Begriff und Allgemeine Bedeutung der Winterausfallgeld-Vorausleistung
Die Winterausfallgeld-Vorausleistung ist ein zentraler Bestandteil der arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen zur wirtschaftlichen Absicherung von Beschäftigten im Baugewerbe während der witterungsbedingten Ausfallzeiten in den Wintermonaten. Sie stellt eine besondere Form der finanziellen Überbrückung dar, die im Rahmen des saisonalen Kurzarbeitergeldes durch die Agenturen für Arbeit angewendet wird. Die Vorausleistung wird insbesondere dann gewährt, wenn das eigentlich zustehende Winterausfallgeld durch tarifliche Sicherungsmaßnahmen (beispielsweise durch die SOKA-BAU) nicht fristgerecht an die Anspruchsberechtigten ausgezahlt werden kann.
Gesetzliche Grundlage
Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III)
Die rechtlichen Grundlagen für die Winterausfallgeld-Vorausleistung finden sich im Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) und hier insbesondere in den §§ 102 ff. SGB III sowie in den dazu erlassenen Verordnungen und Verwaltungsvorschriften. Aufgrund der branchenspezifischen Bedürfnisse des Baugewerbes wurden hier Sonderregelungen geschaffen, die den saisonbedingten Ausfall von Arbeitstätigkeit im Zusammenhang mit Kälte, Frost, Schnee oder Nässe berücksichtigen.
Saison-Kurzarbeitergeldverordnung (Saison-KugV)
Die Saison-Kurzarbeitergeldverordnung konkretisiert die Anspruchsvoraussetzungen für das sogenannte Saison-Kurzarbeitergeld und erweitert diese Regelungen um die spezielle Vorschrift zur Vorausleistung des Winterausfallgeldes. Die Regelungen sind so ausgestaltet, dass betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine zügige Auszahlung der finanziellen Mittel ermöglicht wird, um Einkommenseinbußen schnell zu kompensieren.
Voraussetzungen der Winterausfallgeld-Vorausleistung
Anspruchsvoraussetzungen
Für die Bewilligung und Auszahlung einer Vorausleistung sind folgende Voraussetzungen zu erfüllen:
- Witterungsbedingter Arbeitsausfall: Der Arbeitsausfall muss unmittelbar auf ungünstige Witterungsbedingungen während der Winterperiode (i. d. R. vom 1. Dezember bis 31. März) zurückzuführen sein.
- Unmöglichkeit der rechtzeitigen Zahlung: Die tarifliche oder kollektivvertragliche Winterausfallgeldzahlung kann durch die Sicherungskassen (z. B. SOKA-BAU) nicht in angemessenem zeitlichen Rahmen erfolgen.
- Antrag durch Arbeitgeber: Die Vorausleistung muss vom Unternehmen für die betroffenen Arbeitnehmer bei der zuständigen Agentur für Arbeit beantragt werden.
- Nach dem Arbeitsrecht anspruchsberechtigt: Die betroffenen Beschäftigten müssen grundsätzlich arbeitsrechtlich anspruchsberechtigt auf Winterausfallgeld sein und dürfen den Anspruch noch nicht verloren oder aufgebraucht haben.
Geltungsbereich
Die Regelungen zur Winterausfallgeld-Vorausleistung beschränken sich auf das Baugewerbe sowie auf bestimmte Baunebengewerbe und andere witterungsanfällige Branchen, die durch den Tarifvertrag für das Baugewerbe oder durch branchenbezogene Kollektivverträge abgedeckt sind.
Verfahren zur Beantragung und Auszahlung
Antragstellung
Der Antrag auf Vorausleistung ist durch den Arbeitgeber zeitnah und schriftlich bei der jeweils zuständigen Agentur für Arbeit einzureichen. Als Nachweis sind Unterlagen beizufügen, die die Arbeitsausfälle und die voraussichtliche Dauer sowie die Nicht-Verfügbarkeit des tariflichen Winterausfallgeldes dokumentieren.
Entscheidung der Agentur für Arbeit
Nach Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen erfolgt durch die Agentur für Arbeit eine vorläufige Entscheidung. Sie gewährt die Vorauszahlung des Winterausfallgeldes in der nachgewiesenen Höhe, wobei die spätere Verrechnung mit dem ursprünglich zu zahlenden Betrag gewährleistet wird.
Rückforderungsmechanismen
Sofern sich im Nachhinein herausstellt, dass die Voraussetzungen für die Vorausleistung ganz oder teilweise nicht vorlagen, ist die Agentur für Arbeit berechtigt, die zu viel gezahlten Beträge vom Arbeitgeber zurückzufordern. Dieser trägt dann die Verantwortung für die Rückzahlung.
Höhe und Berechnung der Vorausleistung
Die Bemessung der Höhe der Winterausfallgeld-Vorausleistung erfolgt nach den für das Winterausfallgeld geltenden Regelungen. Maßgeblich ist zum einen das ausgefallene Arbeitsentgelt, zum anderen die tarifvertraglich oder kollektivvertraglich vereinbarte Höhe des Winterausfallgeldes. Üblicherweise beträgt die Höhe etwa 75 % des ausgefallenen Nettoarbeitsentgeltes, kann jedoch von den jeweiligen tariflichen Absprachen abweichen.
Rechtliche Abgrenzung zu anderen Leistungen
Die Winterausfallgeld-Vorausleistung ist abzugrenzen von:
- Saison-Kurzarbeitergeld: Während Saison-Kurzarbeitergeld unabhängig vom Winterausfallgeld auch in anderen Situationen mit Arbeitsausfall gezahlt werden kann, nimmt die Vorausleistung speziell auf die Überbrückung von Verzögerungen in der tariflichen Auszahlung Bezug.
- Arbeitslosengeld und Transferkurzarbeitergeld: Der Bezug von Winterausfallgeld und dessen Vorausleistung schließt den gleichzeitigen Bezug anderer laufender Einzelleistungen im selben Zeitraum aus.
Bedeutung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Für Arbeitgeber stellt die Winterausfallgeld-Vorausleistung eine Maßnahme dar, unverschuldete und kurzfristige Liquiditätsengpässe bei Lohnfortzahlungen während der Wintersaison zu vermeiden und die Beschäftigtenbindung während saisonaler Schwankungen aufrechtzuerhalten. Für Arbeitnehmer gewährleistet sie eine schnelle und existenzsichernde finanzielle Unterstützung, bevor die regulären tariflichen Mittel zur Verfügung stehen.
Quellen und weiterführende Informationen
- Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III)
- Saison-Kurzarbeitergeldverordnung (Saison-KugV)
- Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV)
- Website der Bundesagentur für Arbeit
Durch die detaillierte Regelung der Winterausfallgeld-Vorausleistung wird sowohl der besondere Schutz der Arbeitnehmer in witterungsabhängigen Branchen wie auch die Funktionsfähigkeit der Unternehmen während der wetterbedingten Ausfallperioden gesichert. Die Vorausleistung stellt somit ein zentrales Instrument im Rahmen der kollektiven Arbeitsabsicherung dar.
Häufig gestellte Fragen
Wer ist berechtigt, eine Vorausleistung auf das Winterausfallgeld zu beantragen?
Berechtigt zur Beantragung einer Vorausleistung auf das Winterausfallgeld sind grundsätzlich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Bauhauptgewerbes, des Dachdeckerhandwerks sowie weiterer bestimmter Wirtschaftszweige, die unter den Geltungsbereich des § 101 SGB III (Sozialgesetzbuch Drittes Buch) fallen. Voraussetzung ist, dass ein Arbeitsausfall saisonbedingt, insbesondere durch witterungsbedingte Arbeitsunterbrechungen während der Schlechtwetterzeit, nachgewiesen wird. Weiterhin muss das Beschäftigungsverhältnis bestehen bleiben und der betroffene Arbeitnehmer die sonstigen Anspruchsvoraussetzungen des § 102 SGB III für das Saison-Kurzarbeitergeld erfüllen. Dazu zählt unter anderem, dass Ansprüche auf Arbeitsentgelt für eine bereits beendete Arbeitsleistung bestehen und der Arbeitsausfall von einer bestimmten Mindestdauer ist. Eine weitere Voraussetzung zur Inanspruchnahme der Vorausleistung ist, dass der Arbeitgeber rechtzeitig einen entsprechenden Antrag mit allen erforderlichen Nachweisen bei der zuständigen Agentur für Arbeit einreicht.
Wie erfolgt die Antragstellung auf Winterausfallgeld-Vorausleistung rechtlich korrekt?
Für die rechtlich einwandfreie Antragstellung muss der Arbeitgeber das entsprechende Antragsformular für die Vorausleistung auf Winterausfallgeld verwenden, das bei der Agentur für Arbeit erhältlich ist. Der Antrag ist grundsätzlich spätestens bis zum Ablauf des auf den Arbeitsausfall folgenden Monats einzureichen, was aus § 325 Abs. 3 SGB III hervorgeht. Dem Antrag sind alle erforderlichen Unterlagen beizufügen, wie z.B. Abrechnungen über die bisher gezahlten Entgelte, Aufstellungen der witterungsbedingten Arbeitsausfälle und Nachweise über bereits beantragtes oder bezogenes Saison-Kurzarbeitergeld. Eine verspätete Antragstellung kann zum Wegfall des Anspruchs auf Vorausleistungen führen. Im Rahmen der Antragstellung muss zudem die Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat, soweit vorhanden, nachgewiesen werden (§ 102 Abs. 1 Satz 3 SGB III).
Welche rechtlichen Pflichten treffen den Arbeitgeber bei Inanspruchnahme der Vorausleistung?
Der Arbeitgeber ist im Falle der Inanspruchnahme einer Vorausleistung auf das Winterausfallgeld insbesondere zur ordnungsgemäßen Dokumentation aller anspruchsbegründenden Sachverhalte verpflichtet. Dazu zählt u.a., die Arbeitszeitnachweise, Lohnabrechnungen sowie eine Übersicht der Arbeitsausfälle und der Witterungsverhältnisse lückenlos und prüfbar zu führen. Die relevanten Dokumentationen sind für mögliche Prüfungen der Agentur für Arbeit mindestens bis zum Ablauf des vierten Kalenderjahres nach dem jeweiligen Bezugszeitraum aufzubewahren (§ 165 SGB III). Zusätzlich hat der Arbeitgeber die Pflicht, die erhaltenen Vorausleistungen mit später gewährtem Kurzarbeitergeld oder anderen Erstattungen zu verrechnen bzw. unberechtigt bezogene Vorauszahlungen unverzüglich zurückzuzahlen. Kommt er diesen Pflichten nicht nach, drohen nach § 404 SGB III empfindliche Bußgelder sowie gegebenenfalls Rückzahlungsverpflichtungen.
Wie wird die Höhe der Vorausleistung auf das Winterausfallgeld rechtlich bestimmt?
Die Höhe der Vorausleistung orientiert sich gemäß § 101 SGB III am individuellen Anspruch des Arbeitnehmers auf das Winterausfallgeld. Die Vorauszahlung wird dabei auf der Grundlage der durchschnittlichen Ausfallzeiten, des bisherigen Arbeitsentgelts sowie weiterer relevanter Faktoren geschätzt und darf den voraussichtlichen Anspruch nicht überschreiten. Eine Überzahlung ist binnen angemessener Frist zurückzuzahlen, während eine Unterzahlung mit der regulären Auszahlung des Winterausfallgelds ausgeglichen wird. Grundlage der Berechnung sind die Lohnabrechnungen sowie Nachweise des Arbeitgebers über den tatsächlichen Arbeitsausfall. Darüber hinaus ist die Vorausleistung auf das Winterausfallgeld steuerfrei (§ 3 Nr. 2b EStG), unterliegt aber der Sozialversicherungspflicht.
Gibt es rechtliche Möglichkeiten gegen einen Ablehnungsbescheid bezüglich der Vorausleistung?
Wird ein Antrag auf Vorausleistung des Winterausfallgelds abgelehnt, stehen dem Arbeitgeber die üblichen Rechtsmittel des Verwaltungsverfahrens offen. Zunächst kann gegen den Ablehnungsbescheid innerhalb eines Monats nach Zugang gemäß § 84 SGG (Sozialgerichtsgesetz) Widerspruch eingelegt werden. Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift bei der zuständigen Agentur für Arbeit einzureichen. Sollte der Widerspruch erfolglos bleiben, besteht die Möglichkeit, vor dem Sozialgericht Klage zu erheben. Während des Rechtsmittelverfahrens ist die Verpflichtung zur Nachzahlung aus einer abgelehnten Vorausleistung grundsätzlich ausgesetzt, bis eine rechtskräftige Entscheidung vorliegt.
Welche Mitwirkungspflichten bestehen nach der Bewilligung der Vorausleistung?
Nach der Bewilligung einer Vorausleistung auf das Winterausfallgeld ist der Arbeitgeber verpflichtet, jegliche Veränderungen in Bezug auf die Arbeitsausfälle, die Lohnzahlungen oder die Beschäftigungsverhältnisse unverzüglich der Agentur für Arbeit mitzuteilen (§ 60 SGB I). Weiterhin müssen Nachweise über den tatsächlichen Eintritt der erwarteten Voraussetzungen für das Winterausfallgeld nachgereicht werden. Sollte sich herausstellen, dass die Voraussetzungen für die Bewilligung nachträglich ganz oder teilweise entfallen, ist die Vorausleistung zurückzuzahlen. Die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten kann Rückforderungsansprüche und ggf. ein Ordnungswidrigkeitsverfahren nach sich ziehen.
Welche Konsequenzen drohen bei zu Unrecht erlangter Vorausleistung des Winterausfallgelds?
Wird festgestellt, dass eine Vorausleistung zu Unrecht erlangt wurde – etwa durch vorsätzlich oder fahrlässig falsche Angaben, fehlende Mitwirkung, oder die Nichtanzeige von Änderungen -, ist diese gemäß § 330 SGB III und § 50 SGB X umgehend zurückzuzahlen. Darüber hinaus kann die Agentur für Arbeit Bußgelder verhängen und im Falle von vorsätzlicher Täuschung strafrechtliche Schritte einleiten (§§ 263 ff. StGB – Betrug). Zusätzlich werden bei grob fahrlässigen oder vorsätzlich herbeigeführten Überzahlungen Verzugszinsen verlangt. Auch der Sozialversicherungsträger kann Nachforderungen stellen, sofern Beiträge zu Unrecht vermindert oder erstattet wurden.