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Werbungskosten


Begriff und rechtliche Einordnung der Werbungskosten

Werbungskosten sind ein zentrales Element des deutschen Steuerrechts und spielen insbesondere bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit eine entscheidende Rolle. Nach § 9 Einkommensteuergesetz (EStG) sind Werbungskosten alle Aufwendungen, die zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen eingesetzt werden. Im Kontext der Einkommensteuer zählen Werbungskosten zu den sog. einkunftsbezogenen Aufwendungen, das heißt sie stehen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit den Einnahmen einer bestimmten Einkunftsart.

Abgrenzung zu anderen Aufwendungen

Zu unterscheiden sind Werbungskosten von den Betriebsausgaben, die bei den Gewinneinkünften (zum Beispiel Einkünfte aus Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit oder Land- und Forstwirtschaft) eine Rolle spielen. Während Betriebsausgaben bei der Erzielung von Gewinn anfallen, werden Werbungskosten im Zusammenhang mit Überschusseinkünften geltend gemacht, insbesondere bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, Vermietung und Verpachtung, Kapitalvermögen und sonstigen Einkünften.

Abgrenzend zu den Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen werden Werbungskosten direkt den Einnahmen einer bestimmten Einkunftsart zugeordnet und mindern somit das steuerpflichtige Einkommen unmittelbar innerhalb der jeweiligen Einkunftsart.


Rechtliche Grundlagen der Werbungskosten

Gesetzliche Definition (§ 9 EStG)

Die gesetzliche Grundlage der Werbungskosten befindet sich primär in § 9 EStG. Danach sind Werbungskosten „Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen“. Der Gesetzgeber hat zudem in den Absätzen des § 9 EStG zahlreiche Regelbeispiele und Präzisierungen zum Begriff der Werbungskosten erlassen.

Katalog der typischen Werbungskosten

Zu den klassischen Beispielen von Werbungskosten zählen u. a.:

  • Fahrtkosten zur Arbeitsstätte (Entfernungspauschale)
  • Beiträge zu Berufsverbänden und Gewerkschaften
  • Arbeitsmittel (zum Beispiel Computer, Fachliteratur, Arbeitskleidung)
  • Fortbildungskosten
  • Bewerbungskosten
  • Kontoführungsgebühren

Eine abschließende Begriffsbestimmung existiert nicht, vielmehr ist stets auf den konkreten Zusammenhang mit der Einkunftsart abzustellen.

Werbungskosten im Steuerveranlagungsverfahren

Werbungskosten werden im Rahmen der jährlichen Einkommensteuererklärung geltend gemacht. Der Steuerpflichtige hat die entsprechenden Aufwendungen nachzuweisen oder glaubhaft zu machen. Der Gesetzgeber ermöglicht mit dem sogenannten Arbeitnehmer-Pauschbetrag (§ 9a EStG) eine pauschale Berücksichtigung von Werbungskosten bis zu einem bestimmten Höchstbetrag, derzeit in Höhe von 1.230 Euro (Stand 2024). Übersteigen die tatsächlichen Werbungskosten diesen Pauschbetrag, sind die höheren Aufwendungen einzeln nachzuweisen.


Arten und Beispiele von Werbungskosten

Werbungskosten bei verschiedenen Einkunftsarten

Die Bandbreite der relevanten Aufwendungen ist abhängig von der jeweiligen Einkunftsart:

Werbungskosten bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

Hierzu gehören insbesondere Kosten im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis:

  • Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Entfernungspauschale)
  • doppelte Haushaltsführung
  • Arbeitsmittel
  • Reisekosten
  • Bewerbungskosten
  • Fortbildungs- und Umschulungskosten

Werbungskosten bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung

Auch in diesem Bereich können Werbungskosten geltend gemacht werden, z. B.:

  • Erhaltungsaufwendungen
  • Finanzierungskosten (z. B. Zinsen aus Darlehen)
  • Verwaltungskosten
  • Maklergebühren

Werbungskosten bei Einkünften aus Kapitalvermögen

Seit Einführung der Abgeltungsteuer (§ 20 Abs. 9 EStG) sind Werbungskosten grundsätzlich nicht mehr abziehbar. Es wird stattdessen ein Sparer-Pauschbetrag gewährt.


Nachweispflichten und Grenzen des Werbungskostenabzugs

Dokumentationsanforderungen

Für den steuerlichen Abzug von Werbungskosten ist in der Regel ein belegmäßiger Nachweis erforderlich. Fehlende Belege können besonders bei höheren Beträgen den Abzug gefährden. Das Finanzamt erkennt pauschale Schätzungen nur in Ausnahmefällen an, sofern die Höhe und der Zusammenhang mit den Einnahmen plausibel gemacht werden können.

Begrenzung und Abzugsfähigkeit

Nicht alle beruflich veranlassten Kosten sind in voller Höhe abziehbar. Der Gesetzgeber hat in verschiedenen Bereichen Grenzen und Obergrenzen festgelegt, beispielsweise:

  • Bei der Entfernungspauschale ist die Abzugsfähigkeit auf bestimmte Beträge pro Entfernungskilometer limitiert.
  • Arbeitszimmerkosten sind nach § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG nur bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen und bis zu einer gesetzlich festgelegten Höchstgrenze abziehbar.

Besonderheiten und aktuelle Rechtsprechung

Doppelte Haushaltsführung

Die Kosten für eine doppelte Haushaltsführung können Werbungskosten darstellen, sofern die Voraussetzungen – beruflich bedingte Trennung vom Hauptwohnsitz und eigener Hausstand – erfüllt sind. Auch hier gelten Höchstbeträge, insbesondere für Unterkunftskosten.

Beruflich veranlasste Umzugskosten

Sofern der Umzug aus beruflichen Gründen erfolgt, sind die damit verbundenen Aufwendungen in der Regel als Werbungskosten abzugsfähig. Die detaillierte Gesetzgebung und Rechtsprechung unterscheiden zwischen verschiedenen Umzugsgründen und Aufwendungsarten.

Aktuelle höchstrichterliche Entscheidungen

Die Auslegung des Begriffs der Werbungskosten ist Gegenstand ständiger Rechtsprechung, insbesondere durch den Bundesfinanzhof (BFH). Von Bedeutung sind etwa Urteile zur Abgrenzung von Werbungskosten zu privaten Lebensführungskosten sowie zur Beurteilung neuer, bislang nicht ausdrücklich geregelter Fallkonstellationen (z. B. Homeoffice-Pauschale, technische Arbeitsmittel).


Fazit

Werbungskosten stellen einen wichtigen Begriff im Einkommensteuerrecht dar. Sie erfassen sämtliche Aufwendungen, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Erzielung von Einnahmen einer bestimmten Einkunftsart stehen. Die Berücksichtigung von Werbungskosten ermöglicht Steuerpflichtigen, nur das tatsächliche Nettoeinkommen der Besteuerung zu unterwerfen. Angesichts der komplexen gesetzlichen Regelungen und einer Vielzahl zu beachtender Einzelbestimmungen empfiehlt sich eine sorgfältige Dokumentation und genaue Kenntnis der einschlägigen rechtlichen Vorgaben zur optimalen Ausnutzung möglicher Steuervorteile. Regelmäßige Anpassungen durch Gesetzgebung und Rechtsprechung erfordern zudem eine laufende Beobachtung der Entwicklung im Bereich der Werbungskosten.


Quellen und weiterführende Literatur:

  • § 9 EStG
  • § 9a EStG
  • § 20 Abs. 9 EStG
  • Bundesministerium der Finanzen: Anwendungsschreiben zu Werbungskosten
  • Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH)

Häufig gestellte Fragen

Können auch Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten abgesetzt werden?

Ja, Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer können grundsätzlich als Werbungskosten geltend gemacht werden, sofern bestimmte rechtliche Voraussetzungen erfüllt sind. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG ist der Abzug von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur dann zulässig, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall können jährlich bis zu 1.250 Euro als Werbungskosten angesetzt werden. Wird das Arbeitszimmer allerdings zum Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, sind die Kosten in voller Höhe abziehbar. Zu den abziehbaren anteiligen Aufwendungen zählen insbesondere Miete, Abschreibungen bei Eigentum, Betriebs- und Nebenkosten, Strom, Heizung, Reinigung sowie ggf. Renovierungskosten, jeweils bezogen auf den Anteil der Fläche des Arbeitszimmers im Verhältnis zur Gesamtwohnfläche. Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs verlangt, dass das Arbeitszimmer nahezu ausschließlich beruflich genutzt wird – eine private Mitbenutzung von mehr als 10 % ist schädlich und führt dazu, dass ein Werbungskostenabzug vollständig entfällt.

Wie werden Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte steuerlich berücksichtigt?

Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte können nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG mit der sogenannten Entfernungspauschale als Werbungskosten abgesetzt werden. Die Entfernungspauschale beträgt 0,30 Euro pro vollen Entfernungskilometer für die ersten 20 Kilometer und seit 2021 für darüber hinausgehende Kilometer 0,35 Euro (ab 2024: 0,38 Euro pro Kilometer). Es kommt dabei stets auf die einfache Entfernung, nicht auf die tatsächlich gefahrenen Kilometer an. Die Pauschale gilt unabhängig vom benutzten Verkehrsmittel und kann pro Arbeitstag einmal angesetzt werden. Soweit außergewöhnliche Umstände (z. B. Umwege wegen Sperrungen) vorliegen, sind diese gesondert zu begründen und gegenüber dem Finanzamt nachzuweisen. Kosten für Familienheimfahrten bei doppelter Haushaltsführung sind hiervon abzugrenzen und unter gesonderten Voraussetzungen anzusetzen.

Welche Kosten für Fort- und Weiterbildung können als Werbungskosten berücksichtigt werden?

Fortbildungs- und Weiterbildungskosten sind gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG dann als Werbungskosten abzugsfähig, wenn sie der Erhaltung, Sicherung oder Erweiterung der beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten dienen. Dazu gehören Kursgebühren, Prüfungsgebühren, Arbeitsmittel, Fachliteratur, Fahrtkosten zur Bildungsstätte, Verpflegungsmehraufwand sowie ggf. Übernachtungskosten. Rechtsgrundlage ist die Abziehbarkeit als beruflich veranlasste Aufwendungen, sofern die Fortbildung im Zusammenhang mit dem aktuellen oder angestrebten Beruf steht. Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass auch Umschulungen berücksichtigungsfähig sein können, sofern sie im Zusammenhang mit einer neuen Erwerbstätigkeit stehen. Nicht abziehbar sind hingegen Erstausbildungskosten, es sei denn, es handelt sich bereits um eine berufliche Zweitausbildung. Das Nachweiserfordernis besteht für sämtliche entstandenen Kosten, etwa durch Rechnungen oder Fahrtkostenberechnungen.

Inwieweit sind Aufwendungen für Arbeitsmittel steuerlich absetzbar?

Aufwendungen für Arbeitsmittel sind in voller Höhe als Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG abzugsfähig, sofern diese ausschließlich oder überwiegend beruflich genutzt werden. Arbeitsmittel sind Gegenstände, die unmittelbar zur Berufsausübung dienen, wie Fachliteratur, Computer, Büromaterial, Werkzeuge oder berufsbezogene Kleidung. Bei gemischt genutzten Gegenständen (z. B. Computer), die sowohl privat als auch beruflich verwendet werden, ist der abzugsfähige Werbungskostenanteil durch eine nachvollziehbare Schätzung zu ermitteln. Liegt die berufliche Nutzung bei mindestens 90 %, wird der vollständige Ansatz anerkannt. Anschaffungskosten von über 800 Euro (netto) sind über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzuschreiben (AfA), ansonsten ist ein Sofortabzug möglich. Nachweise sind für Kauf, Nutzungsanteil und berufliche Veranlassung zwingend erforderlich.

Sind Beiträge zu Berufsverbänden und Gewerkschaften als Werbungskosten abzugsfähig?

Beitragszahlungen an Gewerkschaften oder berufsständische Vereinigungen sind nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 EStG als Werbungskosten voll abziehbar, wenn sie im Zusammenhang mit der ausgeübten Erwerbstätigkeit stehen. Voraussetzung ist, dass der Verband unmittelbar berufsbezogene Interessen vertritt und keine privaten oder gesellschaftlichen Zwecke verfolgt, wie z. B. bei Freizeit- oder Sportvereinen. Nicht abzugsfähig sind reine Versicherungsbeiträge (z. B. berufliche Haftpflichtversicherung), es sei denn, sie dienen unmittelbar dem Schutz der Erwerbstätigkeit. Beiträge müssen nachgewiesen werden, etwa durch Kontoauszüge oder Beitragsbescheinigungen der Verbände.

Können Kosten für Bewerbungsschreiben und Vorstellungsgespräche als Werbungskosten geltend gemacht werden?

Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Bewerbung, wie Porto, Bewerbungsfotos, Bewerbungsmappen oder Fahrtkosten zu Vorstellungsgesprächen, sind als Werbungskosten im Jahr der Entstehung abziehbar. Rechtsgrundlage ist § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG, wonach diese Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung von Einnahmen dienen. Gleiches gilt auch dann, wenn die Bewerbung erfolglos bleibt. Zudem sind Kosten für Arbeits- oder Führungszeugnisse, Übersetzungen oder ggf. Übernachtungen bei Bewerbungsgesprächen abzugsfähig. Wichtig ist die lückenlose Dokumentation aller Ausgaben durch Belege und, insbesondere bei Fahrtkosten, durch detaillierte Aufzeichnungen (Datum, Ziel, Anlass).

Welche Kosten im Zusammenhang mit doppelter Haushaltsführung werden steuerlich anerkannt?

Die doppelte Haushaltsführung ist nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG dann gegeben, wenn Arbeitnehmer außerhalb des Lebensmittelpunkts am Beschäftigungsort wohnen. Als abziehbare Werbungskosten werden die notwendigen Mehraufwendungen anerkannt, beispielsweise die Kosten für die Zweitwohnung (maximal 1.000 Euro monatlich für Unterkunft ohne Verpflegung), Umzugskosten, wöchentliche Familienheimfahrten (mit Entfernungspauschale), Umzugspauschalen und Verpflegungsmehraufwendungen in den ersten drei Monaten. Anerkannt werden ausschließlich nachgewiesene Kosten, z. B. durch Mietvertrag, Rechnungen oder Fahrtenbuch. Voraussetzung ist das tatsächliche Vorhandensein eines eigenen Hausstands außerhalb des Beschäftigungsorts sowie eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung.