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Zu versteuerndes Einkommen


Begriff und rechtliche Einordnung des zu versteuernden Einkommens

Das zu versteuernde Einkommen zählt zu den zentralen Begriffen im deutschen Steuerrecht, insbesondere im Bereich der Einkommensteuer. Es bezeichnet den steuerlichen Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer natürlicher Personen und bildet somit die Ausgangsbasis für die Berechnung der jährlichen Steuerlast nach dem Einkommensteuergesetz (EStG). Die Ermittlung und genaue Definition des zu versteuernden Einkommens sind in verschiedenen Rechtsvorschriften detailliert geregelt und unterliegen einer Vielzahl von Abzugs- und Hinzurechnungsvorschriften, die im Folgenden umfassend dargestellt werden.


Systematik und rechtliche Grundlagen

Allgemeine Definition

Das zu versteuernde Einkommen ist der Betrag, der nach Berücksichtigung sämtlicher steuerlich relevanter Abzüge, Hinzurechnungen und Freibeträge bei der Einkommensteuerveranlagung maßgeblich ist. Es ergibt sich gemäß § 2 Abs. 5 EStG durch die Minderung des Gesamtbetrags der Einkünfte um bestimmte Abzugsbeträge und um gesetzlich festgelegte Freibeträge, wie beispielsweise den Grundfreibetrag.

Gesetzliche Grundlage

Die maßgeblichen Regelungen finden sich vor allem im Einkommensteuergesetz (EStG), insbesondere in folgenden Vorschriften:

  • § 2 EStG (Ermittlung der Einkünfte und des zu versteuernden Einkommens)
  • §§ 2a bis 4 EStG (Bestimmung der Einkünfte und Abzugsfähigkeit von Ausgaben)
  • §§ 10 ff. EStG (Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen)
  • § 32a EStG (Tarifvorschriften)

Ermittlung des zu versteuernden Einkommens

Schrittweise Berechnung

Die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens erfolgt in mehreren Stufen, die das Einkommen schrittweise vom Brutto- bis zum zu versteuernden Einkommen reduzieren:

1. Ermittlung der Einkünfte

Das EStG unterscheidet im Rahmen der Einkommensteuer sieben Einkunftsarten gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG:

  1. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft
  2. Einkünfte aus Gewerbebetrieb
  3. Einkünfte aus selbständiger Arbeit
  4. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
  5. Einkünfte aus Kapitalvermögen
  6. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
  7. Sonstige Einkünfte

Die Summe dieser Einkünfte bildet die Basis für die steuerliche Bemessung.

2. Abzug von Verlusten

Negative Einkünfte (Verluste) werden nach bestimmten Vorschriften vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen (Verlustausgleich).

3. Gesamtbetrag der Einkünfte

Der Gesamtbetrag der Einkünfte ergibt sich durch Addition aller positiven und Berücksichtigung der negativen Einkünfte.

4. Abzug von Sonderausgaben

In den nächsten Schritten werden bestimmte private Ausgaben, sogenannte Sonderausgaben (§§ 10 ff. EStG), vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen. Hierzu zählen z. B. Beiträge zur Altersvorsorge, Krankenversicherungsbeiträge oder Unterhaltsleistungen.

5. Abzug von außergewöhnlichen Belastungen

Außergewöhnliche Belastungen (§§ 33 ff. EStG), wie beispielsweise Krankheitskosten oder Pflegekosten, werden ebenfalls abgezogen, soweit diese zumutbar sind.

6. Berücksichtigung von Freibeträgen

Im Anschluss werden bestimmte Freibeträge abgezogen, wie der Grundfreibetrag, der Kinderfreibetrag (bei Kindern) oder der Altersentlastungsbetrag.

7. Ergebnis: Zu versteuerndes Einkommen

Nach Abzug aller zulässigen Ausgaben und Freibeträge ergibt sich das zu versteuernde Einkommen (§ 2 Abs. 5 EStG).


Zusammenfassung der wichtigsten Abzüge und Freibeträge

Übersicht

| Abzugsart | Rechtsgrundlage | Beispiele |
|—————————|———————–|————————————————–|
| Sonderausgaben | §§ 10-10b EStG | Kirchensteuer, Spenden, Altersvorsorge |
| Außergewöhnliche Belastungen | §§ 33-33b EStG | Krankheitskosten, Pflegekosten, Behinderungen |
| Freibeträge | §§ 32, 32a, 33a EStG | Grundfreibetrag, Kinderfreibetrag, Behinderten-Pauschbetrag |


Bedeutung für die Steuerberechnung

Dem zu versteuernden Einkommen kommt eine zentrale Bedeutung für die steuerliche Leistungsfähigkeit zu, da die Steuerprogression des deutschen Einkommensteuerrechts anhand dieses Betrages ansetzt. Der auf das zu versteuernde Einkommen anzuwendende Steuertarif ergibt sich aus § 32a EStG und ist – abgesehen von Sonderfällen – für alle Steuerpflichtigen gleich ausgestaltet.


Besonderheiten und Abweichungen

Zusammentreffen mehrerer Freibeträge

Bei Zusammentreffen verschiedener Freibeträge ist eine geregelte Reihenfolge für deren Berücksichtigung zu beachten, was oft zur Komplexität bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens führt.

Sondervorschriften

Es existieren zahlreiche Sonderregelungen, wie z. B. für ausländische Einkünfte (§ 2a EStG), für bestimmte Abzugsverbote oder -beschränkungen (z. B. Höchstbeträge bei Sonderausgaben) sowie für Zusammenveranlagungen von Ehegatten (§ 26b EStG).

Auswirkungen internationaler Sachverhalte

Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten sind die Regelungen internationaler Doppelbesteuerungsabkommen sowie das Außensteuergesetz zu beachten. Diese beeinflussen, welche Einkünfte in Deutschland zum zu versteuernden Einkommen gehören.


Abgrenzung zu ähnlichen Begriffen

Das zu versteuernde Einkommen ist zu unterscheiden von dem Begriff Bruttoeinkommen (Gesamtsumme aller Einkünfte vor Abzug von Werbungskosten, Sonderausgaben und Freibeträgen) sowie vom steuerpflichtigen Einkommen im Körperschaftsteuerrecht bzw. vom Gesamtbetrag der Einkünfte.


Relevanz in der Praxis

Die korrekte Ermittlung des zu versteuernden Einkommens ist maßgeblich für eine verfassungsgemäße Besteuerung. Fehler bei der Berechnung, insbesondere bei der Berücksichtigung von Abzügen und Freibeträgen, können zu erheblichen steuerlichen Nach- oder Vorteilen führen und sollten daher nachvollziehbar dokumentiert werden.


Weiterführende Links und Literatur


Hinweis: Die Ausführungen zum zu versteuernden Einkommen beziehen sich maßgeblich auf das deutsche Einkommensteuerrecht und können in anderen Steuerrechtsordnungen abweichend geregelt sein. Die Einsatzbereiche und steuerlichen Folgen sollten im Kontext der jeweils gültigen Vorschriften individuell geprüft werden.

Häufig gestellte Fragen

Welche Einkunftsarten zählen zum zu versteuernden Einkommen nach deutschem Einkommensteuerrecht?

Zum zu versteuernden Einkommen zählen gemäß § 2 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sämtliche positiven Einkünfte aus den sieben im Gesetz definierten Einkunftsarten. Hierzu gehören Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit, nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn), Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung sowie sonstige Einkünfte gemäß § 22 EStG (z. B. Unterhaltsleistungen und Renten). Für die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens werden zunächst die gesamten Gewinne und Überschüsse dieser Einkunftsarten addiert und um steuerliche Freibeträge und Abzugsbeträge wie Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen sowie ggf. Verlustvorträge und -rückträge gemäß §§ 10 ff. EStG reduziert. Nicht alle Einnahmen sind einkommensteuerpflichtig; steuerfreie Einnahmen oder solche, die speziell durch andere Gesetze ausgenommen sind, werden bei der Feststellung des zu versteuernden Einkommens nicht berücksichtigt.

Inwiefern beeinflussen Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen das zu versteuernde Einkommen?

Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen spielen im Prozess der Einkommensermittlung eine zentrale Rolle. Sonderausgaben sind privat veranlasste Aufwendungen, die steuerlich abziehbar sind, etwa Aufwendungen für die Altersvorsorge, bestimmte Versicherungsbeiträge (z. B. Kranken- und Pflegeversicherung, Haftpflichtversicherung), Kirchensteuer, Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung oder Schulgeld. Ihre Berücksichtigung erfolgt nach §§ 10 bis 10c EStG und wirkt sich unmittelbar steuermindernd auf das Gesamtbetragseinkommen aus, das für die weitere Berechnung des zu versteuernden Einkommens maßgeblich ist. Außergewöhnliche Belastungen sind, geregelt in § 33 EStG, solche Aufwendungen, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig und in besonderem Maße entstehen, also zum Beispiel Krankheitskosten, Pflegeaufwendungen oder Bestattungskosten. Sowohl Sonderausgaben als auch außergewöhnliche Belastungen werden vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen, reduzieren den steuerpflichtigen Anteil und führen letztlich zu einem geringeren zu versteuernden Einkommen.

Was ist bei der Berücksichtigung von Kinderfreibeträgen zu beachten?

Der Kinderfreibetrag ist ein steuerlicher Freibetrag, der das Einkommen der Eltern mindert, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung prüft das Finanzamt im sogenannten Günstigervergleich, ob der Steuervorteil durch den Kinderfreibetrag für die Eltern günstiger ist als das Kindergeld. Der Kinderfreibetrag selbst setzt sich aus dem Freibetrag für das Existenzminimum des Kindes sowie dem Freibetrag für den Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf zusammen. Dieser wird bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen, sofern er sich steuermindernd auswirkt (§ 32 Abs. 6 EStG). Zu beachten ist außerdem, dass sich der Kinderfreibetrag für beide Elternteile jeweils zur Hälfte auswirkt, wenn das Kind im Inland lebt und beide Elternteile das Sorgerecht gemeinsam ausüben.

Wie werden Verlustvorträge und Verlustrückträge beim zu versteuernden Einkommen berücksichtigt?

Verlustvorträge und Verlustrückträge dienen der zeitlichen Verschiebung von steuerlichen Verlustergebnissen, sodass diese in wirtschaftlich wechselnden Jahren berücksichtigt werden können. Gemäß § 10d EStG können negative Einkünfte aus bestimmten Einkunftsarten entweder in das Vorjahr (Verlustrücktrag) oder in künftige Jahre (Verlustvortrag) übertragen werden. Der Verlustrücktrag ist auf 1.000.000 Euro (bei Zusammenveranlagung 2.000.000 Euro) begrenzt. Im Rahmen des zu versteuernden Einkommens werden die in früheren oder späteren Jahren geltend gemachten Verluste vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen, ehe Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und persönliche Freibeträge berücksichtigt werden. Diese steuerliche Systematik soll sicherstellen, dass Einkünfte nur insoweit der Einkommensteuer unterliegen, wie über mehrere Jahre betrachtet ein echter wirtschaftlicher Ertrag verbleibt.

Welchen Einfluss haben steuerfreie Einnahmen auf das zu versteuernde Einkommen?

Steuerfreie Einnahmen sind Einkünfte oder Bezüge, die nach besonderen gesetzlichen Vorschriften nicht der Einkommensteuer unterliegen, zum Beispiel bestimmte Sozialleistungen (Arbeitslosengeld, Elterngeld, BAföG) oder steuerfreie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit (§ 3 EStG). Sie bleiben bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens grundsätzlich unberücksichtigt. Allerdings müssen einige steuerfreie Einnahmen im Rahmen des sogenannten Progressionsvorbehalts (§ 32b EStG) dem Finanzamt angezeigt werden, weil sie zwar selbst steuerfrei sind, das zu versteuernde Einkommen aber indirekt beeinflussen: Sie erhöhen den Steuersatz, mit dem das übrige, steuerpflichtige Einkommen besteuert wird. Ohne den Progressionsvorbehalt könnten hohe steuerfreie Einnahmen dazu führen, dass das steuerpflichtige Einkommen einem zu niedrigen Steuersatz unterliegt.

Inwiefern wirken sich Freibeträge für Alleinerziehende und Behinderte auf das zu versteuernde Einkommen aus?

Freibeträge für Alleinerziehende nach § 24b EStG und für Menschen mit Behinderung nach § 33b EStG dienen der steuerlichen Entlastung bestimmter Personengruppen. Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird dem zu versteuernden Einkommen abgezogen, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (zum Beispiel keine weitere erwachsene Person im Haushalt, das Kind ist kindergeldberechtigt). Der Behindertenpauschbetrag kann in unterschiedlicher Höhe in Anspruch genommen werden, abhängig vom Grad der Behinderung und einigen Zusatzmerkmalen, wie das Vorliegen von Blindheit oder Hilflosigkeit. Dieser Pauschbetrag ersetzt in den meisten Fällen den Nachweis tatsächlicher Aufwendungen und vermindert das zu versteuernde Einkommen direkt.

Welche Rolle spielen außergewöhnliche Belastungen besonderer Art (z. B. Unterhaltszahlungen) bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens?

Außergewöhnliche Belastungen besonderer Art, insbesondere Unterhaltszahlungen an unterhaltsberechtigte Personen, können in besonderen Konstellationen nach § 33a EStG als steuermindernde Beträge angesetzt werden. Die steuerliche Anerkennung setzt voraus, dass die unterhaltene Person bedürftig ist, die Unterhaltszahlungen nicht bereits als Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen abgezogen wurden und keine Haushaltsgemeinschaft mit dem Steuerzahler besteht (außer beim Ehegatten). Es gelten jährlich festgelegte Höchstbeträge, die um eigene Einkünfte und Bezüge der unterhaltenen Person zu kürzen sind. Unterhaltsleistungen an den nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten können unter weiteren Voraussetzungen nach § 10 Abs. 1a EStG als Sonderausgaben abgezogen werden, ebenfalls mit bestimmten Höchstbeträgen. Die Summe der abzugsfähigen außergewöhnlichen Belastungen mindert das zu versteuernde Einkommen unmittelbar.