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Wirtschaftsprüfungsgesellschaft


Begriff und rechtliche Grundlagen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (oft abgekürzt als WPG) ist eine Unternehmensform, die darauf spezialisiert ist, betriebswirtschaftliche Prüfungsleistungen, insbesondere gesetzliche und freiwillige Abschlussprüfungen, durchzuführen. In Deutschland und anderen Ländern mit ausdifferenzierten Wirtschaftsordnungen unterliegt die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft strengen gesetzlichen und berufsständischen Regelungen. Ziel dieser Regelungen ist es, die Integrität und Zuverlässigkeit der durchgeführten Prüfungsleistungen sicherzustellen.

Definition und Aufgabenbereich

Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sind gemäß § 1 Abs. 1 und § 43a Abs. 1 Wirtschaftsprüferordnung (WPO) Gesellschaften, deren Haupttätigkeit im Bereich der Wirtschaftsprüfung und berufsnahen Tätigkeiten liegt. Der Schwerpunkt ist die Durchführung gesetzlicher und freiwilliger Abschlussprüfungen, Prüfungen nach Spezialgesetzen (z. B. Kreditwesengesetz, Versicherungsaufsichtsgesetz) sowie prüfungsnahe Dienstleistungen wie prüferische Durchsichten, Unternehmensbewertungen und Beratung in Rechnungslegungsfragen.

Zulassung und Berufszulassungsvoraussetzungen

Zulassung und Anerkennung

Wirtschaftsprüfungsgesellschaften benötigen eine staatliche Anerkennung durch die jeweils zuständige Aufsichtsbehörde, in Deutschland die Wirtschaftsprüferkammer (§ 28 ff. WPO). Die Gesellschaft erhält eine spezielle Zulassung als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft nach § 13 WPO. Voraussetzungen für die Anerkennung sind unter anderem die Einhaltung gesetzlicher Anforderungen an Rechtsform, Geschäftsführung, Vertretung und Berufspflichten.

Zulässige Rechtsformen

Nach § 28 Abs. 1 WPO kann eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als Personenhandelsgesellschaft (insbesondere OHG, KG, Partnerschaftsgesellschaft), Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung (PartGmbB) oder Kapitalgesellschaft (insbesondere GmbH oder AG) geführt werden. Die Wahl der Rechtsform hat weitreichende Folgen für Haftung und Organisation.

Geschäftsführung und Gesellschaftsstruktur

Die Geschäftsführung darf ausschließlich durch Wirtschaftsprüferinnen und Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüferinnen und Buchprüfer übernommen werden (§ 28 WPO), sofern nicht das Gesetz eine Ausnahme vorsieht. Die Mehrheit der Geschäftsanteile sowie die Stimmen in der Gesellschafterversammlung müssen durch Berufsangehörige gehalten werden; Fremdbesitz ist eingeschränkt zulässig.

Gesellschaftsrechtliche Besonderheiten

Organe und Vertretungsbefugnisse

Bei Kapitalgesellschaften ist die Geschäftsleitung typischerweise dem Vorstand oder der Geschäftsführung vorbehalten. Eine wirksame Übertragung bestimmter Aufgaben, insbesondere Verwendung des Siegels und Unterzeichnung von Bestätigungsvermerken, erfordert eine Vertretung durch berufsangehörige Organmitglieder.

Haftung und Berufshaftpflicht

Eine elementare Anforderung an Wirtschaftsprüfungsgesellschaften ist der Nachweis einer ausreichenden Berufshaftpflichtversicherung (§ 54 WPO). Die Höhe der Deckungssumme richtet sich nach der Gesellschaftsgröße und dem Umfang der geprüften Mandate. Für Personengesellschaften besteht eine unmittelbare Durchgriffshaftung; bei Kapitalgesellschaften greift die Haftungsbeschränkung nach Maßgabe des jeweiligen Gesellschaftsrechts.

Unabhängigkeit und Verschwiegenheit

Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sind zur Unabhängigkeit und eigenverantwortlichen Prüfung verpflichtet (§ 43 WPO). Dies beinhaltet insbesondere das Verbot, Aufträge anzunehmen, bei denen Befangenheits- oder Interessenkonflikte bestehen. Daneben gilt eine umfassende Verschwiegenheitspflicht gegenüber Dritten (§ 43 Abs. 1 WPO).

Pflichten und Aufsicht

Gesetzliche Pflichten

Zu den zentralen Pflichten zählen:

  • Unabhängigkeit bei der Prüfungstätigkeit
  • Berufliche Fortbildung und Qualitätssicherung
  • Geordnete Berufsausübung
  • Berichtspflichten gegenüber der Aufsichtsbehörde
  • Einhaltung berufsrechtlicher Grundsätze und Standesregeln

Qualitätskontrolle und Aufsicht

Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft unterliegt der Aufsicht der Wirtschaftsprüferkammer sowie – im Rahmen der Abschlussprüfungen bei Unternehmen von öffentlichem Interesse – der Aufsicht durch das Abschlussprüferaufsichtsamt (APAS). Zentrale Instrumente der Aufsicht sind die regelmäßige Qualitätskontrolle (Peer Review, § 57a WPO) sowie berufsaufsichtliche Maßnahmen bei Verstößen gegen Pflichten.

Sanktionen bei Pflichtverletzungen

Verstößt eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft gegen gesetzliche Vorgaben oder Berufspflichten, können berufsaufsichtliche Maßnahmen, Sanktionen oder der Lizenzentzug (§§ 68 ff. WPO) erfolgen. Darüber hinaus drohen zivilrechtliche Haftungsfolgen und mögliche strafrechtliche Konsequenzen.

Unterschied zu anderen prüfenden Gesellschaften

Gegenüber anderen prüfenden Gesellschaften wie Steuerberatungsgesellschaften oder Rechtsanwaltsgesellschaften bestehen signifikante Abgrenzungen hinsichtlich der Zulassung, Prüfungsbefugnisse, Aufgabenfelder sowie der berufsrechtlichen Überwachung.

  • Zulassung ausschließlich für bestimmte prüferische Tätigkeiten (Jahresabschlüsse, Sonderprüfungen)
  • Erweiterte Präventions- und Sorgfaltspflichten
  • Eigenständige Berufsaufsicht und Kontrolle durch spezifische Gremien

Europäische und internationale Aspekte

Wirtschaftsprüfungsgesellschaften agieren häufig international. Die Vorgaben der EU-Auditrichtlinie sowie der internationalen Prüfungsstandards (ISA, International Standards on Auditing) sind hierbei zu beachten. Die Harmonisierung des Berufsrechts auf europäischer Ebene führt zu weitergehenden Anforderungen an Unabhängigkeit, Transparenz und Qualitätssicherung.

Literaturhinweise und weiterführende Normen

  • Wirtschaftsprüferordnung (WPO)
  • Berufssatzung für Wirtschaftsprüfer/vereidigte Buchprüfer
  • Handelsgesetzbuch (HGB) – insbesondere §§ 316 ff.
  • Richtlinie 2006/43/EG (EU-Auditrichtlinie)
  • Internationale Standards on Auditing (ISA)

Dieser Lexikonartikel bietet einen umfassenden Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen, Anforderungen, Pflichten und Besonderheiten von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in Deutschland. Die klare Regulierung und das unabhängige Kontrollsystem sind Schlüsselfaktoren zur Sicherung der Verlässlichkeit und Transparenz auf den nationalen und internationalen Kapitalmärkten.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen zur Gründung einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erfüllt werden?

Die Gründung einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft unterliegt in Deutschland strengen gesetzlichen Regelungen, insbesondere im Hinblick auf die Zulassung und Registrierung. Zunächst muss die Gesellschaft eine der im Handelsgesetzbuch (HGB) und der Wirtschaftsprüferordnung (WPO) zugelassenen Rechtsformen (insbesondere Kapitalgesellschaften wie GmbH oder AG oder Personenhandelsgesellschaften wie oHG) haben. Außerdem ist die Eintragung ins Handelsregister zwingend erforderlich. Nach § 28 WPO muss die Gesellschaft, sofern sie Tätigkeiten der Wirtschaftsprüfung anbieten will, zusätzlich im Berufsregister der Wirtschaftsprüferkammer als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft geführt werden. Voraussetzung hierfür ist u. a., dass eine Mehrheit der Geschäftsführer oder Vorstandsmitglieder selbst Wirtschaftsprüfer sind und dass die Mehrheit der Kapital- und Stimmrechte bei Wirtschaftsprüfern oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften liegt. Zudem müssen bestimmte Berufshaftpflichtversicherungen abgeschlossen werden. Jede Gründerin und jeder Gründer muss zudem Zuverlässigkeit und geordnete Vermögensverhältnisse nachweisen.

Welche gesetzlichen Regelungen bestimmen die Tätigkeit einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft?

Die Tätigkeit einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist maßgeblich durch die Wirtschaftsprüferordnung (WPO), das Handelsgesetzbuch (HGB), das Publizitätsgesetz (PublG) und mehrere berufsständische Satzungen geregelt. Insbesondere § 43 Absatz 1 WPO verpflichtet Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zu gewissenhafter Berufsausübung, Unabhängigkeit, Verschwiegenheit und Eigenverantwortlichkeit. Auch sind sie bei Pflichtprüfungen von Jahres- und Konzernabschlüssen gemäß §§ 316 ff. HGB tätig und unterliegen den darin beschriebenen Anforderungen hinsichtlich der Berichterstattung, Prüfungsdurchführung und Dokumentationspflichten. Berufsaufsicht und Disziplinarverfahren werden durch die Wirtschaftsprüferkammer geregelt, die explizite Befugnisse zur Überwachung und Prüfung gesetzeskonformer Tätigkeit hat. Ferner sind die Vorschriften des Geldwäschegesetzes (GwG) einzuhalten.

Welche Maßnahmen zur Sicherstellung der Unabhängigkeit schreibt das Gesetz vor?

Die Unabhängigkeit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist ein Kernprinzip und durch verschiedene rechtliche Bestimmungen abgesichert. Nach § 319 HGB dürfen insbesondere keine Prüfungsaufträge übernommen werden, wenn wirtschaftliche, persönliche oder finanzielle Beziehungen zu dem zu prüfenden Unternehmen bestehen, die geeignet sind, Zweifel an der Unabhängigkeit hervorzurufen. Dies gilt sowohl für die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft selbst als auch für ihre Mitarbeiter. Die WPO und berufsrechtliche Richtlinien konkretisieren diese Vorgaben, zum Beispiel durch Regelungen zum Verbot von Nebentätigkeiten, zum Verbot bestimmter Beratungsleistungen bei gleichzeitiger Prüfungsdurchführung („Non-Audit Services“) und zur internen Organisation (z. B. Einrichtung eines Qualitätssicherungssystems). Verstöße können zu strengen Sanktionen bis hin zum Berufsverbot führen.

Welche berufsrechtlichen Pflichten (z. B. Verschwiegenheit) bestehen für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften?

Berufsrechtlich sind Wirtschaftsprüfungsgesellschaften nach § 43 Absatz 1 Satz 2 WPO zur Verschwiegenheit über alle ihnen im Rahmen der Berufsausübung bekannt gewordenen Tatsachen verpflichtet. Diese Pflicht gilt gegenüber Mandanten, Behörden und Dritten gleichermaßen und erstreckt sich auf alle Mitarbeiter der Gesellschaft. Nur in eng definierten Ausnahmefällen, wie etwa bei bestehender gesetzlicher Offenbarungspflicht (z. B. Meldungen nach dem Geldwäschegesetz oder strafrechtliche Anzeigenpflicht), darf die Verschwiegenheitspflicht durchbrochen werden. Zudem müssen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften umfassende Qualitätssicherungsmaßnahmen nach § 57a WPO implementieren, darunter regelmäßige interne Kontrollen, Fortbildungspflichten für die Mitarbeiter und Teilnahme am System der externen Qualitätskontrolle („Peer Review“).

Wer ist für die berufsrechtliche Aufsicht und Disziplinarmaßnahmen über Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zuständig?

Die berufsrechtliche Aufsicht über Wirtschaftsprüfungsgesellschaften obliegt in Deutschland vorrangig der Wirtschaftsprüferkammer als öffentlich-rechtlicher Körperschaft. Sie überwacht die Einhaltung der gesetzlichen und berufsständischen Vorschriften. Die Kammer hat weitreichende Befugnisse zur Durchführung von Prüfungen und kann bei Verstößen Disziplinarmaßnahmen verhängen (§§ 68 ff. WPO), die von Verwarnungen bis hin zum Ausschluss aus dem Berufsstand reichen. Darüber hinaus ist die Abschlussprüferaufsichtsstelle (APAS) beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) für die Kontrolle der Abschlussprüfungen bei Unternehmen von öffentlichem Interesse zuständig und kann ergänzende Sanktionen aussprechen.

Welche besonderen Haftungsregelungen gelten für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften?

Für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften gelten spezifische Haftungsregeln, die sowohl aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) als auch aus dem HGB sowie der WPO resultieren. Nach § 323 HGB haftet die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft dem geprüften Unternehmen für Schäden, die durch Sorgfaltspflichtverletzungen im Rahmen der Prüfung entstehen. Diese Haftung ist bei gesetzlich vorgeschriebenen Abschlussprüfungen per Gesetz beschränkt (je nach geprüfter Gesellschaft auf 1 bis 4 Millionen Euro). Außerdem schreibt § 54 WPO eine Berufshaftpflichtversicherung mit ausreichender Deckungssumme vor, deren Höhe sich nach der Art und dem Umfang der Tätigkeit richtet. Im Falle vorsätzlichen Handelns oder grober Fahrlässigkeit ist eine Haftungsbegrenzung jedoch ausgeschlossen.

Wie werden Streitigkeiten zwischen Mandanten und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften rechtlich behandelt?

Rechtliche Streitigkeiten zwischen Mandanten und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften werden grundsätzlich vor den ordentlichen Gerichten, zumeist den Zivilgerichten, ausgetragen. Grundlage der Auseinandersetzung sind entweder Werkverträge nach § 631 BGB (bei gutachterlicher Tätigkeit) oder Dienstverträge (§ 611 BGB). Die Entscheidung richtet sich nach allgemeinen Schadensersatzgrundsätzen. Bei berufsrechtlichen Streitigkeiten kann zusätzlich die Wirtschaftsprüferkammer angerufen werden, die auch Schlichtungsverfahren zwischen Mandanten und Prüfern anbietet (§ 76 WPO). Für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten, wie etwa Berufszulassung oder berufsaufsichtliche Maßnahmen, sind die Verwaltungsgerichte zuständig.