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Zielversorgung

Begriff und Einordnung der Zielversorgung

Der Begriff Zielversorgung wird im deutschen Renten- und Vorsorgerecht in zwei zentralen Zusammenhängen verwendet. Erstens beschreibt er im Versorgungsausgleich bei Trennung und Scheidung die Versorgungseinrichtung, in der für eine ausgleichsberechtigte Person neue oder übertragene Rentenrechte begründet werden. Zweitens bezeichnet er in der betrieblichen Altersversorgung eine auf ein bestimmtes Versorgungsziel ausgerichtete Gestaltung, bei der Leistungen an ein angestrebtes, nicht in jedem Fall garantiertes Niveau (Zielrente) anknüpfen. In beiden Anwendungsfeldern geht es um die Zuordnung von Anwartschaften und um die rechtliche Ausgestaltung von Rechten, Pflichten und Sicherungen rund um die zukünftige Versorgung.

Zielversorgung im Versorgungsausgleich

Funktion im Scheidungsverfahren

Im Versorgungsausgleich werden während der Ehezeit erworbene Renten- und Versorgungsanrechte zwischen den Ehegatten ausgeglichen. Die Zielversorgung ist die Versorgungseinrichtung, in der diese Anrechte der ausgleichsberechtigten Person begründet oder fortgeführt werden. Dies kann im selben Versorgungssystem geschehen (interne Teilung) oder in einer anderen Versorgungseinrichtung (externe Teilung).

Interne und externe Teilung

  • Interne Teilung: Die Zielversorgung ist identisch mit der abgebenden Versorgung. Für die ausgleichsberechtigte Person wird innerhalb derselben Einrichtung ein eigenständiges Anrecht geführt.
  • Externe Teilung: Die Zielversorgung ist eine andere Versorgungseinrichtung. Ein Übertragungswert wird dorthin gezahlt, und die ausgleichsberechtigte Person erhält nach deren Regeln ein neues Anrecht.

Auswahl und Eignung der Zielversorgung

Bei externer Teilung legt das Familiengericht fest, welche Zielversorgung das Anrecht aufnimmt. Maßgeblich sind Eignung, Aufnahmebereitschaft und eine sachgerechte Abbildung des übertragenen Werts. Die Zielversorgung muss Regeln vorhalten, die eine genderneutrale, transparente und wertgerechte Umrechnung des Übertragungswerts in eine Anwartschaft ermöglichen. Sie führt die Anwartschaft getrennt und wendet ihre allgemeinen Bedingungen an, soweit das gerichtliche Teilungsmodell nichts Abweichendes vorgibt.

Übertragungswert, Kosten und Wirkung

Der Übertragungswert bemisst sich nach anerkannten versicherungsmathematischen Grundsätzen der abgebenden Versorgung. Er wird an die Zielversorgung gezahlt und dort in Rentenansprüche oder kapitalbasierte Anwartschaften umgerechnet. Teilungskosten können anfallen; die rechtliche Zuordnung dieser Kosten erfolgt nach den Maßgaben des Teilungsbeschlusses und den einschlägigen Richtlinien der Anbieter. Mit Begründung der Anwartschaft in der Zielversorgung entstehen eigenständige Rechte und Pflichten der ausgleichsberechtigten Person gegenüber der Zielversorgung.

Zielversorgung in der betrieblichen Altersversorgung

Konzept der Zielrente

In der betrieblichen Altersversorgung beschreibt Zielversorgung häufig eine Ausgestaltung, bei der eine Zielrente angestrebt wird. Die Leistungshöhe orientiert sich an Beiträgen, Erträgen und kollektiven Mechanismen, ohne einen starren, in jedem Zeitpunkt garantierten Betrag zuzusagen. Anpassungen können bei Abweichungen vom angestrebten Ziel erfolgen.

Abgrenzung zu anderen Zusagearten

  • Leistungsorientierte Zusage: Verspricht eine bestimmte Rentenhöhe nach festgelegten Parametern.
  • Beitragsorientierte Systeme: Stellen die Beitragshöhe in den Vordergrund; die Leistung ergibt sich aus diesen Beiträgen und der Entwicklung der Anlage.
  • Zielversorgung/Zielrente: Definiert ein anzustrebendes Leistungsniveau mit Möglichkeiten zur kollektiven Glättung und Anpassung.

Rechtsbeziehungen und Rolle der Zielversorgung

Die Zielversorgung wird typischerweise von einem Lebensversicherer, einer Pensionskasse, einem Pensionsfonds oder einer Unterstützungskasse getragen. Rechtsgrundlagen sind Arbeitsvertrag oder Kollektivvereinbarungen, Versorgungsordnungen sowie die Bedingungen des Versorgungsträgers. Die Zielversorgung führt die Anwartschaften, informiert über den Stand und nimmt Anpassungen nach ihren Regeln vor.

Rechtsnatur und Vertragsbeziehungen

Beteiligte und Rechtsverhältnisse

  • Versorgungsausgleich: Beteiligte sind die Ehegatten, das Familiengericht, die abgebende Versorgung und die Zielversorgung. Der gerichtliche Beschluss begründet das Rechtsverhältnis der ausgleichsberechtigten Person zur Zielversorgung.
  • Betriebliche Altersversorgung: Beteiligte sind Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Versorgungsträger und gegebenenfalls Kollektivparteien. Die Zielversorgung übernimmt die Durchführung der zugesagten Versorgung nach ihren Bedingungen.

Vertragsbedingungen und Transparenz

Die Bedingungen der Zielversorgung regeln Entstehung, Berechnung, Anpassung und Fälligkeit der Leistungen sowie Informations- und Nachweispflichten. Transparente Darstellung von Kosten, Bewertungsannahmen und Risikoverteilung ist Bestandteil der vertraglichen Unterlagen und der laufenden Kommunikation.

Finanzierung, Bewertung und Anpassung

Bewertungsmaßstäbe

Übertragungs- und Deckungswerte werden auf Basis versicherungsmathematischer Parameter wie Rechnungszins, biometrische Wahrscheinlichkeiten und Kostenansätze bestimmt. Die Zielversorgung legt im Rahmen der aufsichtsrechtlichen Vorgaben fest, wie Beiträge und Übertragungswerte in Anwartschaften umgerechnet werden.

Anpassungsmechanismen

Bei Zielrentenmodellen dienen Puffer, Glättungsregeln und Überschussbeteiligungen dazu, Schwankungen abzufedern. Kommt es zu Abweichungen zwischen Ziel und tatsächlicher Entwicklung, sind Erhöhungen oder Reduktionen nach den festgelegten Mechanismen möglich. Die rechtlichen Grundlagen hierfür ergeben sich aus der Versorgungsordnung und den Bedingungen des Trägers.

Aufsicht, Sicherung und Haftung

Aufsichtsrecht

Versicherungsunternehmen, Pensionskassen und Pensionsfonds unterliegen der Finanzaufsicht. Diese prüft Geschäftspläne, Sicherungsrücklagen und Informationspflichten. Unterstützungskassen und Direktzusagen unterliegen ergänzenden Rahmenbedingungen, insbesondere hinsichtlich Finanzierung und Rückdeckung.

Insolvenz- und Leistungssicherung

Für bestimmte Durchführungswege der betrieblichen Altersversorgung besteht eine Insolvenzsicherung über einen gesetzlichen Träger. Versicherungsförmige Durchführungswege sind über das Sicherungsvermögen und branchenspezifische Sicherungsmechanismen geschützt. Im Versorgungsausgleich richtet sich die Sicherheit der Zielversorgung nach der jeweiligen Trägerart und deren Aufsichts- und Sicherungssystemen.

Daten- und Informationspflichten

Die Zielversorgung informiert über die Begründung der Anwartschaft, Bewertungsgrundlagen, Kostenbestandteile, Leistungsarten, Fälligkeit, Anpassungen und Übertragungsmöglichkeiten. Datenschutzrechtliche Vorgaben gelten für die Verarbeitung von Personen- und Vertragsdaten. Im Versorgungsausgleich ist eine Mitwirkung bei der Wertermittlung und Umsetzung der Teilung vorgesehen; danach bestehen laufende Auskunftsrechte der berechtigten Person.

Steuer- und sozialversicherungsrechtliche Einordnung

Die steuerliche Behandlung hängt von Durchführungsweg, Finanzierungsart und Auszahlungsform ab. Übertragungen im Versorgungsausgleich erfolgen grundsätzlich ohne unmittelbare Steuerbelastung; die Besteuerung setzt in der Leistungsphase an. Leistungen aus betrieblicher Altersversorgung unterliegen je nach Ausgestaltung der Einkommensteuer sowie gegebenenfalls Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung.

Gestaltung, Wahlrechte und Wechsel der Zielversorgung

Im Versorgungsausgleich bestimmt das Gericht, ob intern oder extern geteilt wird und welche Zielversorgung bei externer Teilung Anrechte aufnimmt. Ein späterer Wechsel kann über Übertragungs- oder Portabilitätsoptionen erfolgen, soweit die Bedingungen der beteiligten Träger dies vorsehen. In der betrieblichen Altersversorgung können Wechsel- und Übertragungsmöglichkeiten in Versorgungsordnungen, Tarifwerken und Anbieterbedingungen geregelt sein.

Grenzüberschreitende Aspekte

Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten können Anerkennung, Übertragung und Auszahlung an zusätzliche Voraussetzungen gebunden sein. Währungsumrechnung, Informationsrechte und die Anwendbarkeit ausländischer Aufsichts- und Steuervorschriften sind zu beachten. Die Eignung einer ausländischen Zielversorgung im Versorgungsausgleich setzt organisatorische und rechtliche Anschlussfähigkeit voraus.

Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Zielversorgung

Was bedeutet Zielversorgung im Versorgungsausgleich?

Die Zielversorgung ist die Versorgungseinrichtung, in der für die ausgleichsberechtigte Person im Rahmen einer Scheidung ein eigenständiges Anrecht begründet wird. Dies kann im selben System (interne Teilung) oder bei einem anderen Träger (externe Teilung) geschehen. Die Rechte richten sich nach den Bedingungen der Zielversorgung und dem gerichtlichen Teilungsbeschluss.

Worin unterscheidet sich die Zielversorgung bei interner und externer Teilung?

Bei interner Teilung bleibt die Zielversorgung identisch mit der abgebenden Versorgung; es entsteht ein gesondertes Konto im selben System. Bei externer Teilung wird ein Übertragungswert an eine andere Zielversorgung gezahlt, die darauf basierend eine neue Anwartschaft begründet.

Welche Anforderungen muss eine Zielversorgung bei externer Teilung erfüllen?

Sie muss geeignet und aufnahmebereit sein, eine wertgerechte, genderneutrale Umrechnung des Übertragungswerts ermöglichen und transparente Bedingungen für Leistungen, Kosten und Anpassungen vorhalten. Die Eignung wird im Teilungsverfahren geprüft.

Was kennzeichnet eine Zielversorgung beziehungsweise Zielrente in der betrieblichen Altersversorgung?

Die Zielrente ist ein angestrebtes Leistungsniveau, das auf Beiträgen und Kapitalmarktentwicklung basiert. Abweichungen vom Ziel können durch kollektive Mechanismen ausgeglichen werden. Eine starre Leistungsgarantie ist nicht zwingend Bestandteil dieser Ausgestaltung.

Wie werden Übertragungswerte zur Zielversorgung berechnet?

Übertragungswerte beruhen auf versicherungsmathematischen Annahmen wie Rechnungszins, biometrischen Grundlagen und Kosten. Die Zielversorgung rechnet diesen Wert nach ihren Bedingungen in eine Anwartschaft um und dokumentiert die zugrunde liegenden Parameter.

Wer trägt Kosten und Risiken rund um die Zielversorgung?

Teilungskosten können im Versorgungsausgleich den Beteiligten zugeordnet werden. In der betrieblichen Altersversorgung hängen Kosten- und Risikoverteilung von der Zusageart und den Bedingungen des Trägers ab. Bei Zielrentenmodellen tragen Kollektiveffekte und Puffer zur Risikoverteilung bei.

Welche Informationsrechte bestehen gegenüber der Zielversorgung?

Es bestehen Ansprüche auf Auskunft über die Begründung der Anwartschaft, Bewertungsgrundlagen, Kosten, Leistungsarten sowie Anpassungen. Die Zielversorgung hat über wesentliche Änderungen und die Fälligkeit von Leistungen transparent zu informieren.

Ist ein späterer Wechsel der Zielversorgung möglich?

Ein Wechsel kann über Portabilitäts- oder Übertragungsrechte erfolgen, wenn dies die beteiligten Versorgungsträger vorsehen. Im Versorgungsausgleich gilt vorrangig der gerichtliche Beschluss; spätere Übertragungen richten sich nach den Bedingungen der Ziel- und aufnehmenden Versorgung.