Legal Lexikon

Zivilehe


Begriff und Definition der Zivilehe

Die Zivilehe bezeichnet eine im Rahmen des staatlichen Rechts geschlossene Ehe, die unabhängig von religiös-kirchlichen Zeremonien und Wertvorstellungen besteht. Sie wird vor einer staatlichen, dazu befugten Behörde geschlossen, wodurch die Ehe als geltendes Rechtsverhältnis mit erheblichen rechtlichen Konsequenzen entsteht. Die Zivilehe stellt in den meisten Staaten – darunter Deutschland, Österreich und die Schweiz – die einzig rechtsverbindliche eheliche Institution dar.

Historische Entwicklung der Zivilehe

Die Einführung der Zivilehe war ein historischer Entwicklungsschritt in Richtung Trennung von Staat und Kirche. Während in früheren Zeiten die Eheschließung allein kirchenspezifischen Regeln vorbehalten war, wurde im 19. Jahrhundert in zahlreichen Ländern Europas die Zivilehe als verpflichtende Form der Eheschließung eingeführt. In Deutschland wurde sie erstmalig durch das Preußische Landrecht von 1794 ermöglicht und mit dem „Gesetz über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung“ von 1875 als obligatorische Eheschließungsform eingeführt, das 1900 ins Bürgerliche Gesetzbuch überging.

Rechtsquellen der Zivilehe

Deutschland

In Deutschland ist die Zivilehe im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt (insbesondere §§ 1310 ff. BGB). Weitere maßgebliche Vorschriften finden sich im Personenstandsgesetz (PStG) und in der Personenstandsverordnung (PStV). Ergänzend gelten das Ehegesetz (EheG) und zahlreiche verwaltungsrechtliche Vorschriften.

Österreich

Im österreichischen Recht sind die Bestimmungen über die Zivilehe vor allem im Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) sowie im Ehegesetz enthalten.

Schweiz

Die Schweiz regelt die Zivilehe hauptsächlich im Zivilgesetzbuch (ZGB), insbesondere im Zweiten Titel („Die Ehe“, Art. 90 ff. ZGB).

Eheschließungsvoraussetzungen

Geschäftsfähigkeit und Ehemündigkeit

Voraussetzung für die Schließung einer Zivilehe ist die uneingeschränkte Geschäftsfähigkeit der Partner. Daneben besteht ein gesetzliches Mindestalter (in Deutschland und Österreich 18 Jahre), das in Ausnahmefällen durch gerichtliche Ermächtigung unterschritten werden kann.

Ehehindernisse

Zu den wichtigsten Ehehindernissen zählen:

  • Bestehende Ehe oder Lebenspartnerschaft (Doppelehe/Bigamie)
  • Bestehende Verwandtschaft in gerader Linie sowie zwischen Geschwistern (Inzestverbot)
  • Geschäftsunfähigkeit einzelner Partner

Eheschließungsfähigkeit bei ausländischer Staatsangehörigkeit

Im internationalen Privatrecht ist zu prüfen, welchem Recht ein ausländischer Eheschließungswilliger unterliegt. Hierauf nehmen Kollisionsnormen und zwischenstaatliche Abkommen Einfluss.

Form der Eheschließung

Eheschließungsverfahren

Die Zivilehe kommt durch gegenseitige Erklärung der zukünftigen Ehegatten vor einem Standesbeamten zustande (§ 1310 Abs. 1 BGB). Die Anwesenheit beider Partner und mindestens zwei Zeugen ist vorgeschrieben (in Deutschland faktisch nicht mehr obligatorisch, aber möglich). Der Standesbeamte beurkundet die Eheschließung im Eheregister, wodurch die Ehe rechtswirksam wird.

Anmeldung und Prüfung durch das Standesamt

Vor der Eheschließung ist eine schriftliche Anmeldung beim Standesamt erforderlich. Das Standesamt prüft die Ehefähigkeit sowie alle erforderlichen persönlichen Angaben und Urkunden (z. B. Geburtsurkunden, Aufenthaltsbescheinigungen).

Rechtswirkungen der Zivilehe

Allgemeine Rechtsfolgen

Mit Wirksamwerden der Zivilehe entstehen zahlreiche gegenseitige Rechte und Pflichten:

  • Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft
  • Beistands-, Unterhalts- und Fürsorgepflichten
  • Mitwirkung bei der Vermögensverwaltung
  • Erbrechtliche Ansprüche des Ehepartners

Güterrecht

Maßgeblicher Regelfall für das Vermögen von Ehegatten ist die Zugewinngemeinschaft (Deutschland) bzw. die Errungenschaftsbeteiligung (Schweiz). Abweichende Vereinbarungen sind durch notariellen Ehevertrag möglich (z. B. Gütertrennung, Gütergemeinschaft).

Steuerrechtliche Folgen

Ehegatten können sich für steuerliche Vorteile wie das sogenannte Ehegattensplitting entscheiden. In vielen Staaten gibt es gemeinsam veranlagte Steuerklassen und -tarife.

Auflösung der Zivilehe

Scheidung

Die Zivilehe kann durch gerichtliche Scheidung aufgelöst werden. Hier gelten insbesondere Regelungen zu:

  • Trennungsjahr
  • Scheidungsgründe (Zerrüttungsprinzip)
  • Versorgungsausgleich
  • Folgen für Eheverträge, Unterhalt und Sorgerecht

Tod eines Ehepartners

Mit dem Tod eines Ehegatten endet die Ehe. Es entstehen erbrechtliche Ansprüche für den überlebenden Ehepartner gemäß BGB oder entsprechenden nationalen Vorschriften.

Verhältnis zur Kirchlichen Ehe

In der Bundesrepublik Deutschland und in den meisten kontinentaleuropäischen Staaten ist nur die Zivilehe rechtswirksam. Kirchliche Trauungen ohne vorangegangene Zivilehe haben keine staatliche Rechtswirkung und stellen keine Eheschließung nach staatlichem Recht dar. In einigen Ländern (z. B. Großbritannien, Italien) kann die kirchliche Zeremonie unter bestimmten Umständen zugleich zivilrechtliche Wirkung entfalten.

Zivilehe im internationalen Kontext

Weltweit sind die Regelungen zur Zivilehe unterschiedlich ausgeprägt. In zahlreichen Staaten ist nur die Zivilehe rechtsverbindlich, in anderen existieren daneben religiöse Eheschließungsformen mit rechtlicher Anerkennung. Im europäischen und nordamerikanischen Raum dominiert das Prinzip der obligatorischen Zivilehe.

Bedeutung und Schutz der Zivilehe

Die Zivilehe spielt eine zentrale Rolle beim Schutz schwächerer Partner und gemeinsamer Kinder. Sie begründet einen rechtlichen Rahmen für Vermögensfragen, Beistand, Versorgung sowie für die Regelung von Gewalt, Missbrauch und Diskriminierung innerhalb der Ehe.


Weiterführende Aspekte

Gleichgeschlechtliche Ehen

In Deutschland und in vielen anderen Staaten ist die Zivilehe auch für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet. Die Ehe für alle wurde zum 1. Oktober 2017 eingeführt und umfasst fortan alle Pflichten und Rechte der traditionellen Ehe.

Unterschied Zivilehe – Eingetragene Lebenspartnerschaft

Mit Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe ist die Bedeutung der eingetragenen Lebenspartnerschaft zurückgetreten, fortbestehende Lebenspartnerschaften können in eine Zivilehe umgewandelt werden.


Zusammenfassung

Die Zivilehe ist die gesetzlich anerkannte Form der Eheschließung mit umfassenden persönlichen und vermögensrechtlichen Rechtsfolgen. Sie schafft einen klar geregelten Rechsrahmen und gewährleistet Rechtssicherheit für Ehegatten und Kinder. Die gesetzlichen Bestimmungen zur Zivilehe sind in den zentralen Kodifikationen der meisten Staaten verankert und bilden das Fundament des Familienrechts.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für den Abschluss einer Zivilehe erfüllt sein?

Für den Abschluss einer Zivilehe müssen die Eheschließenden voll geschäftsfähig und mindestens achtzehn Jahre alt sein, wobei in Ausnahmefällen eine Eheschließung ab dem vollendeten 16. Lebensjahr mit gerichtlicher Zustimmung möglich ist. Beide Parteien dürfen nicht bereits anderweitig verheiratet oder in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft gebunden sein. Eine Ehe zwischen Verwandten in gerader Linie oder zwischen Geschwistern ist gesetzlich ausgeschlossen (§ 1307 BGB). Die Eheschließung muss – unter Beachtung der Formvorschriften – vor einem zuständigen Standesbeamten erfolgen; eine rein religiöse Zeremonie ohne standesamtlichen Akt ist nicht rechtsverbindlich. Für die Anmeldung der Eheschließung sind diverse Unterlagen, etwa Personalausweise, Geburtsurkunden und ggfs. Urkunden über eine vorherige Ehescheidung vorzulegen. Ausländer benötigen zusätzlich Nachweise über ihren Familienstand und die Ehefähigkeit, oft in Form eines Ehefähigkeitszeugnisses.

Welche Rechtsfolgen ergeben sich unmittelbar mit der Eheschließung aus der Zivilehe?

Mit der standesamtlichen Eheschließung entstehen umfassende gegenseitige Rechte und Pflichten. Ehegatten sind zur ehelichen Lebensgemeinschaft, Beistand und Rücksichtnahme verpflichtet (§ 1353 BGB). Es entstehen Regelungen für den gesetzlichen Güterstand, bei dem ohne anderslautende Vereinbarung die Zugewinngemeinschaft gilt (§ 1363 BGB). Das bedeutet, dass jeder Ehepartner sein Vermögen eigenständig verwaltet, jedoch der Zugewinn während der Ehe im Scheidungsfall ausgeglichen wird. Zudem wird eine Unterhaltspflicht für die Dauer der Ehe und, unter gewissen Voraussetzungen, sogar darüber hinaus (nachehelicher Unterhalt) begründet (§§ 1360 ff. BGB). Im Erbrecht erhält ein Ehegatte einen besonderen Status als gesetzlicher Erbe. Ferner bestehen Rechte im Steuer- und Sozialrecht, etwa beim Ehegattensplitting und in der gesetzlichen Krankenversicherung.

Welche gesetzlichen Regelungen gibt es zum Namenrecht in der Zivilehe?

Mit Abschluss einer Zivilehe können die Ehegatten einen gemeinsamen Ehenamen bestimmen (§ 1355 BGB). Hierbei kann der Geburtsname oder der aktuell geführte Name eines der Ehegatten als gemeinsamer Ehename erklärt werden. Es ist auch möglich, keinen gemeinsamen Ehenamen zu führen, sodass beide ihren bisherigen Namen behalten. Ein Doppelname kann grundsätzlich nur vom Ehegatten geführt werden, dessen Name nicht gemeinsamer Ehename wurde, und der dann den eigenen Namen dem Ehenamen voranstellen oder anfügen kann. Diese Wahl muss dem Standesbeamten gegenüber erklärt werden, bei späterem Wechsel gelten besondere Formerfordernisse. Das Namenrecht wirkt sich auch auf die Nachkommen der Ehe aus, die grundsätzlich den Ehenamen der Eltern erhalten.

Wie ist die gesetzliche Güterstandsregelung ausgestaltet?

Ohne explizite Vereinbarung durch notariell beurkundeten Ehevertrag leben Ehegatten automatisch im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft (§§ 1363 ff. BGB). Dabei bleibt das vor der Ehe eingebrachte und während der Ehe erworbene Vermögen grundsätzlich Eigentum des jeweiligen Ehegatten. Erst im Scheidungsfall wird der während der Ehe erwirtschaftete Zugewinn – also das Vermögenswachstum beider Partner – ausgeglichen. Ein abweichender Güterstand, wie Gütertrennung oder Gütergemeinschaft, muss ausdrücklich und notariell vereinbart werden. Unter bestimmten Voraussetzungen, etwa bei grober Pflichtverletzung, kann der Ausgleich ausgeschlossen werden.

Welche Bedeutung hat die Zivilehe für das Erbrecht?

Durch die Zivilehe erlangen Ehegatten eine gesetzliche Erbenstellung gemäß § 1931 BGB, die neben die etwaigen Erben der 1. oder 2. Ordnung tritt. Der überlebende Ehegatte erhält – abhängig von der Erbenordnung und Zugewinngemeinschaft – zwischen einem Viertel und der Hälfte des Nachlasses; beim Güterstand der Zugewinngemeinschaft erhöht sich der gesetzliche Erbteil um ein weiteres Viertel. Zusätzlich besteht ein gesetzliches Vorausvermächtnis hinsichtlich der zum Haushalt gehörenden Gegenstände und Hochzeitsgeschenke (§ 1932 BGB). Das Erbrecht des Ehegatten kann durch Testament und Erbvertrag beschränkt werden, bleibt aber durch den Pflichtteilsanspruch geschützt.

Wie kann eine Zivilehe rechtlich wirksam aufgelöst werden?

Die Auflösung einer Zivilehe bedarf zwingend eines formellen Scheidungsverfahrens vor dem Familiengericht. Die wichtigste Scheidungsvoraussetzung ist das sogenannte Trennungsjahr (§ 1566 BGB), d.h. die Ehepartner müssen mindestens ein Jahr getrennt leben und die Ehe muss gescheitert sein. Einvernehmliche und streitige Scheidungen unterscheiden sich je nach Kooperationsbereitschaft der Ehepartner bezüglich Folgesachen wie Unterhalt, Sorgerecht oder Vermögensaufteilung. In Härtefällen (z. B. bei Gewalt) kann die Ehe auch vor Ablauf des Trennungsjahres geschieden werden. Die Scheidung wird durch gerichtlichen Beschluss rechtskräftig, erst damit wird die eheliche Bindung vollständig aufgehoben.

Wie gestaltet sich die Unterhaltspflicht in der Zivilehe?

Während der Ehe bestehen beiderseits Pflichten zum Familienunterhalt, das heißt, die Partner müssen durch Arbeit, Vermögen oder Hausarbeit zum Gesamterhalt der Familie beitragen (§§ 1360, 1360a BGB). Dies kann sowohl durch Erwerbstätigkeit eines oder beider Ehegatten als auch durch die Haushaltsführung erfüllt werden. Im Falle einer Trennung hat der wirtschaftlich schwächere Ehepartner unter Umständen Anspruch auf Trennungsunterhalt (§ 1361 BGB). Nach der Scheidung können nacheheliche Unterhaltsansprüche entstehen, etwa wegen Betreuung gemeinsamer Kinder, Krankheit, Alter oder Erwerbslosigkeit (§§ 1570 ff. BGB). Der Unterhaltsanspruch ist dabei jeweils auf die Sicherung des bisherigen Lebensstandards und die Zumutbarkeit der Eigenversorgung abzustellen. Die Höhe richtet sich insbesondere nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen beider Partner.