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Withholding


Begriff und rechtliche Grundlagen des Withholding

Der Begriff Withholding bezeichnet im Rechtswesen insbesondere das Einbehalten, Zurückhalten oder Vorenthalten einer Leistung, Zahlung oder Information, die grundsätzlich zu erbringen oder auszuhändigen wäre. Der Ausdruck wird sowohl im internationalen als auch im nationalen Recht verwendet und spielt insbesondere im Steuerrecht, in Vertragsverhältnissen, im Arbeitsrecht und im Handelsrecht eine bedeutende Rolle. Die rechtlichen Grundsätze des Withholding variieren je nach Rechtsgebiet, betroffenem Sachverhalt und nationaler Gesetzgebung.


Withholding im Steuerrecht

Quellensteuer (Withholding Tax)

Die häufigste Erscheinungsform von Withholding im Steuerrecht ist die sogenannte Quellensteuer („Withholding Tax“). Hierbei handelt es sich um eine Steuer, die direkt an der Quelle der Einkünfte einbehalten wird. Der Schuldner der Einkünfte (z.B. ein Unternehmen oder eine Bank) ist gesetzlich verpflichtet, einen bestimmten Steuerbetrag vom Bruttobetrag der Auszahlung einzubehalten und direkt an die Finanzbehörden abzuführen.

Ziele und Bedeutung

Die Einbehaltung an der Quelle dient der Sicherung des Steueraufkommens und soll die Besteuerung vor allem von Personengruppen oder Gesellschaften sicherstellen, die ihren Wohnsitz oder Sitz im Ausland haben und Erträge aus dem Inland beziehen.

Rechtsgrundlagen

Die rechtlichen Regelungen zur Quellensteuer finden sich in zahlreichen nationalen Gesetzen (beispielweise im deutschen Einkommensteuergesetz – EStG). International regeln auch Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), in welchem Umfang eine Quellensteuer erhoben werden darf.

Geltungsbereich

Typische Anwendungsfälle sind:

  • Zinsen
  • Dividenden
  • Lizenzgebühren
  • Vergütungen aus unselbständiger Arbeit an ausländische Arbeitnehmer

Rechtsfolgen

Die Einbehaltungspflicht ist mit umfangreichen Melde- und Abführungspflichten verbunden. Bei Verletzung der Einbehaltungspflicht haften die auszahlenden Stellen gegenüber der Finanzverwaltung für die nicht abgeführte Steuerschuld.

Withholding im Zusammenhang mit internationalen Transaktionen

Mit zunehmender grenzüberschreitender wirtschaftlicher Tätigkeit gewinnt Withholding bei internationalen Geschäftsvorfällen an Bedeutung. Insbesondere bei Lizenzzahlungen, sonstigen Vergütungen und Kapitaleinkünften zwischen verschiedenen Jurisdiktionen sind steuerliche Einbehaltsverpflichtungen zu beachten. Hierzu spielen bilaterale Verträge und die OECD-Musterabkommen eine zentrale Rolle.


Withholding im Vertragsrecht

Zurückbehaltungsrecht und Leistungsverweigerung

Im Vertragsrecht findet sich das sogenannte Zurückbehaltungsrecht als spezielle Ausprägung des Withholding. Es handelt sich hierbei um das Recht, eine geschuldete Leistung solange zurückzuhalten, bis eine Gegenleistung erbracht oder Sicherheit geleistet wird.

Gesetzliche Grundlage

In Deutschland ist das Zurückbehaltungsrecht z.B. in § 273 BGB geregelt. Demnach kann eine Partei ihre eigene Leistung verweigern, wenn der Vertragspartner die Gegenleistung nicht erbringt.

Voraussetzungen und Grenzen

Ein Zurückbehaltungsrecht besteht nur, wenn die beiderseitigen Ansprüche im Gegenseitigkeitsverhältnis stehen oder aus demselben rechtlichen Verhältnis herrühren. Die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts darf jedoch nicht treuwidrig sein (§ 242 BGB).

Folgen der Ausübung

Die berechtigte Ausübung des Withholding im Rahmen des Zurückbehaltungsrechts führt dazu, dass der Gläubiger keine wirksamen Ansprüche auf die sofortige Leistungserbringung durchsetzen kann, solange die Einrede besteht.


Withholding im Arbeitsrecht

Einbehalt von Vergütungsbestandteilen

Auch im Arbeitsrecht spielt das Withholding eine Rolle, wenn etwa der Arbeitgeber berechtigt ist, Teile des Lohns oder Gehalts einzubehalten. Gründe hierfür können Sachverhalte wie Pfändungen, Lohnabtretungen oder tarifvertragliche Zurückbehaltungsrechte bei Fehlverhalten des Arbeitnehmers sein.

Gesetzliche Bestimmungen

Rechtliche Vorgaben zum Lohnabzug finden sich beispielsweise in der Zivilprozessordnung (ZPO) und im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Einbehalte dürfen nur unter bestimmten, eng auszulegenden Voraussetzungen erfolgen.

Schutz des Arbeitnehmers

Das Arbeitsrecht stellt hohe Anforderungen an die Zulässigkeit von Withholding-Maßnahmen, um die wirtschaftliche Existenz des Arbeitnehmers nicht zu gefährden. Eine unzulässige Einbehaltung kann Schadensersatzansprüche und arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.


Withholding im internationalen Handels- und Wirtschaftsrecht

Vertragsklauseln und Sicherungsmechanismen

Im internationalen Handel und im Lieferverkehr werden sogenannte Withholding Clauses vereinbart, um die Vertragserfüllung zu sichern oder potenzielle Risiken abzuschwächen. Diese Klauseln berechtigen eine Partei, Zahlungen oder Lieferungen ganz oder teilweise zurückzuhalten, bis bestimmte Bedingungen (z.B. Abnahme, Mängelbeseitigung) erfüllt sind.

Vertragsgestaltung und Wirkung

Withholding-Vereinbarungen müssen klar definiert und rechtssicher ausgestaltet sein, um Missverständnisse und gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden. Insbesondere in internationalen Verträgen ist die Rechtswahl und die Kompatibilität mit zwingenden nationalen Vorschriften zu beachten.

Streitigkeiten und Durchsetzung

Im Falle von Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit eines Withholdings können nationale Gerichte oder internationale Schiedsgerichte angerufen werden. Häufig ist die Interessenabwägung zwischen Sicherheitsinteressen und wirtschaftlicher Beweglichkeit von zentraler Bedeutung.


Sanktionen und Rechtsfolgen bei unberechtigtem Withholding

Ein unberechtigtes Withholding kann erhebliche Konsequenzen nach sich ziehen. Dazu zählen unter anderem:

  • Vertragsstrafen
  • Schadensersatzansprüche
  • Kündigungsrechte der Gegenpartei
  • Negative Auswirkungen auf die Geschäftsbeziehung

Die Überprüfung der rechtlichen Voraussetzungen für ein Withholding ist daher von großer Bedeutung, um etwaige Haftungsrisiken zu minimieren.


Zusammenfassung

Withholding ist ein vielseitiger und komplexer Rechtsbegriff, der in unterschiedlichsten Rechtsbereichen Anwendung findet. Ob als steuerlicher Einbehalt, vertragliches Sicherungsmittel oder arbeitsrechtliche Maßnahme – stets ist eine sorgfältige Prüfung der zugrundeliegenden Rechtsverhältnisse und Rahmenbedingungen unerlässlich. Die konkreten rechtlichen Folgen eines Withholdings richten sich nach dem jeweiligen Anwendungsbereich, den nationalen und internationalen Normen sowie der vertraglichen Ausgestaltung.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Grundlagen regeln das Withholding in Deutschland?

Das Withholding, also der Steuerabzug an der Quelle, ist in Deutschland rechtlich maßgeblich im Einkommensteuergesetz (EStG), insbesondere in den §§ 50a und 50b EStG, sowie in einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) geregelt. Ergänzend greifen Vorschriften aus der Abgabenordnung (AO) und bei Kapitalerträgen das Körperschaftsteuergesetz (KStG). Für die Erhebung und Abführung der Quellensteuer, etwa bei Lizenzgebühren, Dividenden oder bestimmten Vergütungen an beschränkt Steuerpflichtige, gelten detaillierte Regelungen zu Anmelde-, Einbehaltungs- und Abführungspflichten für den inländischen Schuldner der Vergütung. Zudem bestehen Meldepflichten an das Bundeszentralamt für Steuern, etwa im Rahmen von Entlastungsanträgen aus Gründen der Doppelbesteuerung. Die genauen Steuersätze und Entlastungsmöglichkeiten ergeben sich häufig erst aus dem Zusammenspiel nationaler Vorschriften und dem jeweiligen DBA, das mit dem Ansässigkeitsstaat des Zahlungsempfängers abgeschlossen wurde.

Wer ist zur Einbehaltung und Abführung der Quellensteuer verpflichtet?

Rechtsgrundlage für die Verpflichtung zur Einbehaltung (Withholding) und Abführung der Quellensteuer ist regelmäßig der inländische Vergütungsschuldner, also etwa eine deutsche GmbH, die Lizenzgebühren oder Dividenden ins Ausland zahlt. Dieser Schuldner wird zum sogenannten Zahlstellenpflichtigen und ist gesetzlich verpflichtet, die festgelegte Steuer vom Bruttobetrag der Vergütung einzubehalten und direkt an das Finanzamt abzuführen. Eine individuelle Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger, nach der die Steuer vom Empfänger getragen werden soll (sog. Nettolohnvereinbarung), ist steuerlich unerheblich. Die Haftung des inländischen Schuldners umfasst sowohl die korrekte Ermittlung des abzugsfähigen Betrags als auch dessen fristgerechten Abführung.

Welche steuerlichen Konsequenzen hat die Nichtabführung der Quellensteuer?

Die unterlassene oder verspätete Abführung der Quellensteuer kann erhebliche steuerliche und haftungsrechtliche Konsequenzen für den inländischen Vergütungsschuldner haben. Neben der Nachforderung der nicht abgeführten Steuerbeträge haftet der Schuldner gem. §§ 50a, 73e AO für den vollständigen Steuerbetrag, ggf. zuzüglich Zinsen gemäß § 233a AO und Säumniszuschlägen nach § 240 AO. Zusätzlich können Bußgelder nach dem OWiG oder sogar strafrechtliche Folgen bei Vorsatz – gemäß § 370 AO (Steuerhinterziehung) – drohen. Auch eine Entlastung durch nachträgliche Entlastungsanträge des Zahlungsempfängers gem. § 50d Abs. 1 EStG ist nur unter bestimmten Bedingungen möglich und setzt eine rechtzeitige Antragstellung sowie die vollständige Offenlegung des Sachverhalts voraus.

Wie erfolgt eine Entlastung oder Erstattung im Rahmen von Doppelbesteuerungsabkommen?

Im Kontext der Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) können Quellensteuerentlastungen entweder im Wege des Freistellungsverfahrens (Vorabbefreiung) oder des Erstattungsverfahrens durchgeführt werden. Grundlage für die Entlastung sind die in den jeweiligen DBA vereinbarten Steuersätze und Anspruchsvoraussetzungen, etwa Ansässigkeit des Zahlungsempfängers und wirtschaftliches Eigentum an der Einkunftsquelle. Für das Freistellungsverfahren ist vor Auszahlung der Vergütung beim Bundeszentralamt für Steuern ein entsprechender Antrag zu stellen. Im Erstattungsverfahren wird zunächst die volle Quellensteuer einbehalten und erst nach Antragstellung und Prüfung der Voraussetzungen ein Teilbetrag rückerstattet. In beiden Fällen ist eine Vielzahl formaler Anforderungen, wie die Vorlage von Ansässigkeitsbescheinigungen, einzuhalten.

In welchen Fällen ist eine Reduzierung oder Befreiung von der Quellensteuer möglich?

Reduzierungen oder vollständige Befreiungen von der Quellensteuer sind insbesondere in Fällen möglich, in denen DBA oder EU-Richtlinien (insbesondere Mutter-Tochter-Richtlinie und Zins-/Lizenz-Richtlinie) entsprechende Begünstigungen vorsehen. Voraussetzung ist, dass der Empfänger der Vergütung die anspruchsbegründenden Merkmale erfüllt: etwa wirtschaftliches Eigentum, Sitz in einem Vertragsstaat, und ggf. eine bestimmte Beteiligungshöhe über einen festgelegten Zeitraum. Die Befreiung muss grundsätzlich vor Auszahlung beantragt und durch das Bundeszentralamt für Steuern bewilligt werden. Darüber hinaus können nationale Regelungen, wie § 50d EStG, besondere Rückausnahmen oder Missbrauchsbekämpfungsvorschriften enthalten, die im Einzelfall zu beachten sind.

Welche Dokumentations- und Meldepflichten bestehen im Rahmen des Withholdings?

Im Rahmen des Quellensteuerabzugs bestehen strenge Dokumentations- und Meldepflichten für die Zahlstelle. Dazu zählen die Aufzeichnung der maßgeblichen Geschäftsvorfälle, Nachweise über die Richtigkeit der Steuerberechnung sowie die Verwahrung von Originalunterlagen, wie Ansässigkeitsbestätigungen und abkommensrechtlich relevante Unterlagen. Weiterhin muss die Quellensteueranmeldung regelmäßig elektronisch an das Betriebsstättenfinanzamt erfolgen. Eine unzureichende Dokumentation kann zu einer Versagung der Quellensteuerermäßigung oder einer Inanspruchnahme des Vergütungsschuldners für nicht abgeführte Beträge führen. Bei Entlastungsanträgen sind die Nachweise in der Regel innerhalb fester Fristen dem Bundeszentralamt für Steuern vorzulegen.