Wechselkennzeichen
Das Wechselkennzeichen ist eine gesetzlich geregelte Kennzeichenform im Straßenverkehr in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Es ermöglicht, unter bestimmten Voraussetzungen mehrere Kraftfahrzeuge wechselweise mit einem einzigen amtlichen Kennzeichen zu führen. Der folgende Artikel beleuchtet den rechtlichen Rahmen, die praktische Handhabung sowie die wichtigsten Besonderheiten und Voraussetzungen rund um das Wechselkennzeichen umfassend.
Rechtliche Grundlagen des Wechselkennzeichens
Einführung und Zielsetzung
Das Wechselkennzeichen wurde im Jahr 2012 in Deutschland durch das „Achte Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Vorschriften“ eingeführt. Ziel war die Förderung nachhaltiger Mobilität sowie die Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, die mehrere Fahrzeuge gleichen Typs besitzen und diese nicht gleichzeitig nutzen. Vergleichbare Regelungen existieren in Österreich seit 1990 und in der Schweiz seit 1959.
Gesetzliche Bestimmungen in Deutschland
Die rechtliche Grundlage bildet § 8 Absatz 1a der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV). Die Vorschrift regelt die Zuteilung, Gestaltung und Verwendung von Wechselkennzeichen und verweist auf technische Vorgaben sowie formelle Anforderungen. Die rechtlichen Bestimmungen betreffen u.a.:
- Zulässige Fahrzeugarten
- Voraussetzungen für die Zuteilung
- Versicherungsrechtliche Aspekte
- Steuerliche Behandlung
Voraussetzungen und Umfang des Wechselkennzeichens
Zulässige Fahrzeugklassen
In Deutschland können Wechselkennzeichen ausschließlich für Personenkraftwagen (Klasse M1) und Wohnmobile (Klasse M1), sowie für Krafträder (Klasse L) zugeteilt werden. Kombinierte Fahrzeuge, wie etwa ein PKW und ein Motorrad zusammen, sind hiervon ausdrücklich ausgenommen.
Maximale Anzahl und Art der Fahrzeuge
Ein Wechselkennzeichen kann für genau zwei Fahrzeuge gleichen Typs zugeteilt werden (z.B. zwei PKW oder zwei Motorräder). Beide Fahrzeuge müssen demselben Fahrzeughalter zugeordnet sein und dürfen nicht zeitgleich am Straßenverkehr teilnehmen.
Zulassungsverfahren
Das Zulassungsverfahren entspricht grundsätzlich demjenigen für reguläre Kennzeichen, wird jedoch um die Besonderheiten des Wechselsystems erweitert. Für beide Fahrzeuge werden eigene Zulassungsbescheinigungen Teil I und II sowie Hauptuntersuchungen benötigt. Die Kennzeichenzuteilung erfolgt durch die zuständigen Zulassungsstellen.
Aufbau und Besonderheiten von Wechselkennzeichen
Kennzeichengestaltung
Ein Wechselkennzeichen besteht aus zwei Komponenten:
- Gemeinsamer linker Teil (Hauptkennzeichen): Dieses Blechteil enthält das Unterscheidungszeichen für den Zulassungsbezirk sowie die jeweilige Erkennungsnummer. Es wird zwischen den Fahrzeugen gewechselt.
- Fahrzeugbezogener rechter Teil: Dieser bleibt dauerhaft am Fahrzeug montiert und enthält u.a. die Plakette für Hauptuntersuchung sowie ggf. die Feinstaubplakette.
Nutzungsvoraussetzungen
Beide Fahrzeuge dürfen nicht gleichzeitig mit demselben Wechselkennzeichen geführt werden (§ 8 FZV, Absatz 1a Satz 3). Wer ein nicht korrekt ausgewiesenes Fahrzeug nutzt, begeht eine Ordnungswidrigkeit.
Versicherungsschutz und Haftung
Alle Fahrzeuge, denen ein Wechselkennzeichen zugeteilt wurde, müssen separat haftpflichtversichert werden. Der Versicherungsschutz besteht immer nur für das Fahrzeug, das aktuell mit dem amtlichen Wechselkennzeichen auf öffentlichen Straßen geführt wird. Das ungenutzte Fahrzeug muss auf Privatgelände abgestellt sein und darf nicht am Straßenverkehr teilnehmen.
Steuerliche Behandlung
Jedes Fahrzeug wird im Hinblick auf die Kraftfahrzeugsteuer als eigenständiges Fahrzeug behandelt. Eine Ersparnis bei der Kfz-Steuer ist im Gegensatz zu vergleichbaren Regelungen in Österreich oder der Schweiz in Deutschland nicht vorgesehen.
Rechtsfolgen bei Verstößen gegen die Wechselkennzeichen-Regelung
Ordnungswidrigkeiten und Sanktionen
Wird gegen die Wechselkennzeichen-Vorgaben verstoßen, insbesondere wenn beide Fahrzeuge gleichzeitig am Verkehr teilnehmen, drohen Bußgelder sowie gegebenenfalls der Entzug der Betriebserlaubnis beider Fahrzeuge. Versäumnisse beim ordnungsgemäßen Wechsel führen außerdem zu einem Erlöschen des Versicherungsschutzes.
Haftungsfragen und Schadensregulierung
Kommt es bei nicht ordnungsgerechtem Gebrauch zu einem Unfall, besteht regelmäßig kein Versicherungsschutz. Der Halter kann in diesem Fall persönlich haftbar gemacht werden. Zudem können verwaltungsrechtliche Sanktionen bis hin zur Einziehung der Kennzeichen und Stilllegung der Fahrzeuge verhängt werden.
Wechselkennzeichen im Vergleich zu anderen Kennzeichensystemen
Unterschiedliche nationale Regelungen
In Österreich und der Schweiz gehen die Regelungen weiter: Dort sind Steuervorteile und die Verwendung für mehr als zwei Fahrzeuge erlaubt. Zudem werden die Wechselkennzeichen für verschiedene Fahrzeugklassen gemeinsam erteilt, was in Deutschland untersagt ist. Während das deutsche Recht striktere Vorgaben macht, verfolgen die Nachbarländer eher einen anreizorientierten Ansatz.
Alternative Kennzeichensysteme in Deutschland
Als Alternativen zum Wechselkennzeichen kommen in Deutschland insbesondere das Saisonkennzeichen und das rote Kennzeichen für Händler infrage. Beide besitzen jedoch eigenständige Voraussetzungen und Rechtsfolgen und sind nicht mit dem Wechselkennzeichen kombinierbar.
Zusammenfassung und Fazit
Das Wechselkennzeichen stellt ein rechtlich exakt geregeltes System für Halter mehrerer Fahrzeuge gleichen Typs dar. Während es in Deutschland vorrangig rücksichtsvolle Nutzung mehrerer Fahrzeuge begünstigen soll, bestehen in anderen Ländern weitergehende Anreize insbesondere im Steuerbereich. Bei der Verwendung von Wechselkennzeichen sind die gesetzlichen Vorgaben zwingend einzuhalten, da Verstöße erhebliche rechtliche und finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen können.
Literatur und Quellen
- § 8 Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV)
- Straßenverkehrsgesetz (StVG)
- Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Vorschriften (2012)
- Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG)
- Informationen der Zulassungsbehörden
Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über das Wechselkennzeichen im deutschen Recht und dient als umfangreiche Informationsbasis für Fragen im Verkehrsrecht und der Fahrzeugzulassung.
Häufig gestellte Fragen
Welche Voraussetzungen müssen für die Nutzung eines Wechselkennzeichens erfüllt sein?
Um ein Wechselkennzeichen in Deutschland nutzen zu dürfen, müssen verschiedene rechtliche Voraussetzungen beachtet werden. Wechselkennzeichen sind ausschließlich für bestimmte Fahrzeugarten zulässig, insbesondere für Pkw, Motorräder und Wohnmobile, jeweils in der Kombination von zwei Fahrzeugen derselben Klasse durch eine Privatperson oder auf eine Firma zugelassen. Beide Fahrzeuge müssen in die gleiche Fahrzeugklasse und -unterklasse fallen, z. B. zwei Personenkraftwagen (M1) oder zwei Krafträder (L). Darüber hinaus darf jedes beteiligte Fahrzeug nur jeweils ein Wechselkennzeichen besitzen und keines der Fahrzeuge darf gleichzeitig einem anderen Wechselkennzeichen zugeordnet sein. Ein wichtiger rechtlicher Aspekt ist zudem, dass die Fahrzeuge, obwohl sie sich das Hauptkennzeichen teilen, eine eigene Zulassung und einen eigenen Kfz-Brief (Zulassungsbescheinigung Teil II) haben müssen. Der Versicherungsnachweis muss für jedes einzelne Fahrzeug erbracht werden. Außerdem ist bei Nutzung des Wechselkennzeichens darauf zu achten, dass nur das mit dem montierten vollständigen Kennzeichen benutzte Fahrzeug am Straßenverkehr teilnehmen darf, während das andere obligatorisch mittels eines fehlenden vorderen bzw. hinteren, fest angebrachten Kennzeichenteils als „ruhend“ gilt und daher nicht gefahren werden darf.
Wie wird die Steuer für Fahrzeuge mit Wechselkennzeichen berechnet?
Bei der Nutzung von Wechselkennzeichen schreibt das Gesetz vor, dass beide zugelassenen Fahrzeuge hinsichtlich der Kraftfahrzeugsteuer wie eigenständige Fahrzeuge behandelt werden. Das heißt, für jedes der beiden Fahrzeuge wird die jeweilige Kfz-Steuer separat und in voller Höhe erhoben, obwohl jeweils nur ein Fahrzeug aktiv am Straßenverkehr teilnehmen darf. Rechtlich ist es unerheblich, dass nicht beide Fahrzeuge gleichzeitig genutzt werden können. Ausnahmen oder Steuervergünstigungen existieren im Steuerrecht für Wechselkennzeichen derzeit nicht. Dies ist im Einkommensteuergesetz (EStG) und im Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG) ausdrücklich geregelt.
Welche Konsequenzen drohen bei missbräuchlicher Nutzung eines Wechselkennzeichens?
Eine missbräuchliche Nutzung von Wechselkennzeichen kann eine Ordnungswidrigkeit oder Straftat darstellen, je nachdem, wie schwerwiegend der Verstoß ist. Das Bundesrecht sieht vor, dass ausschließlich das Fahrzeug mit vollständig montierten Wechselkennzeichen am Straßenverkehr teilnehmen darf. Sollte dennoch das zweite Fahrzeug ohne vollständiges Kennzeichen am Verkehr teilnehmen, liegt ein Verstoß gegen die Zulassungsvorschriften gemäß § 3 Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) vor. Dies kann zu einem Bußgeld führen und der Versicherungsschutz kann im Schadenfall gefährdet sein. Im Extremfall und insbesondere bei vorsätzlicher Täuschung (z. B. Fahren ohne Zulassung oder Versicherungsschutz) kann sogar der Tatbestand der Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB erfüllt sein.
Wie ist die Versicherungssituation bei Fahrzeugen mit Wechselkennzeichen geregelt?
Versicherungsrechtlich muss für jedes Fahrzeug mit Wechselkennzeichen eine eigene Kfz-Haftpflichtversicherung abgeschlossen werden, die unabhängig davon besteht, ob das Fahrzeug gerade aktiv oder „ruhend“ ist. Der Versicherungsschutz greift für das jeweils genutzte Fahrzeug in vollem Umfang. Es besteht keine Reduzierung des Versicherungsbeitrags oder eine doppelte Nutzung eines Vertrags, da jedes Fahrzeug eine Einzelpolice benötigt. Für das gerade nicht genutzte, aber versicherte Fahrzeug kann im Regelfall jedoch die sogenannte Ruheversicherung gelten, bei der bestimmte Risiken auch für das abgestellte Fahrzeug abgedeckt sind.
Können Wechselkennzeichen für gewerbliche Zwecke genutzt werden?
Die rechtlichen Bestimmungen erlauben die Nutzung von Wechselkennzeichen sowohl für Privatpersonen als auch für juristische Personen (z. B. Unternehmen). Allerdings bestehen Einschränkungen in Bezug auf die Art der Fahrzeuge und deren Nutzung. Wechselkennzeichen sind nicht für Fahrzeuge vorgesehen, die regelmäßig gewerblich vermietet werden oder im Leihverkehr stehen. Sie dürfen jedoch für firmeneigene Fahrzeuge im Fuhrpark mit identischer Fahrzeugklasse eingesetzt werden, sofern diese Vorschriften beachtet werden. Zudem sind Wechselkennzeichen für Lkw, Anhänger oder Fahrzeuge mit Saisonkennzeichen per Gesetz ausgeschlossen.
Welche technischen Vorgaben gelten für Wechselkennzeichen?
Technisch gesehen besteht ein Wechselkennzeichen aus zwei Teilen: einem fest am Fahrzeug anzubringenden, kleinen Teil (mit der letzten Zifferngruppe und Plaketten) und einem variablen Mittelstück mit Erkennungsnummer und Unterscheidungsmerkmal. Der fest angebrachte Teil bleibt immer am jeweiligen Fahrzeug, während das Mittelstück umgesteckt wird. Die technische Ausführung und deren Sicherheitsmerkmale sind durch die Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) und die Fahrzeugzulassungsordnung (FZO) exakt geregelt. Bei Nichtbeachtung der vorgeschriebenen Befestigung können sowohl verkehrsrechtliche als auch versicherungsrechtliche Konsequenzen eintreten.
Wie verhält es sich mit der Hauptuntersuchung bei Fahrzeugen mit Wechselkennzeichen?
Für jedes der zwei mit einem Wechselkennzeichen kombinierten Fahrzeuge gilt die reguläre Pflicht zur Hauptuntersuchung (HU) unabhängig davon, ob und wie häufig das Fahrzeug tatsächlich genutzt wird. Gesetzlich gibt es keinerlei Ausnahme oder Verlängerung der Intervalle wegen der Wechselkennzeichen-Regelung. Die jeweiligen Prüffristen müssen für jedes Fahrzeug gesondert eingehalten werden, da jedes über eine eigenständige Zulassung verfügt. Ein Verstoß gegen die Frist stellt eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 29 StVZO dar.
Gibt es Besonderheiten bei der Abmeldung eines mit Wechselkennzeichen zugelassenen Fahrzeugs?
Im Fall der Abmeldung eines der beiden Fahrzeuge mit Wechselkennzeichen ist darauf zu achten, dass das Wechselkennzeichen seine Gültigkeit verliert und nicht automatisch für das verbleibende Fahrzeug übernommen werden kann. Das verbleibende Fahrzeug muss entweder ein reguläres Kennzeichen erhalten oder eine Neuzuteilung von Wechselkennzeichen beantragt werden. Diese Regelung ergibt sich aus den Vorschriften der Fahrzeug-Zulassungsverordnung und dient der eindeutigen rechtlichen Zuordnung von Fahrzeugen und Kennzeichen. Die zuständige Zulassungsstelle informiert über das genaue Verfahren und nimmt die nötigen Änderungen in den Fahrzeugpapieren vor.