Video-Aufzeichnungen und -Übertragungen: Rechtliche Grundlagen und Regelungsbereiche
Begriffserklärung und Anwendungsfelder
Video-Aufzeichnungen bezeichnen das Festhalten visueller und auditiver Inhalte in digitaler oder analoger Form, meist mittels Videokamera, Überwachungssystemen oder digitalen Endgeräten. Video-Übertragungen hingegen umfassen die Echtzeitübermittlung von Bewegtbildinhalten mittels elektronischer Kommunikationsmittel, wie sie beispielsweise bei Videokonferenzen, Livestreams oder Überwachungskameras zur Anwendung kommen. Beide Formen der Videonutzung unterliegen in Deutschland und der Europäischen Union verschiedenen rechtlichen Rahmenbedingungen, die Persönlichkeitsrechte, Datenschutz, Urheberrecht sowie speziellere Gesetzeslagen umfassen.
Datenschutzrechtliche Aspekte
Anwendbarkeit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO)
Bei Video-Aufzeichnungen und -Übertragungen, die personenbezogene Daten betreffen, findet die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) Anwendung. Hierbei gilt jede gespeicherte oder übertragene Bild- und Tonaufnahme, die Rückschlüsse auf identifizierbare Personen zulässt, als Verarbeitung personenbezogener Daten.
Transparenz- und Einwilligungspflichten
Die Erhebung und Verarbeitung von Videodaten ist grundsätzlich nur mit einer rechtmäßigen Grundlage zulässig, insbesondere:
- Einwilligung der betroffenen Personen gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO
- Wahrung berechtigter Interessen (z. B. Schutz von Eigentum, Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO), wenn keine überwiegenden Interessen oder Grundrechte der betroffenen Person entgegenstehen
Betroffene Personen müssen laut Art. 13 DSGVO transparent über die Erhebung, den Zweck und die Dauer der Speicherung der Aufzeichnungen informiert werden. Dies geschieht üblicherweise mittels Hinweisschildern und/oder ergänzenden Datenschutzhinweisen.
Datensicherheit und Speicherfristen
Die DSGVO verlangt angemessene technische und organisatorische Maßnahmen zum Schutz der Daten. Darüber hinaus schreibt sie vor, dass Videodaten nur so lange gespeichert werden dürfen, wie dies für den jeweiligen Zweck erforderlich ist (Grundsatz der Datenminimierung und Speicherbegrenzung, Art. 5 Abs. 1 lit. c und e DSGVO).
Persönlichkeitsrechtliche Faktoren
Allgemeines Persönlichkeitsrecht und Recht am eigenen Bild
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) schützt die Privatsphäre von Personen, wozu auch das Recht am eigenen Bild gemäß §§ 22 ff. Kunsturhebergesetz (KunstUrhG) zählt. Demnach dürfen Video-Aufzeichungen und -Übertragungen, die Personen erkennbar zeigen, nur mit deren ausdrücklicher Einwilligung erfolgen. Unter bestimmten Voraussetzungen sind Ausnahmen möglich, etwa bei Aufnahmen aus dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 KunstUrhG) oder bei Aufnahmen von Versammlungen, wenn Einzelpersonen nicht im Mittelpunkt stehen.
Schutz besonderer privater Bereiche
Besonders sensibel ist die Rechtslage bei Aufzeichnungen im sogenannten höchstpersönlichen Lebensbereich, etwa innerhalb von Wohnungen, Umkleideräumen, Toiletten oder Schlafräumen. Hier greift der Schutz besonders weit und verbietet grundsätzlich jede (verdeckte) Aufzeichnung oder Übertragung (§ 201a StGB, Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen).
Strafrechtliche Relevanzen
Straftaten durch unbefugte Aufzeichnung und Übertragung
Das deutsche Strafgesetzbuch kennt mehrere einschlägige Delikte:
- § 201 StGB: Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes – verbietet das unbefugte Mitschneiden nicht öffentlich gesprochener Worte, etwa durch verdeckte Videoübertragungen mit Ton.
- § 201a StGB: Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen – stellt das Herstellen und Übertragen von Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen der betroffenen Person erheblich zu schaden oder sie bloßzustellen, unter Strafe.
- § 202a ff. StGB: Ausspähen von Daten – regelt die unbefugte Beschaffung digitaler Videodaten.
Vor allem im Arbeitsverhältnis sind verdeckte Videoüberwachungen in Räumen mit berechtigtem Vertrauen in die Privatsphäre regelmäßig unzulässig und strafbewehrt.
Zulässigkeit und Grenzen im Arbeitsverhältnis
Interessenabwägung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Videoüberwachung am Arbeitsplatz ist ausschließlich innerhalb eines engen rechtlichen Rahmens gestattet. Arbeitgeber dürfen Anlagen typischerweise nur zur Wahrung berechtigter Interessen einsetzen (Eigentumsschutz, Diebstahlsprävention), wobei stets eine Abwägung mit Rechten und Interessen der Arbeitnehmer erfolgen muss (§ 26 Bundesdatenschutzgesetz – BDSG).
Dauerhafte oder verdeckte Überwachungen sind rechtswidrig, sofern sie nicht auf konkrete Verdachtsmomente gestützt und nachrangig eingesetzt werden. Betriebs- oder Personalrat sind, soweit vorhanden, zu beteiligen (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz – BetrVG).
Zulässigkeit im öffentlichen Raum
Videoüberwachung durch staatliche Stellen, insbesondere zur Gefahrenabwehr und Strafverfolgung, wird von den Polizeigesetzen der Länder und dem Bundespolizeigesetz geregelt. Voraussetzungen sind stets ein legitimer Zweck, die Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsprinzips und die Information der Öffentlichkeit über die Videoüberwachung. Private Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen Bereichen ist grundsätzlich nur nach strikter Interessenabwägung und unter Berücksichtigung der Betroffenenrechte erlaubt.
Urheberrechtliche Aspekte
Video-Aufzeichnungen und -Übertragungen können urheberrechtlich geschützte Inhalte erfassen oder verbreiten. Das Urheberrechtsgesetz (UrhG) schützt neben Filmwerken (§ 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG) auch Darbietungen, Werke der bildenden Kunst sowie Sprachwerke, sofern sie von der Kamera erfasst werden. Für die Aufnahme und Weiterverbreitung solcher Inhalte ist regelmäßig eine Zustimmung der Rechteinhaber erforderlich.
Besondere Vorschriften bei öffentlichen Veranstaltungen und im Bereich Medienrecht
Im Kontext öffentlicher Veranstaltungen, Versammlungen und Medienproduktionen gelten Sonderregelungen zur Zulässigkeit und Verbreitung von Video-Aufzeichnungen. Dies betrifft etwa das Presserecht, die sogenannten Panoramafreiheiten (§ 59 UrhG) sowie Vorschriften des Rundfunkrechts und des Telekommunikationsgesetzes (TKG) im Bereich der Livestream-Übertragungen.
Videoüberwachung in Mietverhältnissen und Wohnungseigentum
Mietrechtliche Grundsätze
In Mietverhältnissen ist die Installation von Videoanlagen im Hausflur, Eingangsbereich oder auf Gemeinschaftsflächen nur nach ausdrücklicher Zustimmung der betroffenen Mietparteien zulässig. Die Interessenabwägung zwischen Eigentumsschutz und dem Persönlichkeitsrecht der Mieter ist dabei entscheidend. Unzulässige Beschränkungen des Persönlichkeitsrechts können zu Unterlassungsansprüchen und Schadensersatzforderungen führen.
Wohnungseigentumsgesetz (WEG)
Beschlüsse zur Videoüberwachung von Gemeinschaftseigentum in Eigentümergemeinschaften bedürfen einer qualifizierten Mehrheit und müssen mit der DSGVO sowie dem WEG in Einklang stehen.
Rechtsschutz und Ansprüche bei Rechtsverletzungen
Bei unzulässigen Video-Aufzeichnungen und -Übertragungen können betroffene Personen folgende Ansprüche geltend machen:
- Beseitigung und Unterlassung (§ 1004 BGB analog, bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen)
- Schadensersatz und Schmerzensgeld (Art. 82 DSGVO, § 823 BGB)
- Anspruch auf Löschung der aufgezeichneten Daten (Art. 17 DSGVO)
- Beschwerde bei Aufsichtsbehörden (Art. 77 DSGVO)
Fazit
Die Anfertigung und Übertragung von Videoaufnahmen ist ein rechtlich sensibler Bereich, der verschiedene Schutzgüter berührt. Die Zulässigkeit richtet sich nach einer Vielzahl von gesetzlichen Vorgaben, wobei insbesondere Datenschutz, Persönlichkeitsrecht, Straf- und Urheberrecht sowie sektorspezifische Vorschriften zu beachten sind. Um Rechtsverstöße und etwaige Haftungsrisiken auszuschließen, empfiehlt es sich, jeden Anwendungsfall sorgfältig im Lichte der gesetzlichen Vorgaben zu prüfen und die Betroffenen transparent zu informieren.
Häufig gestellte Fragen
Wann ist eine Video-Aufzeichnung ohne Einwilligung der Betroffenen rechtlich zulässig?
Eine Video-Aufzeichnung ohne vorherige Einwilligung der betroffenen Personen ist grundsätzlich nur in sehr engen Ausnahmefällen rechtlich zulässig. Im deutschen Recht gelten insbesondere die Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie des Kunsturhebergesetzes (KUG). Nach Artikel 6 DSGVO ist eine Verarbeitung personenbezogener Daten – dazu zählen auch Bild- und Tonaufzeichnungen – nur dann erlaubt, wenn eine Rechtsgrundlage vorliegt. Ohne ausdrückliche Einwilligung kann dies beispielsweise dann der Fall sein, wenn die Aufzeichnung zur Wahrung berechtigter Interessen des Aufnehmenden erforderlich ist und keine überwiegenden schutzwürdigen Interessen der betroffenen Personen entgegenstehen. Für den Bereich der Strafverfolgung oder Gefahrenabwehr gelten gesonderte gesetzliche Regelungen. Öffentliche oder halböffentliche Überwachungen, etwa in Kaufhäusern, müssen gesondert gekennzeichnet sein und dürfen nur unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips erfolgen. Eine heimliche Videoaufnahme ist in der Regel untersagt und kann strafrechtlich nach § 201a StGB verfolgt werden.
Welche Pflichten bestehen hinsichtlich der Information der Betroffenen bei Videoübertragungen?
Wer eine Videoübertragung oder -aufzeichnung plant, hat die Pflicht, alle betroffenen Personen umfassend zu informieren. Nach Art. 13 DSGVO müssen über Zweck der Aufnahme, Dauer der Speicherung, Rechtsgrundlage, Empfänger der Daten sowie die Rechte der Betroffenen wie Auskunft, Berichtigung, Löschung und Widerspruchsmöglichkeiten informiert werden. Dies gilt in gleichem Maße für temporäre Live-Übertragungen wie für dauerhafte Aufzeichnungen. Im betrieblichen Umfeld sind weitere betriebsverfassungsrechtliche Bestimmungen zu beachten, insbesondere die Beteiligung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Darüber hinaus ist auf eine gut sichtbare, verständliche und transparente Informationsgestaltung zu achten, beispielsweise durch Hinweisschilder im Aufnahmebereich oder entsprechende digitale Hinweise bei Online-Meetings.
Welche Konsequenzen drohen bei unzulässigen Videoaufzeichnungen?
Erfolgt eine Videoaufzeichnung ohne erforderliche Rechtsgrundlage und/oder Einhaltung der Informationspflichten, drohen empfindliche Sanktionen. Die DSGVO sieht Bußgelder von bis zu 20 Millionen Euro oder bis zu 4 % des weltweiten Jahresumsatzes eines Unternehmens vor, je nachdem, welcher Betrag höher ist. Zusätzlich können zivilrechtliche Ansprüche, etwa auf Unterlassung oder Schadenersatz wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung, geltend gemacht werden. Unter Umständen besteht die Gefahr strafrechtlicher Konsequenzen, etwa wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes (§ 201 StGB) oder wegen Bildaufnahmen, die die Privatsphäre verletzen (§ 201a StGB). Im arbeitsrechtlichen Kontext kann ein Verstoß gegen Datenschutzvorschriften zudem zu Abmahnungen oder sogar Kündigungen führen.
Was ist bei Videoaufzeichnungen am Arbeitsplatz rechtlich zu beachten?
Am Arbeitsplatz sind Videoaufzeichnungen besonders sensibel zu behandeln, da das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Beschäftigten geschützt ist. Eine dauerhafte Überwachung ist grundsätzlich unzulässig, es sei denn, sie ist zum Beispiel zur Sicherheit, zum Schutz von Eigentum oder zur Qualitätssicherung absolut notwendig und es bestehen keine milderen Alternativen. Die Mitbestimmung des Betriebsrats ist bei Einführung und Betrieb technischer Einrichtungen, die dazu geeignet sind, Verhalten oder Leistung zu überwachen, zwingend erforderlich (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG). Arbeitgeber müssen die Beschäftigten präzise und rechtzeitig über Art, Umfang, Zweck und Dauer der Überwachung informieren. Verdeckte Überwachungen sind nur in extremen Ausnahmefällen zulässig, etwa bei konkretem Verdacht auf Straftaten, und auch dann nur unter strikter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.
Welche Regelungen gelten für die Übertragung und Speicherung von Videoaufzeichnungen ins Ausland?
Bei der Übertragung und Speicherung von Videoaufzeichnungsdaten in sogenannte Drittländer, also außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR), sind die strengen Vorgaben der DSGVO, insbesondere Art. 44 ff., zu beachten. Eine Übermittlung ist nur erlaubt, wenn das Zielland ein angemessenes Datenschutzniveau bietet – das kann durch einen Angemessenheitsbeschluss der Europäischen Kommission oder geeignete Garantien wie Standarddatenschutzklauseln gewährleistet werden. Unternehmen sind dazu verpflichtet, Betroffene über die Übertragung und die damit verbundenen Risiken zu informieren. Verstöße gegen diese Regelungen können empfindliche Bußgelder und Reputationsschäden nach sich ziehen. Besonders kritisch ist die Übertragung in Länder ohne angemessenes Datenschutzniveau; hier droht regelmäßig ein Verbot der Übermittlung.
Inwieweit dürfen Videoaufzeichnungen vor Gericht verwendet werden?
Die gerichtliche Verwertbarkeit von Videoaufzeichnungen ist stets eine Frage der Rechtmäßigkeit der Erhebung der entsprechenden Aufnahme. Wurden die gesetzlichen Informations- und Einwilligungspflichten eingehalten und war die Aufnahme zulässig, kann eine Videoaufzeichnung grundsätzlich als Beweismittel dienen. Wurden jedoch Aufnahmen heimlich und ohne Rechtsgrundlage erstellt, wird deren Verwertung regelmäßig wegen Verletzung von Persönlichkeitsrechten ausgeschlossen („Beweisverwertungsverbot“). Gerichte müssen im Einzelfall zwischen dem Interesse an einer effektiven Rechtsdurchsetzung und dem Schutz der Persönlichkeitsrechte abwägen; in Straf- und Zivilverfahren kann das Ergebnis unterschiedlich ausfallen. Insbesondere im Arbeitsrecht sind strenge Maßstäbe anzulegen.
Welche technischen und organisatorischen Maßnahmen sind zum Schutz von Videoaufzeichnungen gesetzlich vorgeschrieben?
Nach Art. 32 DSGVO sind Verantwortliche verpflichtet, angemessene technische und organisatorische Maßnahmen zum Schutz der Videoaufzeichnungen zu ergreifen. Dazu zählen etwa Verschlüsselung der gespeicherten Daten, Zugriffsbeschränkungen, regelmäßige Löschung nicht mehr benötigter Aufnahmen, Protokollierung der Zugriffe sowie laufende Sensibilisierung und Schulung der Mitarbeitenden. Risiken müssen regelmäßig bewertet und Schutzmaßnahmen laufend angepasst werden. Auch bei der Auswahl und Gestaltung von Videoüberwachungssystemen ist darauf zu achten, dass „Privacy by Design“ und „Privacy by Default“ (Datenschutz durch Technikgestaltung und durch datenschutzfreundliche Voreinstellungen) umgesetzt werden. Verstöße gegen diese Pflichten können mit hohen Bußgeldern geahndet werden.