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Witwensplitting

Begriff und Grundprinzip des Witwensplittings

Witwensplitting bezeichnet eine besondere Anwendung des Splittingtarifs in der Einkommensteuer für verwitwete Personen. Es ermöglicht, im Kalenderjahr nach dem Tod der Ehegattin oder des Ehegatten beziehungsweise der eingetragenen Lebenspartnerin oder des eingetragenen Lebenspartners weiterhin die steuerliche Wirkungsweise des Splittings zu nutzen. Ziel ist die abgemilderte steuerliche Belastung in einer Übergangsphase nach dem Todesfall.

Funktionsweise des Splittingtarifs

Beim Splittingtarif werden die zu versteuernden Einkünfte beider Partner rechnerisch zusammengeführt, halbiert, nach dem Tarif für eine Einzelperson besteuert und anschließend verdoppelt. Dadurch wirkt die Steuerprogression gemildert, insbesondere wenn die Einkommen der Partner unterschiedlich hoch sind. Das Witwensplitting überträgt dieses Berechnungsprinzip für einen begrenzten Zeitraum auf die verwitwete Person.

Voraussetzungen und Anwendungsbereich

Persönliche Voraussetzungen

Das Witwensplitting setzt voraus, dass zum Zeitpunkt des Todes eine Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft bestand und keine dauerhafte Trennung vorlag. Ferner darf im maßgeblichen Zeitraum keine neue Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft geschlossen worden sein. Die allgemeinen Grundsätze zur Steuerpflicht und zur steuerlichen Veranlagung müssen erfüllt sein.

Zeitlicher Anwendungszeitraum

Der Anwendungszeitraum umfasst regelmäßig das Kalenderjahr, das auf den Todeszeitpunkt folgt. Unabhängig davon ist für das Todesjahr selbst eine gemeinsame steuerliche Veranlagung möglich, sofern die allgemeinen Voraussetzungen hierfür vorlagen. Nach Ablauf des Folgejahres findet das Witwensplitting nicht mehr statt; die Besteuerung erfolgt grundsätzlich nach den Regeln für Alleinstehende, sofern keine neue Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft besteht.

Auswirkung einer Wiederheirat im Folgejahr

Kommt es im Kalenderjahr nach dem Todesfall zu einer neuen Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft, entfällt das Witwensplitting für dieses Jahr. In diesem Fall richtet sich die steuerliche Behandlung nach den allgemeinen Grundsätzen für verheiratete beziehungsweise verpartnerte Personen im entsprechenden Kalenderjahr.

Abgrenzungen zu verwandten Regelungsbereichen

Gemeinsame Veranlagung im Todesjahr

Die gemeinsame Veranlagung im Todesjahr ist von der Anwendung des Witwensplittings im Folgejahr zu unterscheiden. Während im Todesjahr noch eine gemeinsame Betrachtung beider Partner stattfindet, ist das Witwensplitting eine allein auf die verwitwete Person bezogene Übergangsregelung im Jahr danach.

Sondersplitting im Trennungsjahr

Vom Witwensplitting zu unterscheiden ist das Sondersplitting im Trennungsjahr. Dieses betrifft Situationen, in denen eine dauerhafte Trennung vorliegt, aber kein Todesfall. Beide Regelungsbereiche verfolgen unterschiedliche Zwecke und haben eigenständige Zugangsvoraussetzungen.

Rechtsfolgen und praktische Auswirkungen

Wirkung auf die Steuerlast

Das Witwensplitting kann die tarifliche Belastung senken, insbesondere wenn im maßgeblichen Jahr ein im Verhältnis zum früheren gemeinsamen Einkommen höheres oder niedrigeres Einkommen erzielt wird und die Progressionswirkung dadurch spürbar wäre. Es handelt sich um eine tarifliche Rechenmethode; die Ermittlung der Einkünfte und der Abzugsbeträge folgt weiterhin den allgemeinen Regeln.

Lohnsteuerliche Einordnung

Im Lohnsteuerabzug gibt es eine an das Witwensplitting angelehnte Übergangsregelung. Diese kann bewirken, dass eine günstige Lohnsteuerklasse im Todesjahr und im Folgejahr angewandt wird, sofern die persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind und keine neue Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft besteht. Die endgültige steuerliche Beurteilung ergibt sich jedoch erst mit der Einkommensteuerveranlagung.

Nachweise und Feststellungen

Für die Anwendung des Witwensplittings sind die maßgeblichen persönlichen Verhältnisse (Bestehen und Beendigung der Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft, Zeitpunkt des Todes, Nichtwiederheirat im Folgejahr) maßgeblich. Die steuerliche Berücksichtigung erfolgt im Rahmen der Veranlagung auf Grundlage der festgestellten Tatsachen.

Besondere Konstellationen

Eingetragene Lebenspartnerschaften und Ehe

Das Witwensplitting gilt gleichermaßen für Ehen und für eingetragene Lebenspartnerschaften. Die Gleichbehandlung ist in der Systematik der einkommensteuerlichen Veranlagung verankert.

Dauernde Trennung

Besteht zum Zeitpunkt des Todes eine dauerhafte Trennung, entfällt die Grundlage für die Anwendung des Witwensplittings. Maßgeblich ist die tatsächliche Trennungssituation und deren Dauerhaftigkeit.

Grenzüberschreitende Sachverhalte

Bei Auslandsbezug kann die Anwendung davon abhängen, ob und in welchem Umfang eine Steuerpflicht im Inland besteht und ob die allgemeinen Veranlagungsvoraussetzungen erfüllt sind. Maßgeblich ist die individuelle steuerliche Anknüpfung an das Inland im jeweiligen Veranlagungszeitraum.

Fortfall nach Ablauf des Folgejahres

Das Witwensplitting ist auf das Kalenderjahr nach dem Todesfall begrenzt. Für die darauffolgenden Jahre findet es keine Anwendung mehr, sofern keine neuen, eigenständigen Voraussetzungen (z. B. neue Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft) vorliegen.

Systematische Einordnung und Zweck

Steuersystematischer Hintergrund

Das Witwensplitting knüpft an die Grundprinzipien des Splittingtarifs an und überträgt dessen Entlastungswirkung für einen befristeten Zeitraum auf die verwitwete Person. Dadurch soll die steuerliche Belastung in der Phase unmittelbar nach dem Verlust der Partnerin oder des Partners systemgerecht und zeitlich befristet abgefedert werden.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was versteht man unter Witwensplitting?

Witwensplitting ist die befristete Anwendung des Splittingtarifs auf verwitwete Personen im Kalenderjahr nach dem Todesfall ihrer Ehegattin oder ihres Ehegatten beziehungsweise ihrer eingetragenen Lebenspartnerin oder ihres eingetragenen Lebenspartners. Es überträgt die Wirkungsweise des Ehegatten- beziehungsweise Lebenspartnersplittings in eine Übergangsphase.

Wer kann das Witwensplitting in Anspruch nehmen?

Berechtigt ist, wer zum Zeitpunkt des Todes in einer Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft lebte, nicht dauerhaft getrennt war und im Folgejahr keine neue Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft eingegangen ist. Zudem müssen die allgemeinen Voraussetzungen für eine Veranlagung im Inland erfüllt sein.

Wie lange gilt das Witwensplitting?

Es gilt grundsätzlich nur im Kalenderjahr, das auf den Todesfall folgt. Für das Todesjahr selbst ist regelmäßig noch eine gemeinsame Veranlagung möglich. Ab dem zweiten Jahr nach dem Todesfall findet das Witwensplitting keine Anwendung mehr.

Gilt das Witwensplitting auch bei eingetragenen Lebenspartnerschaften und gleichgeschlechtlichen Ehen?

Ja. Ehen und eingetragene Lebenspartnerschaften werden in diesem Zusammenhang gleichbehandelt.

Was passiert bei Wiederheirat im Jahr nach dem Todesfall?

Kommt es im Folgejahr zu einer neuen Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft, entfällt das Witwensplitting für dieses Jahr. Die steuerliche Behandlung richtet sich dann nach den allgemeinen Regeln für verheiratete beziehungsweise verpartnerte Personen.

Ist Witwensplitting möglich, wenn zum Todeszeitpunkt bereits eine dauerhafte Trennung bestand?

Nein. Liegt zum Todeszeitpunkt eine dauerhafte Trennung vor, fehlt die Grundlage für das Witwensplitting.

Welche Bedeutung hat der Wohnsitz oder Auslandsbezug?

Die Anwendung kann von der steuerlichen Anknüpfung an das Inland abhängen. Entscheidend ist, ob die allgemeinen Voraussetzungen für eine Veranlagung in Deutschland im jeweiligen Jahr vorliegen.

Worin unterscheidet sich das Witwensplitting vom Sondersplitting im Trennungsjahr?

Das Witwensplitting knüpft an den Todesfall an und gilt im Folgejahr für die verwitwete Person. Das Sondersplitting im Trennungsjahr betrifft hingegen das Auseinanderfallen einer Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft durch Trennung ohne Todesfall.