Legal Lexikon

Zeitlohn


Definition und Grundlagen des Zeitlohns

Der Begriff Zeitlohn bezeichnet eine arbeitsrechtliche Entgeltform, bei welcher die Vergütung der Arbeitsleistung nach der aufgewendeten Zeit, und nicht nach der Menge oder dem Erfolg der geleisteten Arbeit, bemessen wird. Die Entlohnung bemisst sich hierbei ausschließlich an der vereinbarten Arbeitszeit, unabhängig von der individuellen Arbeitsleistung während dieser Zeit.

Historische Entwicklung des Zeitlohns

Zeitlohn ist eine der ältesten Formen der Entlohnung und war vor der Industrialisierung der Regelfall. Mit zunehmender Mechanisierung und Arbeitsverdichtung entwickelte sich ergänzend der Akkordlohn, im Zuge dessen der Zeitlohn weiterhin eine bedeutende Rolle insbesondere in Bereichen mit schwer messbarer Arbeitsleistung einnahm.

Rechtliche Grundlagen des Zeitlohns in Deutschland

Gesetzliche Grundlagen

Die gesetzlichen Regelungen zur Entgeltzahlung im Rahmen des Zeitlohns finden sich in mehreren Vorschriften des Arbeitsrechts, insbesondere im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und im Mindestlohngesetz (MiLoG). Nach § 611a BGB ist der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet, die vereinbarte Vergütung für geleistete Arbeit zu zahlen. Die nähere Ausgestaltung, ob Zeitlohn oder eine andere Entgeltform vereinbart wird, obliegt den Vertragsparteien.

§ 611a BGB – Arbeitsvertrag

Der Arbeitsvertrag regelt die Rechte und Pflichten von Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Wesentliche Grundlage ist dabei die Verpflichtung zur Zahlung einer Vergütung nach Zeit (Stundenlohn, Tageslohn, Wochenlohn, Monatslohn) oder nach Leistung (Akkordlohn).

Mindestlohngesetz (MiLoG)

Das MiLoG legt einen verbindlichen Mindestlohn für alle Arbeitsverhältnisse fest, der zwingend auch beim Zeitlohn zur Anwendung kommt. Die Arbeitszeit wird dabei dokumentiert und der Auszahlungsbetrag mit dem geltenden Mindestlohnsatz multipliziert.

Tarifspezifische Regelungen

Im Rahmen tariflicher Vereinbarungen kann die Entlohnungsform (Zeitlohn, Akkordlohn, Prämienlohn etc.) explizit geregelt werden. Hierbei können bestimmte Branchen- oder Haustarifverträge besondere Bestimmungen zur Ausgestaltung und Höhe des Zeitlohns enthalten. Tarifverträge sind hierbei vorrangig gegenüber individuellen arbeitsvertraglichen Absprachen, sofern sie für das Arbeitsverhältnis gültig sind.

Arbeitsvertragliche Aspekte

Die Vereinbarung des Zeitlohns erfolgt im Arbeitsvertrag. Hierbei sind die regelmäßige Arbeitszeit, die Höhe des Lohns pro Zeiteinheit (Stunde, Tag, Monat), Auszahlungsmodalitäten sowie eventuell relevante Zuschläge (zum Beispiel für Nachtarbeit, Feiertagsarbeit oder Überstunden) zu regeln. Bei missverständlichen oder nicht eindeutig definierten Vereinbarungen kann es zu rechtlichen Auseinandersetzungen kommen.

Mitbestimmung und Betriebsvereinbarungen

Gemäß dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) steht dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung und Ausgestaltung von Entlohnungssystemen einschließlich Zeitlohn zu (§ 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG). Entsprechende Betriebsvereinbarungen sind für die Arbeitsverhältnisse im jeweiligen Betrieb verbindlich.

Abgrenzung zu anderen Entgeltformen

Zeitlohn versus Akkordlohn

Beim Zeitlohn erfolgt die Entlohnung nach der aufgewendeten Zeitspanne, während beim Akkordlohn die tatsächlich erbrachte Leistung (Output) vergütet wird. Zeitlohn findet vor allem dort Anwendung, wo die Arbeitsleistung schwer messbar oder der Arbeitstakt von außen vorgegeben ist (zum Beispiel in der Pflege, im Verwaltungsbereich oder bei Kontrollfunktionen).

Prämienlohn und Mischformen

Neben dem reinen Zeitlohn existieren Mischformen wie der Prämienlohn, bei welchem zur Zeitvergütung eine zusätzliche erfolgsabhängige Prämie gezahlt wird. Diese Mischformen sind häufig in Produktionsbetrieben oder im Außendienst zu finden.

Berechnung und Auszahlung des Zeitlohns

Bemessungsgrundlage

Die Berechnung des Zeitlohns erfolgt auf Grundlage der tatsächlich geleisteten und nachweislich dokumentierten Arbeitszeit. Der Zeitlohn kann als Stundenlohn, Tageslohn, Wochenlohn oder Monatslohn vereinbart werden. Grundlage ist stets die vereinbarte und nachgewiesene Arbeitszeit.

Beispiele für die Berechnung

  • Stundenlohn: Entlohnung pro geleisteter Arbeitsstunde (z.B. 15 € pro Stunde)
  • Monatslohn: Fester Satz pro Monat (z.B. 3.000 € Monatsgehalt), unabhängig von der variierenden Anzahl an Arbeitstagen innerhalb eines Monats

Lohnabrechnung und Nachweis

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, eine nachvollziehbare Lohnabrechnung zu erstellen, insbesondere um Mindestlohnvorschriften und eventuelle Tarifvorgaben nachzuweisen. Die Dokumentation der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit ist insbesondere in Bereichen mit hoher Arbeitsflexibilität von entscheidender Bedeutung.

Besondere Regelungen und Rechtsprechung

Überstunden und Mehrarbeit

Die Vergütung von Überstunden im Rahmen des Zeitlohns ist gesondert vertraglich oder tarifvertraglich zu regeln. Fehlen Regelungen, gilt gemäß § 612 BGB eine übliche Vergütung als vereinbart. Eine pauschale Abgeltung von Überstunden im Gehalt ist zulässig, sofern dies eindeutig und transparent im Vertrag geregelt ist.

Zuschläge und Sonderzahlungen

Für Arbeit zu besonderen Zeiten (z. B. Nachtarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit) können gesetzliche, tarifliche oder arbeitsvertragliche Zuschläge vorgesehen sein. Diese sind als Zuschläge zum Zeitlohn zu zahlen und dienen dem Ausgleich besonderer Belastungen.

Gleichbehandlungsgrundsatz

Gemäß dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz dürfen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit vergleichbaren Tätigkeiten im selben Betrieb nicht willkürlich unterschiedlich entlohnt werden. Unterschiede bei der Zeitlohnhöhe müssen sachlich begründbar sein.

Rechtsprechung

Die Arbeitsgerichte haben wiederholt bestätigt, dass Zeitlohn dann geschuldet ist, wenn und soweit Arbeitszeit nachweislich geleistet wurde und keine leistungsbezogenen Lohnformen vereinbart wurden. Streitigkeiten entstehen häufig bei der Dokumentation der Arbeitszeit und der Berechnung von Zuschlägen.

Vor- und Nachteile des Zeitlohns aus rechtlicher Sicht

Vorteile

  • Rechtssicherheit: Klare und transparente Grundlage für die Lohnberechnung und -auszahlung
  • Schutz der Beschäftigten: Minimierung des Leistungsdrucks und Förderung von Arbeitsqualität
  • Geringe Manipulationsgefahr: Kein Anreiz zur Überbeanspruchung von Maschinen oder zur Vernachlässigung der Arbeitsqualität

Risiken und Herausforderungen

  • Arbeitskontrolle: Hoher Bedarf an Kontrolle und Dokumentation der Arbeitszeit durch den Arbeitgeber
  • Fehlende Leistungsanreize: Keine direkte Belohnung höherer Produktivität durch höhere Entlohnung
  • Missbrauchsrisiken: Gefahr von Minderleistungen, wenn die Arbeitsleistung nicht angemessen überwacht wird

Internationales Recht und Zeitlohn

In den meisten europäischen Ländern ist der Zeitlohn die am weitesten verbreitete Entgeltform. Die Mindestlohnrichtlinien der EU und ILO-Konventionen wirken sich ebenfalls auf die Ausgestaltung von Zeitlohnregelungen aus.

Zusammenfassung

Der Zeitlohn stellt eine der gebräuchlichsten und rechtlich am klarsten geregelten Entgeltformen im Arbeitsverhältnis dar. Die rechtlichen Vorgaben, insbesondere aus dem BGB, dem MiLoG und aus Tarifverträgen, sichern eine transparente und nachvollziehbare Vergütung auf Basis der geleisteten Arbeitszeit. Arbeitgeber sind verpflichtet, die Grundsätze der Gleichbehandlung zu wahren, eine nachvollziehbare Arbeitszeitdokumentation zu führen und etwaige Zuschläge oder Sonderregelungen korrekt zu berücksichtigen. Die klare Trennung zu anderen Entgeltformen, insbesondere zum Akkordlohn, sowie die konsequente Umsetzung tariflicher und arbeitsvertraglicher Vorgaben sind für die rechtssichere Anwendung des Zeitlohns unerlässlich.

Häufig gestellte Fragen

Wie wird der Zeitlohn im Arbeitsvertrag rechtswirksam vereinbart?

Im deutschen Arbeitsrecht ist die Vereinbarung des Zeitlohns im Arbeitsvertrag üblich und sollte klar und eindeutig geregelt werden. Nach § 2 Nachweisgesetz (NachwG) muss der Arbeitsvertrag unter anderem auch die Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts enthalten. Die Parteien können frei vereinbaren, ob der Lohn als Stundenlohn, Tageslohn, Wochenlohn oder Monatslohn gezahlt werden soll; allerdings ist dabei auf die Einhaltung von gesetzlichen Mindeststandards wie dem Mindestlohngesetz (MiLoG) zu achten. Die genaue Höhe des Zeitlohns, der Zeitraum der Abrechnung und mögliche Zuschläge (z. B. für Überstunden oder Nachtarbeit) sowie der Zahlungszeitpunkt sollten ausdrücklich festgelegt werden, um Streitigkeiten zu vermeiden. Wird ein Lohn nicht explizit im Vertrag vereinbart, so gilt gemäß § 612 BGB die üblicherweise gezahlte Vergütung als vereinbart. Regelmäßig ist zudem zu prüfen, ob Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen eine bestimmte Lohnstruktur vorgeben, da diese vorrangig Anwendung finden können.

Muss beim Zeitlohn eine Zeiterfassung erfolgen und was ist dabei rechtlich zu beachten?

Aufgrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 14.05.2019, Az.: C-55/18) und der daraus folgenden Verpflichtung zur objektiven, verlässlichen Zeiterfassung nach deutschem Recht, insbesondere im Hinblick auf § 3 ArbSchG und § 16 ArbZG, ist eine vollständige Zeiterfassung auch beim Zeitlohn unabdingbar. Arbeitgeber sind verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer zu dokumentieren. Diese Pflicht schützt sowohl die Einhaltung der gesetzlichen Höchstarbeitszeiten als auch die korrekte Entgeltabrechnung. Im Streitfall dient die Zeiterfassung zum Nachweis der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden. Kommt der Arbeitgeber der Zeiterfassungspflicht nicht nach, drohen arbeitsrechtliche und ggf. bußgeldrechtliche Sanktionen. Die Zeiterfassung kann elektronisch oder manuell erfolgen, muss jedoch manipulationssicher und regelmäßig geführt werden.

Welche gesetzlichen oder tariflichen Mindestlöhne gelten beim Zeitlohn?

Beim Zeitlohn sind zwingend die Vorgaben des Mindestlohngesetzes (MiLoG) sowie ggf. anzuwendender Tarifverträge zu beachten. Nach § 1 MiLoG ist mindestens der allgemeine gesetzliche Mindestlohn pro Arbeitsstunde zu zahlen, unabhängig davon, ob der Lohn als Stunden- oder Monatslohn ausgewiesen wird. In Branchen mit Branchenmindestlöhnen (z. B. Baugewerbe, Pflege) gelten ggf. höhere Mindestlohnregelungen nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) oder dem Tarifvertragsgesetz (TVG). Eine Unterschreitung der verbindlichen Mindestlohnsätze ist auch bei beidseitigem Einvernehmen nicht zulässig und führt zu Nachzahlungs- und ggf. Bußgeldansprüchen (§ 21 MiLoG). Die Kontrollbehörden (z. B. Zoll) prüfen die Einhaltung; Verstöße sind bußgeldbewährt.

Welche rechtlichen Pflichten bestehen bezüglich der Auszahlung des Zeitlohns?

Gemäß § 614 BGB ist das Arbeitsentgelt, somit auch der Zeitlohn, nach erbrachter Arbeitsleistung fällig, sofern im Arbeits- oder Tarifvertrag nichts Abweichendes geregelt ist. Am häufigsten ist die Auszahlung zum Monatsletzten oder zum 15. des Folgemonats vereinbart. Bei verspäteter Auszahlung hat der Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch auf Verzugszinsen nach § 288 BGB sowie gegebenenfalls eine pauschale Entschädigung gemäß § 288 Abs. 5 BGB. Weiterhin besteht die Pflicht, eine detaillierte Abrechnung des Zeitlohns gemäß § 108 GewO auszustellen, die die Grundlage der gezahlten Vergütung nachvollziehbar darlegt. Verstöße gegen die Abrechnungs- oder Auszahlungspflichten können arbeitsrechtliche und zivilrechtliche Folgen nach sich ziehen.

Wie sind Überstunden und Mehrarbeit beim Zeitlohn arbeitsrechtlich zu behandeln?

Arbeitsrechtlich muss bei Zeitlohn genau geregelt sein, wie mit Überstunden und Mehrarbeit umzugehen ist. Nach § 612 Abs. 1 BGB gilt, dass Überstunden nur dann zu vergüten sind, wenn sie vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt oder geduldet werden und nicht nur geringfügig das übliche Maß überschreiten. Die Zahlung eines Zuschlags für Überstunden ist grundsätzlich nicht gesetzlich vorgeschrieben, kann jedoch per Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag vereinbart werden. Die Vergütung der Überstunden richtet sich dann nach dem vereinbarten Zeitlohn, erhöht um einen etwaigen Überstundenzuschlag. Werden Überstunden nicht vergütet, obwohl es keine Ausgleichsregelung gibt, kann der Arbeitnehmer die Zahlung nachträglich verlangen, wobei die Beweislast im Streitfall zwischen den Parteien aufgeteilt ist: Der Arbeitnehmer muss darlegen, dass er Überstunden geleistet hat, der Arbeitgeber, dass er sie nicht angeordnet hat.

Wie wirkt sich Krankheit oder Urlaub auf den Zeitlohn aus?

Im Falle von Krankheit besteht ein gesetzlicher Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG). Der Zeitlohn wird in der Höhe weitergezahlt, wie er ohne Arbeitsunfähigkeit im maßgeblichen Abrechnungszeitraum erzielt worden wäre (§ 4 EFZG). Gleiches gilt für den gesetzlichen Urlaubsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG); während des Urlaubs erhält der Arbeitnehmer das sogenannte Urlaubsentgelt, das sich auf Basis der durchschnittlichen Vergütung der letzten 13 Wochen vor Urlaubsbeginn bemisst (§ 11 BUrlG). Dabei werden keine Mehrarbeitsvergütungen, aber regelmäßig gezahlte Zuschläge berücksichtigt. Der Arbeitgeber darf den Zeitlohn weder bei Krankheit noch bei Urlaub kürzen, sofern der gesetzliche oder vertragliche Anspruch besteht.

Gibt es beim Zeitlohn besondere Regelungen zum Mutterschutz oder zur Elternzeit?

Während des Mutterschutzes besteht ein Anspruch auf Mutterschaftslohn nach § 11 Mutterschutzgesetz (MuSchG), der sich bei Zeitlöhnern nach dem durchschnittlichen Verdienst der letzten drei abgerechneten Kalendermonate bemisst, in denen die Arbeitnehmerin vor Beginn der Mutterschutzfrist gearbeitet hat. In der Elternzeit besteht kein Anspruch auf Zeitlohn, da das Arbeitsverhältnis ruht (§ 17 BEEG). Es besteht jedoch zusammen mit dem Arbeitsverhältnis Anspruch auf Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG). Bei Teilzeitarbeit während der Elternzeit erfolgt die Vergütung nach Stunden und bleibt an die allgemeinen Regelungen zum Zeitlohn inklusive Mindestlohn gebunden. Der besondere Kündigungsschutz in Mutterschutz und Elternzeit schränkt zudem Kündigungen durch den Arbeitgeber erheblich ein.