Legal Lexikon

Wildfolge

Begriff und Zweck der Wildfolge

Wildfolge bezeichnet das Nachgehen und Verfolgen von verletztem Wild, das nach einem Schuss oder einer Kollision den ursprünglichen Aufenthalts- oder Revierbereich verlassen hat. Ziel ist ausschließlich, das Leid des Tieres schnellstmöglich zu beenden und das Stück zu bergen. Die Wildfolge ist damit eine besondere Form der Nachsuche, die sich von der regulären Jagdausübung dadurch unterscheidet, dass sie nicht der Jagderfolgserzielung, sondern der Schadensbegrenzung und dem Tierschutz dient.

Im jagdrechtlichen Verständnis ist Wildfolge regelmäßig über Revier- und Grundstücksgrenzen hinweg angelegt. Sie setzt an der Schnittstelle zwischen Jagdausübungsrecht, Eigentumsrechten und tierschutzrechtlichen Grundsätzen an und ist in einem abgestuften Gefüge aus bundes- und landesrechtlichen Vorgaben geregelt.

Rechtlicher Rahmen

Abgrenzung zur regulären Jagdausübung

Die Wildfolge ist keine freie Fortsetzung einer Jagdhandlung über Grenzen hinweg. Sie dient allein der tierschutzgerechten Beendigung eines bereits verursachten Leidens und der Sicherung von Wildbret und Trophäe. Eine darüber hinausgehende Jagdausübung, etwa das Bejagen weiterer Stücke, ist von der Wildfolge nicht umfasst.

Verhältnis von Jagdrecht und Eigentum

Jagdrecht und Eigentum stehen bei der Wildfolge in einem Spannungsverhältnis: Einerseits besteht ein anerkanntes Interesse, verletztes Wild zu suchen und zu erlösen; andererseits berührt die Verfolgung fremdes Grundeigentum und fremde Jagdausübungsrechte. Die rechtlichen Regelungen ordnen dieses Verhältnis, indem sie Zutritts-, Duldungs- und Informationspflichten vorsehen, die die notwendige Nachsuche ermöglichen und zugleich Eigentümer- und Nachbarrechte berücksichtigen.

Grenzüberschreitende Wildfolge

Die grenzüberschreitende Wildfolge ist im jagdlichen Regelwerk verankert. In der Praxis bedeutet dies: Das Verfolgen verletzten Wildes in den angrenzenden Jagdbezirk ist grundsätzlich vorgesehen, unterliegt aber Voraussetzungen. Dazu gehören typischerweise Informations- und Abstimmungspflichten gegenüber dem benachbarten Jagdausübungsberechtigten. In Eilfällen, in denen ein weiteres Zuwarten das Leiden des Tieres verlängern würde, sind Erleichterungen anerkannt. Die konkreten Anforderungen variieren regional.

Tierschutz und Verhältnismäßigkeit

Leitlinie der Wildfolge ist der Tierschutz. Alle Maßnahmen haben sich am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auszurichten: Erforderlich ist, was zur raschen Ermittlung, Erreichung und tierschutzgerechten Erlösung des verletzten Stücks notwendig ist. Nicht umfasst sind Handlungen, die über dieses Ziel hinausgehen oder unnötige Beeinträchtigungen verursachen.

Beteiligte Personen und Zuständigkeiten

Wer ist zur Wildfolge befugt?

Zur Wildfolge befugt sind in der Regel die für das ursprüngliche Revier verantwortlichen jagdausübungsberechtigten Personen und von ihnen beauftragte Personen. Hierzu können auch besonders qualifizierte Nachsuchengespanne gehören, die aufgrund ihrer Ausbildung, Ausrüstung und Erfahrung für die Arbeit an der Schweißfährte herangezogen werden.

Rolle von Hundeführenden und Nachsuchengespannen

Nachsuchenhunde und ihre Führenden haben eine zentrale Rolle. Sie unterstützen das Auffinden verletzten Wildes, ermöglichen eine tierschutzgerechte Annäherung und erhöhen die Erfolgsaussichten der Wildfolge. Für ihre Tätigkeit bestehen vielfach abgestimmte Verfahren zwischen benachbarten Revieren, um Abläufe, Zuständigkeiten und Informationswege klarzustellen.

Informations- und Abstimmungspflichten

Bei grenzüberschreitender Wildfolge sind Informations- und Abstimmungspflichten gegenüber dem Nachbarrevier üblich. Soweit Zeit und Umstände es zulassen, erfolgt vor oder während der Nachsuche eine Benachrichtigung, damit die Beteiligten Rechte und Pflichten koordiniert wahrnehmen können. Die Ausgestaltung der Benachrichtigungspflichten ist regional unterschiedlich.

Durchführung und Grenzen

Mitführen und Einsatz von Waffen

Die Wildfolge dient der tierschutzgerechten Abkürzung von Leiden. Der Einsatz geeigneter Mittel, einschließlich von Schusswaffen, ist im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben zulässig, soweit er genau diesem Zweck dient. Auf fremden Flächen bestehen hierfür oftmals besondere Anforderungen und Formalitäten. Die Zulässigkeit und die Art der Waffennutzung sind nicht einheitlich geregelt und richten sich nach regionalen Vorgaben.

Zutritt zu Grundstücken und besondere Orte

Das Betreten fremder Grundstücke zur Wildfolge ist grundsätzlich vorgesehen, steht jedoch unter dem Vorbehalt des schonenden Umgangs mit Eigentumsrechten. Besondere rechtliche Anforderungen ergeben sich bei sensiblen Bereichen wie Hofräumen, Gärten, eingezäunten Arealen, Verkehrsflächen oder Siedlungsgebieten. Dort können zusätzlich ordnungsrechtliche Aspekte, Sicherheitsbelange und Mitwirkungspflichten öffentlicher Stellen eine Rolle spielen.

Zeitliche Aspekte und Schonzeiten

Die Wildfolge ist zweckbezogen und kein Mittel zur Umgehung jagdlicher Beschränkungen. Schonzeiten, Nachtjagd- und andere Beschränkungen bleiben als Grundsatz bestehen; die Wildfolge eröffnet lediglich einen eng begrenzten Ausnahmerahmen zur Leidensverkürzung des bereits verletzten Stücks. Die konkrete Ausgestaltung der zeitlichen Grenzen ist regional normiert.

Eigentum, Aneignung und Verwertung

Wo entsteht das Aneignungsrecht?

Wild ist zunächst herrenlos. Eigentum entsteht erst durch Aneignung im Rahmen der Jagdausübung. Maßgeblich ist in der Praxis regelmäßig der Ort, an dem das Stück endgültig verendet und in Besitz genommen wird. Wechselt verletztes Wild die Grenze und verendet im Nachbarrevier, richtet sich das Aneignungsrecht grundsätzlich nach den Verhältnissen dort. Die Zuweisung kann durch regionale Vorgaben und etablierte Übung konkretisiert sein.

Praxis der Überlassung und Ausgleich

In der jagdlichen Praxis bestehen häufig abgestimmte Verfahren, wonach das erlegte Stück, sofern seine Herkunft zweifelsfrei feststeht, einvernehmlich zugeordnet oder überlassen wird. Ebenso sind Ausgleichslösungen verbreitet. Diese Praxis dient der Konfliktvermeidung und der sachgerechten Umsetzung der Wildfolgeziele.

Haftung, Ordnungswidrigkeiten und Straftatbestände

Haftungsrisiken bei der Wildfolge

Wildfolge kann mit Gefahren und Schäden verbunden sein, etwa bei Sachbeschädigungen oder Unfällen. Verantwortlich ist grundsätzlich, wer die Handlung vornimmt oder anordnet. Jagdhaftpflichtversicherungen sind in diesem Zusammenhang verbreitet. Der konkrete Haftungsumfang hängt von den Umständen des Einzelfalls und den einschlägigen Regelungen ab.

Abgrenzung zur unbefugten Jagdausübung

Wildfolge ist rechtlich zulässig, wenn sie die hierfür vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt. Werden Grenzen ohne die rechtlich vorgesehene Legitimation überschritten, Informationspflichten missachtet oder der Zweck der Leidensverkürzung verlassen, kann dies als unzulässige Jagdausübung bewertet werden. Im Grenzbereich sind zudem Eigentums- und Betretensrechte zu beachten. Eine klare Dokumentation der Abläufe wirkt der Entstehung von Rechtsrisiken entgegen.

Wildfolge im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen

Wird Wild im Straßenverkehr verletzt und entfernt sich, kann die anschließende Nachsuche rechtlich als Wildfolge einzuordnen sein. Zuständig ist in der Regel die jagdlich verantwortliche Seite des betroffenen Bezirks, häufig in Abstimmung mit Ordnungs- oder Polizeibehörden. Maßgeblich ist auch hier der tierschutzrechtliche Zweck. Besondere örtliche Gegebenheiten, etwa verkehrsreiche Zonen oder Siedlungsnähe, führen regelmäßig zu zusätzlichen Sicherheitsanforderungen und Abstimmungsbedarfen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet Wildfolge im rechtlichen Sinne?

Wildfolge ist die grenzüberschreitende Nachsuche nach verletztem Wild mit dem alleinigen Ziel, Leiden zu verkürzen und das Stück zu bergen. Sie unterliegt eigenen Regeln und ist von der regulären Jagdausübung abzugrenzen.

Wer darf eine Wildfolge durchführen?

Befugt sind regelmäßig die jagdausübungsberechtigten Personen des Ursprungsreviers und von ihnen beauftragte Personen, einschließlich qualifizierter Nachsuchengespanne. Zuständigkeiten und Beauftragungen ergeben sich aus den einschlägigen Regelungen und örtlichen Absprachen.

Darf bei der Wildfolge eine Schusswaffe mitgeführt werden?

Der Einsatz geeigneter Mittel zur tierschutzgerechten Erlösung ist Teil der Wildfolge. Das Mitführen und der Einsatz von Schusswaffen auf fremden Flächen unterliegen besonderen rechtlichen Vorgaben, die regional unterschiedlich ausgestaltet sind.

Müssen Nachbarreviere über die Wildfolge informiert werden?

Informations- und Abstimmungspflichten sind bei grenzüberschreitender Wildfolge grundsätzlich vorgesehen. Soweit die Umstände es zulassen, erfolgt eine Benachrichtigung; in Eilfällen sind Erleichterungen anerkannt. Inhalt und Form der Information variieren regional.

Wer erwirbt das Aneignungsrecht am Stück bei Grenzübertritt?

Maßgeblich ist in der Praxis regelmäßig der Ort, an dem das Stück verendet und in Besitz genommen wird. Wechselt verletztes Wild ins Nachbarrevier, richtet sich das Aneignungsrecht grundsätzlich nach den dortigen Verhältnissen; einvernehmliche Überlassungen und Ausgleiche sind verbreitet.

Worin liegt der Unterschied zwischen Wildfolge und unzulässiger Jagd?

Wildfolge dient ausschließlich der Leidensverkürzung nach bereits eingetretenem Treffer oder Verletzung. Überschreitet die Tätigkeit diesen Zweck, werden Grenzen ohne Legitimation überschritten oder Informationspflichten missachtet, kann dies als unzulässige Jagdausübung bewertet werden.

Gelten Schonzeiten und zeitliche Beschränkungen auch bei Wildfolge?

Schonzeiten und sonstige jagdliche Beschränkungen bleiben als Regel bestehen. Die Wildfolge eröffnet lediglich einen eng begrenzten Rahmen zur tierschutzgerechten Beendigung des Leidens des bereits verletzten Stücks.

Wie ist die Wildfolge nach Wildunfällen rechtlich einzuordnen?

Entfernt sich verletztes Wild nach einem Verkehrsunfall, ist die Nachsuche rechtlich als Wildfolge zu verstehen. Zuständig ist die jagdlich verantwortliche Seite; häufig bestehen abgestimmte Verfahren mit Ordnungs- oder Polizeibehörden.