Begriff und Bedeutung des Zerlegungsgesetzes
Das Zerlegungsgesetz ist ein Begriff aus dem deutschen Steuerrecht und bezeichnet das Gesetz über die Zerlegung der Gewerbesteuer. Es regelt die Zerlegung (Aufteilung) des Steuermessbetrages der Gewerbesteuer auf mehrere Gemeinden, wenn ein Unternehmen Betriebsstätten in mehr als einer Gemeinde unterhält. Das Zerlegungsgesetz bildet damit die gesetzliche Grundlage für die gerechte Verteilung kommunaler Steueransprüche im Falle der Mehrgemeindigkeit, um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der betroffenen Kommunen zu berücksichtigen.
Rechtsgrundlagen des Zerlegungsgesetzes
Zweck des Zerlegungsgesetzes
Das zentrale Ziel des Zerlegungsgesetzes (ZerlG) ist die faire Verteilung von Gewerbesteueraufkommen zwischen den Gemeinden, in denen Gewerbebetriebe mit Betriebsstätten ansässig sind. Durch die Anwendung des Zerlegungsgesetzes wird sichergestellt, dass jede betroffene Gemeinde entsprechend ihrer wirtschaftlichen Beteiligung am Unternehmen am Gewerbesteueraufkommen partizipieren kann.
Anwendungsbereich
Das Zerlegungsgesetz findet Anwendung, wenn der Gewerbesteuermessbetrag gemäß § 28 Gewerbesteuergesetz (GewStG) auf mehrere Gemeinden zu verteilen ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ein Gewerbebetrieb entweder
- mehrere Betriebsstätten in unterschiedlichen Gemeinden unterhält oder
- ein Betrieb während des Erhebungszeitraums seinen Standort wechselt und dadurch verschiedene Gemeinden betroffen sind.
Die Zerlegung erfolgt nicht, wenn der Steuermessbetrag einer einzigen Betriebsstätte oder einer einzigen Gemeinde zugeordnet werden kann.
Normative Ausgestaltung und Ablauf der Zerlegung
Zuständigkeit der Zerlegung
Die Zerlegung wird gemäß § 185 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) durch den Zerlegungsbescheid vorgenommen. Zuständig für die Zerlegung ist das für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags zuständige Finanzamt.
Zerlegungsmaßstab
Der Grundsatz der Gewerbesteuerzerlegung gemäß § 29 GewStG und den Vorschriften des Zerlegungsgesetzes sieht vor, dass die Zerlegung in der Regel nach der Anzahl der im Erhebungszeitraum in den jeweiligen Gemeinden beschäftigten Arbeitnehmer (Lohnsummenmaßstab) erfolgt. In bestimmten Fällen können auch andere Maßstäbe, wie Sachanlagenwerte, zur Anwendung gebracht werden, wenn dies eine gerechtere Verteilung ermöglicht.
Beispiele für Zerlegungsmaßstäbe:
- Lohnsummenmaßstab: Häufigster Maßstab für die Zerlegung; die Verteilung erfolgt nach der in den Betriebsstätten gezahlten Lohn- und Gehaltssumme.
- Alternativmaßstäbe: Wird keine Lohnsumme festgestellt oder ist diese nicht sachgerecht, können andere Maßstäbe (einschließlich Umsatz oder Investitionen) maßgeblich sein.
Ablauf des Zerlegungsverfahrens
Das Zerlegungsverfahren läuft wie folgt ab:
- Der Gewerbesteuermessbetrag wird vom zuständigen Finanzamt festgesetzt.
- Das Finanzamt ermittelt, ob eine Zerlegung gemäß den gesetzlichen Voraussetzungen durchzuführen ist.
- Die betroffenen Gemeinden sowie der Steuerschuldner erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme.
- Das Zerlegungsergebnis wird durch Zerlegungsbescheid bekannt gegeben.
- Die Zerlegungsanteile bilden die Grundlage für die Festsetzung der Gewerbesteuer durch die jeweiligen Gemeinden.
Rechtsmittel und Einspruchsrechte
Gegen den Zerlegungsbescheid kann sowohl die betroffene Gemeinde als auch der Gewerbesteuerpflichtige Einspruch einlegen. Für das Rechtsbehelfsverfahren gelten die allgemeinen Vorschriften der Abgabenordnung.
Inhalt und Struktur des Zerlegungsgesetzes (ZerlG)
Gesetzliche Regelungen im Überblick
Das Zerlegungsgesetz ist in mehrere Paragraphen gegliedert, die insbesondere folgende Kernfragen beantworten:
- Voraussetzungen der Zerlegung (§ 1 ZerlG)
- Maßstäbe zur Ermittlung des Zerlegungsanteils (§§ 2 ff. ZerlG)
- Erläuterungen zu Sondersachverhalten, wie beispielsweise dem Betriebsstättenbegriff, besonderen Unternehmensarten oder Ausnahmen von der Zerlegung
Besonderheiten und Sonderregelungen
Das Gesetz sieht für bestimmte Betriebsformen, wie zum Beispiel Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen oder Energieversorgungsbetriebe, modifizierte Zerlegungsmaßstäbe vor, um branchenspezifische Besonderheiten angemessen abzubilden.
Im Falle von Umstrukturierungen, Betriebsveräußerungen oder Liquidationen können weitergehende Regelungen greifen, die im Einzelfall eine gesonderte Betrachtung erfordern.
Bedeutung für Gemeinden und Gewerbebetriebe
Auswirkungen auf die Gemeindefinanzierung
Das Zerlegungsgesetz gewährleistet, dass Gemeinden ihrem wirtschaftlichen Engagement entsprechend am Gewerbesteueraufkommen beteiligt werden. Dies dient der Stärkung kommunaler Finanzkraft und der Förderung regionaler Entwicklung.
Relevanz für Unternehmen
Für Unternehmen ergibt sich durch die Anwendung des Zerlegungsgesetzes eine erhöhte Sorgfaltspflicht im Hinblick auf die zutreffende Erfassung betrieblicher Aktivitäten in den einzelnen Gemeinden. Unzutreffende Angaben können sowohl steuerliche Nachforderungen als auch Sanktionen nach sich ziehen.
Historische Entwicklung und Rechtsdogmatik
Entstehung und Entwicklung
Das Zerlegungsgesetz trat erstmals 1937 in Kraft und ist ein Ergebnis der wirtschaftlichen Entwicklungen und wachsenden Mobilität von Unternehmen im frühen 20. Jahrhundert. Es wurde mehrfach angepasst, um den Anforderungen moderner Unternehmensstrukturen sowie den Reformen im Steuerrecht gerecht zu werden.
Verhältnis zu anderen Rechtsvorschriften
Das Zerlegungsgesetz steht in engem Zusammenhang mit dem Gewerbesteuergesetz (GewStG), dem Bewertungsgesetz (BewG) sowie der Abgabenordnung. Insbesondere im Hinblick auf die Definition von Betriebsstätten und die Bemessung der Zerlegungssachverhalte muss eine enge Koordination mit diesen Regelungen erfolgen.
Zusammenfassung
Das Zerlegungsgesetz ist ein zentrales Instrument für die gerechte Verteilung der Gewerbesteuer bei Mehrgemeindentätigkeit von Unternehmen. Es legt fest, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Maßstäben eine Zerlegung zu erfolgen hat, welchen Ablauf sie nimmt und welche Rechte und Pflichten den beteiligten Gemeinden und Unternehmen zukommen. Damit trägt das Gesetz maßgeblich zur Stärkung der Finanzautonomie der Gemeinden und zu einer ausgewogenen Berücksichtigung wirtschaftlicher Zusammenhänge im Steuerrecht bei.
Häufig gestellte Fragen
Wann findet das Zerlegungsgesetz Anwendung?
Das Zerlegungsgesetz greift insbesondere bei der Erhebung und Verteilung bestimmter Steuern, wenn ein Unternehmen Betriebsstätten in mehreren Gemeinden unterhält oder Arbeitnehmer an mehreren Orten beschäftigt. Sein Anwendungsbereich ist auf die Zerlegung von Gewerbesteuermessbeträgen nach § 28 Gewerbesteuergesetz (GewStG), die Zerlegung der Lohnsteuer (§ 39 ff. Einkommensteuergesetz – EStG) sowie vereinzelt bei Grundsteuern und weiteren kommunalen Umlagen ausgelegt. Sowohl juristische Personen als auch Einzelunternehmen, die eine Betriebsaufspaltung aufweisen, können vom Zerlegungsgesetz betroffen sein. Voraussetzung ist stets, dass die steuerlichen Bemessungsgrundlagen nicht eindeutig einer Gemeinde zugeordnet werden können und daher eine Verteilung nach gewissen Schlüsseln – etwa nach Arbeitslöhnen oder Sachanlagen – notwendig ist. Die praktische Umsetzung erfolgt regelmäßig auf Antrag, kann jedoch in bestimmten Fällen von Amts wegen eingeleitet werden, insbesondere bei regelmäßig wechselnden Tätigkeitsorten.
Welche Behörde ist für die Durchführung des Zerlegungsverfahrens zuständig?
Das Zerlegungsverfahren fällt in der Regel in die Zuständigkeit des Finanzamts, das für die Festsetzung des Messbetrages verantwortlich ist (sog. Zerlegungsfinanzamt). Für die Gewerbesteuer ist dies das Finanzamt, in dessen Bezirk das Unternehmen seine Geschäftsleitung hat. Es nimmt die Aufgabe der zentralen Koordination wahr, fordert betroffene Gemeinden zur Abgabe einer Stellungnahme auf und teilt anschließend den Messbetrag nach festgelegtem Schlüssel auf die beteiligten Gemeinden auf. Die betroffenen Gemeinden erhalten einen Zerlegungsbescheid, auf dessen Basis sie den jeweils zustehenden Anteil erheben können. Im Lohnsteuerbereich liegt die Zuständigkeit beim Betriebsstättenfinanzamt. Die Mitwirkungspflichten der betroffenen Unternehmen ergeben sich unmittelbar aus den einschlägigen Steuergesetzen und den damit korrespondierenden Durchführungsvorschriften des Zerlegungsgesetzes.
Welche rechtlichen Vorgaben regeln die Feststellung des Zerlegungsschlüssels?
Die Bestimmung des Zerlegungsschlüssels und der Verfahren hierfür sind insbesondere in §§ 28 ff. GewStG (für die Gewerbesteuer) und im Zerlegungsgesetz selbst geregelt. Wesentliche Kriterien sind die Entlohnung der im jeweiligen Gemeindebezirk tätigen Arbeitnehmer (Lohnsumme) und in Ausnahmefällen die Belegenheit von Betriebsvorrichtungen oder der Wert der festgestellten Betriebsgrundstücke. In der Praxis ist die Zerlegung nach Lohnsumme regelmäßig der Standard, etwa wenn eine Produktionsfirma Mitarbeiter auf mehrere Standorte verteilt. Die in den Rechtsnormen konkret vorgegebenen Rechenverfahren müssen exakt eingehalten werden; gibt es Spielräume oder Unklarheiten, empfiehlt sich eine verbindliche Auskunft beim zuständigen Finanzamt. Änderungen bezüglich der Betriebsstruktur, wie etwa Neueinrichtungen oder Betriebsschließungen, sind unverzüglich anzuzeigen, da sie den Zerlegungsschlüssel nachhaltig beeinflussen können.
Welche Mitwirkungspflichten hat der Steuerpflichtige im Rahmen des Zerlegungsverfahrens?
Steuerpflichtige Unternehmen haben detaillierte Mitwirkungspflichten. Dazu zählt insbesondere, alle für die Zerlegung relevanten Angaben vollständig und wahrheitsgemäß zu machen. Sie müssen beispielsweise die genaue Verteilung der Lohnsummen, Angaben zur Anzahl der Beschäftigten, sowie gegebenenfalls Werte zu Betriebsstätten oder Sachanlagen angeben. Die jährliche Übermittlung von Unterlagen, wie Lohnkonten und Betriebsstättenverzeichnisse, kann durch das Finanzamt eingefordert werden. Bei Änderungen der betrieblichen Verhältnisse ist der Steuerpflichtige zu unverzüglicher Meldung verpflichtet. Kommt das Unternehmen diesen Pflichten nicht oder nur unzureichend nach, kann das Finanzamt Schätzungen vornehmen, was oftmals zu Nachteilen für das Unternehmen führt. Darüber hinaus kann eine Verletzung der Mitwirkungspflichten auch steuerliche Nebenfolgen, wie Zinsen oder gar Bußgelder, nach sich ziehen.
Wie läuft das Einspruchsverfahren gegen einen Zerlegungsbescheid ab?
Gegen den Zerlegungsbescheid steht dem Steuerpflichtigen sowie den Gemeinden ein Rechtsbehelf in Form des Einspruchs gemäß §§ 347 ff. Abgabenordnung (AO) zu. Dieser ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe schriftlich bei der zuständigen Finanzbehörde einzulegen. Der Einspruch kann sich gegen die Höhe des zerlegten Messbetrages oder gegen die angewandten Zerlegungsschlüssel richten. Nach Prüfung entscheidet das Finanzamt entweder zugunsten des Einspruchsführers oder lehnt den Einspruch per Einspruchsentscheidung ab. Im Fall einer Ablehnung bleibt der Weg zu den Finanzgerichten offen, wobei das Klageverfahren ähnlich aufgebaut ist wie im übrigen Steuerrecht. Wichtig ist, dass auch betroffene Gemeinden als Beteiligte des Zerlegungsverfahrens die Möglichkeit des Einspruchs und der Klage haben.
Welche Rechtsfolgen ergeben sich bei Fehlern oder Unterlassungen im Zerlegungsverfahren?
Fehler oder Unterlassungen im Zerlegungsverfahren können weitreichende rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Wird beispielsweise ein maßgeblicher Teil der Lohnsumme oder eine weitere Betriebsstätte nicht ordnungsgemäß gemeldet, erfolgt die Verteilung des Steuermessbetrags zu Unrecht zulasten einzelner Gemeinden oder zugunsten anderer. Dies kann in der Folge zu Korrekturen im Wege der Änderung oder Aufhebung von Steuerbescheiden führen. Stellt eine Gemeinde einen Fehler fest, kann sie einen Antrag auf Nachprüfung stellen. Für den betroffenen Steuerpflichtigen besteht zudem das Risiko von steuerlichen Sanktionen, insbesondere bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Falsch- beziehungsweise Nichtangabe. Zudem ist im Einzelfall die Rückabwicklung von bereits festgesetzten Steuerbeträgen bis hin zur Rückforderung von gezahlten Gewerbesteuern möglich.
Welche Fristen sind im Zusammenhang mit dem Zerlegungsgesetz zu beachten?
Es gelten die allgemeinen Verjährungsfristen des Abgabenrechts, insbesondere die Festsetzungsfrist gemäß §§ 169 ff. AO, die regelmäßig vier Jahre beträgt, soweit keine leichtfertige Steuerverkürzung oder Steuerhinterziehung vorliegt. Für den Einspruch gegen Zerlegungsbescheide, wie bereits beschrieben, ist eine einmonatige Frist ab Bekanntgabe einzuhalten. In Bezug auf Mitteilungen über Veränderungen im Unternehmen, die Einfluss auf den Zerlegungsschlüssel haben können, besteht eine unmittelbare Anzeigepflicht ohne schuldhaftes Zögern (§ 153 AO). Werden Fristen versäumt, kann dies zu einem endgültigen Rechtsverlust führen, sodass Steuerbescheide und Zerlegungsbescheide bestandskräftig werden.