Begriff und allgemeine Definition der Wiederverheiratung
Die Wiederverheiratung bezeichnet im rechtlichen Kontext die erneute Eheschließung einer Person, deren vorhergehende Ehe durch Tod, Scheidung oder gerichtliche Aufhebung beendet wurde. Die Wiederverheiratung ist in Deutschland und vielen anderen Staaten durch zivilrechtliche Vorschriften geregelt und kann darüber hinaus auch familien-, erb- sowie steuerrechtliche Auswirkungen haben.
Rechtliche Voraussetzungen für die Wiederverheiratung
Beendigung der vorangegangenen Ehe
Ein fundamentales Erfordernis zur Wiederverheiratung ist die rechtskräftige Auflösung der vorherigen Ehe. Dies erfolgt typischerweise durch:
- Tod des Ehepartners
- Rechtskräftig ausgesprochene Scheidung
- Gerichtliche Aufhebung der Ehe
Zur Legitimierung einer erneuten Eheschließung fordert das Standesamt regelmäßig entsprechende Nachweise wie Sterbeurkunde, Scheidungsurteil mit Rechtskraftvermerk oder Aufhebungsbeschluss.
Wartezeit nach rechtskräftiger Scheidung (Wiederverheiratungssperre)
In Deutschland besteht seit dem 01.07.1977 grundsätzlich keine gesetzliche Wartefrist mehr für die Wiederverheiratung. Eine Ausnahme stellt jedoch § 1309 BGB dar: Eine Beschränkung kann auftreten, wenn ausländisches Recht eine Wartefrist (sog. „Iddah“-Frist im islamischen Recht oder ähnliche Regelungen) für die betreffende Person vorsieht. In solchen Fällen wird die Fähigkeit zur Wiederverheiratung nach dem für den Betroffenen maßgeblichen Recht geprüft.
Ehefähigkeitszeugnis und weitere Voraussetzungen
Für Personen, die bereits verheiratet waren, wird zur Wiederverheiratung oftmals ein Ehefähigkeitszeugnis oder vergleichbares Dokument verlangt, sofern einer der Partner nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder im Ausland geheiratet werden soll. Dieses bescheinigt, dass keine Ehehindernisse bestehen.
Wiederverheiratung im internationalen Privatrecht
Das internationale Privatrecht regelt die Möglichkeit zur Wiederverheiratung von im Ausland Geschiedenen oder Verwitweten. Maßgeblich hierfür ist in Deutschland das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB):
- Art. 13 EGBGB: Form und Voraussetzungen für die Eheschließung richten sich nach deutschem Recht, sofern wenigstens ein Partner seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat.
- Gilt für die Verwirkung einer früheren Ehe das Recht eines anderen Staates, ist auch die dortige Anerkennung zur Ehelösung ausschlaggebend für die Möglichkeit der Wiederverheiratung.
Anerkennung ausländischer Entscheidungen
Eine im Ausland ausgesprochene Scheidung muss in Deutschland von der Landesjustizverwaltung anerkannt werden (§ 107 FamFG), bevor eine Person nach deutschem Recht wieder heiraten darf. Ohne diese Anerkennung wird die Ehe fortgeführt und eine Wiederverheiratung ist rechtlich nicht möglich.
Auswirkungen der Wiederverheiratung im Familienrecht
Unterhaltsrecht
Im Bereich des nachehelichen Unterhalts (§ 1579 BGB) kann eine Wiederverheiratung des Unterhaltsberechtigten dazu führen, dass dessen Anspruch auf Unterhalt entfällt oder gemindert wird. Auch beim Kindesunterhalt kann eine Wiederverheiratung Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation und Bedürftigkeit der beteiligten Parteien haben.
Sorgerecht und Umgangsrecht
Die Wiederverheiratung eines Elternteils beeinflusst grundsätzlich nicht das elterliche Sorgerecht. Jedoch kann eine veränderte Lebenssituation zu Anpassungen beim Umgangsrecht führen, etwa wenn nun ein Stiefelternteil in die Erziehung eingebunden wird.
Wiederverheiratung und Erbrecht
Die Wiederverheiratung hat erhebliche Auswirkungen auf das gesetzliche Erbrecht. Mit der neuen Eheschließung erwirbt der neue Ehegatte eine eigene Erb- und Pflichtteilsposition (§§ 1931, 1371 BGB). Zugleich kann sich die Erbquote für Kinder der vorangegangenen Ehe verändern. Eventuelle Vereinbarungen im Rahmen eines Erbvertrags oder Testaments, die an den Familienstand anknüpfen, sind ebenfalls zu berücksichtigen.
Versorgungsausgleich
Der Versorgungsausgleich, der im Rahmen einer Scheidung durchgeführt wird, bleibt von der Wiederverheiratung unberührt, sofern die Scheidung bereits rechtskräftig durchgeführt wurde. Ein bereits bewilligter Unterhalt kann jedoch aufgrund neuer Heirat wegfallen.
Steuerrechtliche Folgen der Wiederverheiratung
Die steuerrechtlichen Konsequenzen der Wiederverheiratung bestehen insbesondere im Bereich der Lohnsteuerklassenwahl und im Ehegattensplitting. Das Paar kann nach Eheschließung von den Vorteilen der Zusammenveranlagung profitieren.
- Mit der Wiederverheiratung erlischt das Ehegattensplitting mit dem bisherigen Partner endgültig (§ 26 Abs. 1 EStG).
- Für die neue Ehe kann die Wahl einer günstigen Steuerklassenkombination erfolgen.
Zudem können sich Schenkungs- und erbschaftsteuerliche Begünstigungen ergeben (§ 16 ErbStG), wenn die gesetzliche Erbfolge und Steuerfreibeträge neu Anwendung finden.
Wiederverheiratung im Kirchenrecht
Insbesondere innerhalb der römisch-katholischen Kirche führt die Wiederverheiratung nach Scheidung häufig zu Auseinandersetzungen mit dem kirchlichen Eherecht. Nach kanonischem Recht gilt eine Ehe als unauflöslich. Die erneute Eheschließung kann daher zu Einschränkungen bei kirchlichen Sakramenten führen, sofern keine kirchliche Annullierung der ersten Ehe erfolgt ist.
Literatur
- BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) – §§ 1303 ff., § 1565 ff., § 1570 ff., § 1931, § 1371
- Einführungsgesetz zum BGB (EGBGB) – Art. 13, Art. 17
- FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) – §§ 107 ff.
Zusammenfassung:
Die Wiederverheiratung ist rechtlich gut ausgestaltet, erfordert die Beendigung der vorherigen Ehe und kann weitreichende Folgen im Unterhalts-, Erb- und Steuerrecht nach sich ziehen. Zusätzliche Anforderungen können sich im internationalen Privatrecht oder durch kirchliche Vorschriften ergeben. Die Wiederverheiratung hat daher in vielen Lebensbereichen weitreichende rechtliche Konsequenzen, die individuell geprüft werden sollten.
Häufig gestellte Fragen
Welche Voraussetzungen müssen für eine Wiederverheiratung erfüllt sein?
Um nach deutschem Recht erneut heiraten zu können, müssen zunächst alle gesetzlichen Ehehindernisse ausgeschlossen sein. Die wichtigste Voraussetzung ist die rechtliche Auflösung der vorherigen Ehe. Dies geschieht durch eine Scheidung, deren rechtskräftiges Urteil von einem Gericht bestätigt wurde, oder durch den Tod des früheren Ehepartners. Die Scheidungsurkunde beziehungsweise die Sterbeurkunde müssen dem Standesamt vorgelegt werden. Außerdem dürfen keine anderen Eheverbote greifen, wie beispielsweise eine bestehende Ehe mit einer anderen Person oder ein zu nahes Verwandtschaftsverhältnis zwischen den Partnern. Ein Ehefähigkeitszeugnis bestätigt zudem, dass keine gesetzlichen Ehehindernisse vorliegen, sofern einer der Partner eine ausländische Staatsbürgerschaft besitzt.
Welche Unterlagen werden für die Wiederverheiratung benötigt?
Für die erneute Eheschließung müssen verschiedene Nachweise und Dokumente beim Standesamt eingereicht werden. Zu den wichtigsten Unterlagen zählen ein gültiger Personalausweis oder Reisepass, eine aktuelle beglaubigte Abschrift aus dem Geburtenregister, sowie die rechtskräftige Scheidungsurkunde oder die Sterbeurkunde des vorherigen Ehepartners. War einer der Heiratswilligen bereits mehrmals verheiratet, sind gegebenenfalls auch die Nachweise über alle vorherigen Ehen beziehungsweise deren Auflösungen vorzulegen. Ausländische Dokumente müssen in der Regel als beglaubigte Übersetzungen und mit Apostille oder Legalisation vorliegen.
Wie wirkt sich eine Wiederverheiratung auf Unterhaltsansprüche aus?
Eine Wiederverheiratung hat erhebliche Auswirkungen auf bestehende Unterhaltsverpflichtungen. In der Regel erlischt der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt gegenüber dem früheren Ehepartner, sobald der Unterhaltsberechtigte eine neue Ehe eingeht. Dies ist gesetzlich in § 1586 BGB geregelt. Kindesunterhaltspflichten bleiben jedoch davon unberührt; sie bestehen weiterhin unabhängig von einer neuen Ehe. Der neue Ehepartner wird in unterhaltsrechtlichen Fragen häufig zur „Bedarfsgemeinschaft“ gezählt, was beispielsweise im Sozialrecht relevant sein kann.
Muss vor einer Wiederverheiratung ein Ehefähigkeitszeugnis eingeholt werden?
Das Ehefähigkeitszeugnis ist insbesondere für Eheschließungen mit Auslandsbezug vorgeschrieben. Deutsche Staatsangehörige benötigen dieses in der Regel nicht, wenn beide Partner die Eheschließung in Deutschland durchführen und deutsche Dokumente vorlegen. Stammt jedoch einer der Ehepartner aus dem Ausland, ist häufig ein Ehefähigkeitszeugnis erforderlich, welches beim Standesamt des Heimatlandes oder dem Konsulat ausgestellt werden muss. Es bestätigt, dass nach dem Heimatrecht keine Ehehindernisse bestehen.
Welche Fristen gelten nach einer Scheidung bis zur Wiederverheiratung?
In Deutschland besteht kein gesetzlich vorgeschriebener Mindestzeitraum, der nach einer Scheidung bis zu einer erneuten Eheschließung einzuhalten wäre. Mit dem Tag, an dem das Scheidungsurteil rechtskräftig ist, kann im rechtlichen Sinne sofort eine neue Ehe eingegangen werden. Dennoch kann es durch die Beschaffung und Prüfung der relevanten Dokumente sowie organisatorische Abläufe im Standesamt zu Verzögerungen kommen.
Muss die neue Ehe dem Familiengericht oder Jugendamt gemeldet werden?
Eine gesetzliche Meldepflicht der Wiederverheiratung an das Familiengericht oder Jugendamt besteht nicht. Allerdings kann es in laufenden familiengerichtlichen Verfahren, beispielsweise in Unterhalts- oder Sorgerechtsangelegenheiten, erforderlich sein, die neue Eheschließung zu offenbaren, da dies Auswirkungen auf bestehende Regelungen haben kann. Auch im Rahmen von Sozialleistungen und bei Steuerklassenwechseln ist die Meldung beim Finanzamt beziehungsweise den entsprechenden Sozialbehörden erforderlich.
Welche Folgen hat eine Wiederverheiratung auf das Sorgerecht für gemeinsame Kinder?
Die Wiederverheiratung eines Elternteils allein hat grundsätzlich keine direkten Auswirkungen auf das bestehende Sorgerecht für gemeinsame Kinder. Das Sorgerecht bleibt unberührt, es sei denn, im Rahmen familiengerichtlicher Entscheidungen werden Gründe festgestellt, die eine Änderung der Sorgerechtsregelung notwendig machen. Die Zustimmung des neuen Ehepartners ist für das bestehende gemeinsame Sorgerecht nicht erforderlich. Allerdings kann der neue Ehepartner im Alltag eine Rolle spielen, wenn er beispielsweise das Kind mitbetreut.