Rechtliche Definition und Einordnung von Wild
Der Begriff Wild spielt im deutschen Recht insbesondere im Jagdrecht eine zentrale Rolle. Unter Wild wird im rechtlichen Sinne eine Vielzahl von freilebenden Tieren verstanden, die dem Wildregal unterliegen und den Vorschriften des Bundes- sowie der Landesjagdgesetze unterworfen sind. Die gesetzliche Behandlung von Wild erfasst deren Status als herrenlose Tiere, deren Aneignung, Schutz, Nutzung und die Regelungen bezüglich des Eigentumsübergangs.
Wild im Sinne des Jagdrechts
Allgemeine Definition gemäß Bundesjagdgesetz
Das Bundesjagdgesetz (BJagdG) dient als Hauptquelle für die rechtliche Definition von Wild. Nach § 2 BJagdG bezeichnet der Begriff „Wild“ wildlebende Tiere, die dem Jagdrecht unterliegen. Der Gesetzgeber hat im Bundesjagdgesetz und den Landesjagdgesetzen explizite Wildarten aufgelistet, die dem Jagdrecht unterwalten. Dazu zählen Haarwild (z.B. Reh, Hirsch, Hase) und Federwild (z.B. Ente, Fasan, Rebhuhn).
Jagdbares und nicht jagdbares Wild
Es wird zwischen jagdbarem Wild (Wildarten, auf welche gejagt werden darf) und nicht jagdbarem Wild unterschieden. Die in den Anhängen der Jagdgesetze gelisteten Arten unterliegen spezifischen Regelungen hinsichtlich Schonzeiten, Jagdzeiten und Artenschutz.
Eigentumsverhältnis und Aneignung von Wild
Rechtsstatus des Wildes
Nach deutschem Recht gilt Wild grundsätzlich als herrenlos (§ 960 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB), solange es sich in freier Natur aufhält. Herrenlos bedeutet, dass keine natürliche oder juristische Person als Eigentümer des Wildes existiert.
Eigentumserwerb an Wild
Das Eigentum an Wild geht erst mit der Aneignung über. Die Aneignung erfolgt im Kontext des Jagdrechts primär durch erlaubte Jagdausübung im Rahmen einer Jagderlaubnis. Gemäß § 1 BJagdG ist die Jagd auf Wild nur auf befriedeten und bestimmten Flächen innerhalb eines Jagdreviers zulässig.
Aneignungsvoraussetzungen
Die Aneignung von Wild steht ausschließlich dem jagdausübungsberechtigten Inhaber eines Jagdrechts zu. Verstöße gegen das Jagdausübungsrecht, wie Wilderei oder Jagd ohne gültige Jagderlaubnis, führen nicht zu einem wirksamen Eigentumserwerb, sondern sind strafrechtlich relevant.
Eigentumsübergang nach Erlegen
Wild wird mit dem erfolgreichen Erlegen, das den jagdrechtlichen Vorschriften entspricht, gemäß § 961 BGB zum Eigentum des Jagdausübungsberechtigten. Stirbt Wild jedoch auf andere Weise (zum Beispiel durch einen Verkehrsunfall), so verbleibt es herrenlos und darf nicht ohne weiteres angeeignet werden (Verbot von „Wilderei“ und „Aneignungsverbot durch Dritte“ gemäß § 292 Strafgesetzbuch, StGB).
Schutzvorschriften und Verantwortlichkeiten
Hegepflicht und Wildschutz
Das Bundesjagdgesetz und die Landesgesetze verpflichten den Jagdausübungsberechtigten zur Hege. Ziel der Hege ist es, einen artenreichen und gesunden Wildbestand zu erhalten sowie Schäden an der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft zu verhindern. Die Hegeverpflichtung umfasst konkret Maßnahmen wie Fütterung, Schaffung von Rückzugsgebieten und Schutz vor Wildseuchen.
Haftung und Verkehrsunfälle mit Wild
Wildunfälle sind rechtlich insofern relevant, als dass für bestimmte Schäden, wie Fahrzeugschäden nach Wildunfällen, spezielle Regelungen im Versicherungsrecht gelten. Wild bleibt bis zur Aneignung herrenlos; eine unmittelbare Haftung des Jagdausübungsberechtigten entsteht nur dann, wenn eine Vernachlässigung der Verkehrssicherungspflicht nachweisbar ist.
Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechtliche Aspekte
Wilderei und unrechtmäßige Aneignung
Wilderei ist nach § 292 StGB strafbar und liegt dann vor, wenn Wild unter Verstoß gegen jagdrechtliche Bestimmungen unrechtmäßig angeeignet oder erlegt wird. Ebenfalls ist das widerrechtliche Fangen, Töten oder Aneignen von Wild eine Ordnungswidrigkeit, die mit Bußgeld oder weiteren jagdrechtlichen Konsequenzen geahndet werden kann.
Rechtsfolgen bei Verstößen
Neben strafrechtlicher Verfolgung drohen Verstöße gegen jagdrechtliche Vorschriften die Entziehung der Jagderlaubnis, Schadensersatzpflichten und die Pflicht zur Abgabe erlangter Wildbretteile.
Besonderheiten: Wild im Naturschutzrecht
Nicht jede wildlebende Tierart gilt rechtlich als „Wild“ im Sinne des Jagdrechts. Viele Arten fallen unter das Naturschutzrecht und werden durch das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) besonders geschützt. Für diese Arten gelten zusätzliche Schutzmechanismen, die unabhängig von den jagdrechtlichen Regelungen bestehen.
Zusammenfassung
Der Begriff Wild ist im deutschen Recht komplex ausgestaltet. Im rechtlichen Sinn umfasst Wild nur bestimmte wildlebende Tiere, die dem Jagdrecht unterliegen; ihr Status ist durch das Bundesjagdgesetz und die Landesjagdgesetze geregelt. Eigentum kann an Wild erst und nur nach den vorgeschriebenen legalen Maßnahmen erworben werden. Der Schutz von Wild unterliegt umfassenden Pflichten, Verstöße werden sanktioniert. Darüber hinaus ergeben sich Überschneidungen und Abgrenzungen zu weiteren Rechtsgebieten wie dem Naturschutz- und Strafrecht, was die Materie besonders facettenreich macht.
Häufig gestellte Fragen
Wer ist nach deutschem Recht für Wildschäden verantwortlich?
Für Wildschäden – also Schäden, die durch Wild an land- oder forstwirtschaftlichen Kulturen verursacht werden – ist nach deutschem Recht grundsätzlich die Jagdgenossenschaft als Grundstückseigentümergemeinschaft verantwortlich. Das ist im Bundesjagdgesetz (§ 29 BJagdG) sowie in den jeweiligen Landesjagdgesetzen geregelt. Die Jagdpächter sind verpflichtet, Wildschäden zu verhüten und zu melden, während die Jagdgenossenschaft für den tatsächlichen Ausgleich aufkommt. Der Grundstückseigentümer oder Bewirtschafter einer Fläche kann bei erlittenen Wildschäden einen entsprechenden Antrag auf Schadensersatz bei der Jagdgenossenschaft beziehungsweise beim Jagdpächter stellen. Wird keine Einigung erreicht, entscheidet die zuständige Schätzungsbehörde. Besonders relevant sind dabei Fristen und Anzeigepflichten: Der Schadensfall ist meist binnen einer Woche nach Feststellung anzuzeigen, sonst kann der Anspruch verfallen. Nicht jeder Schaden ist automatisch ersatzfähig; nur Schäden an bestimmten Kulturen wie Äckern, Wiesen oder Forstkulturen werden berücksichtigt. Wildschäden im Garten- oder Zierpflanzenbereich sind in der Regel nicht erstattungsfähig.
Welche rechtlichen Vorgaben gelten für den Besitz von erlegtem Wild?
Für den Besitz von erlegtem Wild gelten in Deutschland zahlreiche rechtliche Vorgaben, die sich vor allem aus dem Bundesjagdgesetz, dem Tierschutzrecht sowie lebensmittelrechtlichen Vorschriften ergeben. Grundsätzlich darf wildlebendes Wild nur durch einen berechtigten Jäger mit gültigem Jagdschein und im Rahmen der gesetzlichen Jagdzeiten erlegt werden. Das Eigentum am erlegten Wildtier geht erst dann auf den Jäger über, wenn es ordnungsgemäß erlegt und geborgen ist (§ 1 Abs. 3 BJagdG). Danach dürfen Wildkörper nur unter Einhaltung lebensmittelrechtlicher Hygienestandards transportiert und verarbeitet werden. Für die Vermarktung von Wildbret sind insbesondere die Verordnung (EG) Nr. 853/2004 sowie das Tierische Lebensmittel-Hygieneverordnung zu beachten. Privatpersonen dürfen Wildbret nur im Rahmen des Eigenverbrauchs abgeben, nicht aber an den Einzelhandel verkaufen, es sei denn, sie erfüllen die Anforderungen eines zugelassenen Wildbearbeitungsbetriebs.
Welche gesetzlichen Beschränkungen gibt es für das Füttern von Wildtieren?
Das Füttern von Wildtieren unterliegt in Deutschland strengen gesetzlichen Beschränkungen. Das Bundesjagdgesetz und die entsprechenden Landesjagdgesetze regeln, dass die Fütterung von Wild grundsätzlich verboten ist, es sei denn, sie dient konkreten jagdlichen oder tierschutzrechtlichen Zwecken (wie etwa der Wildverbissverhütung oder Notzeitfütterung in besonders harten Wintern). Einzelne Bundesländer haben spezielle Regelungen erlassen, die etwa die Art der Fütterung, die eingesetzten Futtermittel und die Standorte von Futterplätzen präzise festlegen. Insbesondere ist die Fütterung in der Nähe von Straßen, Siedlungen oder Naturschutzgebieten verboten, um sowohl den Menschen- als auch Artenschutz zu gewährleisten. Verstöße gegen diese Fütterungsverbote können als Ordnungswidrigkeit oder sogar als Straftat geahndet werden.
Was ist beim Umgang mit gefundenem oder verletztem Wild aus rechtlicher Sicht zu beachten?
Wer gefundenes oder verletztes Wild antrifft, muss sich nach dem Tierschutzrecht und den jagdrechtlichen Vorschriften richten. Das Aneignen von tot aufgefundenem Wild (Fallwild) ist grundsätzlich verboten, es sei denn, der Finder informiert unverzüglich den Jagdausübungsberechtigten oder die örtliche Polizei. Nur der jeweilige Jagdausübungsberechtigte darf sich das Fallwild aneignen. Bei lebenden, verletzten Wildtieren darf eine Nothilfe geleistet werden, allerdings sollten Laien vorsichtig sein und möglichst einen Jagdausübungsberechtigten oder eine Wildtierauffangstation verständigen, da das eigenmächtige Töten erlegungsfähigen Wildes oder das Mitnehmen von Tieren ohne jagdrechtliche Erlaubnis in der Regel als Wilderei gilt.
Sind für das Aufstellen von Wildkameras rechtliche Vorgaben zu beachten?
Ja, für das Aufstellen von Wildkameras (Fotofallen) gelten in Deutschland sowohl jagdrechtliche als auch datenschutzrechtliche Vorschriften. Die Kameras dürfen aus jagdlichen Zwecken zur Wildbeobachtung in Revieren aufgestellt werden, jedoch ist der Datenschutz zu beachten, insbesondere wenn öffentliche Wege, angrenzende Grundstücke oder Privatflächen miterfasst werden könnten. Nach § 4 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) und den europäischen Vorgaben der DSGVO ist eine Information der Betroffenen über die Überwachung notwendig, sofern Personen aufgenommen werden könnten. Die Kameraüberwachung im öffentlichen Raum ist dabei besonders kritisch zu sehen. Betreiber sollten sicherstellen, dass keine dauerhafte oder gezielte Überwachung von Dritten erfolgt und die Aufnahmen ausschließlich für den eigentlichen Zweck verwendet werden.
Welche Strafen drohen bei Verstößen gegen das Jagdrecht im Zusammenhang mit Wild?
Verstöße gegen das Jagdrecht werden in Deutschland je nach Art und Schwere des Delikts mit Ordnungswidrigkeiten oder strafrechtlichen Sanktionen geahndet. Beispielsweise werden Wilderei, Jagd ohne gültigen Schein, das Abschießen von nicht freigegebenem Wild sowie das Fangen oder Aneignen von Wild ohne Berechtigung als Straftaten nach § 292 Strafgesetzbuch (StGB) verfolgt. Hier drohen Geldstrafen oder Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren, in besonders schweren Fällen sogar mehr. Minder schwere Verstöße, etwa das nicht ordnungsgemäße Führen von Jagdunterlagen, die zu späte Anzeige von Wildschäden oder unerlaubte Fütterungen, werden als Ordnungswidrigkeiten mit Bußgeldern bis zu mehreren Tausend Euro geahndet. Bei systematischen oder wiederholten Verstößen kann die jagdrechtliche Zuverlässigkeit entfallen, was den Verlust des Jagdscheins und eines Jagdpachtvertrags nach sich ziehen kann.
Wer ist für die Einhaltung der Schonzeiten für Wild verantwortlich?
Für die Einhaltung der gesetzlichen Schonzeiten – also der Zeiträume, in denen bestimmte Wildarten nicht bejagt werden dürfen – sind primär die Jagdausübungsberechtigten (meist Jagdpächter oder Eigenjagdbesitzer) verantwortlich. Die gesetzlichen Schonzeiten sind im Bundesjagdgesetz (§ 22 BJagdG) und in den jeweiligen Landesjagdgesetzen festgelegt. Verstöße gegen die Schonzeiten werden als schwere Ordnungswidrigkeit oder sogar als Straftat geahndet. Überwacht wird die Einhaltung von Schonzeiten durch die zuständigen Jagdbehörden, die unteren Naturschutzbehörden sowie die Polizei; zudem kann jeder Verstoß von Privatpersonen zur Anzeige gebracht werden. In besonders gelagerten Einzelfällen können Ausnahmen von den Schonzeiten auf Antrag von der Behörde genehmigt werden, etwa bei übermäßigen Wildschäden oder zur Seuchenprävention.