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Wassersicherstellungsgesetz


Wassersicherstellungsgesetz: Rechtliche Grundlagen und Bedeutung

Entstehung und Zielsetzung des Wassersicherstellungsgesetzes

Das Wassersicherstellungsgesetz (WSiG) ist ein bundesdeutsches Gesetz, das im Kontext der nationalen Daseinsvorsorge und der öffentlichen Sicherheit speziell auf die Gewährleistung der Versorgung mit Trink- und Betriebswasser in Krisenzeiten abzielt. Es wurde erstmals am 24. August 1965 (BGBl. I S. 961) verabschiedet und etabliert zentrale Regelungen, um die Bevölkerung sowie relevante Einrichtungen in außergewöhnlichen Lagen, wie z. B. Verteidigungsfällen oder Katastrophen, mit ausreichend Wasser zu versorgen. Diese Gesetzgebung ist primär Bestandteil des zivilen Krisenmanagements und damit eng verbunden mit weiteren sicherheitsrechtlichen Vorschriften.

Gesetzeszweck und Anwendungsbereich

Ziel und Zweck des Gesetzes

Zweck des Wassersicherstellungsgesetzes ist es, im Spannungs- oder Verteidigungsfall sowie bei sonstigen außergewöhnlichen Notständen die Versorgung mit Trinkwasser und Betriebswasser für die Allgemeinheit, bestimmte Schutzbereiche (z. B. Krankenhäuser, Rettungsdienste) und die Wirtschaft sicherzustellen. Es dient der Vorbereitung und Durchführung staatlicher Maßnahmen, um Unterbrechungen oder Störungen der Wasserversorgung zu verhindern oder möglichst gering zu halten.

Geltungsbereich

Der sachliche Geltungsbereich umfasst sämtliche öffentlich und privat organisierten Wasserwerke, Wasserversorgungsunternehmen und deren Infrastruktur im gesamten Bundesgebiet. Das Gesetz erstreckt sich auf sämtliche Einrichtungen und Unternehmen, die zur öffentlichen Wasserversorgung beitragen.

Regelungsinhalte des Wassersicherstellungsgesetzes

Vorrangregelung und Steuerungsbefugnisse (Abschnitt 1)

Das WSiG ermächtigt Behörden, im Ernst- und Katastrophenfall, Verfügungen zur Steuerung, Lenkung und Sicherstellung der Wasserversorgung zu erlassen. Die Versorgung nach diesem Gesetz hat Vorrang vor anderen Nutzungen, sofern lebens- und gemeinwohlrelevante Versorgung betroffen ist.

Verpflichtungsmöglichkeiten und Anordnungen

Behörden können Wasserversorgungsunternehmen, Anlagenbetreiber und Privatpersonen zur Bereitstellung von Wasserreserven oder zur Vornahme betrieblicher Maßnahmen anweisen. Dazu zählen unter anderem:

  • Vorratshaltung von Notwassermengen
  • Einschränkungen nicht zwingender Wasserverwendungen
  • Produktionsumstellungen zur Reduktion des Verbrauchs
  • Modernisierung und Sicherung kritischer wassertechnischer Anlagen

Beschlagnahme und Sicherstellung (Abschnitt 2)

Das Gesetz sieht als ultima ratio die Möglichkeit der Beschlagnahme von Unternehmen, Anlagen, Wasserreserven oder technischen Einrichtungen vor, sofern eine anderweitige Sicherung der Versorgung nicht gewährleistet werden kann. Entsprechende Maßnahmen können zeitlich befristet angeordnet werden und unterliegen strengen Voraussetzungen.

Zusammenarbeit mit den Ländern

Das Gesetz schreibt eine enge Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern zur Sicherstellung wasserwirtschaftlicher Aufgaben vor. Die Länder sind verpflichtet, eigene Wassersicherstellungspläne aufzustellen und die jeweiligen Maßnahmen zu koordinieren.

Rechtliche Eingriffsgrundlagen und Verwaltungsvollzug

Eingriffsrechte und Verwaltungsverfahren

Die im Wassersicherstellungsgesetz verankerten Eingriffsbefugnisse orientieren sich an den Grundsätzen des deutschen Verwaltungsrechts. Dies umfasst insbesondere das Verhältnismäßigkeitsprinzip, die Rechtmäßigkeit der Verwaltung und die Möglichkeit von Rechtsbehelfen. Betroffene Unternehmen oder Privatpersonen haben das Recht, gegen Maßnahmen nach dem WSiG Rechtsmittel einzulegen.

Entschädigungsregelungen

Für Nachteile, die Unternehmen oder Privatpersonen infolge von Sicherstellungsmaßnahmen oder Beschlagnahmen entstehen, sieht das Gesetz angemessene Entschädigungsregelungen vor. Ein entsprechender Entschädigungsanspruch muss schriftlich geltend gemacht werden. Art und Umfang der Entschädigung bemessen sich nach dem tatsächlichen wirtschaftlichen Schaden und werden gegebenenfalls gerichtlich überprüft.

Einsatz im Spannungs- und Verteidigungsfall

Verbindung zum Notstands- und Katastrophenrecht

Das Wassersicherstellungsgesetz steht in engem Zusammenhang mit anderen Gesetzen im Bereich der Notstands- und Katastrophenvorsorge, insbesondere dem Zivilschutzgesetz, dem Ernährungssicherstellungsgesetz und dem Wirtschaftssicherstellungsgesetz. Im Krisenfall können nach Maßgabe des WSiG weitergehende Eingriffe in das Eigentum und die wirtschaftliche Freiheit erfolgen, wenn es zur Aufrechterhaltung der Wasserversorgung erforderlich ist.

Administration und operative Umsetzung

Die praktische Umsetzung der im Gesetz vorgesehenen Maßnahmen erfolgt durch die zuständigen Behörden auf Bundes- und Landesebene. Dabei werden im Einzelfall sogenannte Wasserkrisenstäbe gebildet, die die Koordinierung und Durchführung der erforderlichen Maßnahmen gewährleisten.

Aktuelle Bedeutung und praktische Relevanz

Notwendigkeit in der heutigen Zeit

Angesichts zunehmender Naturkatastrophen, infrastruktureller Störungen und terroristischer Bedrohungen hat das Wassersicherstellungsgesetz weiterhin hohe Relevanz für die staatliche Vorsorge. Die regelmäßige Überprüfung und Aktualisierung wasserwirtschaftlicher Sicherstellungspläne ist wichtig, um im Ernstfall einen reibungslosen Ablauf sicherzustellen.

Verhältnis zu weiteren wasserrechtlichen Vorschriften

Das WSiG ergänzt das Wasserhaushaltsgesetz (WHG), Landeswassergesetze und das Katastrophenschutzrecht. Während das WHG insbesondere den Umweltschutz, die Nutzerinteressen und Bewirtschaftung regelt, stellt das Wassersicherstellungsgesetz im Krisenfall die Versorgungssicherheit in den Vordergrund.

Literaturhinweise und weiterführende Informationen

  • Wassersicherstellungsgesetz (WSiG), BGBl. I 1965, S. 961
  • Wasserhaushaltsgesetz (WHG)
  • Zivilschutzgesetz
  • Ernährungssicherstellungsgesetz
  • Wirtschaftssicherstellungsgesetz

Fazit

Das Wassersicherstellungsgesetz stellt einen essenziellen Bestandteil der deutschen Rechtsordnung zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit im Bereich Wasser dar. Es schafft die rechtlichen Grundlagen, um in außergewöhnlichen Lagen schnelle und wirksame staatliche Maßnahmen zur Sicherstellung der Trink- und Betriebswasserversorgung einzuleiten. Dabei stehen das öffentliche Interesse, die Daseinsvorsorge und der Schutz kritischer Infrastrukturen im Mittelpunkt der gesetzlichen Regelungen.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen sind für behördliche Eingriffe nach dem Wassersicherstellungsgesetz erforderlich?

Behördliche Eingriffe gemäß dem Wassersicherstellungsgesetz (WasSiG) setzen voraus, dass eine Notlage nach Maßgabe des Gesetzes festgestellt oder zumindest als unmittelbar bevorstehend eingestuft wird. Rechtlich notwendig ist regelmäßig eine förmliche Feststellung eines Sicherstellungsfalles durch die zuständigen Behörden, meist auf Länder- oder Bundesebene. Die Eingriffe müssen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erfolgen und dürfen nur erlassen werden, sofern mildere Maßnahmen nicht ausreichen, um die öffentliche Wasserversorgung aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen. Rechtlich verpflichtend ist zudem die Ordnungsmäßigkeit bei Erlass und Umsetzung von Anordnungen, insbesondere unter Berücksichtigung von Widerspruchs- und Beteiligungsrechten der Betroffenen. Die Grundlage und das Verfahren richten sich neben dem Wassersicherstellungsgesetz auch nach den Verwaltungsverfahrensgesetzen der Länder sowie dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes.

Welche rechtlichen Schutzmechanismen bestehen für Betroffene bei Anordnungen nach dem Wassersicherstellungsgesetz?

Betroffene, wie Wasserversorger oder Eigentümer von Wasserversorgungsanlagen, haben nach dem Wassersicherstellungsgesetz und den allgemeinen verwaltungsrechtlichen Regelungen Anspruch auf rechtliches Gehör und angemessene Information über die gegen sie gerichteten Maßnahmen. Im Regelfall besteht das Recht auf Widerspruch und gegebenenfalls auf Anfechtungsklage gegen belastende Maßnahmen. Darüber hinaus regelt das Gesetz Entschädigungsansprüche: Werden Rechte oder Vermögen durch Maßnahmen gemäß WasSiG beeinträchtigt, so sind den Betroffenen auf Antrag angemessene Ausgleichsleistungen zu gewähren. Diese Entschädigungsansprüche beziehen sich insbesondere auf Eingriffe in das Eigentum und die Nutzungsrechte und sind detailliert nach Maßgabe der jeweiligen gesetzlichen Vorschriften zu bemessen.

Unter welchen rechtlichen Voraussetzungen können Wasserentnahmen geregelt oder beschränkt werden?

Das Wassersicherstellungsgesetz ermöglicht es den zuständigen Behörden, den Bezug, die Verteilung und auch die Entnahme von Wasser aus öffentlichen und privaten Anlagen im Rahmen eines Sicherstellungsfalles zu regeln oder einzuschränken. Rechtlich bedarf es hierzu einer konkreten Anordnung, die hinreichend bestimmt sein muss und sich auf die Gefahrenabwehr beziehungsweise die Sicherstellung der Versorgung mit Trink- und Betriebswasser stützt. Die rechtliche Grundlage hierfür findet sich insbesondere in § 1 ff. WasSiG, wobei diese Anordnungen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten müssen und darauf gerichtet sein müssen, gravierende Versorgungsengpässe oder Gefahren für erhebliche Rechtsgüter abzuwenden. Auch Duldungspflichten für Betreiber von Wasserversorgungsanlagen können daraus rechtlich resultieren.

Welche Rechtsfolgen ergeben sich bei Verstößen gegen Auflagen oder Anordnungen nach dem Wassersicherstellungsgesetz?

Gesetzes- oder auf Anordnung der Behörde gestützte Pflichten nach WasSiG unterliegen einem besonderen Sanktionsregime. Verstöße gegen vollziehbare Anordnungen oder Auflagen sind, je nach Schwere, bußgeldbewährt und können in schwerwiegenden Fällen als Ordnungswidrigkeiten nach den Bestimmungen des Gesetzes und des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG) geahndet werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass rechtswidriges Handeln Schadensersatzpflichten gegenüber dem Staat oder Dritten nach sich zieht. Im Wiederholungsfall oder bei andauernden Zuwiderhandlungen können auch Zwangsmaßnahmen, wie Ersatzvornahmen und Zwangsgelder, eingesetzt werden, sofern diese im Verwaltungsverfahren angedroht und festgesetzt wurden.

Wie ist das Verhältnis des Wassersicherstellungsgesetzes zu landesrechtlichen Wassergesetzen?

Das Wassersicherstellungsgesetz ist als Bundesgesetz im Kontext der konkurrierenden Gesetzgebung nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG zu sehen und regelt insbesondere die Sicherstellung der Wasserversorgung im Verteidigungsfall und bei sonstigen Notlagen. Die landesrechtlichen Vorschriften über die öffentliche Wasserversorgung bleiben jedoch unberührt, soweit sie nicht im Widerspruch zum WasSiG stehen. Im Sicherstellungsfall verdrängt das WasSiG die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften nach dem Prinzip des Anwendungsvorrangs des Bundesrechts. Gleichwohl sind die Behörden der Länder für die Durchführung und Umsetzung der Maßnahmen nach dem WasSiG regelmäßig zuständig, weshalb eine enge Abstimmung und Koordination zwischen Bundes- und Landesbehörden rechtlich erforderlich ist.

Was sind die rechtlichen Voraussetzungen für Entschädigungsleistungen nach dem Wassersicherstellungsgesetz?

Das WasSiG sieht explizit Entschädigungsregelungen für den Fall vor, dass durch behördliche Maßnahmen nach diesem Gesetz Eingriffe in das Eigentum oder vermögenswerte Rechte erfolgen. Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch ist zunächst, dass ein rechtmäßiger Eingriff vorliegt, der nicht mehr nur als sozialadäquat gilt. Die Berechnung und Auszahlung erfolgen in Anlehnung an die im Gesetz vorgesehenen Normen, wobei neben der Höhe des tatsächlich entstandenen Schadens auch Mitverschuldensanteile, Nutzungen und sonstige Vorteile zu berücksichtigen sind. Liegen jedoch Notstandssituationen vor, kann im Ausnahmefall eine Kürzung oder ein Ausschluss der Entschädigung erfolgen, sofern dies ausdrücklich gesetzlich geregelt und im Einzelfall rechtlich gerechtfertigt ist. Rechtsbehelfe gegen die Festsetzung der Entschädigung sind über die Verwaltungsgerichtsbarkeit möglich.