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Winterausfallgeld


Begriff und Rechtsgrundlagen des Winterausfallgeldes

Das Winterausfallgeld ist eine finanzielle Leistung aus dem Bereich der Arbeitsförderung, die im Baugewerbe zur Sicherung des Lebensunterhalts von Beschäftigten während witterungsbedingter Arbeitsausfälle in den Wintermonaten vorgesehen ist. Die rechtliche Grundlage bildet das Dritte Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), insbesondere §§ 101 bis 109 SGB III, ergänzt durch einschlägige Regelungen der Verordnung über Winterausfallgeld und Tarifverträge des Baugewerbes.

Zweck und Zielsetzung des Winterausfallgeldes

Das Winterausfallgeld dient dem Ausgleich von Verdienstausfällen, die aufgrund von Arbeitsmangel während der Schlechtwetterzeit (Winterperiode) entstehen. Ziel ist es, Kündigungen und saisonale Arbeitslosigkeit zu vermeiden und die Beschäftigung aufrechtzuerhalten. Die Leistung ist ein zentrales Element der Saison-Kurzarbeiterregelungen im Baugewerbe.

Anspruchsvoraussetzungen

Persönlicher Geltungsbereich

Anspruchsberechtigt sind Arbeitnehmer, die in Betrieben des Bauhauptgewerbes, des Gerüstbauer-, Dachdecker- oder Garten- und Landschaftsbaus beschäftigt sind (§ 101 SGB III), sofern ihr Arbeitsverhältnis während der Schlechtwetterzeit ruht oder aufgrund von Arbeitsausfall unterbrochen wird. Der Anspruch besteht nicht für Auszubildende und Personen in Praktika.

Betrieblicher Geltungsbereich

Der Anspruch auf Winterausfallgeld besteht für Betriebe, die unter den Geltungsbereich der Baubetriebe-Verordnung (BaubetrV) oder einschlägiger Tarifverträge fallen. Die maßgeblichen Eckdaten ergeben sich aus den für die jeweiligen Branchen spezifischen Regelungen.

Voraussetzungen für die Leistung

Für den Bezug von Winterausfallgeld müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Arbeitsausfall: Es liegt ein unvermeidbarer Arbeitsausfall aufgrund schlechter Witterung im Zeitraum der Schlechtwetterzeit vor, der nicht durch vorrangige Maßnahmen (z. B. Verlegung der Arbeitszeit, andere zumutbare Arbeit) abgewendet werden kann.
  • Mindestdauer: Der Arbeitsausfall muss länger als eine Stunde dauern.
  • Vorherige Ausschöpfung anderer Ansprüche: Vorrangige Ansprüche wie bezahlte Schlechtwetterzeit oder Arbeitszeitguthaben sind vorrangig zu beanspruchen.
  • Meldepflicht: Der Arbeitsausfall ist der Agentur für Arbeit anzuzeigen und wöchentlich zu beantragen.

Zeitraum der Schlechtwetterzeit

Die Schlechtwetterzeit, während der Winterausfallgeld gezahlt wird, erstreckt sich grundsätzlich vom 1. Dezember bis zum 31. März eines Jahres. Branchenindividuelle Definitionen können hiervon abweichen.

Höhe und Berechnung des Winterausfallgeldes

Die Höhe des Winterausfallgeldes orientiert sich am Kurzarbeitergeld und beträgt in der Regel 60 % des ausgefallenen Nettoentgelts, bei Arbeitnehmern mit Kindern 67 %. Grundlage für die Berechnung ist das beim Eintritt des Arbeitsausfalls maßgebliche regelmäßige Bruttoarbeitsentgelt.

Zusätzlich zum Winterausfallgeld können Betriebe unter bestimmten Voraussetzungen Zuschüsse zum Wintergeld (sog. Zusatz-Wintergeld) und Erstattungen für Sozialversicherungsbeiträge beantragen.

Berechnungsschritte

  1. Feststellung des Brutto-Entgelts im Bezugsmonat.
  2. Ermittlung des ausgefallenen Arbeitslohns infolge witterungsbedingter Ausfallstunden.
  3. Anwendung der Prozentsätze (60/67 %).
  4. Berücksichtigung individueller Steuer- und Sozialversicherungsabzüge.

Verfahren und Antragstellung

Der Antrag auf Winterausfallgeld ist vom Arbeitgeber zu stellen. Die Meldung erfolgt regelmäßig elektronisch gegenüber der Agentur für Arbeit. Erforderliche Angaben beinhalten die Zahl der Ausfallstunden und eine Bestätigung über die vorherige Ausschöpfung anderer Ausgleichsmöglichkeiten. Die Leistung wird grundsätzlich monatlich rückwirkend ausgezahlt.

Mitwirkungs- und Anzeigepflichten

Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind verpflichtet, der Agentur für Arbeit alle relevanten Änderungen, insbesondere hinsichtlich der Beschäftigungssituation, unverzüglich mitzuteilen. Unrichtige Angaben können zu Rückforderungen der Leistung führen.

Finanzierung des Winterausfallgeldes

Die Kosten des Winterausfallgeldes werden aus den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung getragen. Der Beitragssatz wird anteilig durch die beschäftigten Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Baugewerbe aufgebracht. Ergänzend bestehen Umlagesysteme (Saison-Umlage), an denen sich die Arbeitgeber in den betroffenen Branchen beteiligen.

Rechtsfolgen bei unberechtigtem Bezug oder Meldeverstößen

Unberechtigter Bezug von Winterausfallgeld oder Verstöße gegen die Melde- und Mitwirkungspflichten können Sanktionen nach sich ziehen. Die Bundesagentur für Arbeit kann zu Unrecht gezahlte Leistungen zurückfordern. Daneben sind Schadensersatz- und gegebenenfalls strafrechtliche Konsequenzen möglich.

Abgrenzung zu anderen Leistungen

Das Winterausfallgeld ist von anderen Lohnersatzleistungen wie dem konjunkturellen Kurzarbeitergeld, dem Saison-Kurzarbeitergeld oder dem Transferkurzarbeitergeld abzugrenzen. Es stellt eine spezifische Leistung ausschließlich für die Wintermonate im Zeitraum der Schlechtwetterzeit dar und ist auf das Baugewerbe und verwandte Branchen beschränkt.

Bedeutung und Praxisrelevanz

Das Winterausfallgeld leistet einen entscheidenden Beitrag zur Beschäftigungssicherung im Bauhauptgewerbe. Es reduziert saisonale Arbeitslosigkeit, verbessert die Planbarkeit für Betriebe und wahrt die soziale Absicherung der Beschäftigten. Aufgrund seiner weitreichenden Wirkung ist das Winterausfallgeld für Arbeitsverhältnisse in den betroffenen Branchen von erheblicher praktischer Bedeutung.


Siehe auch:

  • Saison-Kurzarbeitergeld
  • Schlechtwettergeld
  • Kurzarbeitergeld
  • SGB III

Quellen:

  • Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III)
  • Bundesagentur für Arbeit
  • Tarifverträge des Baugewerbes

Häufig gestellte Fragen

Wann besteht ein rechtlicher Anspruch auf Winterausfallgeld?

Ein rechtlicher Anspruch auf Winterausfallgeld (WAG) besteht grundsätzlich für Arbeitnehmer, die im Baugewerbe beschäftigt sind und deren Arbeitsverhältnis den tariflichen oder gesetzlichen Regelungen zum Saison-Kurzarbeitergeld (Saison-Kug) unterliegt. Voraussetzung ist, dass Arbeiten aufgrund von witterungsbedingten Ausfällen oder aus wirtschaftlichen Gründen in der sogenannten Schlechtwetterzeit (in der Regel vom 1. Dezember bis 31. März) nicht durchgeführt werden können. Der Arbeitgeber muss zuvor alle zumutbaren Maßnahmen ausgeschöpft haben, um einen Arbeitsausfall zu vermeiden, beispielsweise durch Arbeitszeitkonten, Versetzungen oder interne Umstrukturierungen. Der rechtliche Anspruch wird detailliert im Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), insbesondere in den §§ 101 ff., geregelt. Ein Anspruch auf Winterausfallgeld besteht nur für sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer, Auszubildende sowie geringfügig Beschäftigte sind hiervon ausgenommen. Außerdem muss der Betrieb dem Geltungsbereich der tarifvertraglichen oder gesetzlichen Branchenregelungen unterliegen, etwa dem Bauhauptgewerbe, dem Gerüstbau, dem Dachdeckerhandwerk oder ähnlich definierten Gewerken.

Welche Pflichten haben Arbeitgeber im Zusammenhang mit der Beantragung von Winterausfallgeld?

Arbeitgeber sind verpflichtet, den Arbeitsausfall sowie den Antrag auf Winterausfallgeld unverzüglich und gewissenhaft bei der zuständigen Agentur für Arbeit anzuzeigen. Sie müssen nachweisen, dass der Arbeitsausfall unvermeidbar war und die täglichen Arbeitszeitaufzeichnungen sowie betriebliche Maßnahmen dokumentieren. Der Arbeitgeber hat weiterhin die Pflicht, den betroffenen Arbeitnehmern über die gesetzlichen Bestimmungen, Abläufe und Voraussetzungen des Winterausfallgeldes aufzuklären. Zu den Pflichten zählt auch, das von der Agentur für Arbeit genehmigte Winterausfallgeld an die Beschäftigten korrekt weiterzuleiten und die entsprechenden Abrechnungen vorzulegen. Versäumnisse, unzutreffende Angaben oder verspätete Anträge können zum vollständigen Verlust des Rechtsanspruchs auf Winterausfallgeld führen oder ggf. zu Regressforderungen seitens der Sozialversicherungsträger.

Wie wird das Winterausfallgeld steuerlich und sozialversicherungsrechtlich behandelt?

Winterausfallgeld stellt eine Lohnersatzleistung dar, die vom Arbeitgeber ausgezahlt und von der Bundesagentur für Arbeit an den Arbeitgeber erstattet wird. Steuerlich ist es nach § 3 Nr. 2a EStG steuerfrei, unterliegt jedoch dem sogenannten Progressionsvorbehalt, das heißt, bei der Einkommensteuerveranlagung kann das sonst steuerfreie Winterausfallgeld den persönlichen Steuersatz erhöhen. Sozialversicherungsrechtlich besteht während des Bezugs von Winterausfallgeld grundsätzlich Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung fort, wobei für die Beiträge das fiktive Entgelt zugrunde gelegt wird. Die Beiträge teilen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer, wobei spezielle Reduzierungen für Arbeitgeberanteile vorgesehen sein können. Umlagen und Beiträge zur Unfallversicherung sind in der Regel weiterhin voll zu entrichten.

Welche Unterlagen müssen Arbeitnehmer und Arbeitgeber für die Beantragung des Winterausfallgeldes vorlegen?

Arbeitnehmer müssen in der Regel keine gesonderten Unterlagen vorlegen; der Antrag läuft primär über den Arbeitgeber. Der Arbeitgeber muss jedoch detaillierte Abrechnungsunterlagen, die Arbeitszeitaufzeichnungen, den Nachweis über den Arbeitsausfall, gegebenenfalls Betriebsvereinbarungen, die Gehaltsabrechnungen und bei Bedarf Nachweise über ausgeschöpfte Arbeitszeitkonten einreichen. Darüber hinaus kann die Agentur für Arbeit weitere Unterlagen anfordern, wie etwa Auftragsbücher oder Wetterberichte, um den Anspruch und die Gründe für den Arbeitsausfall detailliert prüfen zu können.

Gibt es Ausschlussfristen, die bei der Beantragung von Winterausfallgeld beachtet werden müssen?

Ja, für die Geltendmachung des Winterausfallgeldes gelten strenge Ausschlussfristen. Der Arbeitgeber muss die Anzeige des Arbeitsausfalls spätestens am ersten Tag, an dem der Arbeitsausfall eintritt, an die Agentur für Arbeit übermitteln. Die Erstattung der geleisteten Zahlungen ist binnen einer Frist von drei Monaten nach Ablauf des Monats, in dem der Arbeitsausfall eingetreten ist, zu beantragen (§ 325 SGB III). Erfolgt die Beantragung verspätet, verfällt der Anspruch unwiderruflich. Auch tarifliche und betriebliche Ausschlussfristen sind zu beachten, da diese weitergehende Regelungen enthalten können.

Können Arbeitnehmer gegen eine Ablehnung des Winterausfallgeldes rechtlich vorgehen?

Wird ein Antrag auf Winterausfallgeld abgelehnt, besteht für die betroffenen Arbeitnehmer grundsätzlich die Möglichkeit, gegen den Ablehnungsbescheid der Agentur für Arbeit Widerspruch einzulegen. Sollte diesem nicht abgeholfen werden, kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe Klage vor dem zuständigen Sozialgericht erhoben werden. Die Rechtsgrundlage findet sich in den allgemeinen Vorschriften der Sozialgerichtsbarkeit (§§ 78 ff. SGG). Es empfiehlt sich, die Ablehnungsgründe genau zu prüfen und gegebenenfalls fachkundigen Rechtsbeistand, beispielsweise einen Fachanwalt für Arbeitsrecht oder Sozialrecht, hinzuzuziehen.