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Zinsen, steuerlich

Zinsen, steuerlich: Begriff, Einordnung und Systematik

Zinsen sind Erträge aus der Überlassung von Geldkapital. Wer Geld verleiht oder anlegt, erhält als Gegenleistung einen laufzeit- und risikobezogenen Betrag. Aus steuerlicher Sicht zählen Zinsen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen, sofern sie nicht im Rahmen einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit erzielt werden. Bei Unternehmen stellen Zinsen je nach Richtung Betriebseinnahmen oder Betriebsausgaben dar.

Abgrenzung zu ähnlichen Erträgen

Zinsen sind von Dividenden und Kursgewinnen abzugrenzen. Zinsen vergüten die zeitweise Überlassung von Kapital (zum Beispiel bei Sparguthaben, Anleihen oder privaten Darlehen). Dividenden sind Ausschüttungen aus Gesellschaftsgewinnen. Kursgewinne entstehen durch Veräußerung von Wertpapieren über Anschaffungspreis, während Zinsen unabhängig von einem Verkauf anfallen.

Steuerliche Erfassung bei Privatpersonen

Besteuerungsprinzip und Zeitpunkt

Im Privatbereich werden Zinsen regelmäßig mit Zufluss erfasst, das heißt in dem Zeitpunkt, in dem sie gutgeschrieben oder auszahlbar werden. Bei Anlagen mit Zinsansammlung (Thesaurierung) gilt die Gutschrift oder die endfällige Auszahlung als maßgeblicher Zeitpunkt. Bei endfälligen Anlagen werden die gesamten Zinsen mit Fälligkeit besteuert. Zinseszinsen unterliegen wie die ursprünglichen Zinsen der Besteuerung.

Quellenbesteuerung und Abgeltung

Inländische Kreditinstitute behalten auf Zinsen in der Regel eine pauschale Kapitalertragsteuer von 25 Prozent zuzüglich Solidaritätszuschlag sowie gegebenenfalls Kirchensteuer ein. Diese Erhebung hat abgeltende Wirkung, das heißt die Steuer ist grundsätzlich mit dem Einbehalt erledigt. Unter bestimmten Voraussetzungen können Zinsen in die Veranlagung einbezogen werden, wenn sich dadurch eine günstigere Besteuerung ergibt.

Pauschalen und Freibeträge

Für private Kapitaleinkünfte gilt ein pauschaler Abzug (Sparer-Pauschbetrag). Seit 2023 beträgt er 1.000 Euro pro Jahr für Alleinstehende und 2.000 Euro für zusammen veranlagte Personen. Tatsächliche Werbungskosten werden im Regelfall nicht gesondert berücksichtigt.

Verlustverrechnung

Verluste aus Kapitaleinkünften können grundsätzlich nur mit Gewinnen aus Kapitaleinkünften verrechnet werden. Ein Ausgleich mit anderen Einkunftsarten ist in der Regel ausgeschlossen. Nicht verrechnete Verluste werden in Folgejahre vorgetragen und dort mit entsprechenden Gewinnen aus Kapitalvermögen verrechnet.

Besondere Fallgestaltungen

Stückzinsen bei Anleihen

Beim Kauf von verzinslichen Wertpapieren zwischen zwei Zinszahlungsterminen zahlt der Erwerber sogenannte Stückzinsen an den Verkäufer. Beim Verkäufer gelten diese als Zinseinnahmen, beim Käufer mindern sie die später zufließenden Zinsen aus dem Wertpapier. Die spätere Zinszahlung ist dann grundsätzlich in voller Höhe steuerpflichtig, wobei die anteilige Vorbelastung über die Stückzinsen berücksichtigt wird.

Ausländische Zinsen und Anrechnung

Zinsen aus ausländischen Quellen sind im Inland steuerpflichtig, wenn eine unbeschränkte Steuerpflicht besteht. Behalten ausländische Stellen Steuern ein, kommt je nach Abkommen eine Anrechnung oder Freistellung in Betracht. Maßgeblich sind die zwischenstaatlichen Regelungen und die tatsächlich im Ausland einbehaltenen Beträge.

Negativzinsen und Gebühren

Von Kreditinstituten erhobene Negativzinsen oder Verwahrentgelte gelten im Privatbereich regelmäßig als Entgelt für die Verwahrung von Guthaben. Sie mindern nicht die steuerpflichtigen Zinseinnahmen als solche und werden grundsätzlich nicht wie Werbungskosten behandelt.

Endfällige Anlagen und Thesaurierung

Bei endfälligen Darlehen oder Sparbriefen werden Zinsen erst mit Fälligkeit erfasst. Bei thesaurierenden Produkten erfolgt die Besteuerung mit Gutschrift oder mit der als zugeflossen geltenden Wiederanlage, selbst wenn kein Auszahlungsstrom erfolgt.

Zinsen aus Steuererstattungen und -nachzahlungen

Erhält eine Privatperson Zinsen auf Steuererstattungen, sind diese grundsätzlich steuerpflichtige Kapitaleinkünfte. Zinsen auf Steuernachzahlungen stellen im Privatbereich in aller Regel keine abzugsfähigen Aufwendungen dar.

Steuerliche Behandlung bei Unternehmen und gewerblichen Tätigkeiten

Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben

Bei Unternehmen sind erhaltene Zinsen Betriebseinnahmen. Gezahlte Zinsen für betriebliche Finanzierungen sind Betriebsausgaben. Bei bilanzierenden Unternehmen erfolgt eine periodengerechte Abgrenzung, das heißt Zinsen werden dem Geschäftsjahr zugeordnet, in dem sie wirtschaftlich verursacht sind.

Beschränkungen des Zinsabzugs

Der steuerliche Abzug von Zinsaufwendungen kann gesetzlichen Beschränkungen unterliegen. Diese Regelungen zielen darauf ab, übermäßige Fremdfinanzierungen und konzerninterne Gestaltungen zu begrenzen. In bestimmten Konstellationen werden Zinsaufwendungen nur eingeschränkt berücksichtigt oder in Folgejahre vorgetragen.

Gewerbesteuerliche Hinzurechnung

Für Zwecke der Gewerbesteuer werden bestimmte Finanzierungsentgelte, insbesondere Zinsen, teilweise dem Gewinn wieder hinzugerechnet. Die Hinzurechnung erfolgt nach pauschalen Maßstäben und kann die gewerbesteuerliche Bemessungsgrundlage erhöhen.

Zinsen im Kontext von Immobilien

Vermietung und Verpachtung

Finanzierungszinsen im Zusammenhang mit vermieteten Immobilien gehören zu den Aufwendungen im Bereich Vermietung und Verpachtung. Sie sind der Erzielung von Mieteinnahmen zugeordnet und wirken sich grundsätzlich steuermindernd aus, soweit keine besonderen Beschränkungen eingreifen.

Eigennutzung

Für eigengenutzte Immobilien werden private Finanzierungszinsen regelmäßig nicht steuerlich berücksichtigt. Eine Berücksichtigung kommt nur in Betracht, wenn die Immobilie (teilweise) zur Einkunftserzielung verwendet wird und der entsprechende Anteil nachgewiesen ist.

Dokumentation, Nachweise und Meldewege

Steuerbescheinigung und Jahresaufstellungen

Inländische Banken stellen Jahressteuerbescheinigungen und Erträgnisaufstellungen aus. Diese enthalten Angaben zu Zinsen, einbehaltener Steuer und anrechenbaren Beträgen. Sie dienen als Nachweis gegenüber der Finanzverwaltung.

Automatischer Informationsaustausch

Im grenzüberschreitenden Bereich werden Informationen über Kapitaleinkünfte zwischen Staaten ausgetauscht. Finanzinstitute melden Zinszahlungen an zuständige Stellen, die diese im Rahmen internationaler Kooperation an andere Steuerverwaltungen übermitteln.

Häufig gestellte Fragen (FAQs) zu Zinsen, steuerlich

Was gilt als Zins im steuerlichen Sinn?

Zinsen sind Entgelte für die zeitweise Überlassung von Geld. Dazu zählen insbesondere Erträge aus Bankguthaben, Sparbriefen, Anleihen, privaten Darlehen sowie vergleichbaren Forderungen. Nicht zu den Zinsen gehören Dividenden oder Kursgewinne aus der Veräußerung von Wertpapieren.

Wann gelten Zinsen als zugeflossen?

Als zugeflossen gelten Zinsen, wenn sie dem Konto gutgeschrieben, ausgezahlt oder endfällig fällig werden. Bei Thesaurierung liegt ein Zufluss vor, wenn die Zinsen dem Kapitalbestand zugerechnet werden und der Gläubiger wirtschaftlich darüber verfügen kann.

Wie werden Zinsen aus dem Ausland steuerlich behandelt?

Zinsen aus ausländischen Quellen sind grundsätzlich im Inland steuerpflichtig, wenn eine unbeschränkte Steuerpflicht besteht. Einbehaltene Quellensteuern im Ausland können nach Maßgabe zwischenstaatlicher Regelungen ganz oder teilweise angerechnet oder die Einkünfte freigestellt werden.

Sind negative Zinsen auf Bankguthaben steuerlich abzugsfähig?

Negative Zinsen beziehungsweise Verwahrentgelte gelten regelmäßig als Entgelt für die Verwahrung von Guthaben. Im Privatbereich werden sie üblicherweise nicht als negative Kapitaleinkünfte berücksichtigt und mindern nicht die steuerpflichtigen Zinseinnahmen.

Wie funktioniert die Verlustverrechnung bei Zinsen?

Verluste aus Kapitalvermögen werden grundsätzlich mit positiven Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet. Ein Ausgleich mit anderen Einkunftsarten ist im Regelfall ausgeschlossen. Nicht verrechnete Verluste werden in Folgejahre vorgetragen.

Welche Rolle spielt die Abgeltungsteuer bei Zinsen?

Inländische Banken erheben auf Zinsen in der Regel eine pauschale Steuer von 25 Prozent zuzüglich Zuschlägen. Diese Erhebung wirkt abgeltend. Unter bestimmten Voraussetzungen ist eine Einbeziehung in die Veranlagung möglich, wenn sich daraus eine niedrigere Belastung ergibt.

Wie werden Stückzinsen beim Kauf von Anleihen behandelt?

Stückzinsen, die der Käufer an den Verkäufer entrichtet, gelten beim Verkäufer als Zinseinnahme. Beim Käufer mindern sie die steuerliche Belastung der später zufließenden Zinszahlung aus der Anleihe, indem die Vorbelastung über die Stückzinsen berücksichtigt wird.

Sind Zinsen auf Steuererstattungen steuerpflichtig?

Zinsen auf Steuererstattungen gelten grundsätzlich als steuerpflichtige Kapitaleinkünfte. Zinsen auf Steuernachzahlungen sind im Privatbereich regelmäßig nicht als Abzugsposten zu berücksichtigen.