Viehverkehrsverordnung (VieVVO) – Definition, rechtlicher Rahmen und Inhalte
Die Viehverkehrsverordnung (kurz VieVVO) ist eine zentrale Rechtsverordnung im deutschen Tierseuchenrecht. Sie regelt die Anforderungen an den Transport und den Handel von bestimmten Tierarten innerhalb Deutschlands sowie teilweise innerhalb der Europäischen Union. Grundlage der Viehverkehrsverordnung ist das Tiergesundheitsgesetz (TierGesG). Ziel der Regelungen ist die Prävention und Eindämmung von Tierseuchen durch lückenlose Dokumentation und Überwachung von Viehbewegungen.
Rechtliche Grundlagen und Einordnung
Die Viehverkehrsverordnung ist eine Rechtsverordnung, die auf § 24 Abs. 1 des Tiergesundheitsgesetzes beruht. Sie konkretisiert die darin enthaltenen Ermächtigungen zum Zwecke des Gesundheitsschutzes von landwirtschaftlichen Nutztieren und der Eindämmung von Seuchen. Die aktuelle Fassung der Viehverkehrsverordnung wurde zuletzt am 3. März 2010 veröffentlicht und seither mehrfach geändert.
Zielsetzung der Viehverkehrsverordnung
Zentrale Zielsetzungen der Viehverkehrsverordnung sind:
- Die Rückverfolgbarkeit der Tierbewegungen zur schnellen Identifikation möglicher Infektionsketten.
- Die rechtssichere Erfassung und Dokumentation von Halter- und Bestandsdaten.
- Die Sicherung der Tiergesundheit durch die Vorgabe von Meldungen und Bescheinigungen bei Tiertransporten.
Anwendungsbereich
Die Verordnung gilt insbesondere für die in Anhang I genannten Tierarten, vor allem Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen und Equiden. Sie betrifft sowohl gewerbliche als auch private Halter, Transportunternehmen sowie Einrichtungen, die Tiere aufnehmen oder abgeben.
Wesentliche Regelungsinhalte
Registrierungspflichten und Bestandsregister
Gemäß §§ 1 ff. Viehverkehrsverordnung sind alle Tierhalter verpflichtet, ihren Tierbestand bei der zuständigen Behörde anzuzeigen. Dazu gehören:
- Die erstmalige Anzeige der Aufnahme von Tierhaltungen.
- Die Führung eines Bestandsregisters, in dem sämtliche Zu- und Abgänge von Tieren lückenlos dokumentiert werden müssen.
- Die Verpflichtung, jede Bestandsveränderung, wie Geburt, Tod, Verkauf oder Transport der Tiere, innerhalb bestimmter Fristen zu melden.
Begleit- und Transportdokumente
Für den Transport von Tieren sind verschiedene Dokumentationspflichten einzuhalten:
- Begleitdokumente müssen jedem transportierten Tier beigefügt werden. Diese enthalten Informationen über Herkunft, Bestimmungsort und Tierart.
- Gesundheitsbescheinigungen sind insbesondere beim Verbringen über größere Entfernungen oder in andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union notwendig.
- Die Dokumente müssen eine eindeutige Identifikation ermöglichen, was insbesondere durch Ohrmarken, Tätowierungen oder Chipkennzeichnungen sichergestellt wird.
Meldungen und Datenübermittlungen
Die Viehverkehrsverordnung fordert die elektronische oder schriftliche Meldung von Tierbewegungen an die Zentrale Datenbank (HI-Tier), die zentral durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft betreut wird.
Hierbei sind bestimmte Meldefristen einzuhalten:
- z. B. bei Rindern innerhalb von sieben Tagen nach Zu- oder Abgang im Bestand.
Vorgaben zur Einzeltierkennzeichnung
Für bestimmte Tierarten besteht eine Pflicht zur unverwechselbaren Einzeltierkennzeichnung, beispielsweise:
- Rinder: Doppelte Ohrmarken mit Identifikationsnummer.
- Schweine, Schafe, Ziegen: Burn-out-Stempel, Tätowierung oder Ohrmarken.
Diese Maßnahmen dienen der eindeutigen Identifikation im Seuchenfall.
Verstöße, Ordnungswidrigkeiten und Sanktionen
Die Viehverkehrsverordnung enthält im Abschnitt über Ordnungswidrigkeiten (§§ 33 ff.) einen Bußgeldkatalog für Zuwiderhandlungen, etwa wenn
- die Meldepflichten verletzt,
- erforderliche Dokumente nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig vorgelegt,
- oder Tiere entgegen den seuchenhygienischen Anforderungen verbracht werden.
Diese Verstöße können mit Bußgeldern bis zu mehreren Tausend Euro geahndet werden.
Verhältnis zu weiteren Rechtsvorschriften
Die Viehverkehrsverordnung steht in engem Zusammenhang mit weiteren Regelwerken, etwa
- dem Tiergesundheitsgesetz (TierGesG),
- der Viehverkehrsordnung auf europäischer Ebene (Verordnung (EU) 2016/429 „Animal Health Law“),
- sowie zahlreichen landesspezifischen Vorschriften.
Sie nimmt Bezug auf europäische Binnenmarktbestimmungen, insbesondere im Hinblick auf die grenzüberschreitende Verbringung von Tieren.
Bedeutung für die Praxis
Für landwirtschaftliche Betriebe, Viehhändler und Transportunternehmen sind die Vorgaben der Viehverkehrsverordnung praxisrelevant und verpflichtend umzusetzen. Die lückenlose Einhaltung der Dokumentations- und Meldepflichten ist eine zentrale Voraussetzung, um im Falle eines Seuchenausbruchs schnell und effektiv reagieren zu können.
Insbesondere die Digitalisierung der Meldewege und Datenbanken hat in den letzten Jahren für mehr Rechtssicherheit und Transparenz im Viehverkehr gesorgt. Regelmäßige Änderungen und Anpassungen der Verordnung sind daher zu beachten.
Literatur, weiterführende Vorschriften und Quellen
- Viehverkehrsverordnung (juris, BMEL)
- Tiergesundheitsgesetz
- Verordnung (EU) 2016/429 (Animal Health Law)
- Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft: Informationen zum Viehhandel und Tierkennzeichnung
- HI-Tier Datenbank (zentrale Meldestelle für Tierbewegungen, Rinder-, Schweine-, Schaf- und Ziegenhalter)
Die Viehverkehrsverordnung ist ein Kernelement des gesundheitlichen Verbraucherschutzes und der Tiergesundheit in Deutschland und steht im Zentrum präventiver Maßnahmen zur Tierseuchenbekämpfung. Ihre Einhaltung ist ein wichtiger Baustein für die Lebensmittelsicherheit und die Funktionsfähigkeit des landwirtschaftlichen Binnenmarktes.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Pflichten ergeben sich für Tierhalter nach der Viehverkehrsverordnung bei der Verbringung von Rindern innerhalb Deutschlands?
Tierhalter unterliegen nach der Viehverkehrsverordnung (ViehVerkV) umfangreichen Melde- und Kennzeichnungspflichten, sobald sie Rinder innerhalb Deutschlands verbringen. Zentrale Vorgabe ist die unverzügliche Mitteilung jeder Verbringung, sei es ein Transport, Verkauf, Kauf oder jegliche tatsächliche Standortveränderung der Tiere, an die zentrale Datenbank HI-Tier. Die Meldung muss spätestens sieben Tage nach dem Verbringen erfolgen und neben Angaben zum Tier (insbesondere Ohrmarkennummer, Geburtsdatum, Geschlecht, Rasse), auch Informationen zu Herkunfts- und Bestimmungsbetrieb sowie Datum des Verbringens enthalten. Zusätzlich ist die Pflicht zur Kennzeichnung jedes Rindes mittels zweier amtlicher Ohrmarken vorgesehen, die unmittelbar nach der Geburt, spätestens jedoch sieben Tage danach, anzulegen sind. Werden diese rechtlichen Vorgaben nicht erfüllt, können Bußgelder sowie ggf. weitergehende verwaltungsrechtliche Konsequenzen drohen, da die korrekte Erfassung und Rückverfolgbarkeit zentralen Verbraucherschutz- und Seuchenpräventionszielen dient.
Unterliegen auch Schafe und Ziegen den Vorschriften der Viehverkehrsverordnung und wie gestaltet sich hier die rechtliche Umsetzung?
Ja, Schafe und Ziegen fallen ebenfalls unter die Viehverkehrsverordnung. Für diese Tierarten sind insbesondere die §§ 26 bis 30 ViehVerkV maßgeblich, in welchen detaillierte Regelungen zur Kennzeichnung und Registrierung normiert sind. Jeder Halter muss jeden Zugang und Abgang (z. B. Geburt, Verkauf, Verendung, Verbringung) innerhalb von sieben Tagen melden und ein Bestandsregister über mindestens drei Jahre führen. Die Tiere sind spätestens neun Monate nach der Geburt oder spätestens dann, wenn sie den Geburtsbetrieb verlassen, mit einer Ohrmarke zu kennzeichnen. Für Schafe und Ziegen, die für den innergemeinschaftlichen Handel oder Export bestimmt sind, gelten noch strengere Vorschriften, wie die Pflicht zur elektronischen Kennzeichnung (Transponder- oder bolusbasierte Systeme). Die Einhaltung dieser Melde- und Kennzeichnungspflichten ist verpflichtend und wird behördlich überwacht.
Wie wird die Einhaltung der Viehverkehrsverordnung rechtlich kontrolliert und welche Sanktionen sind bei Verstößen vorgesehen?
Die Einhaltung der Viehverkehrsverordnung wird durch die jeweils zuständigen Veterinärämter beziehungsweise Lebensmittelüberwachungs- und Veterinärdienste auf landesrechtlicher Ebene überwacht. Hierzu zählen regelmäßige Kontrollen von Stallbüchern, Bestandsregistern, Ohrmarkenführung sowie HI-Tier-Meldungen. Kommt ein Tierhalter den gesetzlichen Melde- und Dokumentationspflichten nicht oder nicht rechtzeitig nach, handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 45 ViehVerkV, die mit einer Geldbuße von bis zu 5.000 Euro geahndet werden kann. In besonders schweren Fällen, wie etwa wiederholten oder vorsätzlichen Verstößen, kann die zuständige Behörde weitergehende Maßnahmen wie die Untersagung der Tierhaltung oder die zwangsweise Durchsetzung von Maßnahmen anordnen.
Welche besonderen Pflichten bestehen beim innergemeinschaftlichen Verbringen von Tieren nach der Viehverkehrsverordnung?
Das innergemeinschaftliche Verbringen, also der Transport von Tieren in andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union, unterliegt nach der Viehverkehrsverordnung besonders strengen Vorgaben. Für alle betroffenen Tierarten ist die eindeutige Identifizierung (Doppel-Ohrmarkierung bei Rindern, elektronische Kennzeichnung bei Schafen und Ziegen), das Mitführen eines Begleitdokuments sowie die lückenlose Meldung an die zentrale Datenbank gesetzlich vorgeschrieben. Zusätzlich ist sicherzustellen, dass alle Tiere einen gültigen, vollständigen und aktuellen Tierpass (bei Rindern, sog. „Rinderpass“) besitzen. Die Meldung muss neben den nationalen Anforderungen auch etwaigen Melde- und Dokumentationspflichten des Einfuhrstaates entsprechen. Werden Tiere ohne die erforderlichen Dokumente oder ordnungsgemäße Kennzeichnung verbracht, drohen nicht nur nationale Bußgelder, sondern auch zivil- oder strafrechtliche Konsequenzen bei grenzüberschreitenden Verstößen.
Welche rechtlichen Anforderungen gelten für Viehhändler und Sammelstellen im Zusammenhang mit der Viehverkehrsverordnung?
Viehhändler und Sammelstellen sind nach der Viehverkehrsverordnung in besonderem Maße verpflichtet, den lückenlosen Nachweis über Herkunft, Verbleib und eventuelle Umverteilung der ihnen anvertrauten Tiere zu führen. Sie müssen jedes Tier, das ihre Einrichtung erreicht oder verlässt, unter Angabe wesentlicher Daten (Tierart, Anzahl, Ohrmarkennummern, Herkunfts- und Zielbetrieb, Zeitpunkt) innerhalb von sieben Tagen an die zentrale Datenbank melden. Darüber hinaus sind sie verpflichtet, ein elektronisches oder schriftliches Register zu führen, das jederzeit von den zuständigen Behörden kontrolliert werden kann. Weiterhin müssen Viehhändler regelmäßig ihre Betriebsstätten und gegebenenfalls ihre Fahrzeuge reinigen und desinfizieren, was ebenfalls dokumentationspflichtig ist. Verstöße gegen diese Pflichten werden nach den Bestimmungen der ViehVerkV als Ordnungswidrigkeiten mit entsprechenden Bußgeldern geahndet.
Gibt es rechtliche Ausnahmen oder Erleichterungen innerhalb der Viehverkehrsverordnung für bestimmte Betriebe oder Tierkategorien?
Die Viehverkehrsverordnung sieht für bestimmte Fälle Ausnahmen beziehungsweise Erleichterungen vor. So gelten für sogenannte „Kleinstbestände“ (typischerweise mit weniger als zehn Tieren) vereinfachte Registrierungspflichten, insbesondere hinsichtlich der elektronischen Meldung. Für bestimmte Tiergruppen (z. B. Tiere, die ausschließlich zur Schlachtung verbracht werden) können Erleichterungen bei der Dokumentations- und Kennzeichnungspflicht bestehen, sofern sie direkt und unverzüglich zum Schlachtbetrieb verbracht werden. Über die genauen Voraussetzungen und Grenzen dieser Ausnahmen entscheidet jedoch regelmäßig die zuständige Behörde unter Berücksichtigung des übergeordneten Ziels der Nachverfolgbarkeit von Tierbewegungen. Diese Ausnahmen müssen zwingend beantragt und genehmigt werden, sonst gelten die allgemeinen Regelungen.