrag wird der Steuertarif angewendet.

Welche Einkünfte fließen in das zu versteuernde Einkommen ein?

Grundsätzlich alle steuerpflichtigen Einkünfte aus den gesetzlich definierten Einkunftsarten. Steuerfreie Einnahmen bleiben unberücksichtigt, können aber in bestimmten Fällen den Steuersatz beeinflussen.

Worin unterscheidet sich das zu versteuernde Einkommen vom „Einkommen“?

Das Einkommen ist eine vorgelagerte Rechengröße nach Abzug von Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen. Vom Einkommen werden weitere ausdrücklich vorgesehene Freibeträge abgezogen. Das Ergebnis ist das zu versteuernde Einkommen.

Welche Beträge mindern das zu versteuernde Einkommen und welche nur die Steuer?

Das zu versteuernde Einkommen mindern insbesondere Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen sowie bestimmte Pausch- und Freibeträge. Steuerermäßigungen für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen sowie die Anrechnung bereits einbehaltener Steuern mindern nicht das zu versteuernde Einkommen, sondern die festgesetzte Steuer.

Wie wirken sich Verluste auf das zu versteuernde Einkommen aus?

Verluste werden im zulässigen Rahmen mit positiven Einkünften verrechnet. Nicht ausgeglichene Verluste können, soweit zugelassen, in andere Jahre übertragen werden und mindern in diesen Jahren das zu versteuernde Einkommen.

Hat die Zusammenveranlagung Einfluss auf das zu versteuernde Einkommen?

Bei Zusammenveranlagung werden die Einkünfte beider Personen sowie die maßgeblichen Abzugsbeträge zusammengerechnet. Daraus ergibt sich ein gemeinsames zu versteuerndes Einkommen, auf das besondere Tarifregeln angewendet werden.

Wie wirken sich steuerfreie Einnahmen auf das zu versteuernde Einkommen aus?

Steuerfreie Einnahmen erhöhen das zu versteuernde Einkommen nicht. Sie können jedoch in bestimmten Fällen den auf das steuerpflichtige Einkommen anzuwendenden Steuersatz beeinflussen.

Zählen Kapitalerträge zum zu versteuernden Einkommen?

Kapitalerträge können durch Quellensteuer bereits abgegolten sein. Werden sie in die Veranlagung einbezogen, fließen sie in die Summe der Einkünfte ein und wirken sich damit auf das zu versteuernde Einkommen aus; die bereits einbehaltene Steuer wird dann angerechnet.