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Veterinär


Definition und rechtliche Grundlagen des Begriffs „Veterinär”

Der Begriff Veterinär (lateinisch: veterinarius) bezeichnet im deutschen Sprachraum insbesondere einen Angehörigen des tierärztlichen Berufsstandes. Im rechtlichen Kontext umfasst die Bezeichnung alle Personen, die gemäß den gesetzlichen Voraussetzungen zur Ausübung der Heilkunde bei Tieren berechtigt sind. Der folgende Beitrag beleuchtet die rechtliche Einordnung, Zulassungsvoraussetzungen, Zuständigkeiten, Pflichten und rechtlichen Rahmenbedingungen rund um den Begriff „Veterinär” gemäß den maßgeblichen Gesetzen und Vorschriften der Bundesrepublik Deutschland.


Abgrenzung des Begriffs „Veterinär”

Der Terminus „Veterinär” findet im deutschen Recht insbesondere als Sammelbegriff für Personen Verwendung, die als Tierarzt oder in veterinärmedizinischen Tätigkeiten im öffentlichen Dienst – etwa als Amtstierarzt (Veterinär im öffentlichen Dienst) – tätig sind. Die rechtliche Grundlage für die Ausübung veterinärmedizinischer Tätigkeiten liefert weit überwiegend das Tiergesundheitsgesetz (TierGesG), das Tierseuchengesetz (IfSG), sowie die Bundestierärzteordnung (BTÄO) und die Verordnung zur Approbation von Tierärztinnen und Tierärzten (TAppV).


Rechtliche Qualifikation und Zulassungsvoraussetzungen

Die Approbation als Veterinär

Die rechtliche Voraussetzung für die Ausübung des tierärztlichen Berufes bildet die staatliche Approbation. Die Approbation verliehene wird nach Maßgabe der Bundestierärzteordnung (BTÄO) und der Approbationsordnung für Tierärzte (TAppV). Nur Inhaber einer gültigen Approbation dürfen die Berufsbezeichnung „Tierarzt” und damit auch im engeren Sinn „Veterinär” führen und tierärztliche Heilkunst praktizieren.

Voraussetzungen der Approbation

Wesentliche Voraussetzungen für die Approbation als Veterinär:

  • Erfolgreicher Abschluss des Studiums der Veterinärmedizin an einer anerkannten Hochschule,
  • Bestehen der staatlichen tierärztlichen Prüfung,
  • Nachweis der gesundheitlichen und charakterlichen Eignung (§ 4 BTÄO),
  • Ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache.

Berufsausübungsbewilligung

Für ausländische Veterinäre, die ihren Berufsabschluss außerhalb Deutschlands erlangt haben, ist zudem ein Anerkennungsverfahren nach dem Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz (BQFG) durchzuführen. Erst mit Anerkennung und Erteilung der Approbation oder einer befristeten Berufserlaubnis ist eine Ausübung im Bundesgebiet erlaubt.


Rechtsstellung von Veterinären

Freiberufliche Tätigkeiten

Veterinäre zählen, ähnlich wie Humanmediziner, zu den sogenannten Freien Berufen im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG (Einkommensteuergesetz). Sie unterliegen besonderen berufs- und standesrechtlichen Regelungen und müssen sich in der Regel bei der zuständigen Tierärztekammer anmelden.

Amtliche Veterinäre

Im öffentlichen Dienst eingesetzte Veterinäre, wie Amtstierärzte, erfüllen hoheitliche Aufgaben in Bereichen wie Tierseuchenbekämpfung, Lebensmittelüberwachung und Tierschutzkontrolle. Rechtsgrundlage ihrer Tätigkeit sind insbesondere das Tiergesundheitsgesetz, die Lebensmittelüberwachungs- und Tierschutzgesetze sowie einschlägige Verwaltungsvorschriften.


Wesentliche Pflichten, Verantwortlichkeiten und Haftung

Berufsrechtliche Pflichten

Sorgfaltspflichten

Veterinäre sind zur gewissenhaften und fachlich fundierten Berufsausübung verpflichtet. Verstöße gegen die Berufspflichten können berufsrechtliche Maßnahmen nach sich ziehen (z.B. Rügen, Geldbußen, Entziehung der Approbation).

Schweigepflicht

Veterinäre unterliegen der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 203 StGB. Die unbefugte Offenbarung von Geheimnissen wird als Straftat gewertet und steht unter besonderem strafrechtlichen Schutz.

Fortbildungspflicht

Zur Sicherung einer fachgerechten und aktuellen Berufsausübung besteht eine regelmäßige Pflicht zur Fortbildung, geregelt in den Berufsordnungen der Tierärztekammern.

Haftung

Zivilrechtliche Haftung

Kommt es im Rahmen der tierärztlichen Behandlung zu Pflichtverletzungen, kann der Veterinär zivilrechtlich (insbesondere nach § 280 BGB) zum Schadensersatz verpflichtet sein. Dies umfasst sowohl Vermögens- als auch Sach- und Personenschäden am Tier.

Strafrechtliche Verantwortung

Veterinäre können für Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz (AMG), das Tierschutzgesetz (TierSchG), das Tierseuchenrecht oder andere Rechtsnormen strafrechtlich belangt werden.


Schutz und Verwendung der Berufsbezeichnung „Veterinär”

Die Führung der Berufsbezeichnung „Veterinär” ist rechtlich geschützt. Sie setzt eine Approbation voraus und ist im Sinne des Heilberufsgesetzes dem Personenkreis der Angehörigen der Gesundheitsberufe zuzuordnen. Der Missbrauch oder die unbefugte Führung der Berufsbezeichnung ist nach § 132a StGB strafbar.


Veterinär im öffentlichen Interesse

Veterinäre leisten einen bedeutsamen Beitrag zum öffentlichen Gesundheitswesen. Sie sind zuständig für:

  • Überwachung und Kontrolle der Lebensmittel tierischer Herkunft,
  • Überwachung der Einhaltung tierschutzrechtlicher Vorschriften,
  • Bekämpfung von Tierseuchen,
  • Überwachung technischer und tierschutzbezogener Aspekte in der Nutztierhaltung.

Rechtsgrundlage für diese Tätigkeiten sind insbesondere das Tiergesundheitsgesetz, das Tierschutzgesetz, die Lebensmittelüberwachungsverordnung sowie zahlreiche europarechtliche Vorgaben.


Standesrechtliche Organisation und Aufsicht

Tierärztekammern

Jeder approbierte Veterinär ist verpflichtet, Mitglied einer regional zuständigen Tierärztekammer zu werden. Diese Kammern regeln die Berufsausübung, erlassen Berufsordnungen und nehmen Disziplinarmaßnahmen bei Verstößen vor.

Berufsgerichtsbarkeit

Berufsrechtliche Verstöße werden durch standesrechtliche Berufsgerichte geahndet. Die rechtliche Grundlage hierfür bilden jeweilige Kammergesetze und Berufsordnungen.


Zusammenfassung

Der Begriff Veterinär ist ein rechtlich klar definierter Terminus, dessen Anwendung strikt an die Erteilung einer Approbation und den Nachweis umfassender fachlicher sowie persönlicher Eignung geknüpft ist. Die rechtlichen Rahmenbedingungen umfassen berufsrechtliche, strafrechtliche sowie zivilrechtliche Regelungen. Durch die gesetzlich definierte Verantwortung im Bereich Tiergesundheit und Verbraucherschutz übernimmt der Veterinär eine Schlüsselrolle im öffentlichen Interesse. Die Berufsausübung ist dabei an strenge rechtliche und standesrechtliche Vorgaben gebunden, sodass die Tätigkeit sowohl im privaten als auch im öffentlichen Dienst umfangreich geregelt und überwacht wird.


Literatur und Quellen

  • Bundestierärzteordnung (BTÄO)
  • Verordnung zur Approbation von Tierärztinnen und Tierärzten (TAppV)
  • Tiergesundheitsgesetz (TierGesG)
  • Tierschutzgesetz (TierSchG)
  • Berufsordnungen der Tierärztekammern
  • § 18 EStG (Einkommensteuergesetz)
  • § 132a StGB (Missbrauch von Titeln, Berufsbezeichnungen)
  • Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz (BQFG)

Dieser Artikel gibt einen umfassenden Überblick über die rechtlichen Aspekte und die Rechtsstellung des Veterinärs in Deutschland und kann als Referenzwerk zum Begriff im Rechtslexikon verwendet werden.

Häufig gestellte Fragen

Wer haftet im Falle eines Behandlungsfehlers durch einen Tierarzt?

Im Falle eines Behandlungsfehlers durch einen Tierarzt haftet grundsätzlich der behandelnde Tierarzt persönlich nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), insbesondere im Rahmen des Dienstvertragsrechts (§§ 611 ff. BGB) sowie aus Deliktsrecht (§ 823 BGB). Die Haftung bezieht sich darauf, ob der Tierarzt bei der Behandlung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt, den sogenannten tierärztlichen Standard, eingehalten hat. Kommt es zu einem nachweisbaren Fehler, der zu einem Schaden am Tier führt, kann der Tierarzt – sofern Fahrlässigkeit oder Vorsatz vorliegen – auf Schadensersatz, Heilbehandlungs- und Folgekosten sowie, unter bestimmten Bedingungen, auf Ersatz des Wertes des Tieres in Anspruch genommen werden. Darüber hinaus ist der Tierarzt zur ordnungsgemäßen Dokumentation verpflichtet (§ 630f BGB analog), bei Verletzung dieser Pflicht kann sich die Beweislast zu seinen Ungunsten verschieben. Tierärzte sind in der Regel verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung zu unterhalten, die im Schadensfall für berechtigte Ansprüche aufkommt. Ansprüche verjähren grundsätzlich, soweit keine anderen Fristen einschlägig sind, in drei Jahren gemäß § 195 BGB.

Welche rechtlichen Anforderungen bestehen an die Aufbewahrung der tierärztlichen Patientenunterlagen?

Tierärzte sind verpflichtet, gemäß § 50 der Tierärzteberufsordnung sowie nach den Vorgaben des Tierschutzgesetzes und der Tierärztlichen Hausapothekenverordnung (TÄHAV), lückenlose und ordnungsgemäße Patientenunterlagen zu führen und aufzubewahren. Die Aufbewahrungsfrist beträgt für behandlungsbezogene Unterlagen in der Regel mindestens fünf Jahre ab Abschluss der Behandlung, für tierseuchenrechtlich relevante Dokumente oder Arzneimittelanwendungen auch bis zu zehn Jahre. Die Unterlagen müssen so geführt werden, dass sie jederzeit nachvollziehbar, manipulationssicher und vollständig sind. Auf Anfrage von Behörden sind diese unverzüglich vorzulegen. Bei digitalen Aufzeichnungen sind außerdem datenschutzrechtliche Anforderungen, insbesondere nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), einzuhalten. Die Vernichtung der Unterlagen nach Ablauf der Frist muss datenschutzkonform erfolgen.

Darf ein Tierarzt die Behandlung eines Tieres verweigern?

Grundsätzlich ist ein Tierarzt, wie alle Freiberufler, im Rahmen seiner Berufsausübungsfreiheit (§ 12 GG) nicht verpflichtet, jeden Behandlungsauftrag anzunehmen. Die Behandlung eines Tieres kann aus sachlichen Gründen, wie etwa fehlender Spezialisierung, Überlastung oder begründeter Sorge um die eigene Sicherheit, verweigert werden. Eine Ausnahme bildet der Notfall: In lebensbedrohlichen Situationen besteht eine sogenannte “Notfallpflicht”, sodass die Behandlung nicht grundlos verweigert werden darf, sofern keine gravierenden Gründe dagegen sprechen und die Versorgung anderweitig nicht sichergestellt werden kann. Eine grundlose oder willkürliche Verweigerung, insbesondere aus diskriminierenden Motiven, ist unzulässig und kann standesrechtliche sowie zivilrechtliche Folgen nach sich ziehen.

Welche rechtlichen Vorgaben gelten bei der Abgabe von Arzneimitteln durch Tierärzte?

Tierärzte unterliegen bei der Abgabe von Arzneimitteln strengen rechtlichen Vorgaben, geregelt im Arzneimittelgesetz (AMG), der Tierärztehausapothekenverordnung (TÄHAV) und dem Tierschutzgesetz. Arzneimittel dürfen nur im Rahmen eines bestehenden Behandlungskontextes und nach eingehender Untersuchung des Tieres abgegeben werden (Behandlungs- und Verschreibungsbindung). Darüber hinaus sind besondere Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten einzuhalten. Die Abgabe von verschreibungspflichtigen Medikamenten darf nur nach tierärztlicher Anweisung und Einhaltung der dafür vorgesehenen Karenzzeiten erfolgen. Die Abgabe an Dritte oder der Handel außerhalb der eigenen tierärztlichen Hausapotheke ist in der Regel unzulässig und stellt einen Verstoß gegen das Arzneimittelrecht dar, der bußgeldbewährt oder gar strafbar sein kann.

Welche Anforderungen bestehen an die Einwilligung des Tierhalters in eine tierärztliche Behandlung?

Nach geltendem Recht ist die ausdrückliche Einwilligung des Tierhalters für jede tierärztliche Behandlung erforderlich. Diese Einwilligung (informed consent) setzt eine umfassende Aufklärung voraus, die mindestens den geplanten Eingriff, eventuelle Risiken, Alternativen und die zu erwartenden Kosten umfasst (vgl. § 630e BGB analog). Die Aufklärung muss rechtzeitig und in verständlicher Form erfolgen; bei komplizierten Eingriffen ist sie schriftlich zu dokumentieren. Minderjährige oder nicht einwilligungsfähige Tierhalter benötigen einen gesetzlichen Vertreter. Ohne wirksame Einwilligung liegt grundsätzlich eine unerlaubte Handlung vor, die zivilrechtliche Schadensersatzansprüche und berufsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Lediglich in Notfällen, in denen ein Abwarten der Einwilligung das Leben des Tieres gefährden würde, kann das mutmaßliche Einverständnis unterstellt werden.

Unter welchen Voraussetzungen kann ein Tierarzt haftungsrechtlich für Schäden an Dritten (z.B. durch einen tierärztlichen Hinweisfehler) belangt werden?

Ein Tierarzt kann haftungsrechtlich in Anspruch genommen werden, wenn durch eine fehlerhafte Beratung oder Unterlassung bei der Information (z.B. über Zoonoserisiken, Impfnotwendigkeiten oder geltende Vorschriften) einem Dritten (Patientenbesitzer, Dritte, Öffentlichkeit) ein Schaden entsteht. Dies wird über das Deliktsrecht, speziell § 823 BGB (Verletzung von Schutzgesetzen, Verkehrssicherungspflichten), geregelt. Auch die Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten (Meldepflichten z.B. bei meldepflichtigen Tierkrankheiten gemäß Tiergesundheitsgesetz) kann Sanktionen gegenüber dem Tierarzt nach sich ziehen. Die Anforderungen an den Ursachenzusammenhang (Kausalitätsnachweis) und das Verschulden sind hoch; regelmäßig muss der Geschädigte nachweisen, dass der eingetretene Schaden direkt auf die Pflichtverletzung des Tierarztes zurückzuführen ist.

Was ist bei der Ausübung mobiler tierärztlicher Tätigkeiten (z.B. Hausbesuche) aus rechtlicher Sicht zu beachten?

Für mobile tierärztliche Tätigkeiten gelten sämtliche Vorschriften, wie sie auch für stationäre Praxen maßgeblich sind, insbesondere im Hinblick auf Dokumentations-, Sorgfalts- und Aufklärungspflichten. Zusätzlich müssen Tierärzte besondere Maßnahmen zum Datenschutz (z.B. keine Einsicht Unbefugter in Behandlungsunterlagen beim Transport), zur Arzneimittel- und Betäubungsmittelabgabe und zur Einhaltung von Hygienestandards beachten. Je nach Bundesland kann eine gesonderte Anmeldung oder Erlaubnis für das Führen einer mobilen Praxis notwendig sein. Verstoßen mobile Tierärzte gegen die genannten Anforderungen, etwa durch mangelhafte Dokumentation oder unsachgemäßen Transport von Arzneimitteln, drohen berufsrechtliche und ordnungsrechtliche Sanktionen.