Begriffserklärung: Wilde Pflanzen und Tiere
Wilde Pflanzen und Tiere sind zentrale Begriffe im Umweltrecht, Naturschutzrecht sowie im internationalen Artenschutz. Sie umfassen alle Pflanzen- und Tierarten, die ihren Lebensraum unabhängig vom Einfluss einer menschlichen Bewirtschaftung oder Züchtung in freier Natur haben oder ursprünglich hatten. Im rechtlichen Kontext sind insbesondere Abgrenzung, Schutz, Nutzung, Besitz und Handel einschlägige Themen, die durch nationale und internationale Rechtsakte umfassend geregelt sind.
1. Abgrenzung zu anderen Begriffen
1.1 Wildtiere versus Haustiere und Nutztiere
Wildtiere sind sämtliche Tierarten, die sich ohne Domestikation in natürlicher Umgebung aufhalten. Im Gegensatz dazu stehen Haustiere und Nutztiere, deren Populationen und Lebensräume durch den Menschen bestimmt sind. Die Rechtsordnung differenziert hier, da sich Pflichten und Rechte im Umgang mit Wildtieren fundamental von denen gegenüber Haustieren oder Nutztieren unterscheiden.
1.2 Wilde Pflanzen versus Kulturpflanzen
Entsprechendes gilt für Pflanzenarten: Wilde Pflanzen sind Arten und Populationen, die sich ohne gezielte Selektion oder Anbau durch Menschen verbreiten. Kulturpflanzen werden durch gezielte Züchtung und Anbau beeinflusst und unterliegen anderen rechtlichen Regelungen.
2. Rechtsgrundlagen
2.1 Nationales Recht
2.1.1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)
Das Bundesnaturschutzgesetz stellt die maßgebliche Regelung für den Schutz wilder Pflanzen und Tiere in Deutschland dar. § 7 BNatSchG definiert die Begriffe und differenziert nach besonders und streng geschützten Arten. Das Gesetz enthält Vorgaben zu Lebensraum-, Arten- und Biotopschutz.
2.1.2 Bundesjagdgesetz (BJagdG)
Das Jagdrecht thematisiert den Umgang mit Wildtieren, die dem Jagdrecht unterliegen („Wild“). Hier werden Besitz, Nutzung, Hege und Bejagung geregelt.
2.1.3 Tierschutzgesetz (TierSchG)
Soweit es um Lebendfang, Haltung oder Tötung wilder Tiere geht, greifen zudem die allgemeinen Bestimmungen des Tierschutzgesetzes, etwa im Hinblick auf Schmerzvermeidung und artgerechte Behandlung.
2.1.4 Pflanzenschutzgesetz (PflSchG)
Im Zusammenhang mit wilden Pflanzen befasst sich das Pflanzenschutzgesetz mit Belangen des Auftretens und der Regulierung bestimmter Arten, insbesondere, wenn sie als „Unkräuter“ oder invasive Spezies auftreten.
2.2 Internationales Recht
2.2.1 Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES)
Das Washingtoner Artenschutzübereinkommen regelt den internationalen Handel mit bedrohten wildlebenden Tier- und Pflanzenarten. Die in den CITES-Anhängen genannten Arten dürfen nur unter bestimmten Voraussetzungen gehandelt oder in Besitz genommen werden.
2.2.2 Berner Konvention
Die Berner Konvention verpflichtet ihre Vertragsstaaten zum Schutz wildlebender europäischer Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume.
2.2.3 EU-Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie)
Die FFH-Richtlinie schützt wildlebende Arten in Europa und ihre Habitate. Sie schafft Vorgaben zur Ausweisung von Schutzgebieten (Natura 2000), zur Erhaltung der Populationen sowie zu Verboten im Umgang mit geschützten Arten.
3. Besitz und Nutzung wilder Pflanzen und Tiere
3.1 Besitzrechtliche Einordnung
Wilde Tiere gehören nach § 960 BGB grundsätzlich niemandem („herrenlos“), solange sie sich in Freiheit befinden („wildlebend“). Erst durch Ergreifen (Fang, Jagd) gehen sie gegebenenfalls in das Eigentum des Finders oder Jägers über, sofern gesetzliche Vorgaben eingehalten werden.
Bei wilden Pflanzen ist die Eigentumslage meist mit dem Grundstückseigentum verknüpft. Das unerlaubte Entnehmen oder Sammeln ist durch naturschutzrechtliche Bestimmungen beschränkt oder untersagt.
3.2 Schutznutzung und Verbotstatbestände
Viele Arten unterliegen Sammel-, Fang-, Tötungs- und Handelsverboten, insbesondere wenn sie besonders oder streng geschützt sind. Hierzu zählen vor allem Verordnungen nach §§ 44, 45 BNatSchG (streng geschützte Arten) sowie entsprechenden europäischen und internationalen Vorschriften.
Die Ausnahmen (z. B. Jagd, Hege, Forschung) sind strikt geregelt und bedürfen regelmäßig einer behördlichen Ausnahmegenehmigung.
4. Schutzmechanismen
4.1 Schutzkategorien und -maßnahmen
Die Rechtsordnung sieht unterschiedliche Schutzkategorien vor:
Streng geschützte Arten (z. B. europäische Vogelarten, Wolfsarten): Umfassendes Fang-, Besitz-, Transport- und Vermarktungsverbot.
Besonders geschützte Arten: Eingeschränkte Verbote mit Möglichkeit behördlicher Ausnahmen.
* Allgemeiner Artenschutz: Grundsätzliche Verbote der Entnahme aus Natur und ungenehmigtem Besitz.
4.2 Lebensraumschutz
Der Schutz wildlebender Flora und Fauna umfasst nicht nur die Individuen, sondern deren Lebensräume („Biotopschutz“). Zahlreiche Vorschriften (z. B. § 30 BNatSchG, FFH-Richtlinie) verpflichten zu Erhalt und Entwicklung ökologisch wertvoller Flächen wie Feuchtgebiete, Heiden, Wälder und Gewässer.
5. Bußgeld, Strafen und Sanktionen
Verstöße gegen Vorschriften zum Schutz wilder Pflanzen und Tiere stellen Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten dar und werden empfindlich geahndet. Das Spektrum reicht von Geldbußen im Rahmen des Ordnungswidrigkeitenrechts bis zu Freiheitsstrafen bei schwerwiegenden Vergehen (z. B. illegaler Handel, Zerstörung streng geschützter Lebensräume).
6. Bedeutung für den Naturschutz
Wilde Pflanzen und Tiere sind zentrale Schutzgüter des Naturschutzrechts. Sie sichern die Biodiversität und leisten essentielle Beiträge zur Stabilität und Funktionsfähigkeit von Ökosystemen. Das rechtliche Schutzregime dient dem Ausgleich zwischen Nutzung durch den Menschen und dem Erhalt natürlicher Lebensgrundlagen.
Literaturhinweise
- Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)
- Bundesjagdgesetz (BJagdG)
- Tierschutzgesetz (TierSchG)
- Pflanzenschutzgesetz (PflSchG)
- Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES)
- Berner Konvention
- Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie)
Hinweis: Die vorliegende Darstellung liefert einen umfassenden Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen für wilde Pflanzen und Tiere im deutschsprachigen Raum und deren europäische und internationale Bezüge. Für Detailfragen empfiehlt sich stets die Konsultation der maßgeblich einschlägigen Normtexte oder zuständiger Behörden.
Häufig gestellte Fragen
Darf ich wilde Pflanzen für den Eigenbedarf sammeln?
Das Sammeln wilder Pflanzen zum Eigenbedarf ist in Deutschland grundsätzlich gesetzlich geregelt. Laut §39 Absatz 3 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) ist es verboten, wild lebende Pflanzen ohne vernünftigen Grund zu entnehmen. Es gibt jedoch eine sogenannte Handstraußregelung: Danach dürfen geringe Mengen wild lebender Pflanzen, ihrer Teile und Früchte für den persönlichen Bedarf gesammelt werden, sofern keine geschützten Arten betroffen sind und die Pflanzen aus der freien Natur stammen, die nicht unter besonderen Schutz gestellt ist (z.B. Naturschutzgebiet). Das bedeutet, das Sammeln für den privaten Gebrauch ist erlaubt, sofern keine Beeinträchtigung des Bestands besteht und das Sammeln ohne Werkzeug erfolgt. Für geschützte oder bedrohte Arten – etwa viele Orchideen – gilt ein absolutes Entnahmeverbot, unabhängig von der Menge. Zudem können landesrechtliche Vorschriften das Sammeln weiter einschränken.
Ist es erlaubt, Wildtiere in der Natur zu fangen oder zu halten?
Das Fangen oder Halten wild lebender Tiere ist streng reguliert und in vielen Fällen verboten. Nach dem Bundesnaturschutzgesetz ist es nicht gestattet, wild lebende Tiere ihrer natürlichen Umgebung zu entnehmen oder sie zu besitzen, es sei denn, es liegt eine behördliche Genehmigung vor. Eine Ausnahme kann für bestimmte nicht geschützte Arten gelten, beispielsweise bei der Haltung von Amphibien oder Reptilien, sofern keine Bestandsgefährdung vorliegt. Für das Fangen von Wildtieren zu wissenschaftlichen Zwecken oder für die Wildtierpflege ist in der Regel eine Genehmigung der Naturschutzbehörde erforderlich. Zudem besteht nach dem Tierschutzgesetz eine Pflicht zur artgerechten Haltung, sodass auch rechtmäßig gefangene Tiere besonderen Anforderungen unterliegen.
Welche Strafen drohen bei der unerlaubten Entnahme geschützter Pflanzen oder Tiere?
Verstöße gegen das Bundesnaturschutzgesetz, insbesondere das Sammeln, Ausgraben oder Fangen geschützter Arten, können Ordnungswidrigkeiten oder sogar Straftaten darstellen. Je nach Schwere des Verstoßes sind Bußgelder in Höhe von mehreren tausend Euro möglich; in schweren Fällen (z.B. gewerbsmäßige Entnahme geschützter Arten) kann sogar eine Freiheitsstrafe verhängt werden (§71 BNatSchG). Die genaue Höhe der Strafe hängt davon ab, welche Art betroffen ist, in welchem Umfang die Handlung erfolgte und ob es sich um einen Wiederholungsfall handelt. Auch das simple Besitzen illegal entnommener Pflanzen oder Tiere kann strafbar sein.
Gibt es spezielle Regelungen für das Betreten von Schutzgebieten?
Ja, Schutzgebiete wie Nationalparks, Naturschutzgebiete oder Naturdenkmale unterliegen besonderen gesetzlichen Vorschriften. Das Betreten dieser Gebiete ist meist nur auf ausgewiesenen Wegen erlaubt; das Sammeln, Fangen oder Beschädigen von wilden Pflanzen und Tieren ist grundsätzlich untersagt. Vergehen werden als Ordnungswidrigkeit geahndet. In Biosphärenreservaten oder Landschaftsschutzgebieten können die Regelungen weniger streng sein, dennoch ist in der Regel auch hier das Entnehmen von Pflanzen und Tieren untersagt oder nur in Ausnahmefällen und mit Genehmigung erlaubt.
Welche Genehmigungen können für den Umgang mit Wildpflanzen und Wildtieren erforderlich sein?
Für bestimmte Aktivitäten – etwa das wissenschaftliche Sammeln Pflanzenproben, das Fangen seltener Tiere zu Forschungszwecken oder die Entnahme zu Wiederansiedlungsprojekten – bestehen Ausnahmegenehmigungen, die von den zuständigen Naturschutzbehörden erteilt werden können. Dafür sind strenge Auflagen zu erfüllen, zum Beispiel Nachweise über ein konkretes Forschungsinteresse, ein bestehendes öffentliches Interesse oder ein Maßnahmenplan zur Erhaltung der Art. Ohne diese schriftlichen Genehmigungen, die regelmäßig befristet und zweckgebunden sind, ist jegliche Entnahme, auch zu scheinbar harmlosen Zwecken, untersagt.
Was ist beim Fotografieren und Stören von Wildtieren rechtlich zu beachten?
Das gezielte Stören von Wildtieren, beispielsweise zur Fotografie, ist gesetzlich eingeschränkt. Nach dem Bundesnaturschutzgesetz ist es verboten, wild lebende Tiere während ihrer Fortpflanzungs-, Brut-, Aufzucht-, Mauser-, Wanderungs- und Überwinterungszeiten erheblich zu stören (§44 BNatSchG). Besonders streng ist dies bei streng geschützten Arten, wie bestimmten Vögeln oder Fledermäusen. Auch das Betreten sensibler Bereiche, das Errichten von Fotofallen oder Fütterungen zu Fotozwecken kann untersagt oder genehmigungspflichtig sein. Verstöße werden als Ordnungswidrigkeit geahndet und können mit Bußgeldern belegt werden.
Darf ich gefundene tote Wildtiere oder Pflanzenteile mitnehmen?
Auch das Mitnehmen toter Wildtiere oder deren Teile (z.B. Federn, Geweihe, Knochen) unterliegt gesetzlichen Beschränkungen. Bei geschützten Arten ist bereits der Besitz – unabhängig von der Fundumständen – verboten. Ansonsten kann das Naturschutzrecht und das Jagdrecht greifen: So dürfen beispielsweise Geweihe und Abwurfstangen vom Waldboden oftmals nicht ohne Zustimmung des Forstamts oder Jagdausübungsberechtigten mitgenommen werden. Pflanzenteile wie abgebrochene Äste dürfen meist in geringen Mengen mitgenommen werden, solange keine Schutzbestimmungen greifen. Zur Vermeidung von Rechtsverstößen empfiehlt sich im Zweifel immer die Rücksprache mit der zuständigen Behörde.