Wohnungseigentümerversammlung
Die Wohnungseigentümerversammlung ist das zentrale Organ der Willensbildung im Wohnungseigentumsrecht und gemäß § 23 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) das maßgebliche Forum zur Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. In der Versammlung werden grundlegende Beschlüsse über bauliche Maßnahmen, Instandhaltungen, die Bestellung und Abberufung eines Verwalters sowie weitere Angelegenheiten der Gemeinschaft getroffen. Nachfolgend wird der Begriff Wohnungseigentümerversammlung umfassend sowie unter allen relevanten rechtlichen Gesichtspunkten dargestellt.
Rechtsgrundlage und Begriff
Die gesetzliche Grundlage bildet das Wohnungseigentumsgesetz (WEG), insbesondere die §§ 23 bis 25 WEG. Die Wohnungseigentümerversammlung ist die Zusammenkunft aller Wohnungseigentümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie dient der gemeinschaftlichen Entscheidungsfindung und Beschlussfassung über die Angelegenheiten, die das gemeinschaftliche Eigentum betreffen.
Einberufung der Versammlung
Zuständigkeit und Ladungsfrist
Die Einberufung der Wohnungseigentümerversammlung obliegt gemäß § 24 Abs. 1 WEG grundsätzlich dem Verwalter. Fehlt ein Verwalter, kann jeder Wohnungseigentümer oder der Verwaltungsbeirat nach Maßgabe des § 24 Abs. 3 WEG zur Versammlung laden.
Die Ladungsfrist beträgt gemäß § 24 Abs. 4 WEG mindestens drei Wochen. Die Einladung ist in Textform unter Angabe von Ort, Zeit und Tagesordnung zu versenden. Im Falle unabweisbarer Dringlichkeit ist gemäß § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG auch eine kürzere Frist zulässig.
Tagesordnung und Ergänzungen
Die Tagesordnung enthält alle zu beratenden und zu beschließenden Punkte. Weitere Beschlussgegenstände können gemäß § 24 Abs. 2 WEG von Wohnungseigentümern verlangt werden, sofern ein Viertel der Miteigentumsanteile dies unterstützt.
Ablauf der Wohnungseigentümerversammlung
Versammlungsleitung und Prüfungsrechte
Die Versammlungsleitung obliegt in der Regel dem Verwalter. Die Versammlung ist beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile vertreten sind (§ 25 Abs. 3 WEG). Eine erneute Versammlung kann ohne Rücksicht auf die vertretenen Anteile Beschlüsse fassen, sofern in der Einladung darauf hingewiesen wurde.
Teilnahmerechte und Vertretung
Teilnehmen und abstimmen dürfen alle Wohnungseigentümer sowie deren bevollmächtigte Vertreter. Die Vertretungsbefugnis kann durch schriftliche Vollmacht nachgewiesen werden. Mieter haben im Allgemeinen kein Teilnahmerecht.
Protokollierung
Über Verlauf und Ergebnisse der Versammlung ist ein Protokoll zu führen. Das Protokoll dient der Rechtssicherheit und muss von einem der Wohnungseigentümer, dem Versammlungsleiter sowie gegebenenfalls dem beirat unterschrieben werden.
Beschlussfassung und Stimmrecht
Stimmrechtsarten
Das Stimmrecht kann nach Kopfprinzip (jede Person eine Stimme), Wertprinzip (Stimmgewicht nach Miteigentumsanteilen) oder dem Objektprinzip (jede Wohnung eine Stimme) erfolgen. Die jeweilige Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung bestimmt, welches Stimmrecht Anwendung findet; ansonsten gilt das Kopfprinzip (§ 25 Abs. 2 WEG).
Mehrheiten und Beschlussfähigkeit
Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit das Gesetz oder die Gemeinschaftsordnung nichts anderes bestimmen. Für einzelne Maßnahmen wie die Änderung der Teilungserklärung ist eine qualifizierte Mehrheit oder Einstimmigkeit notwendig.
Anfechtung von Beschlüssen
Fehlerhafte oder nicht gesetzeskonforme Beschlüsse können gemäß § 44 WEG binnen eines Monats ab Beschlussverkündung mit der Anfechtungsklage vor dem zuständigen Amtsgericht angefochten werden. Die Anfechtbarkeit umfasst insbesondere Verstöße gegen Gesetz, Teilungserklärung oder ordnungsgemäße Einberufung.
Inhaltliche Schwerpunkte der Versammlung
Bestellung und Abberufung des Verwalters
Die Wohnungseigentümerversammlung entscheidet in offener Abstimmung über die Bestellung oder Abberufung eines Verwalters. Hierzu ist in der Regel eine einfache Mehrheit erforderlich.
Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung
Die Versammlung beschließt über den Wirtschaftsplan (d.h. Vorschüsse zur Deckung der voraussichtlichen Kosten) sowie die Genehmigung der Jahresabrechnung. Diese Beschlüsse haben insbesondere praktische Bedeutung für die Verwaltung und Finanzierung des gemeinschaftlichen Eigentums.
Instandhaltung, Instandsetzung und bauliche Veränderungen
Die Versammlung entscheidet über Maßnahmen der Instandhaltung und -setzung. Für bauliche Veränderungen ist gemäß § 20 WEG ein Beschluss erforderlich, teils auch die Zustimmung bestimmter Wohnungseigentümer.
Durchführung in Präsenz, virtuell oder hybrid
Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 WEG kann die Wohnungseigentümerversammlung auch vollständig oder teilweise als virtuelle oder hybride Versammlung abgehalten werden. Hierzu genügt ein entsprechender Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft oder eine Regelung in der Gemeinschaftsordnung.
Besonderheiten bei der Einberufung außerordentlicher Versammlungen
Eine außerordentliche Wohnungseigentümerversammlung kann aus besonderem Anlass jederzeit mit Beachtung der gesetzlichen oder vereinbarten Frist einberufen werden. Dies ist etwa bei dringenden Erhaltungsmaßnahmen oder unvorhergesehenen Ereignissen wesentlich.
Rechtliche Bedeutung und Durchsetzung von Beschlüssen
Die in der Versammlung gefassten Beschlüsse binden alle Eigentümer und haben unmittelbare Rechtswirkung. Sie sind für die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums maßgeblich und können nur durch gerichtliche Anfechtung aufgehoben werden.
Zusammenfassung
Die Wohnungseigentümerversammlung ist das zentrale Organ der Entscheidungsfindung in der Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie ist durch das WEG umfassend geregelt und gewährleistet die demokratische Verwaltung von Gemeinschaftseigentum. Durch die Möglichkeit der Anfechtung und klare Regularien zur Einberufung, Durchführung sowie Beschlussfassung stellt das Instrument der Versammlung einen Ausgleich individueller und gemeinschaftlicher Interessen im Wohnungseigentum dar.
Häufig gestellte Fragen
Wer ist zur Teilnahme an der Wohnungseigentümerversammlung berechtigt?
Zur Teilnahme an der Wohnungseigentümerversammlung sind grundsätzlich alle Wohnungseigentümer gemäß § 23 Abs. 1 WEG (Wohnungseigentumsgesetz) berechtigt. Ein Wohnungseigentümer kann sein Stimmrecht persönlich ausüben oder durch einen schriftlich bevollmächtigten Vertreter wahrnehmen lassen. Zudem ist der bestellte Verwalter nach § 24 Abs. 3 WEG zur Teilnahme verpflichtet; er nimmt zwar mit Rederecht teil, hat aber kein eigenes Stimmrecht, es sei denn, er ist gleichzeitig Eigentümer. Auch Beiratsmitglieder sowie sachverständige Dritte (etwa Rechtsanwälte, Handwerker oder Sachverständige) können auf Einladung durch die Gemeinschaft oder den Verwalter beratend an der Versammlung teilnehmen, sofern entweder ein Beschluss der Eigentümergemeinschaft hierzu vorliegt oder sich aus der Tagesordnung ein Informationsbedarf ergibt. Nicht berechtigte Personen, die ohne entsprechende Legitimation erscheinen, können von der Versammlung ausgeschlossen werden, um den ordnungsgemäßen Ablauf zu gewährleisten.
Unter welchen Voraussetzungen ist eine Wohnungseigentümerversammlung beschlussfähig?
Die Beschlussfähigkeit einer Wohnungseigentümerversammlung ist in § 25 Abs. 3 WEG geregelt. Danach ist eine Versammlung dann beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile vertreten ist. Wird diese Quote bei der einberufenen Versammlung nicht erreicht, so ist eine erneute Versammlung erforderlich, welche dann ungeachtet der vertretenen Anteile beschlussfähig ist, sofern in der Einladung zur ersten Versammlung auf diese Besonderheit deutlich hingewiesen wurde. Es muss zudem auf die Anwesenheitsliste sowie auf die korrekte Erfassung der vertretenen Anteile geachtet werden, da bei Zweifeln die Beschlussfähigkeit gerichtlich überprüft werden kann. Die Beschlussfähigkeit bezieht sich immer auf die jeweils anwesenden und vertretenen Stimmrechte zu Beginn der Abstimmungen.
Welche Formerfordernisse sind bei der Einladung zur Wohnungseigentümerversammlung zu beachten?
Die Einladung zur Wohnungseigentümerversammlung unterliegt strengen rechtlichen Vorgaben. Gemäß § 24 Abs. 4 WEG muss die Einladung schriftlich erfolgen, wobei ein Zugang per Brief, Telefax oder – sofern vereinbart – per E-Mail möglich ist. Die Einladungsfrist beträgt grundsätzlich mindestens drei Wochen, gerechnet ab Zugang der Einladung bei allen Wohnungseigentümern. In der Einladung müssen Ort, Zeit sowie eine hinreichende Tagesordnung enthalten sein, wobei die einzelnen zu beratenden und zu beschließenden Tagesordnungspunkte konkret benannt werden müssen, um eine sachgerechte Vorbereitung zu ermöglichen. Die Versendung muss an die zuletzt mitgeteilte Adresse der Eigentümer erfolgen; Rückläufe durch veraltete Adressen gehen grundsätzlich nicht zulasten der Gemeinschaft.
Können Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung angefochten werden?
Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung können gemäß § 23 Abs. 4 WEG durch nie stimmberechtigte Eigentümer oder den Verwalter angefochten werden, sofern sie entweder formell (Verstoß gegen die Ladungsvorschriften, fehlende Beschlussfähigkeit oder unzureichende Tagesordnung) oder materiell (Widerspruch gegen das Gesetz oder die Gemeinschaftsordnung, ordnungsgemäße Verwaltung nicht beachtet) fehlerhaft sind. Die Anfechtung hat binnen eines Monats ab Beschlussverkündung durch Erhebung einer Klage vor dem zuständigen Amtsgericht zu erfolgen. Die Anfechtungsklage ist gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten. Nach Fristablauf werden auch fehlerhafte Beschlüsse wirksam, es sei denn, sie sind nichtig – etwa, weil ein gesetzliches Verbot verletzt wurde.
Welche typischen Inhalte werden auf einer Wohnungseigentümerversammlung beschlossen?
Die Wohnungseigentümerversammlung ist das zentrale Organ der Willensbildung in der Gemeinschaft und entscheidet insbesondere über Wirtschaftsplan, Jahresabrechnung, Entlastung des Verwalters und Beirats, Bestellung und Abberufung des Verwalters sowie bauliche Veränderungen (§ 20 WEG). Weiterhin können Maßnahmen ordnungsgemäßer Instandhaltung/Instandsetzung, Aufstellung einer Hausordnung, Einzelregelungen zu Gebrauchsrechten sowie die Geltendmachung oder Abwehr von Ansprüchen beschlossen werden. Die Tagesordnungspunkte müssen in der Einladung zur Versammlung konkretisiert werden, um die Grundlage für gültige Beschlüsse zu bieten.
Welche Protokollierungsvorschriften gelten für die Wohnungseigentümerversammlung?
Nach § 24 Abs. 6 WEG ist über jede Eigentümerversammlung ein Protokoll zu führen. Dieses muss die Teilnehmer, die gefassten Beschlüsse einschließlich der Stimmverhältnisse sowie gegebenenfalls Anträge und deren Ergebnisse enthalten. Das Protokoll ist unverzüglich nach der Versammlung zu erstellen und muss vom Versammlungsleiter, einem Teilnehmer sowie – sofern vorhanden – dem Verwaltungsbeirat unterzeichnet werden. Fehler in der Protokollierung berühren die Wirksamkeit der beschlossenen Entscheidungen grundsätzlich nicht, können aber Indizien für Verfahrensfehler liefern, die im Anfechtungsfall relevant werden können.
Darf ein Wohnungseigentümer mehrere Stimmrechte kumulieren?
Ist ein Eigentümer Inhaber mehrerer Wohnungen in derselben Gemeinschaft, stehen ihm grundsätzlich für jede Wohnung die entsprechenden Stimmrechte zu, wobei die konkrete Stimmkraft entweder nach dem Kopfprinzip, dem Objektprinzip oder nach Miteigentumsanteilen geregelt ist – maßgeblich ist die jeweilige Gemeinschaftsordnung. Einschränkungen bestehen etwa bei Mehrheitsverhältnissen, um Missbrauch zu verhindern und die Gerechtigkeit der Eigentümerstruktur zu wahren (§ 25 Abs. 5 WEG: Stimmenmehrung bei wesentlichen Veränderungen, die einen einzelnen Eigentümer besonders betreffen).
Welche rechtlichen Folgen hat die Nichtteilnahme an der Versammlung für einen Wohnungseigentümer?
Die Nichtteilnahme an der Versammlung entbindet den Wohnungseigentümer nicht von den Wirkungen der dort gefassten Beschlüsse. Sämtliche Beschlüsse, die ordnungsgemäß zustande gekommen sind, binden die gesamte Gemeinschaft, also auch die abwesenden Eigentümer (§ 10 Abs. 6 WEG). Wer seine Interessen gewahrt wissen möchte, sollte sich durch einen Vertreter repräsentieren lassen. Für wesentliche Beschlüsse gilt, dass sie auch den nicht anwesenden Eigentümer rechtlich verpflichten können; die Anfechtung bleibt jedoch im Rahmen der gesetzlichen Frist erhalten.