Witwenrente/Witwerrente: Begriff, Zweck und Einordnung
Die Witwenrente/Witwerrente ist eine Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung für den hinterbliebenen Ehegatten oder die hinterbliebene eingetragene Lebenspartnerin bzw. den hinterbliebenen eingetragenen Lebenspartner. Sie dient der finanziellen Absicherung nach dem Tod der versicherten Person, indem ein Anteil der von der verstorbenen Person erarbeiteten Rentenansprüche an die Hinterbliebenen weitergezahlt wird. Umgangssprachlich wird sie auch als Hinterbliebenenrente für Ehegatten bezeichnet.
Grundvoraussetzungen für den Anspruch
Bestehende Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft
Voraussetzung ist, dass zum Zeitpunkt des Todes eine rechtsgültige Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft bestand. Nach einer rechtskräftigen Scheidung besteht kein Anspruch auf Witwen- oder Witwerrente; hiervon getrennt zu betrachten sind andere Leistungen wie die Erziehungsrente.
Mindestehedauer und Versorgungsehe
Grundsätzlich muss die Ehe oder Lebenspartnerschaft mindestens ein Jahr bestanden haben. Damit soll eine sogenannte Versorgungsehe ausgeschlossen werden, die primär zur Begründung eines Rentenanspruchs eingegangen wurde. In besonderen, vom Einzelfall abhängigen Konstellationen können Ausnahmen von der Mindestehedauer in Betracht kommen, etwa wenn der Tod unvorhersehbar eintrat.
Mindestversicherungszeit der verstorbenen Person
Die verstorbene Person muss in der Regel eine Mindestversicherungszeit in der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt haben oder bereits eine Rente bezogen haben. Bestimmte besondere Sachverhalte können hiervon abweichen.
Leistungsarten: kleine und große Witwen-/Witwerrente
Kleine Witwen-/Witwerrente
Anspruchsvoraussetzungen
Die kleine Witwen-/Witwerrente wird gewährt, wenn die Voraussetzungen für die große Witwen-/Witwerrente nicht erfüllt sind. Sie knüpft insbesondere nicht an ein bestimmtes Mindestalter oder eine eingeschränkte Erwerbsfähigkeit an.
Dauer
Nach neuem Recht ist die kleine Witwen-/Witwerrente regelmäßig befristet und wird für einen begrenzten Zeitraum gezahlt. Nach altem Recht kann sie unbefristet sein.
Große Witwen-/Witwerrente
Anspruchsvoraussetzungen
Ein Anspruch besteht bei Erreichen eines gesetzlich festgelegten Mindestalters (dieses wurde stufenweise angehoben; maßgeblich ist der Sterbezeitpunkt), bei Vorliegen einer erheblich eingeschränkten Erwerbsfähigkeit oder bei Erziehung eines Kindes der verstorbenen Person. Als Kinder gelten in diesem Zusammenhang regelmäßig auch Stief-, Pflege- und Adoptivkinder. Die Kindererziehungsvoraussetzung ist typischerweise bis zur Volljährigkeit des Kindes erfüllt.
Altes und neues Recht (Stichtags- und Übergangsregelungen)
Vertrauensschutz und Stichtage
Die rechtlichen Grundlagen unterscheiden zwischen altem und neuem Recht. Für bestimmte Konstellationen, etwa bei Eheschließung vor einem Stichtag und wenn mindestens eine betroffene Person vor einem bestimmten Jahr geboren wurde, gelten abweichende Bestimmungen (Vertrauensschutz). Diese betreffen insbesondere die Höhe und die Dauer der Leistung.
Unterschiede bei Höhe und Dauer
Unter neuem Recht beträgt die große Witwen-/Witwerrente grundsätzlich einen niedrigeren prozentualen Anteil als nach altem Recht; die kleine Witwen-/Witwerrente ist regelmäßig befristet. Nach altem Recht kann die große Witwen-/Witwerrente höher ausfallen und die kleine unbefristet sein.
Beginn, Dauer und Ende des Bezugs
Leistungsbeginn und Sterbevierteljahr
Die Hinterbliebenenrente entsteht mit dem Tod der versicherten Person und wird als eigenständige Rente gezahlt. In den ersten drei Kalendermonaten nach dem Tod (Sterbevierteljahr) wird die Witwen-/Witwerrente in der Regel in Höhe der Rente der verstorbenen Person gezahlt; eine Einkommensanrechnung findet in diesem Zeitraum üblicherweise nicht statt.
Befristung und Wegfallgründe
Die kleine Witwen-/Witwerrente ist nach neuem Recht grundsätzlich befristet. Die große Witwen-/Witwerrente wird gezahlt, solange die jeweiligen Voraussetzungen erfüllt sind; entfällt eine Voraussetzung (z. B. Ende der Kindererziehung oder Wegfall der Erwerbsminderungsmerkmale), kann sich dies auf den Anspruch auswirken. Die Rente endet mit dem Tod der berechtigten Person oder mit einer Wiederheirat.
Wiederheirat und Abfindung
Mit einer Wiederheirat erlischt der Anspruch auf Witwen-/Witwerrente. Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine Abfindung gezahlt werden. Üblich ist eine pauschale Abgeltung, die sich an einem Vielfachen der monatlichen Hinterbliebenenrente orientiert.
Spätere Konstellationen
Kommt es nach einer Wiederheirat später zum Ende der neuen Ehe, kann unter Umständen ein Anspruch auf eine Witwen-/Witwerrente nach dem früheren Ehegatten wieder relevant werden. Ein bereits gezahlter Abfindungsbetrag kann dabei berücksichtigt werden.
Berechnung der Rentenhöhe
Ausgangsbasis
Die Höhe orientiert sich am Rentenanspruch, den die verstorbene Person erreicht hatte oder erreicht hätte. Dabei fließen die versicherten Zeiten, Entgeltpunkte und die individuellen rentenrechtlichen Werte ein.
Typische Prozentsätze
Unter neuem Recht beträgt die große Witwen-/Witwerrente in der Regel 55 Prozent der Rente der verstorbenen Person, die kleine Witwen-/Witwerrente 25 Prozent. Nach altem Recht sind abweichend 60 Prozent (große Rente) möglich; die kleine Rente kann unbefristet sein. Ausschlaggebend ist die rechtliche Einordnung als altes oder neues Recht.
Einkommensanrechnung
Welche Einkommen werden berücksichtigt?
Auf die Witwen-/Witwerrente wird eigenes Einkommen angerechnet. Hierzu zählen insbesondere Erwerbseinkommen, eigene Renten, Versorgungsbezüge sowie bestimmte Kapital- und Mieteinkünfte. Es existieren Freibeträge und Besonderheiten, etwa bei Kindererziehung.
Freibetrag und Anrechnungsmechanik
Ein festgelegter Freibetrag bleibt anrechnungsfrei. Übersteigendes Einkommen wird anteilig auf die Witwen-/Witwerrente angerechnet. Ein typischer Mechanismus sieht vor, dass ein bestimmter Prozentsatz (häufig 40 Prozent) des den Freibetrag übersteigenden Betrags von der Hinterbliebenenrente abgezogen wird. Die Freibeträge werden regelmäßig angepasst.
Zusammentreffen mit eigener Rente und anderen Leistungen
Ein gleichzeitiger Bezug eigener Alters- oder Erwerbsminderungsrenten ist möglich. In diesem Fall greift die Einkommensanrechnung. Andere Leistungen, etwa private oder betriebliche Hinterbliebenenleistungen, sind rechtlich getrennt zu beurteilen und können auf die gesetzliche Hinterbliebenenrente anrechenbar sein.
Verfahren, Zuständigkeit und Auslandsbezug
Antragserfordernis
Die Witwen-/Witwerrente ist eine Leistung, die grundsätzlich nur auf Antrag gewährt wird. Für die Feststellung sind typische Nachweise erforderlich, zum Beispiel Nachweise zur Ehe, zum Tod und zu den rentenrechtlichen Zeiten. Eine rückwirkende Bewilligung ist möglich, aber zeitlich begrenzt.
Zahlung ins Ausland und Koordinierung
Leistungen können grundsätzlich auch ins Ausland gezahlt werden. Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten findet eine Koordinierung statt; Versicherungszeiten aus mehreren Staaten können unter bestimmten Voraussetzungen zusammengeführt und anteilig berücksichtigt werden.
Abgrenzungen zu anderen Systemen und Leistungen
Beamtenrechtliche und berufsständische Versorgung
Für Beamtinnen und Beamte sowie Angehörige berufsständischer Versorgungssysteme gelten eigenständige Regelungen zur Hinterbliebenenversorgung, die sich in Anspruchsvoraussetzungen, Höhe und Anrechnung von Einkommen von der gesetzlichen Rentenversicherung unterscheiden.
Private und betriebliche Hinterbliebenenleistungen
Privat- und betriebsrentenrechtliche Hinterbliebenenleistungen bestehen unabhängig von der gesetzlichen Witwen-/Witwerrente. Deren Bedingungen ergeben sich aus den jeweiligen Verträgen und Versorgungsordnungen.
Weitere Hinterbliebenenleistungen
Die Waisenrente für Kinder ist von der Witwen-/Witwerrente zu unterscheiden. Für geschiedene Personen kann die Erziehungsrente relevant sein, die rechtlich anders gelagert ist. Zudem bestehen gesonderte Hinterbliebenenleistungen in der gesetzlichen Unfallversicherung.
Besondere Konstellationen
Mehrere frühere Ehen
Ansprüche im Zusammenhang mit mehreren früheren Ehen werden nach besonderen Regeln beurteilt. Ein gleichzeitiger Bezug mehrerer Witwen-/Witwerrenten ist in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht vorgesehen; maßgeblich sind Auswahl-, Ruhens- und Anrechnungsregeln.
Eingetragene Lebenspartnerschaft
Eingetragene Lebenspartnerschaften sind der Ehe gleichgestellt. Hinterbliebenenrenten stehen Lebenspartnerinnen und Lebenspartnern unter denselben Voraussetzungen zu.
Berücksichtigung von Kindererziehung
Die Erziehung eines Kindes der verstorbenen Person, einschließlich Stief- und Pflegekinder, kann eine zentrale Rolle für den Anspruch auf die große Witwen-/Witwerrente spielen und wirkt sich auch auf die Einkommensanrechnung aus.
Häufig gestellte Fragen
Wer hat Anspruch auf die Witwenrente/Witwerrente?
Anspruchsberechtigt sind hinterbliebene Ehegatten und eingetragene Lebenspartnerinnen oder -partner, wenn die Ehe oder Lebenspartnerschaft beim Tod bestand, die Mindestehedauer eingehalten ist und die verstorbene Person die erforderliche Mindestversicherungszeit erfüllt hat oder bereits eine Rente bezogen hat.
Worin unterscheiden sich kleine und große Witwen-/Witwerrente?
Die kleine Witwen-/Witwerrente wird gewährt, wenn die Voraussetzungen der großen Rente nicht vorliegen; sie ist nach neuem Recht in der Regel zeitlich befristet. Die große Witwen-/Witwerrente setzt ein Mindestalterskriterium, eine erhebliche Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder die Erziehung eines Kindes voraus und wird solange gezahlt, wie diese Voraussetzungen bestehen.
Wie wird die Höhe der Witwen-/Witwerrente berechnet?
Ausgangspunkt ist die Rente der verstorbenen Person. Unter neuem Recht beträgt die große Witwen-/Witwerrente regelmäßig 55 Prozent, die kleine 25 Prozent der zugrunde liegenden Rente; nach altem Recht sind abweichende Werte möglich. Eigene Einkommen der berechtigten Person werden oberhalb eines Freibetrags anteilig angerechnet.
Welche Rolle spielt die Dauer der Ehe oder Lebenspartnerschaft?
Die Ehe oder Lebenspartnerschaft muss grundsätzlich mindestens ein Jahr bestanden haben. Diese Mindestehedauer dient der Abgrenzung zur Versorgungsehe. In besonderen Einzelfällen können Ausnahmen in Betracht kommen.
Was passiert bei Wiederheirat?
Mit der Wiederheirat endet die Witwen-/Witwerrente. Unter bestimmten Voraussetzungen kommt eine Abfindung in Betracht, die sich an einem Vielfachen der bisherigen monatlichen Rente orientiert. Endet die neue Ehe später, können frühere Ansprüche unter Berücksichtigung bereits gezahlter Abfindungen wieder relevant werden.
Wird eigenes Einkommen auf die Witwen-/Witwerrente angerechnet?
Ja. Eigenes Einkommen wird oberhalb eines Freibetrags berücksichtigt; der übersteigende Betrag wird anteilig auf die Rente angerechnet. Berücksichtigt werden insbesondere Erwerbseinkommen, eigene Renten, Versorgungsbezüge sowie bestimmte Kapital- und Mieteinkünfte.
Gilt die Witwen-/Witwerrente auch für eingetragene Lebenspartner?
Ja. Eingetragene Lebenspartnerschaften sind der Ehe gleichgestellt. Die Voraussetzungen, die Berechnung und die Anrechnung von Einkommen folgen denselben Regeln.
Wird die Rente auch ins Ausland gezahlt?
Grundsätzlich können Hinterbliebenenrenten auch ins Ausland gezahlt werden. In grenzüberschreitenden Sachverhalten erfolgt eine Koordinierung, bei der Versicherungszeiten aus verschiedenen Staaten zusammengeführt und Leistungen anteilig bestimmt werden können.