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Zahlungsbefehl


Begriff und rechtliche Einordnung des Zahlungsbefehls

Der Zahlungsbefehl ist ein rechtliches Verfahren zur Durchsetzung von Geldforderungen im Rahmen des sogenannten Mahnverfahrens. Er stellt eine erste gerichtliche Verfügung dar, mit der der Schuldner zur Zahlung einer bestimmten Geldsumme innerhalb einer bestimmten Frist verpflichtet wird. Ziel ist es, berechtigte Geldforderungen schnell und kostengünstig durchzusetzen, ohne ein streitiges Gerichtsverfahren einleiten zu müssen.

Das Mahnverfahren und damit auch der Zahlungsbefehl sind in Deutschland in der Zivilprozessordnung (ZPO), insbesondere in den §§ 688-703d ZPO geregelt. Das Verfahren richtet sich an Gläubiger, die unbestrittene geldwerte Ansprüche gegen einen Schuldner geltend gemacht haben und eine rasche Durchsetzung beabsichtigen.


Wesen und Verfahren des Zahlungsbefehls

Voraussetzungen für den Erlass eines Zahlungsbefehls

Ein Zahlungsbefehl kann nur bei bestimmten Voraussetzungen erlassen werden. Es muss sich um eine Geldforderung handeln, die einen bestimmten Betrag ausweist. Nicht zugelassen sind unter anderem Leistungstitel auf Herausgabe, Unterlassung oder Duldung. Ferner darf keine Gegenleistung im Raum stehen, die noch nicht erbracht wurde, sofern der Schuldner hierauf nicht wirksam verzichtet hat (§ 688 Abs. 2 ZPO).

Der Antrag kann elektronisch oder in Papierform beim zuständigen zentralen Mahngericht gestellt werden. Hierbei sind die persönlichen Daten des Antragstellers (Gläubigers) und des Schuldners sowie die genaue Forderungshöhe anzugeben. Der Antrag unterliegt keinen strengen inhaltlichen Prüfungen durch das Gericht; die materielle Rechtmäßigkeit der Forderung wird im Mahnverfahren selbst noch nicht überprüft.

Zuständigkeit und Ablauf

Zuständig für den Erlass eines Zahlungsbefehls ist das zentrale Mahngericht des jeweiligen Bundeslandes, in dem der Antragsteller seinen Sitz hat (§ 689 Abs. 2 ZPO). Nach Eingang des Antrags prüft das Gericht lediglich die formalen Voraussetzungen und erlässt anschließend den Zahlungsbefehl, sofern keine Hindernisse bestehen.

Der Zahlungsbefehl wird dem Schuldner von Amts wegen zugestellt. Mit der Zustellung beginnt für den Schuldner die Frist zur Zahlung oder zur Erhebung eines Widerspruchs (§ 692 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Die Frist beträgt in der Regel zwei Wochen.


Rechtliche Wirkungen und Folgen des Zahlungsbefehls

Wirkung auf den Schuldner

Mit Zustellung des Zahlungsbefehls wird der Schuldner offiziell zur Zahlung der geforderten Summe zuzüglich Nebenforderungen (z.B. Zinsen, Verfahrenskosten) aufgefordert. Hat der Schuldner gegen die Forderung Einwendungen, kann er innerhalb der Frist Widerspruch einlegen. Ein Widerspruch hat zur Folge, dass das Verfahren nicht mehr im Mahnverfahren weitergeführt wird, sondern wird auf Antrag in ein reguläres Zivilverfahren übergeleitet (§ 696 ZPO).

Zahlt der Schuldner dagegen nicht und erhebt keinen Widerspruch, kann der Antragsteller nach Ablauf der Frist den Vollstreckungsbescheid beantragen. Dieser wiederum stellt einen vollstreckbaren Titel dar, mit dem Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eingeleitet werden können.

Unterbrechung der Verjährung

Die Zustellung eines Zahlungsbefehls hat zudem eine bedeutende verjährungshemmende Wirkung (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB). Sofern die Forderung vor Ablauf der Verjährungsfrist geltend gemacht wird, gilt die Hemmung bis zur rechtskräftigen Beendigung des Mahnverfahrens oder dessen Fortsetzung im streitigen Verfahren.


Anwendungsbereiche und praktische Bedeutung

Der Zahlungsbefehl ist in Deutschland ein verbreitetes Mittel insbesondere bei standardisierten Zahlungsaufforderungen großer Gläubiger wie Banken, Versicherungen, Vermietern oder Telekommunikationsunternehmen. Er ermöglicht eine schnelle und kostengünstige Titelverschaffung, wenn davon ausgegangen werden kann, dass die Forderung unbestritten bleibt.


Besonderheiten und Ausschlussgründe

Ausschluss vom Mahnverfahren

Nicht alle Ansprüche können im Mahnverfahren und über einen Zahlungsbefehl geltend gemacht werden. Folgende Ausschlussgründe sind maßgeblich (§ 688 Abs. 2 ZPO):

  • Forderungen, die von einer nicht oder noch nicht erfüllten Gegenleistung abhängen (z.B. Kaufpreisforderung, wenn die Ware noch nicht geliefert wurde)
  • Ansprüche, die auf ausländisches Recht gestützt sind
  • Fälle, in denen eine Zustellung im Ausland notwendig ist (sofern der Schuldner keinen Wohnsitz im Inland hat)
  • Nicht bezifferbare Geldforderungen (unbestimmte Höhe)

Formale Fehler und ihre Folgen

Falsche oder unvollständige Angaben im Antrag können zur Zurückweisung oder Aussetzung des Verfahrens führen (§ 691 ZPO). Formale Fehler können vom Gericht auch nachträglich nicht mehr geheilt oder im Erkenntnisverfahren fortgeführt werden.


Unterschiede zum gerichtlichen Mahnverfahren in anderen Ländern

Das Mahnverfahren mit Zahlungsbefehl ist in dieser spezifischen Form ein Spezifikum des deutschen Zivilprozessrechts. Andere europäische Länder kennen zwar vergleichbare Verfahren, mitunter allerdings unter anderen Bedingungen und mit abweichender rechtlicher Bedeutung.


Zusammenfassende Bewertung

Der Zahlungsbefehl stellt einen zentralen Baustein im deutschen Prozessrecht zur effizienten Durchsetzung unbestrittener Geldforderungen dar. Durch seine formale Natur und den Verzicht auf eine inhaltliche Prüfung der Anspruchsgrundlage im Mahnverfahren schafft er sowohl für Gläubiger als auch Schuldner klare und zügige Verfahrensregeln. Seine rechtliche Bedeutung liegt vor allem in der schnellen Sicherung von Ansprüchen, der effektiven Beitreibung von Forderungen und der Verjährungshemmung. Fehlt die Reaktion des Schuldners, kann mit dem nachfolgenden Vollstreckungsbescheid der Weg in die Zwangsvollstreckung eröffnet werden. Der Zahlungsbefehl stellt damit eine bedeutende Säule des außerstreitigen Zivilverfahrens dar.

Häufig gestellte Fragen

Wie kann ich mich gegen einen Zahlungsbefehl wehren?

Wenn Sie einen Zahlungsbefehl erhalten, besteht die Möglichkeit, innerhalb einer bestimmten Frist – in Deutschland sind dies in der Regel zwei Wochen – Widerspruch beim zuständigen Amtsgericht einzulegen. Der Widerspruch muss schriftlich erfolgen, wobei Sie keine Gründe angeben müssen. Es genügt, ausdrücklich zu erklären, dass Sie dem Zahlungsbefehl widersprechen. Nach Einlegen des Widerspruchs wird das Verfahren in das streitige Zivilverfahren übergeleitet, das bedeutet, die Angelegenheit wird wie eine reguläre Zivilklage behandelt. Der Gläubiger wird dann meist zur Klageerhebung aufgefordert. Erst im folgenden Gerichtsverfahren werden die Ansprüche geprüft und sowohl der Schuldner als auch der Gläubiger können ihre Argumente und Beweismittel vorbringen. Legen Sie keinen Widerspruch ein, kann der Gläubiger einen Vollstreckungsbescheid beantragen. Aus diesem kann dann gegen Sie die Zwangsvollstreckung betrieben werden.

Welche rechtlichen Folgen hat ein Zahlungsbefehl?

Der Zahlungsbefehl ist ein gerichtliches Schreiben, das im Rahmen des Mahnverfahrens beantragt wird. Er stellt keine gerichtliche Feststellung der Forderung dar und ist somit kein Urteil. Wird kein fristgerechter Widerspruch gegen den Zahlungsbefehl eingelegt, kann der Gläubiger einen Vollstreckungsbescheid beantragen. Dieser wiederum ist ein vollstreckbarer Titel, aus dem der Gläubiger die Zwangsvollstreckung betreiben kann, etwa durch Kontopfändung oder Gerichtsvollzieher. Der Schuldner kann gegen den Vollstreckungsbescheid dann nur noch innerhalb von zwei Wochen Einspruch einlegen. Unterbleibt auch dieser, wird die Forderung rechtlich bindend und vollstreckbar.

Ist die Zustellung eines Zahlungsbefehls immer rechtens?

Die Zustellung eines Zahlungsbefehls erfolgt immer durch das Amtsgericht und unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften zur Zustellung gerichtlicher Dokumente (z. B. § 166 ZPO). Fehler in der Zustellung, etwa eine Zustellung an die falsche Adresse oder eine unterlassene Empfangsbestätigung, können den Ablauf des Mahnverfahrens beeinträchtigen. In der Regel wird die Zustellung per Post durch das Gericht dokumentiert. Ein Verstoß gegen Zustellungsvorschriften kann ggf. dazu führen, dass Fristen nicht zu laufen beginnen oder dass Entscheidungen im Rahmen des Mahnverfahrens später anfechtbar sind. Das wirksam zugestellte Dokument löst hingegen alle rechtlichen Konsequenzen aus, unabhängig davon, ob Sie den Inhalt tatsächlich gelesen haben.

Muss der Schuldner im Mahnverfahren angehört werden?

Im Mahnverfahren findet keine inhaltliche Prüfung der Forderung durch das Gericht statt und grundsätzlich auch keine Anhörung des Schuldners vor Erlass des Zahlungsbefehls. Der Gläubiger stellt Antrag auf Erlass des Zahlungsbefehls und muss dazu die Forderung nur glaubhaft machen, nicht beweisen. Der Schuldner erhält nach Erlass des Zahlungsbefehls das gerichtliche Schreiben und hat dann die Möglichkeit zum Widerspruch. Erst nach einem fristgemäßen Widerspruch beginnt das gerichtliche Klageverfahren, in dem beide Parteien Gehör finden und Beweise vorgelegt werden.

Was kostet ein Zahlungsbefehl und wer trägt die Kosten?

Für das Mahnverfahren und die Erlassung des Zahlungsbefehls fallen Gerichtsgebühren an, die sich nach dem Streitwert richten. Der Antragsteller (Gläubiger) muss diese Gebühren zunächst vorstrecken. Kommt es zur Beitreibung des Betrages, etwa durch Vollstreckung, werden die Kosten im Regelfall dem Schuldner auferlegt. Auch etwa entstehende Anwaltskosten sind bei begründetem Anspruch vom Schuldner zu erstatten. Lehnt das Gericht aus formalen Gründen den Antrag auf Erlass eines Zahlungsbefehls ab, können dem Gläubiger die verauslagten Kosten teilweise erstattet werden. Im Falle eines Widerspruchs und anschließender Klage trägt grundsätzlich die unterliegende Partei die Kosten des Verfahrens.

Welche Rechte und Pflichten hat der Antragsteller im Mahnverfahren?

Der Antragsteller, meist der Gläubiger, ist berechtigt, den Erlass eines Zahlungsbefehls zu beantragen, muss dabei aber alle relevanten Angaben, wie die genaue Forderungshöhe und den Schuldgrund, korrekt angeben. Er ist verpflichtet, wahrheitsgemäße Angaben zu machen – eine vorsätzliche Falschangabe kann strafbar sein (insbesondere im Hinblick auf Betrug oder Prozessbetrug). Nach Einlegung eines Widerspruchs kann und muss der Antragsteller entscheiden, ob er das streitige Verfahren fortführen will, indem er Klage einreicht, andernfalls wird das Mahnverfahren eingestellt.

Kann ein Zahlungsbefehl Eintragungen bei Auskunfteien (z. B. Schufa) nach sich ziehen?

Ja, mit dem Erlass eines Vollstreckungsbescheides, der nach Ablauf der Widerspruchsfrist aus dem Zahlungsbefehl beantragt werden kann, ist unter bestimmten Voraussetzungen eine Meldung an Auskunfteien wie die Schufa möglich. Diese Meldung kann negative Auswirkungen auf die Kreditwürdigkeit des Schuldners haben und wird in der Regel für mehrere Jahre gespeichert. Voraussetzung dafür ist meist, dass die Forderung tituliert, also rechtskräftig festgestellt ist bzw. ein vollstreckbarer Titel vorliegt.

Kann der Zahlungsbefehl auch für Forderungen mit Auslandsbezug genutzt werden?

Ja, das Mahnverfahren kann in Deutschland für Forderungen gegenüber Schuldnern mit Wohn- oder Geschäftssitz im Ausland genutzt werden, sofern die deutsche Gerichtsbarkeit gegeben ist. Allerdings bestehen bestimmte Formalitäten, z. B. kann das Mahnverfahren unter Umständen nicht genutzt werden, wenn der Schuldner in einem Staat ansässig ist, der außerhalb der Europäischen Union liegt. Zudem gibt es das Europäische Mahnverfahren nach der EU-Verordnung Nr. 1896/2006, das grenzüberschreitende Fälle innerhalb der EU betrifft und einheitliche Abläufe zur Vollstreckung in anderen EU-Ländern vorsieht.