Wassersicherstellungsgesetz

Wassersicherstellungsgesetz: Zweck, Inhalt und Bedeutung

Das Wassersicherstellungsgesetz (oft abgekürzt als WasSiG) ist ein bundesrechtlicher Rahmen zur Gewährleistung der öffentlichen Wasserversorgung in außergewöhnlichen Lagen. Es soll sicherstellen, dass Bevölkerung, Einrichtungen der Daseinsvorsorge und systemrelevante Bereiche auch dann mit Wasser versorgt werden, wenn die üblichen Strukturen gestört oder überlastet sind. Das Gesetz richtet sich auf Vorsorge, Krisenbewältigung und die Priorisierung von Wasserbedarfen, ohne den allgemeinen Umgang mit Gewässern umfassend zu regeln.

Anwendungsbereich und Abgrenzung

Außergewöhnliche Lagen

Das Gesetz entfaltet besondere Bedeutung in Lagen, die die Funktionsfähigkeit der regulären Wasserversorgung überschreiten. Dazu zählen insbesondere sicherheitsrelevante Ausnahmesituationen, Krisen und vergleichbare Störungen mit erheblicher gesamtgesellschaftlicher Tragweite. Es enthält zugleich Instrumente der Vorsorge, damit im Ereignisfall bereits geplante Maßnahmen zügig umgesetzt werden können.

Abgrenzung zum allgemeinen Wasserrecht

Während das allgemeine Wasserrecht die Nutzung von Gewässern, den Schutz des Wasserhaushalts und die Bewirtschaftung unter normalen Bedingungen regelt, konzentriert sich das Wassersicherstellungsgesetz auf Versorgungssicherheit und Funktionsfähigkeit der Infrastruktur unter besonderen Voraussetzungen. Daneben bleibt das Katastrophenschutzrecht der Länder für akute Gefahrenabwehr und lokale Schadensereignisse maßgeblich. Das Zusammenspiel dieser Bereiche ist kooperativ angelegt.

Zuständigkeiten und Verwaltungsaufbau

Das Gesetz ist Bundesrecht, seine Ausführung erfolgt jedoch im föderalen Zusammenwirken. Der Bund setzt den rechtlichen Rahmen und kann ergänzende Vorgaben erlassen. Die Länder und ihre Behörden wirken bei Planung, Vorbereitung und Durchführung mit und binden dabei kommunale Ebenen sowie Betreiber von Wasserversorgungsanlagen ein. Diese Struktur soll eine einheitliche Linie gewährleisten und zugleich regionale Besonderheiten berücksichtigen.

Instrumente und Maßnahmen

Planerische Vorsorge

Vorsorgeinstrumente umfassen Risikoanalysen, Notfall- und Priorisierungspläne, die Ermittlung kritischer Anlagen, Redundanzkonzepte sowie organisatorische Vorkehrungen für den Ereignisfall. Ziel ist, im Bedarfsfall Zuständigkeiten, Abläufe und technische Maßnahmen bereits definiert zu haben.

Zugriffs- und Bewirtschaftungsbefugnisse

In außergewöhnlichen Lagen kann die Wasserverteilung geordnet und priorisiert werden. Dazu gehören Anordnungen zur Sicherung der Trinkwasserversorgung, vorübergehende Beschränkungen nicht vorrangiger Wasserverwendungen, der Zugriff auf notwendige Anlagen oder Ressourcen sowie Koordinationspflichten der beteiligten Stellen. Betreiber von Wasserversorgungsanlagen können zur Aufrechterhaltung oder Anpassung des Betriebes herangezogen werden.

Melde-, Auskunfts- und Duldungspflichten

Betreiber kritischer wasserbezogener Infrastrukturen sowie weitere Beteiligte können verpflichtet sein, Informationen bereitzustellen, Maßnahmen zu dulden oder an der Umsetzung mitzuwirken. Dadurch sollen Lagebilder erstellt und Maßnahmen zielgerichtet koordiniert werden.

Schutz sensibler Informationen

Informationen über kritische Infrastruktur unterliegen besonderen Vertraulichkeitsanforderungen. Das Gesetz trägt dem Schutzbedarf von Betriebs- und Sicherheitsdaten Rechnung, um Missbrauch zu verhindern.

Durchsetzung und Sanktionen

Zur Sicherstellung der Befolgung der Maßnahmen sieht das Gesetz Durchsetzungsmechanismen vor, die bis zu ordnungsrechtlichen Sanktionen reichen können. Ziel ist die Verlässlichkeit der Versorgung und die Einhaltung priorisierter Bedarfe.

Rechte der Betroffenen und Ausgleich

Grundrechtsbezug

Maßnahmen zur Versorgungssicherheit können in Eigentum, Berufs- und unternehmerische Freiheit eingreifen. Das Gesetz ordnet solche Eingriffe rechtlich ein und bindet sie an Voraussetzungen, Verfahren und Grenzen.

Entschädigung und Kostenausgleich

Wer durch rechtmäßige Maßnahmen in besonders geschützte Positionen betroffen wird, kann nach Maßgabe des Gesetzes Ausgleich beanspruchen. Dies betrifft insbesondere die Nutzung von Anlagen, Beschränkungen oder wirtschaftliche Nachteile, die unmittelbar aus angeordneten Maßnahmen entstehen.

Rechtsschutz

Verwaltungsentscheidungen, die auf Grundlage des Gesetzes ergehen, sind grundsätzlich einer rechtlichen Überprüfung zugänglich. Damit wird die Möglichkeit gewährleistet, staatliche Maßnahmen kontrollieren zu lassen.

Verhältnis zu anderen Rechtsbereichen

Allgemeines Wasserrecht und Umweltvorgaben

Vorgaben des allgemeinen Wasserrechts bleiben maßgeblich. Das Wassersicherstellungsgesetz überlagert diese nicht, sondern ergänzt sie in außergewöhnlichen Lagen durch spezifische Versorgungsinstrumente. Umwelt- und Gewässerschutzbelange sind auch im Krisenfall zu berücksichtigen, soweit die Versorgungssicherheit dies erlaubt.

Katastrophenschutz und kritische Infrastrukturen

Das Gesetz fügt sich in das System des Bevölkerungsschutzes ein. Es setzt vor allem auf vorausschauende Organisation und die Fähigkeit, die Versorgung zu priorisieren. Schnittstellen bestehen zu landesrechtlichen Katastrophenschutzvorschriften und zu Regelungen über kritische Infrastrukturen.

Europäischer Rahmen

Vorgaben des Unionsrechts zur Wasserbewirtschaftung und zur Resilienz kritischer Infrastrukturen prägen den Gesamtkontext. In Ausnahmelagen können besondere Spielräume bestehen, die jedoch an unionsrechtliche Grenzen gebunden sind.

Praktische Bedeutung und typische Konstellationen

Praktisch relevant ist das Wassersicherstellungsgesetz, wenn die reguläre Versorgung gefährdet ist oder Vorsorge für belastbare Versorgungsketten getroffen werden muss. Typische Konstellationen sind die Priorisierung von Trinkwasser gegenüber nicht vorrangigen Nutzungen, das schnelle Umschalten auf Ersatzstrukturen, die Koordination zwischen Versorgern, kommunalen Einrichtungen und übergeordneten Behörden sowie die Sicherung sensibler Infrastrukturkomponenten.

Begriffe und Definitionen im Kontext

Trinkwasser

Wasser, das zum menschlichen Gebrauch bestimmt ist und dessen Qualität den einschlägigen gesundheitlichen Anforderungen entspricht. Für die Sicherstellung der Versorgung besitzt Trinkwasser höchste Priorität.

Wasserver- und -entsorgungsanlagen

Anlagen zur Gewinnung, Aufbereitung, Speicherung und Verteilung von Wasser sowie zur Ableitung und Behandlung von Abwasser. Sie gelten in weiten Teilen als kritische Infrastruktur.

Priorisierung

Rechtliche Ordnung der Reihenfolge und Intensität von Wasserbedarfen in einer Ausnahmesituation, um lebenswichtige Bereiche zuerst zu versorgen.

Außergewöhnliche Lage

Gesamtsituationen, in denen die regulären Steuerungsmechanismen des Wasserrechts allein nicht ausreichen, um die Versorgung sicherzustellen, und daher besondere Instrumente des Wassersicherstellungsgesetzes zur Anwendung kommen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was ist der Hauptzweck des Wassersicherstellungsgesetzes?

Der Hauptzweck besteht darin, die öffentliche Wasserversorgung in außergewöhnlichen Lagen zu sichern, Prioritäten festzulegen und die dafür nötigen organisatorischen und rechtlichen Instrumente bereitzustellen.

Wann findet das Wassersicherstellungsgesetz Anwendung?

Es greift vor allem in besonderen Situationen mit überregionaler Bedeutung, in denen die regulären Strukturen nicht ausreichen. Zugleich ermöglicht es Vorsorge, damit Maßnahmen im Ereignisfall vorbereitet sind.

Welche Behörden sind zuständig?

Der Bund setzt den Rahmen; die Länder führen aus und binden kommunale Behörden ein. Betreiber von Wasserversorgungsanlagen werden einbezogen, um technische Umsetzung und Versorgung zu gewährleisten.

Welche Pflichten treffen Versorger und Betreiber von Anlagen?

Sie können zu Auskünften, Mitwirkung und Duldung von Maßnahmen verpflichtet werden. In besonderen Lagen sind sie gehalten, betriebliche Abläufe an Anordnungen zur Versorgungssicherung auszurichten.

Welche Rechte haben Betroffene bei Eingriffen?

Betroffene können sich gegen Maßnahmen zur Wehr setzen und deren Rechtmäßigkeit prüfen lassen. Zudem kommen Ausgleichsmechanismen in Betracht, wenn rechtmäßige Maßnahmen in geschützte Positionen eingreifen.

Wie verhält sich das Gesetz zum allgemeinen Wasserrecht?

Es ergänzt das allgemeine Wasserrecht in außergewöhnlichen Lagen, ohne dessen Grundsystem zu ersetzen. Umwelt- und Gewässerschutz bleiben zu beachten, soweit die Versorgungssicherheit dies zulässt.

Gibt es Sanktionen bei Nichtbefolgung?

Zur Durchsetzung der Anordnungen können ordnungsrechtliche Maßnahmen und Sanktionen vorgesehen sein, um die Funktionsfähigkeit der Versorgung sicherzustellen.