Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Steuerrecht»Witwensplitting

Witwensplitting


Witwensplitting: Begriff und Einordnung im Steuerrecht

Definition und Grundsätzliches

Das Witwensplitting ist ein Begriff aus dem deutschen Einkommensteuerrecht. Es bezeichnet eine besondere Variante des sogenannten Splittingverfahrens bei der Einkommensteuerveranlagung, die verwitweten Steuerpflichtigen nach dem Tod eines Ehepartners zugutekommt. Diese steuerliche Begünstigung betrifft ausschließlich Ehegatten beziehungsweise eingetragene Lebenspartner im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes, sofern sie nicht dauernd getrennt lebten. Ziel des Witwensplittings ist es, die steuerliche Belastung nach dem Tod eines Partners abzumildern und so einen finanziellen Härteausgleich zu schaffen.

Gesetzliche Grundlage

Die rechtliche Regelung für das Witwensplitting findet sich in § 32a Abs. 6 Satz 6 Einkommensteuergesetz (EStG). Demnach erhalten verwitwete Personen, die im Jahr des Todes ihres Ehegatten bereits steuerlich gemeinsam veranlagt wurden oder anspruchsberechtigt gewesen wären, im darauf folgenden Kalenderjahr weiterhin die Vorteile des Ehegattensplittings.

Voraussetzungen und Anwendungsbereich

Begünstigter Personenkreis

Das Witwensplitting steht grundsätzlich solchen Steuerpflichtigen zu, die folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • Die Ehe bestand bis zum Tod eines Ehepartners.
  • Im Todesjahr lebten die Ehegatten nicht dauernd getrennt.
  • Im Jahr vor dem Tod wurde eine Zusammenveranlagung durchgeführt oder hätte durchgeführt werden können.
  • Der Hinterbliebene heiratet nicht im Folgejahr erneut oder begründet keine neue Lebenspartnerschaft.

Zeitraum der Anwendung

Das Witwensplitting kann lediglich für das Kalenderjahr nach dem Todesjahr des Ehepartners genutzt werden. Im Todesjahr selbst kommt weiterhin das reguläre Ehegattensplitting zum Tragen, da die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung noch vorliegen. Ab dem zweiten Kalenderjahr nach dem Tod des Ehepartners endet das Witwensplitting und der überlebende Partner wird nach dem Grundtarif besteuert.

Das Splittingverfahren im Überblick

Ehegattensplitting

Im Splittingverfahren werden die zu versteuernden Einkünfte beider Partner addiert, anschließend halbiert, und die daraus entstehende Einkommensteuer verdoppelt. Diese Methode führt insbesondere bei Einkommensdifferenzen zu einer geringeren Steuerbelastung im Vergleich zur Einzelveranlagung.

Überleitung auf das Witwensplitting

Das Witwensplitting kann als einfaches Splittingverfahren betrachtet werden, das dem verwitweten Partner noch für einen weiteren Veranlagungszeitraum gewährt wird. Dabei erhöht sich der Grundfreibetrag und es gilt weiterhin die Splittingtabelle, wodurch sich regelmäßig ein günstigerer Steuersatz ergibt.

Steuerliche Auswirkungen und Berechnung

Im Rahmen des Witwensplittings wird das zu versteuernde Einkommen des Hinterbliebenen nach den gleichen Bewertungsrichtlinien behandelt wie bei noch bestehender Ehe im Splittingverfahren. Dies ist steuerlich vorteilhaft, wenn das Einkommen nach dem Tod des Partners alleine bezogen wird, aber das für Verheiratete günstigere Besteuerungsverfahren weiter genutzt werden darf.

Ein konkretes Beispiel:

  • Der Witwer erzielt ein zu versteuerndes Einkommen von 50.000 EUR im Jahr nach dem Todesfall.
  • Durch das Witwensplitting wird das Einkommen rechnerisch halbiert, nach dem Einkommensteuertarif für Einzelpersonen versteuert und das Ergebnis verdoppelt.
  • Dadurch wird der progressive Einkommensteuertarif abgemildert, und der Steuerbetrag fällt in der Regel deutlich niedriger aus als bei der Einzelveranlagung.

Besonderheiten und Ausschlüsse

Keine erneute Ehe oder Lebenspartnerschaft

Das Witwensplitting kann nicht in Anspruch genommen werden, wenn im Jahr nach dem Todesfall eine neue Ehe geschlossen oder eine neue eingetragene Lebenspartnerschaft begründet wird. In diesem Fall würde entweder das reguläre Ehegattensplitting mit dem neuen Partner greifen oder eine Einzelveranlagung erfolgen.

Keine Anwendung bei dauernd getrennt lebenden Ehegatten

Witwensplitting kommt nicht zur Anwendung, wenn die Ehegatten bereits vor dem Tod dauerhaft getrennt lebten. Das Gesetz setzt ausdrücklich die Steuerveranlagung als zusammenveranlagte Partner im Todesjahr voraus.

Zusammen mit dem Verwitweten-Splitting keine weiteren Sondervergünstigungen

Das Witwensplitting schließt im Anwendungszeitraum besondere Vergünstigungen wie das alleinerziehenden Splitting (Entlastungsbetrag für Alleinerziehende) aus. Der Steuerpflichtige kann für einen bestimmten Zeitraum also nicht beide Vorteile kumulativ geltend machen.

Rechtsprechung und Verwaltungspraxis

Die Anwendungsvorschriften und die Auslegung des Witwensplittings sind durch zahlreiche Verwaltungsanweisungen, Anwendungserlasse und Urteile konkretisiert. Die Finanzverwaltung achtet insbesondere auf die strikte Einhaltung der Voraussetzungen, beispielsweise hinsichtlich des Bestehens der Ehe im Todeszeitpunkt und der Zusammenveranlagungsoption.

Streitfragen ergeben sich in der Praxis gelegentlich etwa bei Eheschließungen und Tod innerhalb eines Kalenderjahres, bei vorläufigem Getrenntleben oder bei Fällen, in denen sich die Einkommensverhältnisse abrupt ändern.

Internationale Bezüge

Das Witwensplitting ist typisch für das deutsche Einkommensteuerrecht. Es gibt innerhalb Europas zwar vergleichbare steuerliche Unterstützungsmechanismen für Witwen und Witwer, jedoch unterscheiden sich diese häufig im Umfang und in der Ausgestaltung der steuerlichen Förderung.

Fazit und Bedeutung

Das Witwensplitting bildet einen zentralen steuerlichen Ausgleichsmechanismus im deutschen Einkommensteuerrecht für verwitwete Personen. Seine rechtlichen Rahmenbedingungen sorgen für eine punktuelle finanzielle Entlastung im Jahr nach dem Tod des Ehe- oder Lebenspartners. Die gesetzlichen Voraussetzungen, insbesondere die zeitliche Befristung und die Einschränkung auf nicht erneut verheiratete Verwitwete, sind strikt geregelt und erfordern eine genaue Prüfung bei der steuerlichen Veranlagung.

Literaturhinweise

  • § 32a Einkommensteuergesetz (EStG)
  • Anwendungserlass zur Einkommensteuer (EStAE)
  • Bundesministerium der Finanzen: Einkommensteuer-Handbuch
  • BFH-Urteile zum Splittingverfahren

Dieser Artikel bietet umfassende Informationen über die rechtlichen Aspekte, Hintergründe und praktischen Auswirkungen des Witwensplittings im deutschen Einkommensteuerrecht.

Häufig gestellte Fragen

Wie lange gilt das Witwensplitting nach dem Tod des Ehepartners?

Das sogenannte Witwensplitting wird für das Kalenderjahr, in dem der Ehepartner verstorben ist, sowie in dem darauf folgenden Kalenderjahr gewährt. Das bedeutet, dass die Hinterbliebene oder der Hinterbliebene im Jahr des Todes und im darauffolgenden Jahr weiterhin gemeinsam mit dem verstorbenen Ehepartner steuerlich nach dem Splittingtarif veranlagt wird, als ob die Ehe weiterhin bestünde. Die Vorteilhaftigkeit dieses Verfahrens resultiert aus dem günstigen Splittingtarif, der ansonsten nur Ehepaaren zusteht. Erst ab dem zweiten Kalenderjahr nach dem Todesfall wird die Witwe oder der Witwer dann nach den Grundsätzen der Einzelveranlagung und der Steuerklasse I oder II besteuert, sofern keine Kinder vorhanden sind.

Kann nach einer Wiederheirat erneut Witwensplitting beansprucht werden?

Das Witwensplitting erlischt mit einer erneuten Eheschließung des hinterbliebenen Ehegatten. Sobald eine neue Ehe eingegangen wird, besteht ab diesem Zeitpunkt kein Anspruch mehr auf das Splittingverfahren im Rahmen der bisherigen Ehe. Für den Zeitraum, in dem das Witwensplitting noch rechtlich vorgesehen war, aber innerhalb dieses Zeitraums geheiratet wurde, ist eine anteilige Anwendung für die jeweiligen Monate vor und nach der Hochzeit möglich. Mit Beginn der neuen Ehe gelten dann die steuerlichen Regelungen der neuen Partnerschaft.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um Witwensplitting in Anspruch nehmen zu können?

Voraussetzung für das Witwensplitting ist das Bestehen einer rechtsgültigen Ehe zum Zeitpunkt des Todes. Das Paar muss somit im Jahr vor dem Tod des Ehegatten und mindestens zu Beginn des Todesjahres miteinander verheiratet und nicht dauerhaft getrennt lebend gewesen sein. Es ist ferner relevant, dass im Jahr vor dem Todesfall eine Zusammenveranlagung bestanden hat oder möglich gewesen wäre. Eine eingetragene Lebenspartnerschaft wird im Steuerrecht seit der Angleichung an das Eherecht gleichermaßen behandelt, sodass die Regelungen entsprechend Anwendung finden.

Wird das Witwensplitting auch bei eingetragenen Lebenspartnerschaften angewandt?

Ja, nach der steuerlichen Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften mit der Ehe gelten die Regelungen zum Witwensplitting seit dem Gesetz zur Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Sukzessivadoption durch Lebenspartner (BGBl. I 2014, 918) auch für eingetragene Lebenspartner. Stirbt ein Lebenspartner, kann der hinterbliebene Partner die Vergünstigungen aus dem Witwensplitting in Anspruch nehmen, sofern die weiteren Voraussetzungen (gemeinsame Veranlagung, kein dauerhafter Getrenntleben) vorliegen.

Wie wirkt sich das Witwensplitting auf die Steuerlast der Hinterbliebenen aus?

Das Witwensplitting bewirkt, dass für das betreffende Steuerjahr und das Folgejahr das zu versteuernde Einkommen der Witwe oder des Witwers so berechnet wird, als wäre weiterhin eine Ehe (bzw. eingetragene Partnerschaft) vorhanden. Dazu wird das Einkommen des hinterbliebenen Ehegatten verdoppelt, halbiert und anschließend auf den Einkommensteuertarif angewendet. Dadurch sinkt in der Regel der Steuersatz, da das Splittingverfahren progressionsmindernd wirkt. Die Steuerersparnis ist besonders bei einem großen Einkommensunterschied zwischen den Ehegatten oder Lebenspartnern spürbar.

Welche Unterlagen müssen für das Finanzamt zum Nachweis vorgelegt werden?

Für das Witwensplitting sind in der Regel folgende Nachweise vorzulegen: Sterbeurkunde des verstorbenen Ehegatten oder Lebenspartners, Heiratsurkunde bzw. Nachweis über die eingetragene Lebenspartnerschaft, sowie gegebenenfalls Nachweise über das Nichtbestehen einer dauernden Trennung zum Todeszeitpunkt. Zusätzlich werden die Steueridentifikationsnummern beider Partner und ggf. weitere für die Einkommensteuererklärung relevante Dokumente benötigt, um die Zusammenveranlagung und das geteilte Einkommen zu belegen.

Gibt es Besonderheiten beim Witwensplitting bei dauerhafter Trennung der Ehepartner?

Wenn die Ehepartner am Todestag dauerhaft getrennt lebten, besteht kein Anspruch auf das Witwensplitting. Das Finanzamt prüft insbesondere den Familienstand und den Status des Zusammenlebens am Stichtag. Entscheidend ist, dass keine häusliche Gemeinschaft und keine persönliche oder wirtschaftliche Verbundenheit mehr besteht. Ist diese Voraussetzung erfüllt, wird das Witwensplitting selbst dann nicht gewährt, wenn eine rein formale Ehe noch besteht. Auch eine kurzfristige Trennung vor dem Tod kann zum Verlust des Splittingvorteils führen, wobei die Umstände im Einzelfall zu beurteilen sind.