Begriff und Stellung des Wirtschaftsprüfers
Ein Wirtschaftsprüfer ist ein öffentlich bestellter und vereidigter Berufsangehöriger, dessen Kernaufgabe in der Prüfung von Unternehmensabschlüssen und weiteren Prüfungsleistungen mit rechtlicher Relevanz liegt. Die Berufsausübung ist durch besondere Unabhängigkeit, Verschwiegenheit und qualitätsgesicherte Verfahrensabläufe geprägt. Wirtschaftsprüfer tragen dazu bei, Vertrauen in Unternehmensberichte zu schaffen und damit Kapitalmarkt, Gläubiger, Anteilseigner sowie weitere Stakeholder zu schützen.
Zugang zum Beruf und Berufsbezeichnung
Ausbildung und Prüfung
Der Zugang erfordert in der Regel ein einschlägiges Hochschulstudium, mehrjährige praktische Tätigkeit im Prüfungs- und Rechnungswesen sowie das erfolgreiche Ablegen eines anspruchsvollen staatlichen Examens. Inhaltliche Schwerpunkte sind Rechnungslegung, Prüfung, Unternehmensrecht, Steuerrecht und betriebswirtschaftliche Themen mit Bezug zur Prüfungspraxis.
Bestellung und Vereidigung
Nach bestandenem Examen erfolgt die öffentliche Bestellung und Vereidigung. Mit der Bestellung sind die Führung der Berufsbezeichnung, die Eintragung in ein Berufsregister sowie die Bindung an berufsrechtliche Pflichten verbunden.
Wirtschaftsprüfungsgesellschaften
Neben natürlichen Personen können Wirtschaftsprüfungsgesellschaften tätig sein. Voraussetzung ist eine berufsrechtlich geeignete Rechtsform, eine qualifizierte Leitung und die Sicherstellung der Unabhängigkeit, Qualitätssicherung und Berufshaftpflicht. Die Gesellschaft wird gesondert zugelassen und geführt.
Berufsregister und Führung der Bezeichnung
Die Berufsbezeichnung ist geschützt. Zugelassene Personen und Gesellschaften werden in ein öffentlich zugängliches Register eingetragen. Die Führung der Bezeichnung ohne Bestellung ist unzulässig.
Tätigkeitsbereiche
Gesetzliche Abschlussprüfung
Ziel und Gegenstand
Die gesetzliche Abschlussprüfung dient der Beurteilung, ob der Jahres- oder Konzernabschluss sowie der Lagebericht die gesetzlichen Vorgaben einhalten und ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermitteln. Grundlage ist eine risikoorientierte Prüfungsplanung und -durchführung nach anerkannten Prüfungsstandards.
Prüfungsurteil und Berichterstattung
Ergebnis ist ein Prüfungsurteil im Bestätigungsvermerk. Es kann uneingeschränkt, eingeschränkt, mit Versagung oder mit Hinweisen erteilt werden. Zusätzlich erstattet der Prüfer einen schriftlichen Bericht an das geprüfte Unternehmen, der Vorgehen, Feststellungen und Schlussfolgerungen darlegt. Für bestimmte Unternehmen bestehen erweiterte Berichts- und Transparenzpflichten.
Unternehmen von öffentlichem Interesse
Für Unternehmen von öffentlichem Interesse gelten erweiterte Anforderungen, etwa zur Prüfungsausschuss-Kommunikation, zur Rotation des verantwortlichen Prüfungspartners und zu Unabhängigkeitsregeln einschließlich Beschränkungen bei Beratungsleistungen.
Freiwillige Prüfungen und Bescheinigungen
Wirtschaftsprüfer führen auch freiwillige Prüfungen durch, etwa von Zwischenabschlüssen, internen Kontrollsystemen, Compliance-Strukturen oder Nachhaltigkeitsberichten. Zudem werden prüferische Durchsichten und vereinbarte Untersuchungshandlungen mit klar definiertem Prüfungsumfang angeboten.
Prüfungsnahe und sonstige Dienstleistungen
Zu den zulässigen prüfungsnahen Leistungen zählen etwa prüfungsbegleitende Bewertungen, Rechnungslegungsbezogene Fragestellungen sowie Prüfungen spezieller Sachverhalte. Tätigkeiten, die die Unabhängigkeit gefährden könnten, sind eingeschränkt oder untersagt, insbesondere bei Mandaten, deren Abschlussprüfung durchgeführt wird.
Berufsrechtliche Pflichten
Unabhängigkeit und Unvoreingenommenheit
Die Unabhängigkeit ist zentral. Sie erfordert persönliche, wirtschaftliche und organisatorische Distanz zum Prüfungsgegenstand. Interessen- und Selbstprüfungsgefahren sind zu identifizieren, zu dokumentieren und durch Schutzmaßnahmen zu adressieren. In bestimmten Konstellationen ist die Übernahme des Auftrags ausgeschlossen.
Verschwiegenheit und Datenschutz
Wirtschaftsprüfer unterliegen strenger Verschwiegenheit. Informationen aus der Tätigkeit dürfen nicht unbefugt offengelegt werden. Ausnahmen bestehen nur, wenn gesetzliche Offenlegungs- oder Mitteilungspflichten greifen. Der Umgang mit personenbezogenen Daten folgt spezialisierten Datenschutzanforderungen, einschließlich technischer und organisatorischer Schutzmaßnahmen.
Sorgfalt, Qualitätssicherung und Fortbildung
Prüfungen sind mit berufsüblicher Sorgfalt, nach anerkannten Standards und mit wirksamen Qualitätssicherungssystemen durchzuführen. Dazu gehören interne Leitlinien, Auftragsbegleitungs- und -nachschauprozesse sowie regelmäßige Fortbildung der Berufsangehörigen.
Berufshaftpflicht und Haftungsgrundsätze
Wirtschaftsprüfer müssen eine ausreichende Berufshaftpflichtversicherung vorhalten. Haftung kann insbesondere bei schuldhaften Pflichtverletzungen entstehen, etwa infolge unzureichender Prüfungshandlungen oder fehlerhafter Berichterstattung. Vertragliche Begrenzungen sind nur in engen rechtlichen Grenzen vorgesehen.
Dokumentation und Aufbewahrung
Prüfungshandlungen sind so zu dokumentieren, dass ein sachkundiger Dritter Art, Umfang und Ergebnisse nachvollziehen kann. Für die Aufbewahrung gelten feste Fristen und Sicherungsanforderungen.
Aufsicht und Qualitätssicherung
Selbstverwaltung
Die Berufsangehörigen sind in einer berufsständischen Selbstverwaltung organisiert, der Wirtschaftsprüferkammer. Sie führt Register, erlässt berufsrechtliche Satzungen, überwacht die Berufsausübung und wirkt an der Qualitätskontrolle mit.
Staatliche Aufsicht
Übergeordnet besteht staatliche Aufsicht. Für Unternehmen von öffentlichem Interesse werden Prüfungen zusätzlich durch eine spezialisierte staatliche Stelle überwacht, die Inspektionen, Untersuchungen und Maßnahmen anordnen kann.
Qualitätskontrolle und Inspektionen
Praxisbezogene Qualitätskontrollen (externe Peer Reviews) und staatliche Inspektionen prüfen die Einhaltung der Standards und Systeme. Feststellungen können Auflagen, Nachschulungen oder weitere Maßnahmen nach sich ziehen.
Berufsrechtliche Sanktionen
Bei Verstößen kommen Rügen, Geldbußen, Beschränkungen der Berufsausübung, Ruhen oder Widerruf der Bestellung in Betracht. Schwere Verstöße können zusätzlich zivil- und strafrechtliche Konsequenzen auslösen.
Vergütung und Unabhängigkeitsaspekte
Honorare und Transparenz
Honorare richten sich nach Art und Umfang der Leistung. Bei gesetzlichen Abschlussprüfungen sind Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Vergütung besonders relevant. Erfolgsabhängige Vergütungen für Prüfungsleistungen sind unzulässig.
Unvereinbare Leistungen und Honorarkonzentration
Bei Prüfungsmandaten sind bestimmte Beratungen untersagt oder nur unter strengen Voraussetzungen zulässig. Eine übermäßige Honorarkonzentration bei einem Mandanten kann die Unabhängigkeit beeinträchtigen und ist zu überwachen.
Internationale Bezüge und Standards
Die Tätigkeit orientiert sich an international anerkannten Prüfungsstandards und Qualitätsmanagementvorgaben. Europäische Regelungen prägen insbesondere die Abschlussprüfung bei kapitalmarktnahen Unternehmen, etwa durch Rotationspflichten, Berichtsinhalte und Unabhängigkeitsvorgaben. Grenzüberschreitende Prüfungen erfordern Koordination in internationalen Netzwerken und Beachtung mehrerer Regelwerke.
Digitale Entwicklungen und IT-Prüfung
Digitale Prozesse, Datenanalysen und IT-Systeme sind fester Bestandteil moderner Prüfungen. Wirtschaftsprüfer beurteilen interne Kontrollsysteme, IT-Umgebungen und Datenintegrität. Anforderungen an Informationssicherheit, Zugriffskontrollen und Nachvollziehbarkeit der Prüfungsnachweise sind erhöht.
Abgrenzung zu verwandten Berufen
Wirtschaftsprüfer sind primär auf Prüfungsleistungen ausgerichtet. Überschneidungen mit anderen Berufsgruppen ergeben sich bei Rechnungslegung, Bewertung und steuerlichen Fragestellungen. Bei gleichzeitiger Erbringung mehrerer Leistungen sind Unabhängigkeits- und Interessenkonfliktregeln zu beachten.
Häufig gestellte Fragen
Wer darf die Berufsbezeichnung „Wirtschaftsprüfer“ führen?
Die Bezeichnung dürfen nur Personen führen, die nach bestandenem Examen öffentlich bestellt und vereidigt wurden. Die Führung ist geschützt und an die Eintragung in ein Berufsregister gebunden. Gleiches gilt sinngemäß für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften mit gesonderter Zulassung.
Welche Hauptaufgabe hat ein Wirtschaftsprüfer bei der gesetzlichen Abschlussprüfung?
Er beurteilt, ob Abschluss und Lagebericht die rechtlichen Vorgaben einhalten und ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermitteln. Das Ergebnis wird im Bestätigungsvermerk und in einem detaillierten Prüfungsbericht dokumentiert.
Wie wird die Unabhängigkeit sichergestellt?
Unabhängigkeit wird durch persönliche, wirtschaftliche und organisatorische Vorkehrungen gewährleistet. Dazu zählen die Vermeidung von Selbstprüfung, Interessenkonflikten und finanziellen Abhängigkeiten sowie Rotationspflichten und Beschränkungen bei Beratungsleistungen.
Welche Verschwiegenheitspflichten bestehen?
Wirtschaftsprüfer haben eine umfassende Verschwiegenheitspflicht über alle im Rahmen ihrer Tätigkeit erlangten Informationen. Offenlegung ist nur zulässig, wenn gesetzliche Mitteilungspflichten bestehen oder rechtlich zulässige Ausnahmen greifen.
Wofür haften Wirtschaftsprüfer?
Haftung kann entstehen, wenn gegen berufliche Sorgfaltspflichten verstoßen wird, etwa durch unzureichende Prüfungshandlungen oder fehlerhafte Berichte. Es besteht eine Pflicht zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung, die Risiken abdeckt.
Wer überwacht Wirtschaftsprüfer?
Die Berufsaufsicht erfolgt durch die berufsständische Selbstverwaltung und eine staatliche Aufsichtsstelle. Bei Unternehmen von öffentlichem Interesse bestehen zusätzliche Inspektionen und erweiterte Aufsichtsinstrumente.
Dürfen Wirtschaftsprüfer gleichzeitig beraten und prüfen?
Bei Prüfungsmandaten sind bestimmte Beratungsleistungen eingeschränkt oder unzulässig, um Interessenkonflikte und Selbstprüfung zu vermeiden. Bei Unternehmen von öffentlichem Interesse gelten besonders strenge Vorgaben.
Welche Rolle spielen internationale Standards?
Internationale Prüfungs- und Qualitätsstandards prägen Planung, Durchführung und Dokumentation von Prüfungen. Sie werden in Europa ergänzt durch spezifische Vorgaben, insbesondere für kapitalmarktorientierte Unternehmen.