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Workstream


Begriff und Definition von Workstream

Ein „Workstream“ ist ein in der Wirtschaftspraxis und im Projektmanagement weitverbreiteter Begriff, der einen spezifischen Arbeitsfluss oder Teilprozess innerhalb eines größeren Projekts oder Vorhabens bezeichnet. Im rechtlichen Kontext versteht man unter einem Workstream einen abgegrenzten Bereich von Aufgaben, Maßnahmen und Verantwortlichkeiten, die zur Verwirklichung eines umfassenden Vorhabens beitragen. Jeder Workstream enthält in der Regel eigene Ziele, Zuständigkeiten, Ressourcen und Zeitpläne.

Linguistische und Entstehungsgeschichte

Der Begriff „Workstream“ stammt aus dem Englischen und setzt sich aus den Wörtern „work“ (Arbeit) und „stream“ (Strom, Fluss) zusammen. Ursprünglich wurde der Begriff im Rahmen von Projektmanagement-Methoden genutzt und ist heute vor allem in internationalen Unternehmen und der Zusammenarbeit mit Mandatstragenden im unternehmerischen, rechtsverbindlichen Kontext etabliert.


Rechtliche Grundlagen und Einordnung

Grundsatz der Arbeitsteilung im Projektmanagement

Aus rechtlicher Sicht gründet die Einrichtung von Workstreams auf dem Prinzip der Arbeitsteilung. Werden in einem komplexen Projekt mehrere involvierte Parteien oder Organisationseinheiten tätig, sind klare Regeln zur Abgrenzung der Aufgaben und Verantwortungsbereiche erforderlich. Jeder Workstream kann somit Gegenstand besonderer vertraglicher Regelungen und Haftungszuweisungen werden.

Vertragsrechtliche Einbindung von Workstreams

In großen Unternehmens- oder IT-Transaktionen, Mergers & Acquisitions (M&A), Outsourcing-Projekten und Restrukturierungsprozessen werden Workstreams in der Regel durch Projektverträge, Kooperationsvereinbarungen oder Rahmenverträge geregelt. Die rechtssichere Gestaltung umfasst insbesondere:

  • Definitorische Festlegung des jeweiligen Workstreams
  • Benennung der verantwortlichen Personen oder Organisationseinheiten („Workstream Owner“)
  • Aufgaben- und Maßnahmenkatalog
  • Leistungs-, Zeit- und Qualitätsziele
  • Schnittstellenregelungen zu anderen Workstreams
  • Regelungen zur Eskalation und zum Reporting
  • Festlegung des Haftungsrahmens und etwaiger Versicherungspflichten

Schnittstellen zu Compliance- und Datenschutzrecht

Workstreams, die sensible oder personenbezogene Daten betreffen, müssen zusätzlich die Anforderungen des Datenschutzrechts, insbesondere nach der DSGVO, beachten. Dies kann spezielle Joint-Control-Vereinbarungen oder Datenschutzfolgeabschätzungen erforderlich machen.


Abgrenzung zu sonstigen Arbeits- und Projektstrukturen

Unterschied zu Arbeitsgruppen, Gremien und Komitees

Im Gegensatz zu klassischen Arbeitsgruppen („Working Groups“) oder Gremien besteht ein Workstream in der Regel aus einer festen Abfolge von Arbeitsschritten mit eindeutiger Zielvorgabe und einem abgeschlossenen Themenbereich. Rechtlich relevant ist diese Unterscheidung, da Workstreams häufig verbindlichere Aufgaben und strengere Berichtspflichten aufweisen.

Governance und Steuerungsmechanismen

Die Einsetzung, Steuerung und Überwachung von Workstreams erfolgt oftmals über ein übergeordnetes Projektmanagement-Setup (z. B. Lenkungsausschuss oder Steering Committee). Hierbei werden Governance-Fragen, Mitwirkungspflichten und Berichtswege vertraglich festgelegt.


Typische rechtliche Herausforderungen bei Workstreams

Verantwortungszuweisung und Haftung

Die Verantwortlichkeit für Fehler, Verzögerungen oder Pflichtverletzungen innerhalb eines Workstreams muss klar geregelt werden. Entsprechende Regelungen sind häufig Gegenstand von Verhandlungen, insbesondere bei interdisziplinären Projekten mit mehreren Parteien. Rechtlich relevant sind hierbei:

  • Haftungsbeschränkungen und Haftungsfreistellungen
  • Regressansprüche bei Pflichtverletzungen zwischen verschiedenen Workstreams
  • Bestimmungen zur Fehlerbehebung und Nachbesserung

Geheimhaltung und Vertraulichkeit

Workstreams können mit sensiblen Informationen umgehen, weshalb der rechtliche Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sowie vertragliche Geheimhaltungspflichten eine zentrale Rolle spielt. Häufig werden separate NDA-Klauseln für einzelne Workstreams vereinbart.

Datenschutzrechtliche Vorgaben

Insbesondere bei Workstreams mit IT- und Datenbezug sind umfangreiche Datenschutzregelungen zu beachten. Gegebenenfalls müssen Auftragsverarbeitungsverträge (AV-Verträge) oder Vereinbarungen gemeinsamer Verantwortlichkeit (§ 26 DSGVO) geschlossen werden.

Arbeitsrechtliche Zuordnung

Werden Mitarbeitende tätigkeitsübergreifend in mehreren Workstreams eingesetzt, müssen arbeitsrechtliche Belange wie Arbeitszeitregelungen, Unterweisungs-, Weisungs- und Fürsorgepflichten sowie Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats beachtet werden.


Workstream in internationalen Vorhaben und Projekten

Rechtliche Harmonisierung und grenzüberschreitende Projekte

In internationalen Projekten ist die Dokumentation und rechtssichere Steuerung der einzelnen Workstreams besonders komplex. Dabei gilt es, unterschiedlichste nationale Rechtsordnungen, Steuerregelungen und Compliance-Anforderungen zu koordinieren. International übliche Best Practice-Standards, wie z. B. PMI oder Prince2, finden hierbei auch Eingang in die vertraglichen Regelungen.

IP-Rechte und Lizenzen in Workstreams

In bestimmten Workstreams, etwa bei der Entwicklung gemeinsamer Technologien, ist die Abstimmung zu Rechten an Arbeitsergebnissen wie Patenten, Urheberrechten oder Lizenzen erforderlich. Verträge für Workstreams sollten diese Aspekte eindeutig regeln.


Dokumentations- und Nachweispflichten

Eine rechtssichere Dokumentation der Aktivitäten und Ergebnisse der einzelnen Workstreams ist erforderlich, um Ansprüche durchzusetzen oder abzuwehren. Die Dokumentationspflicht ergibt sich aus verschiedensten Rechtsquellen, beispielsweise aus Handelsgesetzbuch, Datenschutzgrundverordnung oder projektspezifischen Sorgfaltspflichten.


Praxisbeispiele aus dem Wirtschaftsleben

Workstreams finden Anwendung in einer Vielzahl von Konstellationen:

  • Implementierung von IT-Systemen (z. B. separater Datenschutz- oder Migrations-Workstream)
  • Post-Merger-Integrationen mit spezifischen Integrations-Workstreams (HR, Legal, Finance)
  • Großbauprojekte mit eigenständigen Workstreams für Planung, Ausführung, Genehmigung
  • Restrukturierungen mit eigenen Workstreams für Kommunikation, Sozialplan, Umsetzung

Jedes Beispiel erfordert eine passgenaue rechtliche Ausgestaltung und Überwachung.


Fazit

Der Workstream stellt in rechtlich komplexen Projekten ein wesentliches Organisations- und Steuerungsinstrument dar. Seine Ausgestaltung und rechtliche Einbettung ist entscheidend für das Gelingen vielschichtiger Vorhaben. Die rechtlichen Herausforderungen betreffen insbesondere die Bereiche Vertragsgestaltung, Haftung, Datenschutz, Arbeitsorganisation sowie die Einhaltung sämtlicher Compliance-Vorgaben. Eine strukturierte und nachvollziehbare Dokumentation trägt maßgeblich zur Risikominderung und zum Erfolg des Gesamtprojekts bei.

Häufig gestellte Fragen

Wie können rechtliche Verantwortlichkeiten innerhalb eines Workstreams wirksam geregelt werden?

Die rechtliche Verantwortlichkeit innerhalb eines Workstreams kann durch klare vertragliche Regelungen zu Aufgabenverteilung, Zuständigkeiten sowie Haftung und Weisungsbefugnis sichergestellt werden. Besonders bei kollaborativen Projekten oder in Matrixstrukturen ist es wichtig, Leitungs- und Berichtslinien explizit zu definieren, etwa durch einen Projekt- oder Konsortialvertrag. Hier werden die jeweiligen Verantwortungsbereiche und die individuelle sowie ggf. gesamtschuldnerische Haftung schriftlich fixiert. Gleichzeitig sollten die Kommunikationswege und Eskalationsmechanismen rechtlich transparent geregelt sein, um Missverständnissen oder Kompetenzüberschreitungen vorzubeugen. Eine regelmäßige Aktualisierung der Rollenverteilung im Fall von personellen Veränderungen ist zudem ratsam, um Rechtssicherheit zu gewährleisten. Empfehlenswert ist ferner, die rechtlichen Rahmenbedingungen innerhalb der Kooperation – wie insbesondere Datenschutz, Geheimhaltungsvereinbarungen und Konfliktlösungsmechanismen – gesondert vertraglich zu regeln.

Inwieweit sind Vertraulichkeits- und Datenschutzanforderungen bei Workstreams zu beachten?

Im Rahmen eines Workstreams unterliegen sämtliche Beteiligte den einschlägigen datenschutzrechtlichen Vorgaben, insbesondere, wenn personenbezogene Daten verarbeitet werden. Nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sind sowohl technische als auch organisatorische Maßnahmen zu etablieren, um Datenmissbrauch auszuschließen und Informationssicherheit zu gewährleisten. Hierzu zählen beispielsweise kontrollierter Zugriff auf Daten, Verschlüsselungstechnologien sowie dokumentierte Zugriffs- und Berechtigungskonzepte für alle Workstream-Mitglieder. Daneben sollten projektübergreifende Vertraulichkeitsvereinbarungen (Non-Disclosure Agreements, NDA) abgeschlossen werden, in denen der Umgang mit sensiblen Informationen geregelt ist. Pflicht zur Datenminimierung, Zweckbindung sowie Lösch- und Sperrfristen sind ebenso zu berücksichtigen. Eine regelmäßige Sensibilisierung der Teammitglieder hinsichtlich Datenschutz, verbunden mit laufender Dokumentation von getroffenen Maßnahmen und Verantwortlichkeiten, ist aus rechtlicher Sicht unerlässlich.

Welche arbeitsrechtlichen Aspekte sind bei Workstreams zu berücksichtigen?

Die Tätigkeit in einem Workstream kann arbeitsrechtliche Implikationen nach sich ziehen, etwa im Bereich Arbeitszeitregelungen, Überstunden, Weisungsrechte und Mitbestimmung durch Betriebsräte. Da Workstreams häufig temporär und projektbezogen organisiert sind, ist sicherzustellen, dass die Einbindung der Arbeitnehmer und deren Aufgabenfeld im Rahmen des geltenden Arbeitsvertrags erfolgt. Werden neue Aufgaben übertragen, kann je nach Vertragsinhalt eine Änderung des Arbeitsvertrages oder zumindest eine Ergänzungsvereinbarung erforderlich sein. Insbesondere bei Teilzeit- und befristeten Arbeitsverhältnissen sind klare Absprachen bezüglich der Aufgaben und des zeitlichen Umfangs zu treffen. Außerdem sollte geprüft werden, ob die Mitarbeit an Workstreams möglicherweise Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats berührt, etwa bei der Arbeitszeitgestaltung oder der Einführung neuer Tools und Prozesse.

Wie ist die Haftung im Rahmen eines Workstreams rechtlich ausgestaltet?

Die Haftung im Kontext eines Workstreams richtet sich maßgeblich danach, wie die vertraglichen Beziehungen zwischen den Beteiligten ausgestaltet sind. Bei eigenständigen Unternehmen innerhalb eines Konsortiums erfolgt eine Trennung der Verantwortlichkeiten durch entsprechende vertragliche Regelungen, wobei meist eine Einzelverantwortung (pro rata Parte) für das jeweilige Arbeitspaket vereinbart wird. In internen Workstreams, beispielsweise in einem Unternehmen, ist die Haftung abhängig von der arbeitsvertraglichen Position des Mitarbeiters und dem Maß der Sorgfaltspflichtverletzung. Kommt es zu Fehlern oder Schäden, greifen grundsätzlich die Regeln der einfachen, mittleren oder groben Fahrlässigkeit sowie die arbeitsrechtlichen Haftungsprivilegien. Eine Haftungsbeschränkung oder -freistellung sollte idealerweise in Projekt- und Kooperationsverträgen ausdrücklich geregelt werden.

Können Schutzrechte wie Urheberrecht oder Patente durch die Zusammenarbeit in Workstreams betroffen sein?

Im Rahmen eines Workstreams entstehen nicht selten neue Arbeitsergebnisse, die schutzfähig im Sinne von Urheberrecht, Patenten oder Gebrauchsmustern sein können. Rechtlich ist zu klären, wem die Rechte an diesen Resultaten zustehen – Einzelpersonen, Unternehmen oder einer Arbeitsgemeinschaft. Hierzu müssen entsprechende Regelungen über die Verwertung, Nutzungsrechte und gegebenenfalls Vergütungen in Konsortial- oder Projektverträgen getroffen werden. Fehlen diese Vereinbarungen, greifen die gesetzlichen Bestimmungen, die jedoch unter Umständen weder den Interessen der Beteiligten noch den Anforderungen des Projekts gerecht werden. Auch Fragen zur Geheimhaltung und Veröffentlichungspflichten von technischen Details müssen vorab rechtlich festgelegt werden, um Konflikte und Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.

Wie müssen Workstreams in grenzüberschreitenden Projekten rechtlich berücksichtigt werden?

Werden Workstreams international besetzt, treffen unterschiedliche nationale Rechtsordnungen aufeinander, was rechtliche Komplexität schafft. Zu regeln sind insbesondere die Vertragswahl (Rechtswahl- und Gerichtsstandklauseln), steuerliche Aspekte, arbeitsrechtliche Vorgaben (z. B. Arbeitserlaubnis, Entsendungsvorschriften) sowie datenschutzrechtliche Anforderungen, die zwischen EU- und Nicht-EU-Staaten unterschiedlich ausfallen können. Eine saubere Dokumentation aller getroffenen rechtlichen Regelungen – inklusive Arbeitsgenehmigungen, Sozialversicherungsabgaben, Exportkontrollbestimmungen und geistigen Eigentums – ist zwingend erforderlich, um Rechtssicherheit für alle Workstream-Beteiligten sicherzustellen. Es empfiehlt sich zudem, im Vorfeld eine Rechtsberatung zu Rate zu ziehen, um die Collaboration im Workstream rechtskonform und risikominimiert zu gestalten.

Welche Melde- und Dokumentationspflichten bestehen bei der Einrichtung eines Workstreams?

Bei der Installation eines Workstreams innerhalb eines Unternehmens oder als Teil eines Konsortialprojekts entstehen häufig Melde- und Dokumentationspflichten. Hierzu zählen beispielsweise die arbeitsrechtliche Anzeige neuer Arbeitsstrukturen gegenüber dem Betriebsrat, steuerrechtliche Dokumentationen bei Verlagerung von Kompetenzen oder Gewinnanteilen sowie Datenschutzdokumentationen gemäß DSGVO. Insbesondere wenn Daten übermittelt oder verarbeitet werden, muss ein Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten geführt werden. In bestimmten Branchen können sich zudem zusätzliche Compliance-Pflichten ergeben, etwa bei Banken oder im Gesundheitswesen. Jede rechtserhebliche Änderung im Rahmen des Workstreams, wie etwa eine Erweiterung des Aufgabenbereichs oder der Wechsel von Schlüsselpersonen, ist entsprechend zu dokumentieren und ggf. den Behörden zu melden.