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Wildernde Hunde und Katzen


Begriffserklärung und rechtlicher Hintergrund

Der Begriff „wildernde Hunde und Katzen“ bezeichnet Tiere, insbesondere Haus- oder Heimtiere wie Hunde und Katzen, die außerhalb der Einwirkung ihrer Halterinnen oder Halter Wild verfolgen, fangen, verletzen oder töten. Der Begriff ist insbesondere im deutschen Jagdrecht sowie im Tierschutzrecht von großer Relevanz, da das Wildern durch Haustiere sowohl das ökologische Gleichgewicht als auch das Wildtierwohl beeinträchtigt. Die rechtlichen Vorgaben ordnen hierzu Verantwortlichkeiten, Eingriffsrechte und etwaige straf- sowie zivilrechtliche Konsequenzen an.

Rechtliche Grundlagen zum Verhalten und der Einwirkungspflicht

Definition des Wilderns im rechtlichen Sinne

Wildern durch Hunde oder Katzen liegt vor, wenn diese Tiere ohne Befehl, Einfluss oder Kontrolle der Aufsichtsperson eigenständig und gezielt Wild verfolgen, hetzen, erlegen oder verletzen. Dies grenzt sich von regulären Jagdhandlungen ab, die unter Jagdausübungsvorschriften erfolgen. Auch kurzzeitiges unbeaufsichtigtes Hetzen von Wild fällt bereits unter die Definition des Wilderns, sofern durch das Verhalten ein Schaden am Wild entsteht oder entstehen kann.

Gesetzliche Regelungen im Jagdrecht

Relevante Paragraphen und Bestimmungen

Im Bundesjagdgesetz (BJagdG), insbesondere §§ 23 Abs. 2 und 24 BJagdG, sowie in den Landesjagdgesetzen bestehen Regelungen hinsichtlich wildernder Hunde und Katzen. Danach sind Jagdausübungsberechtigte befugt, wildernde Hunde und Katzen unter bestimmten Voraussetzungen zu töten (§ 23 Abs. 2 BJagdG), sofern diese Tiere eine konkrete Gefahr für das Wild darstellen und sich außerhalb des Einflusses ihrer Halter befinden.

Voraussetzungen für Maßnahmen durch Jagdausübungsberechtigte

Jagdausübende dürfen wildernde Hunde nur dann töten, wenn diese außerhalb der Einwirkung ihrer Halterinnen oder Halter angetroffen werden und das Wild gefährden. Bei Katzen ist dies in der Regel erlaubt, wenn sie sich in einer Entfernung von mehr als 200 bis 500 Metern (je nach Landesrecht unterschiedlich) vom nächsten Haus entfernt aufhalten und Wild verfolgen.

Tierhalterverantwortung

Tierhalterinnen und Tierhalter unterliegen einer besonderen Aufsichtspflicht (§ 833 BGB, Tierhalterhaftung). Dies umfasst die Sicherstellung, dass ihr Tier nicht unbeaufsichtigt wildert. Bei Verletzung dieser Pflicht kann neben jagdrechtlichen auch zivilrechtliche Haftung entstehen, etwa für durch das Tier verursachte Schäden.

Tierschutzrechtliche Aspekte

Das Tierschutzgesetz (TierSchG) schreibt vor, dass Tiere nicht ohne vernünftigen Grund getötet oder erheblich beeinträchtigt werden dürfen. Das Töten wildernder Hunde und Katzen ist demnach nur gestattet, sofern dies gesetzlich ausdrücklich vorgesehen ist (z. B. im Jagdrecht) und keine milderen Mittel (wie das Einfangen) zur Verfügung stehen. Jede Maßnahme muss dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen und darf nur bei akuter Gefährdung des Wildes erfolgen.

Regelungen in den Bundesländern

Übersicht der Landesjagdgesetze

Die einzelnen Bundesländer haben teils unterschiedliche Regelungen bezüglich der Distanz, ab wann eine Katze oder ein Hund als „wildernd“ gilt, und ab wann jagdrechtliche Maßnahmen zulässig sind. In einigen Ländern sind die Distanzen und Bedingungen strenger gefasst, in anderen weiter gefasst. Eine Übersicht bieten die jeweiligen Landesjagdgesetze sowie Verwaltungsvorschriften, die regelmäßig aktualisiert werden.

Beispiele länderspezifischer Regelungen

  • In Bayern dürfen Katzen ab einer Entfernung von 300 Metern vom nächsten Haus und bei nachweislicher Wildgefährdung getötet werden.
  • In Niedersachsen liegt diese Grenze bei 200 Metern.
  • In anderen Bundesländern können weitere Einschränkungen gelten, zum Beispiel durch Schutzzonen um Siedlungsbereiche oder durch besondere Ausnahmegenehmigungen.

Strafrechtliche und zivilrechtliche Konsequenzen

Strafrechtliche Aspekte

Unberechtigtes Töten von Haustieren kann eine Straftat nach dem Tierschutzgesetz (§ 17 TierSchG) oder eine Sachbeschädigung nach § 303 StGB darstellen. Das Jagdrecht bildet eine Ausnahme vom Tierschutzgesetz, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.

Zivilrechtliche Haftung

Die Halterinnen und Halter haften für Schäden, die durch das wildernde Tier verursacht wurden (§ 833 BGB). Im Falle der rechtmäßigen Tötung eines Tieres besteht kein Anspruch auf Schadensersatz gegenüber dem Jagdausübungsberechtigten, sofern alle gesetzlichen Vorgaben eingehalten wurden.

Beschwerderecht und Rechtsschutz

Halterinnen und Halter, die der Ansicht sind, dass ihr Tier unrechtmäßig getötet wurde, können gegen die Maßnahme vorgehen. Dies erfolgt in der Regel im Verwaltungsrechtsweg oder durch Zivilklage, abhängig vom Einzelfall. Beweispflichten und Verfahrensfragen spielen hierbei eine zentrale Rolle.

Präventive Maßnahmen und Empfehlungen

Zur Vermeidung rechtlicher Konflikte sind Tierhalterinnen und Tierhalter angehalten, Hunde insbesondere in der Nähe von Wildtieren sowie in Jagdgebieten stets anzuleinen und Katzen möglichst im häuslichen Umfeld zu halten. Schulungen, Informationskampagnen und technische Maßnahmen wie GPS-Tracking für Tiere können das Risiko des Wilderns und damit rechtliche Konsequenzen minimieren.

Zusammenfassung

Das Thema „wildernde Hunde und Katzen“ ist in Deutschland rechtlich umfangreich geregelt. Es berührt neben dem Jagdrecht auch Aspekte des Tierschutz- und Zivilrechts. Die gesetzlichen Vorgaben dienen dem Schutz des Wildes, der Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit sowie dem Tierschutz. Tierhalter sollten sich eingehend mit den lokalen und bundesweiten Bestimmungen vertraut machen, um Haftungsrisiken und Strafbarkeiten zu vermeiden.

Häufig gestellte Fragen

Dürfen Jäger wildernde Hunde und Katzen erschießen?

Nach § 23 Bundesjagdgesetz (BJagdG) sowie den jeweiligen Landesjagdgesetzen dürfen Jäger wildernde Hunde und Katzen unter bestimmten Voraussetzungen töten. Wildernd sind Hunde und Katzen, wenn sie sich außerhalb des Einwirkungsbereichs ihres Halters befinden und erkennbar Wild nachstellen oder reißen. Das Töten ist jedoch in den meisten Bundesländern nur das letzte Mittel (Ultima Ratio) und nur nach vorheriger Androhung oder falls keine andere Möglichkeit besteht, um das Wild zu schützen. Zudem müssen Tiere gekennzeichnet (z.B. mit Chip oder Tätowierung) umgehend an die Halter oder zuständige Behörden gemeldet werden. Darüber hinaus sind zusätzliche Einschränkungen durch Tierschutzgesetze (z.B. Verbot von unnötigem Leiden) und kommunale Regelungen möglich, die zu einer restriktiveren Handhabung führen können.

Welche rechtlichen Konsequenzen drohen Hunde- oder Katzenhaltern bei wiederholtem Wildern?

Halter, deren Tiere nachweislich mehrfach wildern, können für entstandene Wildschäden haftbar gemacht werden. Grundlage ist hierbei das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) § 833 (Tierhalterhaftung), wobei der Halter unabhängig von eigenem Verschulden haftet. Zudem droht die Einleitung eines Bußgeldverfahrens nach den jeweiligen Landesjagd- und Ordnungswidrigkeitengesetzen. In schweren Fällen kann die Behörde ein Haltungsverbot oder eine behördliche Sicherstellung anordnen, falls der Schutz des Wildes oder öffentlicher Belange (z.B. Gefährdung der Allgemeinheit) dies erfordern.

Gibt es eine gesetzliche Meldepflicht nach der Tötung eines wildernden Tieres?

Ja, § 23 BJagdG verpflichtet Jäger sowie andere Personen, die ein wilderndes Tier getötet haben, dies unverzüglich der zuständigen Behörde (meist Ordnungsamt oder Veterinäramt) zu melden. Zusätzlich müssen gekennzeichnete Tiere (mit Chip oder Tätowierung) zur Identifikation aufbewahrt werden, sodass der Halter benachrichtigt werden kann. Die Verletzung dieser Meldepflicht stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit Bußgeldern geahndet werden.

In welchen Schutzgebieten gelten besondere Regelungen für wildernde Hunde und Katzen?

In Naturschutz-, Landschaftsschutz- und Wildschutzgebieten herrschen meist strengere Regelungen. Oft besteht während der Brut- und Setzzeit (April bis Juli) eine generelle Anleinpflicht für Hunde (§ 25 BJagdG, diverse Landesgesetze). Das bürokratische Vorgehen nach dem Ergreifen von Tieren ist oft eng geregelt, zum Teil ist das Töten wildernder Haustiere vollständig untersagt oder darf ausschließlich nach vorheriger behördlicher Genehmigung erfolgen. Verstöße können empfindliche Bußgelder nach sich ziehen.

Ist der Halter verpflichtet, seine Tiere am Wildern zu hindern?

Der Halter ist nach verschiedenen Rechtsgrundlagen (u.a. § 833 BGB und Landesnaturschutzgesetze) in der Pflicht, alles Zumutbare zu unternehmen, um das Wildern zu verhindern. Hierzu zählt die Kontrolle des Tieres, insbesondere während der Jagdzeiten oder in gefährdeten Gebieten. Im Falle eines Verstoßes drohen zivilrechtliche und verwaltungsrechtliche Sanktionen wie Schadenersatzforderungen oder Auflagen zur Tierhaltung (z.B. Anleinpflicht, Maulkorbzwang).

Welche Möglichkeiten haben Tierhalter, sich gegen eine unrechtmäßige Tötung ihres Tieres zu wehren?

Tierhalter können gegen eine vermeintlich unrechtmäßige Tötung ihres Tieres zivil- und strafrechtlich vorgehen. Das umfasst eine Strafanzeige wegen Sachbeschädigung (§ 303 StGB), falls das Erlegen nicht auf gesetzlicher Grundlage oder unter Verstoß gegen Tierschutzgesetze erfolgte. Auch zivilrechtliche Schadensersatzforderungen sind möglich. In Gerichtsverfahren wird regelmäßig geprüft, ob die Voraussetzungen für das Töten (Gefährdungslage, Verhältnismäßigkeit, Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben) eingehalten wurden.

Wie wird beurteilt, ob ein Hund oder eine Katze tatsächlich „wildert“?

Die Beurteilung erfolgt anhand konkreter Beobachtungen und muss gerichtsfest dokumentierbar sein. Ein Tier gilt als wildernd, wenn es selbstständig Wild verfolgt, jagt oder reißt und dies außerhalb des unmittelbaren Einflussbereichs des Halters geschieht. Die bloße Anwesenheit in einem Jagdrevier reicht in der Regel nicht aus. Zur Beweissicherung dienen Zeugenaussagen, gegebenenfalls Foto- oder Videobeweise. Im Streitfall muss das Gericht klären, ob alle Voraussetzungen für wilderndes Verhalten im Sinne der einschlägigen Gesetze vorlagen.