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Vorstellungskosten

Vorstellungskosten: Begriff und rechtliche Einordnung

Vorstellungskosten sind Aufwendungen, die Bewerbenden im Zusammenhang mit der Teilnahme an einem Auswahl- oder Bewerbungsgespräch entstehen. Dazu zählen insbesondere Reise-, Übernachtungs- und Nebenkosten, die erforderlich sind, um an einem Vorstellungstermin oder an einem mehrstufigen Auswahlverfahren teilzunehmen. Rechtlich werden diese Kosten dem vorvertraglichen Bereich zugeordnet: Zwischen der einladenden Stelle und den Bewerbenden entsteht bereits während der Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses ein besonderes Vertrauensverhältnis, aus dem sich unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch auf Auslagenerstattung ergeben kann.

Rechtliche Systematik

Die Pflicht zur Erstattung von Vorstellungskosten knüpft typischerweise an eine Einladung zu einem Auswahltermin an. Erstattet werden in der Regel nur solche Aufwendungen, die als erforderlich und angemessen gelten und die kausal durch die Einladung entstanden sind. Der Umfang der Erstattung kann im Vorfeld begrenzt oder ausgeschlossen werden, sofern dies klar und unmissverständlich mitgeteilt wird. Ohne eine solche Einschränkung ist im Regelfall von einer Erstattungspflicht der einladenden Stelle auszugehen.

Einladung als Ausgangspunkt

Die Einladung zu einem Gespräch oder Auswahltermin bildet den Kern der Anspruchsbegründung. Sie kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen, etwa durch Terminbestätigung und Organisation des Gesprächs. Fehlt eine Einladung, etwa bei einer rein eigeninitiativ wahrgenommenen Vorsprache ohne vorherige Abstimmung, besteht regelmäßig kein Anspruch auf Kostenerstattung.

Erforderlichkeit und Angemessenheit

Erstattungsfähig sind nur notwendige und verhältnismäßige Aufwendungen. Maßstab ist, welche Kosten eine vernünftige, auf Sparsamkeit bedachte Person für dieselbe Reise und denselben Zweck aufgewendet hätte. Üblich sind etwa Fahrkarten des öffentlichen Verkehrs in einer gängigen Klasse, bei größeren Entfernungen gegebenenfalls Flüge der Economy-Klasse, sowie einfache Übernachtungen, wenn eine An- und Abreise am selben Tag objektiv nicht zumutbar ist. Luxus- oder Komfortmehrkosten gelten nicht als erforderlich.

Ausschluss oder Begrenzung der Erstattung

Die einladende Stelle kann die Übernahme von Vorstellungskosten vorab ausschließen oder der Höhe nach begrenzen. Dies setzt eine klare, vorherige Information voraus, etwa in der Einladung. Unklare oder nachträgliche Hinweise lösen im Allgemeinen keinen wirksamen Ausschluss aus. Eine ausdrückliche Begrenzung (zum Beispiel Obergrenzen für Fahrt- oder Hotelkosten) ist wirksam, wenn sie rechtzeitig mitgeteilt wird.

Mehrstufige Verfahren und Assessments

Bei mehrstufigen Auswahlverfahren, Assessment-Centern oder Probetagen innerhalb eines Auswahlprozesses gilt der gleiche Grundsatz: Entstehen notwendige und angemessene Kosten aufgrund einer Einladung, sind diese dem Grunde nach erstattungsfähig, soweit keine wirksam mitgeteilten Beschränkungen bestehen. Die Erforderlichkeit ist je Stufe gesondert zu betrachten.

Dritte und Vermittler

Lädt eine Personalvermittlung oder ein anderes Unternehmen im Auftrag des künftigen Arbeitgebers ein, richtet sich ein Erstattungsanspruch im Regelfall gegen diejenige Stelle, die als einladende Partei auftritt. Werbende Maßnahmen ohne konkrete Einladung begründen üblicherweise keinen Anspruch.

Typische Aufwandsarten

Reisekosten

Dazu gehören Fahrkarten für Bus und Bahn, Kosten für Pkw-Nutzung (etwa gemessen an üblichen Kilometerpauschalen), Parkgebühren und – bei größeren Entfernungen – Flugkosten in angemessenem Umfang. Kosten für Umwege, private Erledigungen oder vermeidbare Zusatzfahrten sind nicht erstattungsfähig.

Übernachtungskosten

Eine Übernachtung kommt in Betracht, wenn der Termin eine An- und Abreise am selben Tag unzumutbar macht. Erstattungsfähig sind in der Regel angemessene Hotelkosten im mittleren Segment. Zusätzliche Komfortleistungen fallen nicht darunter.

Verpflegungsmehraufwand

Aufwendungen für Verpflegung sind nur eingeschränkt erstattungsfähig. Üblich ist die Übernahme eines angemessenen Mehrbedarfs, nicht jedoch aufwendige Bewirtungen. Wird vor Ort Verpflegung gestellt, entfällt ein entsprechender Mehraufwand.

Sachkosten

Auch kleinere Nebenkosten wie Kopien von Bewerbungsunterlagen, Versand- oder Portokosten können erfasst sein, soweit sie unmittelbar durch die Einladung entstanden und angemessen sind. Aufwendungen für Arbeitskleidung, Bewerbungsfotos oder Coachingmaßnahmen gehören in der Regel nicht zu den Vorstellungskosten.

Besonderheiten und Abgrenzungen

Unverlangte Vorsprachen und Initiativkontakte

Erfolgt die Vorstellung ohne vorherige Einladung, entsteht im Allgemeinen kein Erstattungsanspruch. Dies gilt besonders bei reinen Initiativbesuchen, bei denen der Arbeitgeber die Teilnahme nicht verlangt hat.

Absage oder Abbruch

Sagt die einladende Stelle kurz vor dem Termin ab oder bricht das Verfahren ab, können bereits entstandene, nicht mehr stornierbare und angemessene Kosten ersatzfähig sein. Wird hingegen der Termin von Bewerbenden ohne wichtigen Grund nicht wahrgenommen, besteht üblicherweise kein Erstattungsanspruch.

Probearbeit und Abgrenzung zur Tätigkeit

Findet ein Probearbeitstag statt, ist zu unterscheiden: Dient er allein der Eignungsfeststellung ohne Einbindung in produktive Arbeitsabläufe, können die dadurch entstehenden Anfahrts- und Nebenkosten als Vorstellungskosten einzuordnen sein. Geht die Tätigkeit darüber hinaus, treten andere arbeitsrechtliche Regelungen in den Vordergrund, die nicht mehr nur Vorstellungskosten betreffen.

Interne Bewerbungen

Bewerben sich bereits Beschäftigte intern, handelt es sich bei entstehenden Aufwendungen eher um dienstliche Reisekosten. Die Erstattung richtet sich dann überwiegend nach internen Regelungen des Arbeitgebers, nicht nach den Grundsätzen zu externen Vorstellungskosten.

Öffentlicher Dienst und internationale Bewerbungen

Im öffentlichen Dienst gelten häufig standardisierte Regelungen zu Reisekosten, die auch Vorstellungskosten erfassen können. Bei internationalen Bewerbungen kommen zusätzlich Einreise-, Visums- oder Währungsaspekte in Betracht; erstattungsfähig bleiben nur notwendige und angemessene Aufwendungen im unmittelbaren Zusammenhang mit der Einladung.

Abwicklung, Nachweis und zeitliche Aspekte

Anspruchsgegner

Anspruchsgegner ist in der Regel die einladende Stelle. Wird im Namen eines anderen Unternehmens eingeladen, ist maßgeblich, wer durch sein Auftreten die Einladung veranlasst hat.

Nachweis und Abrechnung

Für die Erstattung ist der Nachweis durch Belege üblich. Dazu zählen Tickets, Rechnungen und Zahlungsbelege. Eine geordnete Aufstellung erleichtert die Zuordnung zu den einzelnen Terminen und Kostenarten.

Fristen und Verfall

Ansprüche auf Erstattung unterliegen allgemeinen Verjährungsregeln. Zusätzlich können vertragliche oder betriebliche Ausschlussfristen existieren, die eine zeitnahe Geltendmachung verlangen. Werden solche Fristen versäumt, ist ein späterer Ausgleich regelmäßig ausgeschlossen.

Steuer- und sozialversicherungsrechtliche Einordnung

Erstattete Vorstellungskosten gelten üblicherweise nicht als Arbeitslohn und sind damit grundsätzlich nicht beitrags- oder steuerpflichtig, solange sie sich im Rahmen des Erforderlichen bewegen. Nicht erstattete, selbst getragene Vorstellungskosten können im Einzelfall steuerlich als beruflich veranlasste Aufwendungen einzuordnen sein. Erstattete Beträge mindern entsprechende steuerliche Berücksichtigungen. Die genaue Einordnung hängt vom Einzelfall und den jeweils geltenden steuerlichen Vorgaben ab.

Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu Vorstellungskosten

Wer trägt grundsätzlich die Vorstellungskosten?

Grundsätzlich trägt die einladende Stelle die notwendigen und angemessenen Kosten, wenn eine Einladung zu einem Vorstellungstermin vorliegt und keine wirksame, rechtzeitig mitgeteilte Kostenbeschränkung oder ein Ausschluss vereinbart wurde.

Wann entfällt ein Erstattungsanspruch?

Ein Anspruch entfällt typischerweise, wenn die Teilnahme ohne vorherige Einladung erfolgt, wenn die einladende Stelle die Kostenübernahme klar und rechtzeitig ausgeschlossen hat oder wenn die geltend gemachten Aufwendungen nicht erforderlich oder unangemessen hoch sind.

Welche Ausgaben gelten als erforderlich und angemessen?

Als erforderlich und angemessen gelten in der Regel übliche Reisekosten (z. B. öffentliche Verkehrsmittel in gängiger Klasse), angemessene Übernachtungen bei Notwendigkeit sowie geringe Nebenkosten. Luxusleistungen, Umwege oder rein private Zusatzkosten fallen nicht darunter.

Besteht ein Anspruch bei kurzfristiger Absage durch den Arbeitgeber?

Bei kurzfristiger Absage können bereits entstandene, nicht mehr stornierbare und der Höhe nach angemessene Kosten ersatzfähig sein. Maßgeblich ist, ob die Kosten kausal durch die Einladung veranlasst wurden.

Gilt der Anspruch auch bei mehreren Auswahlrunden oder Assessment-Centern?

Ja, die Grundsätze gelten für jede eingeladenen Verfahrensstufe. Für jede Runde sind Erforderlichkeit, Angemessenheit und etwaige mitgeteilte Begrenzungen gesondert zu prüfen.

Wie lange können Ansprüche geltend gemacht werden?

Ansprüche unterliegen allgemeinen Verjährungsregeln und können zusätzlich vertraglichen oder betrieblichen Ausschlussfristen unterfallen. Nach Ablauf solcher Fristen ist eine Geltendmachung regelmäßig ausgeschlossen.

Wie sind erstattete und nicht erstattete Vorstellungskosten steuerlich einzuordnen?

Erstattete, dem Grunde nach erforderliche Vorstellungskosten stellen in der Regel keinen steuer- oder beitragspflichtigen Arbeitslohn dar. Nicht erstattete Aufwendungen können im Einzelfall als beruflich veranlasst eingeordnet werden; Erstattungen mindern eine entsprechende Berücksichtigung.