Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) – Begriff und Bedeutung
Das Washingtoner Artenschutzübereinkommen, international als CITES (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora) bekannt, ist ein weltweites Abkommen zum Schutz wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Kontrolle des grenzüberschreitenden Handels. Ziel ist es, die Nutzung wildlebender Arten so zu regulieren, dass ihr Überleben in der Natur nicht gefährdet wird. Das Übereinkommen wurde in den 1970er Jahren ausgearbeitet und ist seither für eine große Zahl von Staaten verbindlich. Es verpflichtet die Vertragsparteien, Ein- und Ausfuhren geschützter Arten über ein Genehmigungs- und Kontrollsystem zu steuern.
Rechtliche Einordnung und Struktur des Abkommens
CITES ist ein völkerrechtlicher Vertrag. Staaten, die dem Abkommen beitreten, werden Vertragsparteien und sind gehalten, dessen Vorgaben in nationales Recht umzusetzen und zu vollziehen. Das Abkommen legt Mindeststandards fest; einzelne Staaten oder Staatengemeinschaften können darüber hinausgehende, strengere Vorschriften erlassen.
Das Übereinkommen arbeitet mit drei Anhängen, in denen Arten je nach Gefährdung und Handelsrisiko gelistet sind. Die Anhänge werden durch Beschlüsse der Gesamtkonferenz der Vertragsparteien fortlaufend aktualisiert. Das CITES-Sekretariat koordiniert die Umsetzung, unterstützt die Vertragsstaaten und bereitet Beschlüsse vor. Fachgremien für Tiere und Pflanzen sowie ein Ständiger Ausschuss begleiten die fachliche und organisatorische Arbeit.
Gelistete Arten und Anhänge
Anhang I
Enthält Arten, die als stark gefährdet gelten. Der internationale Handel mit Exemplaren dieser Arten ist nur in eng begrenzten Ausnahmefällen zulässig und unterliegt besonders strengen Genehmigungen. Kommerzieller Handel mit wildentnommenen Exemplaren ist grundsätzlich nicht vorgesehen.
Anhang II
Umfasst Arten, die derzeit nicht zwingend vom Aussterben bedroht sind, deren Handel jedoch kontrolliert werden muss, um eine Gefährdung zu vermeiden. Hier ist Handel möglich, wenn behördlich festgestellt wird, dass er die Bestände in der Natur nicht beeinträchtigt und die Exemplare rechtmäßig gewonnen wurden.
Anhang III
Listet Arten, die von einzelnen Staaten national geschützt sind und für deren internationalen Handel Unterstützung anderer Staaten verlangt wird. Die Anforderungen sind geringer als bei Anhang I und II, gleichwohl sind Dokumente und Kontrollen vorgesehen.
Begriffe und sachlicher Anwendungsbereich
Das Abkommen erfasst lebende und tote Exemplare geschützter Arten sowie deren erkennbare Teile und Erzeugnisse. In der Praxis reicht dies von lebenden Tieren und Pflanzen bis zu Häuten, Hölzern, Musikinstrumenten, traditionellen Erzeugnissen, Samen oder Extrakten, soweit sie den Anhängen unterfallen. Anmerkungen zu einzelnen Listungen können den Umfang präzisieren (zum Beispiel nur bestimmte Teile, Bearbeitungsstufen oder Populationen).
CITES unterscheidet außerdem zwischen wildentnommenen Exemplaren und solchen aus Zucht bzw. künstlicher Vermehrung. Für letztgenannte können erleichterte oder besondere Regelungen gelten, sofern anerkannte Kriterien eingehalten sind.
Genehmigungssystem und Dokumente
Grundprinzip
Der grenzüberschreitende Verkehr mit gelisteten Arten bedarf je nach Anhang und Art des Vorgangs behördlicher Dokumente. Zuständig sind nationale Verwaltungsbehörden; fachliche Bewertungen erfolgen in der Regel durch nationale wissenschaftliche Behörden.
Typen von Dokumenten
- Ausfuhrgenehmigung: Für die Verbringung aus dem Ursprungsstaat; setzt u. a. eine fachliche Unbedenklichkeitsfeststellung und den rechtmäßigen Erwerb voraus.
- Einfuhrgenehmigung: Für bestimmte Fälle, insbesondere bei Anhang-I-Arten; sie ergänzt die Ausfuhrunterlagen des exportierenden Staates.
- Wiederausfuhrgenehmigung: Für die Ausfuhr eines zuvor eingeführten Exemplars aus einem Zwischenstaat.
- Bescheinigung der Einführung aus dem Meer: Für bestimmte marine Exemplare, die außerhalb nationaler Hoheitsgebiete gewonnen wurden.
- Weitere Bescheinigungen: Dazu zählen u. a. Herkunftsnachweise, Vorerwerbs- (Pre-Convention-)Bescheinigungen, Zucht- und Vermehrungsnachweise oder Bescheinigungen für Wanderausstellungen.
Bewertungskriterien
Vor Erteilung von Genehmigungen prüfen die Behörden insbesondere die Bestandsverträglichkeit des Handels sowie die Rechtmäßigkeit der Gewinnung. Die Anforderungen sind abhängig vom Anhang und vom Handelszweck (kommerziell oder nicht kommerziell).
Nationale Zuständigkeiten und Umsetzung
Jede Vertragspartei benennt mindestens eine Verwaltungsbehörde für Genehmigungen und eine wissenschaftliche Behörde für fachliche Bewertungen. Die Vertragsstaaten richten zudem innerstaatliche Regelungen ein, um Verstöße zu sanktionieren, Beschlagnahmen zu ermöglichen und Kontrollen an Grenzen sicherzustellen. Regionale Zusammenschlüsse können einheitliche Regeln für ihre Mitgliedstaaten vorsehen, die CITES ergänzen oder präzisieren.
Durchsetzung, Kontrolle und Sanktionen
Die Einhaltung wird in erster Linie durch nationale Zoll- und Vollzugsbehörden überwacht. Typische Maßnahmen sind Dokumentenprüfung, physische Kontrollen, Beschlagnahmen rechtswidriger Exemplare und Sanktionen. Auf internationaler Ebene unterstützt das Sekretariat die Zusammenarbeit, erstellt Leitlinien und koordiniert Empfehlungen. Bei gravierenden oder fortdauernden Umsetzungsdefiziten können internationale Handelsempfehlungen ausgesprochen werden, die den Handel mit bestimmten Arten oder aus bestimmten Staaten beschränken.
Ausnahmen und besondere Konstellationen
- Persönliche Gegenstände und Hausrat: Für bestimmte, klar abgegrenzte Fälle bestehen Erleichterungen, sofern definierte Voraussetzungen erfüllt sind.
- Vorerwerb (Pre-Convention): Exemplare, die vor der Aufnahme einer Art in die Anhänge rechtmäßig erworben wurden, können unter besonderen Nachweisen vom regulären Genehmigungssystem abweichen.
- Zucht und künstliche Vermehrung: Für nachweislich in Gefangenschaft gezüchtete Tiere oder künstlich vermehrte Pflanzen sind je nach Anhang angepasste Dokumente und Anforderungen vorgesehen.
- Bildung, Forschung, Museen, Zoos und Wanderausstellungen: Es existieren besondere Nachweissysteme, um wiederholte Grenzübertritte zu erleichtern, ohne den Schutzzweck zu beeinträchtigen.
- Nichtvertragsstaaten: Der Handel mit Staaten, die nicht Partei sind, ist möglich, setzt jedoch gleichwertige Dokumentation voraus.
- Vorbehalte: Vertragsparteien können gegenüber bestimmten Listungen Vorbehalte erklären; die rechtlichen Wirkungen sind genau festgelegt und beeinflussen den Handel mit anderen Staaten.
Institutionen und Entscheidungsprozesse
Oberstes Beschlussorgan ist die Konferenz der Vertragsparteien. Sie entscheidet über Änderungen der Anhänge, nimmt Resolutionen an und setzt Arbeitsprogramme. Ein Ständiger Ausschuss begleitet die Umsetzung zwischen den Konferenzen, während Tier- und Pflanzenausschüsse wissenschaftliche Fragen bearbeiten, etwa zur Bestandslage, zu Quoten oder zu sogenannten „Look-alike“-Problemen. Das Sekretariat unterstützt organisatorisch, fachlich und bei der Zusammenarbeit zwischen den Staaten.
Instrumente der Compliance und fachliche Verfahren
Zur Stärkung der Wirksamkeit existieren spezielle Verfahren, beispielsweise Überprüfungen des bedeutenden Handels für bestimmte Arten, Bewertungen nationaler Umsetzungsstände sowie Empfehlungen zur Verbesserung von Gesetzgebung und Vollzug. In geeigneten Fällen können zeitweilige Handlungsempfehlungen zum Handel ausgesprochen werden, bis Umsetzungsdefizite behoben sind.
Verhältnis zu anderem Recht
CITES steht neben weiteren internationalen, regionalen und nationalen Regelwerken. Es wird häufig durch regionale Vorschriften ergänzt, die detailliertere Anforderungen an Dokumentation, Kennzeichnung, Transport oder Marktüberwachung enthalten. Nationale Gesetze regeln Zuständigkeiten, Verfahren und Sanktionen im Detail und können über die Mindeststandards hinausgehen.
Digitale Verfahren, Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit
Zur effizienten Umsetzung werden vermehrt elektronische Genehmigungssysteme eingesetzt. Je nach Art können Markierungen, Etikettierungen, Mikrochips oder Begleitpapiere vorgeschrieben sein, um legale Lieferketten nachvollziehbar zu machen. Die Vertragsparteien arbeiten an Standards für Datenaustausch, um die Kontrolle an Grenzen zu erleichtern.
Streitbeilegung und Zusammenarbeit
Zwischenstaatliche Fragen werden vorrangig im Dialog und durch die Gremien des Abkommens geklärt. Das Übereinkommen sieht dafür abgestufte Verfahren der Zusammenarbeit vor. Parallel bestehen Plattformen für gemeinsame Vollzugsaktionen und Informationsaustausch, einschließlich spezieller Arbeitsgruppen.
Praktische Bedeutung
CITES beeinflusst den internationalen Handel mit wildlebenden Arten und daraus hergestellten Produkten in zahlreichen Branchen, darunter Holzhandel, Mode, Musikinstrumente, Aquaristik, Zierpflanzen, Lebensmittel, Medizinprodukte sowie Bildung und Forschung. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sorgen dafür, dass der Handel vorhersehbar, nachvollziehbar und bestandsverträglich gestaltet wird.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Washingtoner Artenschutzübereinkommen
Was regelt das Washingtoner Artenschutzübereinkommen konkret?
Das Übereinkommen regelt den internationalen Handel mit bestimmten, gelisteten Tier- und Pflanzenarten sowie deren Teilen und Erzeugnissen. Es legt fest, welche Dokumente für Ein-, Aus- und Wiederausfuhr erforderlich sind und unter welchen Voraussetzungen der Handel zulässig ist.
Wie unterscheiden sich die Anhänge I, II und III rechtlich?
Anhang I enthält stark gefährdete Arten mit sehr strengen Handelsbeschränkungen. Anhang II umfasst Arten, deren Handel kontrolliert werden muss, um eine Gefährdung zu verhindern. Anhang III nennt Arten, für die einzelne Staaten internationale Unterstützung bei der Kontrolle verlangen. Die jeweils erforderlichen Dokumente und Prüfungen unterscheiden sich entsprechend.
Welche Behörden sind für Genehmigungen zuständig?
In jedem Vertragsstaat gibt es eine Verwaltungsbehörde für die Erteilung von Genehmigungen und eine wissenschaftliche Behörde für die fachliche Bewertung. Ihre Aufgaben und Verfahren sind im nationalen Recht geregelt und orientieren sich an den CITES-Vorgaben.
Gibt es Ausnahmen vom Genehmigungserfordernis?
Das Abkommen sieht eng umrissene Ausnahmen und Sonderregelungen vor, etwa für bestimmte persönliche Gegenstände, rechtmäßig vor der Listung erworbene Exemplare, anerkannte Zucht- und Vermehrungsfälle sowie Wanderausstellungen. Der Umfang und die Nachweise sind klar definiert.
Wie wird die Einhaltung kontrolliert und sanktioniert?
Kontrollen erfolgen an Grenzen und im Binnenmarkt durch zuständige Behörden. Bei Verstößen kommen Beschlagnahmen und Sanktionen nach nationalem Recht in Betracht. International unterstützen Gremien und das Sekretariat die Zusammenarbeit und können handelspolitische Empfehlungen aussprechen.
Welche Rolle spielen wissenschaftliche Bewertungen?
Vor der Genehmigung von Ausfuhren wird geprüft, ob der Handel die Wildbestände nicht gefährdet und die Exemplare rechtmäßig gewonnen wurden. Diese Bewertungen bilden die Grundlage für die Entscheidung über die Erteilung von Dokumenten.
Wie wird mit Nichtvertragsstaaten und Vorbehalten umgegangen?
Der Handel mit Nichtvertragsstaaten ist möglich, wenn gleichwertige Dokumente vorgelegt werden. Erklärt ein Vertragsstaat einen Vorbehalt gegenüber einer Listung, gelten festgelegte Folgen für den Handel mit anderen Staaten.
Erfasst CITES auch Online- und Posthandel?
Ja. Maßgeblich ist der grenzüberschreitende Verkehr. Die rechtlichen Anforderungen gelten unabhängig vom Vertriebskanal; Dokumente und Kontrollen sind entsprechend anzuwenden.