Legal Lexikon

Zollwert

Zollwert: Begriff, Funktion und rechtliche Einordnung

Der Zollwert ist der maßgebliche Wert einer Ware bei ihrer Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr. Er bildet die rechnerische Grundlage für die Erhebung von Einfuhrabgaben wie Zöllen und häufig auch für weitere Abgaben wie die Einfuhrumsatzsteuer. Der Zollwert soll den wirtschaftlichen Wert der Ware zum Zeitpunkt der Grenzüberschreitung abbilden und ist international nach einheitlichen Grundsätzen gestaltet. Ziel ist eine faire, nachvollziehbare und vergleichbare Bewertungsgrundlage für sämtliche Einfuhren, unabhängig davon, wie der zugrunde liegende Kaufvertrag im Einzelfall gestaltet ist.

Anwendungsbereich und Abgrenzungen

Wann der Zollwert relevant ist

Der Zollwert ist immer dann relevant, wenn Waren aus einem Drittland in das Zollgebiet eingeführt werden und eine Abgabenerhebung an den Warenwert anknüpft. Er spielt ferner eine Rolle bei Maßnahmen des Handelsschutzes (etwa Zusatzabgaben) und kann statistische Erhebungen beeinflussen. Für Ausfuhren hat der Zollwert grundsätzlich keine Bedeutung.

Abgrenzung zu anderen Werten

  • Rechnungspreis: Der im Kaufvertrag ausgewiesene Preis ist Ausgangspunkt, entspricht aber nicht automatisch dem Zollwert.
  • Markt- oder Wiederverkaufswert: Marktpreise im Inland oder spätere Wiederverkaufspreise sind nur in bestimmten Ersatzmethoden relevant.
  • Steuerliche Werte: Der Zollwert kann die Bemessungsgrundlage etwa für die Einfuhrumsatzsteuer beeinflussen, ist aber in seiner Ermittlung eigenständig geregelt.
  • Statistischer Wert: Für Außenhandelsstatistiken verwendete Werte folgen eigenen Regeln und weichen teils vom Zollwert ab.

Grundprinzipien der Zollwertermittlung

Transaktionswert als Regelmethode

Ausgangspunkt der Zollwertermittlung ist in der Regel der Transaktionswert. Das ist der Preis, der für die eingeführte Ware bei einem Verkauf zur Ausfuhr tatsächlich gezahlt wurde oder zu zahlen ist. Dieser Preis wird rechtlich um klar definierte Hinzurechnungen ergänzt und um bestimmte Komponenten bereinigt, die nicht Teil des Zollwerts sind.

Voraussetzungen des Transaktionswerts

  • Vorliegen eines Verkaufs zur Ausfuhr in das Zollgebiet.
  • Keine Beschränkungen, die den Warenwert künstlich beeinflussen.
  • Geschäftsbedingungen, die den Wert nicht verfälschen, insbesondere bei verbundenen Unternehmen. Eine Verbindung schließt den Transaktionswert nicht aus; maßgeblich ist, ob die Verbindung den Preis beeinflusst.

Preisbestandteile, die hinzugerechnet werden

Zum vereinbarten Kaufpreis werden Positionen addiert, wenn sie wirtschaftlich zur Ware gehören, aber im Rechnungspreis nicht enthalten sind. Typische Hinzurechnungen sind:

  • Verpackungskosten und Behältnisse, soweit sie als Einheit mit der Ware geliefert werden.
  • Lohn- und Sachleistungen (Beistellungen) des Käufers, die für die Herstellung erforderlich sind (z. B. Werkzeuge, Formen, Design- oder Entwicklungsleistungen außerhalb des Einfuhrgebiets).
  • Lizenz- und Nutzungsgebühren, sofern sie die Ware betreffen und als Bedingung des Verkaufs zu entrichten sind.
  • Provisionen und Vermittlungsgebühren (ausgenommen Einkaufskommissionen).
  • Transport-, Verlade- und Versicherungskosten bis zum Ort des Verbringens in das Zollgebiet.

Abzüge, die nicht Teil des Zollwerts sind

Vom Kaufpreis werden keine Abzüge vorgenommen; vielmehr werden Kosten, die nicht in den Zollwert gehören, gar nicht erst einbezogen. Nicht zum Zollwert zählen insbesondere:

  • Transport-, Umschlags- und Versicherungskosten nach dem Ort des Verbringens in das Zollgebiet.
  • Abgaben im Einfuhrland, die auf die Ware nach der Einfuhr erhoben werden.
  • Montage-, Installations- oder Wartungskosten, sofern sie sich auf Tätigkeiten nach der Einfuhr beziehen und gesondert ausgewiesen sind.
  • Zahlung von Einkaufskommissionen.

Ersatzmethoden bei fehlendem Transaktionswert

Steht kein anwendbarer Transaktionswert zur Verfügung (etwa mangels Verkaufs oder bei nicht überprüfbarem Preis), kommen standardisierte Ersatzmethoden nacheinander zur Anwendung. Die Reihenfolge ist bindend, wobei bestimmte Methoden auf Antrag in vertauschter Reihenfolge geprüft werden können.

Identische und ähnliche Waren

Ausgangspunkt sind Verkaufspreise identischer oder, wenn solche nicht verfügbar sind, ähnlicher Waren, die zur gleichen Zeit oder zeitnah in das Zollgebiet eingeführt wurden. „Ähnlich“ bedeutet, dass die Waren in Merkmalen und handelswirtschaftlicher Sicht vergleichbar sind.

Rückrechnung vom Verkaufspreis im Inland

Der Zollwert kann ausgehend vom ersten Verkaufspreis im Einfuhrland ermittelt werden, indem dort enthaltene Kosten, Abgaben, Vertriebsmargen und inländische Beförderungskosten abgezogen werden. Diese Methode wird genutzt, wenn verlässliche Daten zum inländischen Verkauf vorliegen.

Aufgerechnete Methode

Hier wird der Zollwert aus den Herstellungskosten, allgemeinen Unkosten und einem angemessenen Gewinn des Herstellers sowie den Kosten bis zur Grenze aufgebaut. Diese Methode erfordert belastbare Herstellerangaben.

Auffangmethode

Wenn die zuvor genannten Methoden nicht anwendbar sind, wird der Zollwert nach vernünftigen und mit den allgemeinen Bewertungsgrundsätzen vereinbaren Kriterien geschätzt. Die Methode darf nicht willkürlich sein und orientiert sich eng an den vorstehenden Grundprinzipien.

Besondere Bewertungssachverhalte

Verbundene Unternehmen und Preisbeeinflussung

Sind Käufer und Verkäufer verbunden, ist zu prüfen, ob die Verbindung den Preis beeinflusst hat. Ist dies nicht der Fall oder ist der Preis trotz Verbindung als angemessen anzusehen, kann der Transaktionswert genutzt werden. Andernfalls sind Ersatzmethoden heranzuziehen.

Lizenzgebühren, Nutzungsrechte und Provisionen

Lizenzgebühren und ähnliche Entgelte werden dem Zollwert zugerechnet, wenn sie die eingeführte Ware betreffen und als Bedingung des Verkaufs zu entrichten sind. Einkaufskommissionen werden nicht zugerechnet; Verkaufsprovisionen und Vermittlungsentgelte hingegen grundsätzlich schon, wenn sie nicht im Preis enthalten sind.

Beistellungen und Entwicklungsleistungen

Stellt der Käufer dem Hersteller Materialien, Werkzeuge oder Entwicklungsleistungen zur Verfügung, die in die produzierte Ware eingehen oder diese ermöglichen, werden deren anteilige Werte dem Zollwert zugerechnet, soweit sie außerhalb des Einfuhrgebiets erbracht wurden und nicht im Kaufpreis enthalten sind.

Incoterms, Fracht und Versicherung

Handelsklauseln beeinflussen, welche Kosten im Rechnungspreis enthalten sind. Für den Zollwert sind Transport-, Verlade- und Versicherungskosten bis zum Ort des Verbringens in das Zollgebiet einzubeziehen, unabhängig davon, wie die Parteien diese vertraglich verteilt haben. Kosten danach bleiben unberücksichtigt.

Mehrstufige Lieferketten und Reihengeschäfte

In mehrstufigen Lieferketten ist maßgeblich der Verkauf, aufgrund dessen die Ware tatsächlich in das Zollgebiet gelangt. Zwischenverkäufe ohne unmittelbaren Bezug zur Einfuhr sind grundsätzlich nicht ausschlaggebend. Maßgeblich sind die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse der Einfuhrkonstellation.

Leasing, Miete, Kommissions- und Konsignationsware

Liegt kein Kauf zur Ausfuhr vor, kann der Transaktionswert entfallen. Der Zollwert wird dann anhand der Ersatzmethoden bestimmt, etwa mittels identischer/ähnlicher Waren oder aufgerechneter Werte. Bei Kommissions- und Konsignationsgeschäften sind Vergütungsstrukturen und Eigentumsübergang für die Methodenwahl relevant.

Reparatur, Garantie, defekte oder gebrauchte Waren

Für reparierte oder gebrauchte Waren richtet sich der Zollwert nach dem wirtschaftlichen Wert bei Einfuhr. Preisnachlässe wegen Mängeln können berücksichtigt werden, soweit sie den wirtschaftlichen Wert zum Einfuhrzeitpunkt betreffen und nachvollziehbar sind. Leistungen, die nach der Einfuhr erbracht werden, sind grundsätzlich nicht einzubeziehen.

Software und immaterielle Inhalte

Software auf physischen Datenträgern wird bewertet, soweit der Wert dem Datenträger zugeordnet werden kann. Rein immaterielle Übertragungen ohne physischen Träger unterfallen nicht der Warenbewertung. Lizenzentgelte, die die eingeführten physischen Waren betreffen und Verkaufsbedingung sind, können hinzuzurechnen sein.

Sondersachverhalte: Geschenke, Muster, Rückwaren, vorübergehende Verwendung

Bei unentgeltlichen Sendungen, Rückwaren oder Waren zur vorübergehenden Verwendung können die regulären Methoden nicht anwendbar sein. Der Zollwert wird dann nach den Ersatzmethoden oder besonderen Regelungen bestimmt, wobei der tatsächliche wirtschaftliche Wert im Zeitpunkt der Einfuhr maßgeblich bleibt.

Zeitpunkt, Währung und Wechselkurs

Zeitbezug der Bewertung

Der Zollwert bezieht sich auf den Zeitpunkt der Einfuhr und die Verhältnisse, die zu diesem Zeitpunkt gegeben sind. Spätere Änderungen des Verkaufspreises wirken nur, wenn sie sich rechtlich und nachweisbar auf den Einfuhrwert beziehen und im Bewertungsrahmen berücksichtigt werden können.

Währungsumrechnung

Ist der Preis in einer Fremdwährung ausgewiesen, wird er nach den für die Zollwertermittlung maßgeblichen Umrechnungskursen in die inländische Währung umgerechnet. Es gilt der Kurs, der für den maßgeblichen Zeitpunkt verfügbar und anerkannt ist.

Anmeldung, Nachweis und Prüfung

Angaben in der Zollanmeldung

Der Zollwert ist in der Zollanmeldung zu deklarieren. Enthalten sind typischerweise Angaben zum Rechnungspreis, zu Hinzurechnungen und zu nicht einzubeziehenden Kosten. Die Erklärung muss nachvollziehbar, vollständig und prüffähig sein.

Unterlagen und Aufbewahrung

Die Zollbehörden können Nachweise zur Plausibilisierung verlangen. Hierzu zählen etwa Rechnungen, Verträge, Zahlungsbelege, Fracht- und Versicherungsnachweise sowie Dokumentationen zu Lizenzen, Beistellungen oder verbundenen Beziehungen. Es bestehen Aufbewahrungspflichten.

Überprüfung, Schätzung und Berichtigung

Die Zollbehörden sind berechtigt, den erklärten Zollwert zu prüfen. Fehlen ausreichende Nachweise oder bestehen begründete Zweifel, kann der Zollwert anhand der Ersatzmethoden geschätzt werden. Berichtigungen sind möglich, wenn neue oder präzisere Informationen vorliegen.

Folgen von Abweichungen

Ergeben sich Abweichungen, können Einfuhrabgaben nacherhoben oder erstattet werden. Je nach Schwere und Verschulden kommen neben Zinsen auch weitere rechtliche Folgen in Betracht. Maßgeblich ist der festgestellte Zollwert für den konkreten Einfuhrvorgang.

Zollwert und andere Abgaben

Einfuhrabgaben und Einfuhrumsatzsteuer

Der Zollwert ist Bemessungsgrundlage für wertbezogene Zölle und bildet häufig die Grundlage für die Einfuhrumsatzsteuer, die auf den Zollwert zuzüglich bestimmter weiterer Kosten anknüpfen kann. Änderungen am Zollwert wirken sich daher regelmäßig auf die Höhe der Abgaben aus.

Antidumping- und Ausgleichszölle

Bei handelspolitischen Schutzinstrumenten können zusätzliche Abgaben erhoben werden, die an den Zollwert oder an spezifische Beträge anknüpfen. Die korrekte Zollwertbestimmung ist auch hier entscheidend, um die richtige Bemessungsgrundlage zu bestimmen.

Häufig gestellte Fragen

Was ist der Zollwert und wofür wird er verwendet?

Der Zollwert ist der maßgebliche Einfuhrwert einer Ware und dient als Basis für die Erhebung von Zöllen und oft auch der Einfuhrumsatzsteuer. Er soll den wirtschaftlichen Wert der Ware bei Grenzüberschreitung abbilden.

Welche Kosten werden dem Transaktionspreis zugerechnet?

Hinzuzurechnen sind insbesondere Verpackungen, Beistellungen, Lizenz- und Nutzungsgebühren, Verkaufsprovisionen sowie Transport-, Verlade- und Versicherungskosten bis zum Ort des Verbringens in das Zollgebiet, soweit sie nicht bereits im Preis enthalten sind.

Wann ist der Transaktionswert nicht anwendbar?

Der Transaktionswert scheidet aus, wenn kein Verkauf zur Ausfuhr zugrunde liegt, der Preis nicht verlässlich ist oder die Bedingungen des Geschäfts den Preiswert verfälschen, etwa bei nicht überprüfbaren Einflüssen verbundener Parteien.

Wie wird der Zollwert ermittelt, wenn es keinen Kaufpreis gibt?

In diesem Fall werden Ersatzmethoden herangezogen: Werte identischer oder ähnlicher Waren, eine Rückrechnung vom ersten inländischen Verkaufspreis, die aufgerechnete Methode auf Basis von Herstellkosten und Gewinn oder als letzter Schritt eine Auffangbewertung.

Welche Rolle spielen Lizenzgebühren und Beistellungen?

Lizenzgebühren werden zugerechnet, wenn sie die Ware betreffen und Bedingung des Verkaufs sind. Beistellungen wie Werkzeuge oder Entwicklungsleistungen, die der Käufer bereitstellt und die in die Ware eingehen, werden anteilig einbezogen, soweit sie nicht bereits im Preis enthalten sind.

Welcher Zeitpunkt und welcher Wechselkurs sind maßgeblich?

Maßgeblich sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Einfuhr. Fremdwährungsbeträge werden mit den für die Zollwertermittlung anerkannten Kursen dieses maßgeblichen Zeitpunkts umgerechnet.

Welche rechtlichen Folgen hat ein falscher Zollwert?

Ein abweichender Zollwert kann zu Nacherhebungen oder Erstattungen führen. Je nach Fallkonstellation kommen Zinsen und weitere rechtliche Konsequenzen in Betracht. Entscheidend ist die festgestellte Abweichung und ihre Ursache.