Wirtschaftsprüfungsgesellschaft – Begriff und rechtlicher Rahmen
Eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist ein Unternehmen, das beruflich Abschlussprüfungen und weitere prüfungsnahe Tätigkeiten erbringt. Sie besteht aus zugelassenen Berufsangehörigen und unterliegt einem eigenständigen Berufsrecht, einer behördlichen Aufsicht sowie besonderen organisatorischen, qualitativen und unabhängigkeitssichernden Anforderungen. Der Begriff ist geschützt und an eine staatlich anerkannte Zulassung gebunden.
Begriff und Abgrenzung
Die Bezeichnung Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (oft kurz: WPG) dürfen nur solche Gesellschaften führen, die die gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen erfüllen und in das Berufsregister eingetragen sind. Im Unterschied zur Einzelpraxis wird die Tätigkeit nicht allein durch eine einzelne Person, sondern durch eine Gesellschaft ausgeübt. In ihr wirken bestellte und zugelassene Wirtschaftsprüferinnen und Wirtschaftsprüfer mit; häufig sind weitere Berufsgruppen organisatorisch eingebunden, ohne dass dadurch der prüferische Kernauftrag verändert wird.
Zulassung, Aufsicht und Register
Zulassungsvoraussetzungen
Die Anerkennung als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft setzt unter anderem voraus, dass in der Gesellschaft ausreichend zugelassene Berufsangehörige verantwortlich tätig sind, dass die Leitungs- und Stimmrechtsverhältnisse berufsrechtlichen Vorgaben entsprechen und dass eine angemessene Organisation sowie Berufshaftpflichtversicherung nachgewiesen werden. Die Gesellschaft wird in ein öffentlich zugängliches Register eingetragen.
Berufsaufsicht
Wirtschaftsprüfungsgesellschaften unterliegen einer mehrstufigen Aufsicht. Die Berufsorganisation führt das Register, überwacht die Einhaltung der Berufspflichten und wirkt an der Qualitätssicherung mit. Für Prüfungen bei Unternehmen von öffentlichem Interesse besteht eine zusätzliche staatliche Aufsichtsebene mit Inspektionen, Sanktionen und Transparenzanforderungen. Diese Aufsichtsstruktur dient dem Schutz der Öffentlichkeit und der Verlässlichkeit von Finanzinformationen.
Rechtsformen, Organisation und interne Governance
Zulässige Rechtsformen
Zulässig sind mehrere inländische Gesellschaftsformen, etwa Personen- oder Kapitalgesellschaften. Die Wahl der Rechtsform beeinflusst Haftung, Geschäftsführung und Mitwirkungsrechte. Unabhängig von der Rechtsform müssen Leitung und Kontrollmechanismen gewährleisten, dass Prüfungsaufträge eigenständig, qualitätsgesichert und frei von Einflussnahmen durchgeführt werden.
Eigentums- und Leitungsstruktur
Mehrheitsvorgaben für Stimmrechte und Geschäftsführungsbefugnisse sichern den prägenden Einfluss zugelassener Berufsangehöriger. Änderungen in Gesellschafter- oder Leitungsstrukturen sind berufsrechtlich anzeigepflichtig. Netzwerkzugehörigkeiten sind offenzulegen, soweit sie für Unabhängigkeit und Transparenz relevant sind.
Berufliche Tätigkeit und Leistungsbild
Abschlussprüfung als Kernauftrag
Kernaufgabe ist die gesetzliche oder freiwillige Prüfung von Jahres- und Konzernabschlüssen sowie Lageberichten. Die Prüfung endet in der Regel mit einem Prüfungsurteil, das sich zur Ordnungsmäßigkeit der Rechnungslegung äußert. Zusätzlich können prüfungsnahe Bestätigungsleistungen und sonstige Assurance-Leistungen erbracht werden.
Nichtprüfungsleistungen
Beratungs- und sonstige Dienstleistungen sind nur zulässig, wenn Unabhängigkeit und Objektivität der Abschlussprüfung nicht beeinträchtigt werden. Bei Unternehmen von öffentlichem Interesse gelten erweiterte Beschränkungen für bestimmte Tätigkeiten, insbesondere bei Aufgaben, die das Rechnungswesen, interne Kontrollen oder die Finanzberichterstattung der geprüften Einheit gestalten oder beeinflussen könnten.
Unabhängigkeit, Integrität und Interessenkonflikte
Grundsatz der Unabhängigkeit
Wirtschaftsprüfungsgesellschaften müssen unabhängig, objektiv und gewissenhaft handeln. Unzulässig sind finanzielle, persönliche oder geschäftliche Beziehungen, die Zweifel an der Unparteilichkeit wecken könnten. Dies umfasst auch Abhängigkeiten von Honoraren, Vergütungsmodelle sowie Verflechtungen innerhalb von Netzwerken.
Schutzmechanismen
Vor Mandatsannahme und während der Auftragsdurchführung sind systematische Unabhängigkeitsprüfungen, rotierende Verantwortlichkeiten und interne Schutzmaßnahmen vorgesehen. Bei Unternehmen von öffentlichem Interesse gelten zusätzliche zeitliche Begrenzungen für verantwortliche Prüferinnen und Prüfer sowie teilweise für die Gesellschaft.
Qualitätssicherung und Inspektionen
Internes Qualitätsmanagement
Erforderlich ist ein wirksames Qualitätssicherungssystem. Es umfasst Leitlinien, Fortbildung, Auftragsakzeptanz, Überwachung, Dokumentation und interne Nachschauen. Für bedeutsame Prüfungen ist eine interne Qualitätssicherung durch eine unabhängige prüfungsbegleitende Kontrolle vorgesehen.
Externe Überwachung
Regelmäßige Qualitätskontrollen und Inspektionen stellen die Einhaltung berufsrechtlicher und fachlicher Standards sicher. Festgestellte Mängel können Auflagen, Maßnahmen zur Mängelbeseitigung oder berufsaufsichtliche Sanktionen nach sich ziehen.
Berichte, Transparenz und Kommunikation
Prüfungsbericht und Bestätigungsvermerk
Die Abschlussprüfung mündet in einen Bericht an das überwachende Organ sowie einen Bestätigungsvermerk. Inhalt und Tiefe richten sich nach Art und Umfang der Prüfung. Bei Unternehmen von öffentlichem Interesse kann der Bestätigungsvermerk erweiterte Angaben enthalten.
Transparenzberichte
Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die Unternehmen von öffentlichem Interesse prüfen, veröffentlichen jährlich einen Transparenzbericht zu Eigentumsverhältnissen, Netzwerken, Qualitätssicherung und Unabhängigkeit. Dies stärkt das Vertrauen in die Prüfpraxis.
Verschwiegenheit, Datenschutz und Dokumentation
Verschwiegenheitspflicht
Berufsgeheimnisse sind zu wahren. Offengelegt werden dürfen Informationen nur, wenn gesetzlich vorgesehen oder aufgrund ausdrücklicher Erlaubnis der Betroffenen. Diese Pflicht gilt auch für Mitarbeitende und eingeschaltete Dritte.
Datenschutz und Datentransfers
Bei der Verarbeitung personenbezogener Daten sind datenschutzrechtliche Vorgaben einzuhalten. Dies betrifft insbesondere die Sicherheit der Prüfungsdokumente, Zugriffsrechte und grenzüberschreitende Datenübermittlungen innerhalb von Netzwerken oder an Prüfungsbegleiter.
Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten
Prüfungshandlungen und -urteile sind nachvollziehbar zu dokumentieren. Für die Aufbewahrung gelten festgelegte Fristen und Schutzmaßnahmen, damit Nachvollziehbarkeit und Vertraulichkeit gewährleistet bleiben.
Haftung und Berufshaftpflicht
Zivilrechtliche Verantwortlichkeit
Wirtschaftsprüfungsgesellschaften haften für Pflichtverletzungen aus Prüfungs- und Bestätigungsleistungen nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen. Die gewählte Rechtsform beeinflusst die persönliche Haftung der handelnden Personen. Für bestimmte Prüfungen bestehen Haftungsbesonderheiten, etwa betragsmäßige Grenzen in definierten Konstellationen.
Berufshaftpflichtversicherung
Zum Schutz der Mandanten und der Allgemeinheit ist eine angemessene Berufshaftpflichtversicherung vorzuhalten. Deckungssummen und Umfang müssen der Art und Größe der Aufträge entsprechen und sind berufsrechtlich vorgegeben.
Unternehmen von öffentlichem Interesse
Erweiterte Anforderungen
Bei Unternehmen von öffentlichem Interesse gelten strengere Regeln zu Unabhängigkeit, Rotationen, Berichterstattung und Aufsicht. Honorare für nicht prüfungsbezogene Tätigkeiten unterliegen zusätzlichen Beschränkungen. Prüfungsqualität und öffentliche Kontrolle werden dadurch besonders abgesichert.
Internationale Tätigkeit und Netzwerke
Grenzüberschreitende Prüfungen
Wirtschaftsprüfungsgesellschaften können Teil internationaler Netzwerke sein oder grenzüberschreitend tätig werden. Anerkennungsvoraussetzungen und Aufsichtsabstimmung richten sich nach nationalen und europäischen Regelungen sowie Kooperationsabkommen. Unabhängigkeit und Qualität sind auch auf Netzwerkebene sicherzustellen.
Vergütung und Vertragsverhältnis
Honorargrundsätze
Honorare müssen angemessen und transparent vereinbart sein. Vergütungsmodelle dürfen die Unabhängigkeit nicht gefährden. Übermäßige wirtschaftliche Abhängigkeit von einzelnen Mandaten ist zu vermeiden.
Bestellung und Beendigung
Die Bestellung als Abschlussprüfer erfolgt durch das zuständige Organ der zu prüfenden Einheit. Gründe für die Ablehnung oder Beendigung eines Mandats müssen dokumentiert werden. Bei Beendigungen während der Amtszeit bestehen besondere Informations- und Offenlegungspflichten gegenüber den zuständigen Stellen.
Firmierung, Verwendung der Berufsbezeichnung und Werbung
Bezeichnungsschutz
Die Bezeichnung Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist geschützt und darf nur nach anerkannter Zulassung geführt werden. Die Firmierung muss klar und nicht irreführend sein. Werbung hat sachlich zu erfolgen und darf keine unzutreffenden Erwartungen wecken.
Veränderungen der Gesellschaft und Beendigung
Umwandlung, Zusammenschluss, Ausscheiden
Strukturveränderungen wie Verschmelzungen, Spaltungen oder Gesellschafterwechsel sind anzeigepflichtig und müssen mit den Berufs- und Aufsichtsvorgaben in Einklang stehen. Bei Beendigung der Tätigkeit sind Register- und Aufbewahrungspflichten zu beachten.
Abgrenzung zu anderen Prüfungsdienstleistern
Wirtschaftsprüfungsgesellschaften unterscheiden sich von reinen Beratungsunternehmen durch eine öffentlich-rechtlich geprägte Rolle, strengere Unabhängigkeitsanforderungen, verpflichtende Qualitätssicherung und Aufsicht. Sie dürfen gesetzliche Abschlussprüfungen durchführen; anderen Unternehmen ist dies nicht gestattet.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Wer darf die Bezeichnung „Wirtschaftsprüfungsgesellschaft“ führen?
Die Bezeichnung darf nur eine Gesellschaft führen, die die formellen Zulassungsvoraussetzungen erfüllt, in das Berufsregister eingetragen ist und der Aufsicht der zuständigen Stellen unterliegt. Die unbefugte Führung der Bezeichnung ist unzulässig.
Welche Aufsichtsbehörden überwachen eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft?
Die Berufsorganisation überwacht die Einhaltung der Berufspflichten und führt das Register. Für Prüfungen bei Unternehmen von öffentlichem Interesse besteht zusätzlich eine staatliche Aufsicht mit Inspektionen und Sanktionsbefugnissen.
Welche Leistungen darf eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erbringen?
Zulässig sind insbesondere gesetzliche und freiwillige Abschlussprüfungen, prüfungsnahe Bestätigungsleistungen und weitere Assurance-Tätigkeiten. Nichtprüfungsleistungen sind nur erlaubt, wenn sie die Unabhängigkeit nicht beeinträchtigen; bei Unternehmen von öffentlichem Interesse gelten erweiterte Beschränkungen.
Welche Anforderungen gelten an Unabhängigkeit und Interessenkonflikte?
Es bestehen umfassende Vorgaben zur Vermeidung finanzieller, persönlicher und geschäftlicher Beziehungen, die die Unparteilichkeit gefährden könnten. Dazu gehören interne Prüfmechanismen, Rotationsregeln und Offenlegungspflichten, insbesondere bei Netzwerkstrukturen.
Wie ist die Haftung einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ausgestaltet?
Die Gesellschaft haftet nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen für Pflichtverletzungen. Umfang und Durchgriff auf handelnde Personen hängen von der Rechtsform und vom Einzelfall ab. Eine Berufshaftpflichtversicherung ist verpflichtend.
Was gilt für Transparenzberichte?
Gesellschaften, die Unternehmen von öffentlichem Interesse prüfen, veröffentlichen jährlich einen Transparenzbericht mit Angaben zu Eigentum, Netzwerk, Qualitätssicherung und Unabhängigkeit. Der Bericht dient der öffentlichen Rechenschaft.
Wie erfolgt die Bestellung und Abberufung als Abschlussprüfer?
Die Bestellung erfolgt durch das zuständige Organ der zu prüfenden Einheit für eine festgelegte Amtszeit. Abberufung oder Amtsniederlegung sind nur bei Vorliegen sachlicher Gründe möglich und unterliegen besonderen Informations- und Offenlegungspflichten.
Wie werden internationale Netzwerke und Auslandsprüfer rechtlich eingeordnet?
Bei grenzüberschreitender Tätigkeit gelten nationale und europäische Anerkennungs- und Aufsichtsvorgaben. Netzwerkzugehörigkeiten sind offenzulegen, und Unabhängigkeits- sowie Qualitätsanforderungen gelten auch auf Netzwerkebene.