Begriff und rechtliche Grundlagen des Wirtschaftsprüfers
Der Begriff Wirtschaftsprüfer bezeichnet in Deutschland einen Beruf, der staatlich geregelt ist und insbesondere im Bereich der unabhängigen Prüfung und Beratung von Unternehmen tätig wird. Die Tätigkeit erfolgt überwiegend auf Grundlage der Vorschriften des Gesetzes über eine Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer (Wirtschaftsprüferordnung, WPO). Wirtschaftsprüfer spielen eine zentrale Rolle bei der Prüfung von Jahresabschlüssen und Konzernabschlüssen, der Durchführung von Sonderprüfungen und weiteren mit der Rechnungslegung und Unternehmensführung verbundenen Aufgaben.
Zulassung und Bestellung
Voraussetzungen für die Bestellung
Die Tätigkeit als Wirtschaftsprüfer erfordert die Bestellung durch die Wirtschaftsprüferkammer. Zentraler rechtlicher Rahmen bildet die Wirtschaftsprüferordnung (WPO). Die wichtigsten Voraussetzungen für die Zulassung sind:
- Ein erfolgreich abgeschlossenes Hochschulstudium oder eine vergleichbare Vorbildung gemäß § 8 WPO
- Eine mehrjährige praktische Tätigkeit auf dem Gebiet der Wirtschaftsprüfung
- Das Bestehen des Wirtschaftsprüferexamens, einer anspruchsvollen staatlichen Prüfung nach § 13 WPO, in der umfassende Kenntnisse im Bereich Rechnungslegung, Steuerrecht, Betriebswirtschaft, Wirtschaftsrecht und Berufsrecht nachzuweisen sind
Die Bestellung wird durch die Wirtschaftsprüferkammer (§ 16 WPO) vorgenommen, wenn alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind und kein Versagungsgrund vorliegt.
Berufsbezeichnung „Wirtschaftsprüfer“
Die Bezeichnung „Wirtschaftsprüfer“ ist gesetzlich geschützt und darf ausschließlich von bestellten Personen geführt werden (§ 43 WPO). Der Missbrauch der Bezeichnung wird als Ordnungswidrigkeit verfolgt.
Tätigkeitsfelder und rechtliche Aufgaben
Gesetzliche Abschlussprüfung
Wirtschaftsprüfer haben das Vorrecht und die rechtliche Pflicht (§ 316 HGB), Jahresabschlüsse nach § 316 ff. Handelsgesetzbuch (HGB) von prüfungspflichtigen Unternehmen zu prüfen. Ziel ist insbesondere die Bestätigung der Ordnungsmäßigkeit der Rechnungslegung, wobei Prüfungsbericht und Bestätigungsvermerk nach den Vorgaben des HGB und der berufsständischen Praxisordnungen (IDW Prüfungsstandards) ausgestellt werden.
Sonderprüfungen und sonstige gesetzliche Prüfungen
Neben gesetzlichen Abschlussprüfungen übernehmen Wirtschaftsprüfer auch eine Vielzahl weiterer gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, darunter:
- Gründungsprüfungen und spezielle Prüfungen bei Kapitalerhöhungen (§§ 33, 34, 57, 58 AktG)
- Prüfungen nach dem Umwandlungsgesetz (UmwG)
- Prüfungen nach dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG)
Beratung und sonstige Tätigkeiten
Wirtschaftsprüfer sind zudem berechtigt, beratende Tätigkeiten in steuerlichen und betriebswirtschaftlichen Fragestellungen anzubieten. Gemäß § 2 Abs. 1 WPO umfasst dies die Steuerberatung, betriebswirtschaftliche Beratung, Unternehmensbewertung und Treuhandtätigkeit.
Berufliche Pflichten und Haftung
Unabhängigkeit und Verschwiegenheit
Zu den Kernpflichten zählt die Unabhängigkeit bei der Durchführung gesetzlicher Prüfungen (§ 43a WPO), verbunden mit einem umfassenden Verbot von Interessenkonflikten. Ebenso besteht eine strenge Pflicht zur Verschwiegenheit über alle im Rahmen der Berufsausübung erlangten Tatsachen, auch gegenüber Behörden, soweit nicht explizit eine gesetzliche Offenbarungspflicht besteht (§ 43 Abs. 1 WPO).
Fortbildung und Qualitätskontrolle
Wirtschaftsprüfer sind verpflichtet, ihre beruflichen Kenntnisse regelmäßig zu aktualisieren (§ 43 Abs. 2 WPO). Darüber hinaus unterliegen sie regelmäßigen externen Qualitätskontrollen („Peer Review“) gemäß § 57a ff. WPO, welche die Einhaltung der berufsständischen Normen sicherstellen.
Haftungsrechtliche Aspekte
Im Falle schuldhafter Pflichtverletzung haften Wirtschaftsprüfer grundsätzlich nach den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen (§§ 280 ff. BGB) und spezialgesetzlichen Regelungen, wie etwa § 323 HGB. Die wirtschaftliche Haftung von Wirtschaftsprüfern ist durch berufsrechtliche Vorgaben zur Berufshaftpflichtversicherung gedeckelt (§ 54 WPO).
Berufsrechtliche Selbstverwaltung und Aufsicht
Wirtschaftsprüferkammer
Die Berufsangehörigen sind Pflichtmitglieder der Wirtschaftsprüferkammer, welche eine Selbstverwaltung mit Aufsichtsfunktion bildet. Sie ist zuständig für die Bestellung, Überwachung, Qualitätskontrolle und Disziplinaraufsicht über die Wirtschaftsprüfer.
Berufsgerichtsbarkeit
Verstöße gegen berufsrechtliche Pflichten können berufsgerichtliche Verfahren nach sich ziehen (§ 68 ff. WPO), die von den Berufungs- und Landesberufsgerichten für Wirtschaftsprüfer geführt werden und bis zu berufsrechtlichen Maßnahmen wie Verwarnung, Geldbuße oder Ausschluss aus dem Beruf führen können.
Berufsrechtliche Honorierung und Gebühren
Die Vergütung der Leistungen von Wirtschaftsprüfern richtet sich oft nach einzelvertraglicher Vereinbarung, sofern nicht gesetzliche Gebührenordnungen wie die Steuerberatervergütungsverordnung einschlägig sind. Eine erfolgsabhängige Vergütung ist im Bereich der Prüfung und der unabhängigen Beratung regelmäßig ausgeschlossen, um die Unabhängigkeit zu wahren.
Vereinbarkeit mit anderen Tätigkeiten und Tätigkeitsverbote
Das Recht zur Ausübung weiterer Berufe ist für Wirtschaftsprüfer eingeschränkt, sofern Interessenkonflikte mit der Unabhängigkeit und Integrität der Wirtschaftsprüfungstätigkeit drohen (§ 27 ff. WPO). Insbesondere die gleichzeitige Tätigkeit in Anwaltskanzleien, Steuerberatung oder anderen prüfungsnahen Rechtsgebieten ist nur im Rahmen gesetzlicher Ausnahmen zulässig.
Wirtschaftsprüfungsgesellschaften
Wirtschaftsprüfer können ihre Tätigkeit als natürliche Person oder in Form einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ausüben. Die Gesellschaft unterliegt vergleichbaren berufsrechtlichen Vorgaben hinsichtlich Unabhängigkeit, Verschwiegenheit, Haftung und Qualitätskontrolle (§ 28 ff. WPO).
Internationale Aspekte und grenzüberschreitende Tätigkeit
Mitgliedstaaten der EU erkennen die Qualifikation des Wirtschaftsprüfers teilweise an, unterliegen jedoch zusätzlichen Anerkennungsverfahren für die grenzüberschreitende Tätigkeit. Die europäische Richtlinie 2006/43/EG regelt die gegenseitige Anerkennung und Mindestanforderungen an Abschlussprüfer innerhalb der Europäischen Union.
Wirtschaftsprüfer sind integraler Bestandteil des deutschen Rechtssystems zur Sicherung der Unternehmens- und Finanztransparenz. Ihre umfassenden gesetzlichen Aufgaben, Pflichten und die starke berufsrechtliche Regulierung schaffen die Grundlage für Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit der Unternehmensberichterstattung und sind ein wesentlicher Baustein des Anlegerschutzes und der volkswirtschaftlichen Stabilität.
Häufig gestellte Fragen
Welche gesetzlichen Vorschriften regeln die Tätigkeit von Wirtschaftsprüfern in Deutschland?
Die Tätigkeit der Wirtschaftsprüfer in Deutschland wird vorrangig durch das Wirtschaftsprüferordnungsgesetz (WPO) geregelt. Weitere maßgebliche Rechtsgrundlagen finden sich im Handelsgesetzbuch (HGB), insbesondere im Zusammenhang mit der gesetzlichen Pflichtprüfung von Jahresabschlüssen (§§ 316 ff. HGB), sowie in speziellen Vorschriften für bestimmte Gesellschaftsformen, beispielsweise im Aktiengesetz (AktG) und dem Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG). Neben diesen materiell-rechtlichen Vorschriften bestehen zahlreiche berufsrechtliche Detailregelungen, insbesondere zu Zulassung, Bestellung, Fortbildung, Verschwiegenheitspflicht und Unabhängigkeit, welche in der WPO und den Satzungen der Wirtschaftsprüferkammer verankert sind. Dazu gehören unter anderem die Berufssatzung für Wirtschaftsprüfer/vereidigte Buchprüfer (BS WP/vBP) und die Qualitätskontrollsatzung. Für bestimmte Tätigkeiten gelten zudem sektorale Regelungen, wie z.B. das Prüfungsrecht im Kreditwesengesetz (KWG) oder das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG).
Inwieweit haften Wirtschaftsprüfer für Fehler bei der Abschlussprüfung rechtlich?
Wirtschaftsprüfer unterliegen bei der Durchführung von Abschlussprüfungen einer zivilrechtlichen Haftung für Pflichtverletzungen (§§ 280 ff. BGB in Verbindung mit den besonderen Vorschriften der WPO). Dabei sind insbesondere Fehler im Zusammenhang mit der ordnungsgemäßen Durchführung der Prüfung oder bei der Testierung, also bei der Abgabe des Bestätigungsvermerks, haftungsrelevant. Die Haftung gegenüber dem geprüften Unternehmen richtet sich grundsätzlich nach den Regeln des Werkvertragsrechts (§§ 631 ff. BGB), wobei die Haftung vertraglich auf bestimmte Höchstbeträge beschränkt werden kann (§ 323 HGB, § 54a WPO). Gegenüber Dritten besteht eine Haftung in Ausnahmefällen, insbesondere bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Falschausstellung des Bestätigungsvermerks (§ 323 Abs. 2 S. 2 HGB). Die Haftung ist zudem durch die gesetzlich vorgeschriebene Berufshaftpflichtversicherung abgedeckt, deren Umfang und Mindestversicherungssummen in der WPO geregelt sind.
Welche berufsrechtlichen Pflichten müssen Wirtschaftsprüfer beachten?
Wirtschaftsprüfer sind zahlreichen berufsrechtlichen Pflichten unterworfen, die hauptsächlich in der WPO sowie der Berufssatzung und den Satzungen der Wirtschaftsprüferkammer geregelt sind. Zu den wesentlichen Pflichten zählen die Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit des Wirtschaftsprüfers, die absolute Verschwiegenheitspflicht (§ 43 WPO), die ordnungsgemäße Auftragsdurchführung, die ständige Fortbildungspflicht zur Sicherung der Fachkompetenz (§ 43a Abs. 3 WPO) sowie die Pflicht zur Berufshaftpflichtversicherung (§ 54 WPO). Insbesondere bei der Durchführung gesetzlicher Abschlussprüfungen gilt das Gebot der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit (§ 319 HGB). Zudem müssen Wirtschaftsprüfer ein internes Qualitätssicherungssystem unterhalten und an regelmäßigen Qualitätskontrollen teilnehmen (Qualitätskontrollrichtlinie, Qualitätskontrollgesetz).
Welche Rolle spielt die Unabhängigkeit des Wirtschaftsprüfers im rechtlichen Rahmen?
Die Unabhängigkeit ist ein zentrales Element der Berufsausübung und wird durch verschiedene gesetzliche Vorgaben geschützt. Wirtschaftsprüfer dürfen insbesondere keine Prüfungsaufträge übernehmen, wenn Befangenheitsgründe (§ 319 Abs. 2-5 HGB) vorliegen, beispielsweise bei Beteiligungen am geprüften Unternehmen, familiären Beziehungen zu Organmitgliedern oder bei gleichzeitiger Erbringung verbotener Beratungsleistungen. Verstöße gegen die Unabhängigkeitsvorschriften können zur Nichtigkeit des Bestätigungsvermerks und zu berufsrechtlichen Sanktionen führen. Die Einhaltung dieser Anforderungen wird durch die Wirtschaftsprüferkammer und die Abschlussprüferaufsichtsstelle überwacht. Durch das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) wurden die Unabhängigkeitsanforderungen in den letzten Jahren weiter verschärft, unter anderem durch strengere Rotationspflichten und das Verbot bestimmter Nebenleistungen.
Welche gesetzlichen Anforderungen sieht das deutsche Recht an die Bestellung und Zulassung von Wirtschaftsprüfern vor?
Die Bestellung und Zulassung als Wirtschaftsprüfer ist in §§ 5-14c WPO detailliert geregelt. Voraussetzung sind insbesondere ein abgeschlossenes Hochschulstudium, eine mindestens dreijährige praktische Tätigkeit (davon zwei Jahre auf dem Gebiet der Wirtschaftsprüfung) sowie das Bestehen eines anspruchsvollen staatlichen Examens (Wirtschaftsprüferprüfung). Nach erfolgreicher Prüfung erfolgt die Bestellung durch die Wirtschaftsprüferkammer, welche auch die Einhaltung der berufsrechtlichen Anforderungen überwacht. Über die laufende Eintragung ins Berufsregister hinaus erfolgt zusätzlich die Überwachung durch die Abschlussprüferaufsichtsstelle (APAS) des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, insbesondere bei der Durchführung von gesetzlichen Abschlussprüfungen börsennotierter Unternehmen. Bestimmte Tätigkeiten sind Wirtschaftsprüfern vorbehalten (Vorbehaltsaufgaben).
Welche rechtlichen Folgen drohen bei Verstößen gegen berufsrechtliche Vorschriften?
Verstöße gegen berufsrechtliche Pflichten können zu berufsaufsichtsrechtlichen Sanktionen nach § 68 WPO führen. Hierzu zählen Verwarnungen, Verweise, Geldbußen und im Extremfall der Widerruf der Bestellung als Wirtschaftsprüfer. Daneben können strafrechtliche Konsequenzen bei Straftatbeständen wie Bestechlichkeit oder Verletzung der Verschwiegenheitspflicht (§ 203 StGB) drohen. Zivilrechtliche Folgen umfassen insbesondere Schadenersatzansprüche geschädigter Unternehmen oder Dritter. Die Einhaltung der Berufspflichten wird durch die Wirtschaftsprüferkammer und die Abschlussprüferaufsichtsstelle überwacht; letztere hat seit der FISG-Reform insbesondere im Bereich der Umsetzung europäischer Vorgaben und der Prüfung von Public Interest Entities (PIEs) eine maßgebliche Rolle.
In welchen Fällen besteht für Wirtschaftsprüfer eine gesetzliche Schweigepflicht und wie ist diese geregelt?
Die Schweigepflicht der Wirtschaftsprüfer ist in § 43 WPO sowie ergänzend in § 203 StGB normiert. Sie umfasst sämtliche Tatsachen, die dem Wirtschaftsprüfer im Rahmen seiner Berufsausübung anvertraut oder bekannt geworden sind. Die Schweigepflicht gilt gegenüber jedermann, einschließlich Gerichten und Behörden. Nur in gesetzlich ausdrücklich normierten Ausnahmefällen darf der Wirtschaftsprüfer von der Schweigepflicht entbunden werden, insbesondere durch Entbindung durch den Mandanten oder aufgrund behördlicher Anordnung nach spezialgesetzlichen Bestimmungen (z.B. Geldwäschegesetz). Verstöße gegen die Schweigepflicht stellen eine Berufsordnungswidrigkeit dar und können strafrechtlich mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe geahndet werden (§ 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB). Auch ehemalige Wirtschaftsprüfer unterliegen der Schweigepflicht nach Beendigung ihrer Bestellung.
Welche besonderen Vorschriften gelten für die Qualitätssicherung der Wirtschaftsprüfung?
Die Qualitätssicherung ist im § 55b WPO und in der Qualitätskontrollsatzung der Wirtschaftsprüferkammer geregelt. Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die gesetzliche Abschlussprüfungen durchführen, unterliegen einer externen Qualitätskontrolle durch einen unabhängigen Prüfer (Peer Review). Die Prüfung umfasst u.a. die Einhaltung der berufsrechtlichen Vorgaben, der berufsbezogenen internen Qualitätssicherungssysteme sowie die Dokumentation und Ergebnisqualität einzelner Prüfungsprojekte. Die Teilnahme an der Qualitätskontrolle ist Voraussetzung für die Durchführung gesetzlicher Abschlussprüfungen; ein negatives Prüfergebnis führt zu einem Tätigkeitsverbot in diesem Bereich. Seit Inkrafttreten des FISG obliegt die Überwachung der Qualitätskontrolle für Prüfungen bei Public Interest Entities (PIEs) der Abschlussprüferaufsichtsstelle.