Begriff und Wesen der Verwaltungsgemeinschaft
Die Verwaltungsgemeinschaft ist im öffentlichen Recht eine Form der interkommunalen Kooperation, bei der mehrere benachbarte Gemeinden zur Erledigung ihrer Verwaltungsaufgaben einen gemeinsamen Verwaltungsapparat bilden. Verwaltungsgemeinschaften sind Teil der kommunalen Selbstverwaltung und existieren in verschiedenen Bundesländern Deutschlands, wobei die konkreten Ausprägungen und rechtlichen Regelungen landesrechtlich festgelegt sind.
Sie dienen vornehmlich dem Ziel, die Leistungsfähigkeit sowie die Wirtschaftlichkeit kleinerer Gemeinden zu stärken, indem durch die Bündelung bestimmter Aufgaben und Ressourcen Synergieeffekte erzielt und eine effiziente Aufgabenwahrnehmung ermöglicht werden. Die betroffenen Gemeinden behalten ihre kommunale Selbstständigkeit und Hoheitsrechte, während die Verwaltungsgemeinschaft bestimmte Verwaltungsaufgaben zentralisiert wahrnimmt.
Rechtsgrundlagen und gesetzliche Regelungen
Kommunalrechtliche Grundlagen
Die rechtlichen Grundlagen der Verwaltungsgemeinschaften ergeben sich ausschließlich aus den Kommunalverfassungen bzw. Gemeindeordnungen der Länder. Die Ausgestaltung variiert daher abhängig vom Bundesland. Zu den wichtigsten Regelungen zählen etwa die Gemeindeordnungen von Bayern (GO), Sachsen (SächsGemO) oder Thüringen (ThürKO). Die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen regeln unter anderem
- den Zusammenschluss und Bildungsvorgang,
- die gemeinsame Verwaltung,
- die verbleibenden Aufgaben der Mitgliedsgemeinden,
- Zuständigkeiten und Organisation,
- finanzielle Aspekte und
- die Auflösung der Verwaltungsgemeinschaft.
Verwaltungsgemeinschaften sind grundsätzlich als leitungslose, rechtlich unselbstständige Körperschaften organisiert. Sie können auch als öffentlich-rechtliche Anstalten ausgestaltet sein.
Unterscheidung zu anderen Formen
Klar abzusetzen ist die Verwaltungsgemeinschaft von anderen interkommunalen Kooperationsformen wie etwa dem Zweckverband, der Gemeindeverwaltungsverband oder der Samtgemeinde in Niedersachsen. Im Gegensatz zum Zweckverband, der einen eigenen Rechtsträger und spezifische Aufgaben hat, ist die Verwaltungsgemeinschaft auf die Verwaltungsorganisation mehrerer Mitgliedsgemeinden beschränkt.
Struktur und Organisation
Mitglieder und Zusammenschluss
Verwaltungsgemeinschaften setzen sich aus benachbarten Gemeinden zusammen, die jeweils einzeln weiterhin bestehen bleiben. Die Bildung erfolgt freiwillig auf Grundlage von Zusammenschlussvereinbarungen oder kann durch Landesgesetze auch zwangsweise angeordnet werden, etwa im Rahmen von Gebiets- und Verwaltungsreformen.
Organe der Verwaltungsgemeinschaft
Die Verwaltungsgemeinschaft besitzt meist folgende Organe:
- Die Versammlung der Gemeinschaftsmitglieder (Gemeinschaftsversammlung), bestehend aus den Bürgermeistern der Mitgliedsgemeinden sowie weiteren Vertretern.
- Den Gemeinschaftsvorsitzenden als Verwaltungsleiter, der häufig aus der Mitte der Mitglieder gewählt oder von der Rechtsaufsichtsbehörde bestellt wird.
- Verwaltungspersonal, das von der Gemeinschaft beschäftigt wird.
Die wichtigsten Aufgaben der Organe sind die Beschlussfassung über gemeinschaftliche Angelegenheiten, die Organisation der Verwaltungsarbeit sowie die Vertretung der Verwaltungsgemeinschaft nach außen.
Aufgabenbereich und Zuständigkeiten
Verwaltungsgemeinschaften nehmen zentrale Aufgaben im Bereich der Verwaltung wahr. Dazu gehören üblicherweise:
- Meldewesen
- Standesamtliche Aufgaben
- Ordnungsbehördliche Aufgaben
- Bauverwaltung
- Haushalts- und Finanzverwaltung
- Sitzungsdienst
Bestimmte Aufgaben, insbesondere originäre Selbstverwaltungsangelegenheiten (z.B. Bebauungsplanung, Satzungsrecht), bleiben jedoch bei den einzelnen Gemeinden und werden nicht von der Verwaltungsgemeinschaft übernommen.
Rechtsstellung und Außenvertretung
Die Verwaltungsgemeinschaft ist im Regelfall keine eigene juristische Person, sondern eine unselbstständige gemeinsame Verwaltungsorganisation der beteiligten Gemeinden. Handlungs- und rechtsfähig ist nicht die Gemeinschaft selbst, sondern die jeweilige Gemeinde, die durch den Gemeinschaftsvorsitzenden vertreten werden kann.
In bestimmten Bundesländern kann die Gemeinschaft jedoch mit Teilrechtsfähigkeit ausgestattet sein, soweit dies nach dem jeweiligen Landesrecht vorgesehen ist.
Entstehung und Auflösung der Verwaltungsgemeinschaft
Bildung und Verfahren
Die Gründung erfolgt über eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung der beteiligten Gemeinden, in der Regel vorbehaltlich der Genehmigung der zuständigen Aufsichtsbehörde. Alternativ kann die Bildung durch Landesrecht oder Rechtsverordnung erfolgen. Die Satzung regelt Organisation, Sitz und Aufgaben der Gemeinschaft.
Auflösung und Ausscheiden
Die Auflösung ist unter Beachtung der gesetzlichen Fristen und Zustimmungserfordernisse möglich. Bei freiwilliger Auflösung, Austritt oder zwangsweiser Auflösung durch die Aufsichtsbehörde wird die Vermögensauseinandersetzung auf Basis der Satzung oder landesgesetzlicher Vorgaben geregelt.
Finanzierung der Verwaltungsgemeinschaft
Die Finanzierung erfolgt durch Umlagen der beteiligten Gemeinden. Grundlage der Berechnung sind oft Einwohnerzahl, Umfang der Aufgaben und weitere Kriterien, die in der Gemeinschaftssatzung festgelegt werden. Daneben kann die Verwaltungsgemeinschaft eigene Einnahmen aus Gebühren und Entgelten erzielen, soweit dies zulässig ist.
Das gemeinschaftliche Haushaltsrecht orientiert sich an den Grundsätzen der jeweiligen Kommunalverfassung der Länder. Die Mitgliedsgemeinden müssen die Mittel für die gemeinschaftlichen Aufgaben bereitstellen.
Kontrolle, Rechtsaufsicht und Mitwirkung
Die Verwaltungsgemeinschaft unterliegt der Kommunalaufsicht durch die zuständige Aufsichtsbehörde des Landes (z.B. Landratsamt oder Bezirksregierung). Die Kontrollen erstrecken sich auf die Recht- und Zweckmäßigkeit der Verwaltungsführung, die Einhaltung von Haushaltsvorgaben und die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung.
Mitwirkungsrechte und Beteiligungen regeln sich nach der Satzung der Verwaltungsgemeinschaft und den landesrechtlichen Vorgaben. Die Mitgliedsgemeinden üben hierüber weiterhin ihre kommunale Selbstverwaltung aus.
Bedeutung und Funktion in der kommunalen Landschaft
Verwaltungsgemeinschaften spielen eine entscheidende Rolle für die Sicherung der Verwaltungs- und Leistungsfähigkeit kleiner und mittlerer Gemeinden. Sie fördern Synergieeffekte, stärken die Wirtschaftlichkeit und gewährleisten die lokale Selbstverwaltung auch bei begrenzten Ressourcen. Sie ermöglichen eine zeitgemäße Organisation der kommunalen Verwaltung, ohne die individuellen Rechte und Identitäten der Mitgliedsgemeinden zu beeinträchtigen.
Literatur und weiterführende Informationen
- Kommunalverfassungen/Gemeindeordnungen der deutschen Bundesländer
- Fachliteratur zum Kommunalrecht, insbesondere interkommunale Zusammenarbeit
- Veröffentlichungen der kommunalen Spitzenverbände (z.B. Deutscher Städte- und Gemeindebund)
Mit dieser detaillierten Darstellung liefert der Artikel eine umfassende und strukturierte Übersicht über die rechtlichen Grundlagen, Organisation, Aufgaben, Finanzierung und den Stellenwert der Verwaltungsgemeinschaft im kommunalen Gefüge.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Grundlagen gelten für die Bildung einer Verwaltungsgemeinschaft?
Die Bildung einer Verwaltungsgemeinschaft richtet sich in Deutschland grundsätzlich nach dem jeweiligen Landesrecht der Bundesländer, da die Organisation der Kommunalverwaltung eine Angelegenheit der Länder ist. Rechtliche Grundlage ist in der Regel ein Kommunalverwaltungsgesetz (beispielsweise § 46 ff. ThürKO in Thüringen, Art. 4 ff. BayrKommZG in Bayern oder § 27 KommZG in Sachsen-Anhalt). Die Gesetze bestimmen, welche Gemeinden sich zusammenschließen dürfen oder müssen, wie der Zusammenschluss erfolgt (z. B. durch öffentlich-rechtlichen Vertrag oder einen staatlichen Rechtsakt), und welche Mitwirkungsrechte die beteiligten Gemeinden haben. Weiterhin regeln sie die Aufgabenverteilung, insbesondere welche Verwaltungsaufgaben die Verwaltungsgemeinschaft stellvertretend wahrnimmt, wie die Vertretung nach außen erfolgt und wie die Finanzierung gestaltet ist. Die Gesetze sehen oftmals zuvor eine Anhörung sowie ggf. ein Zustimmungsverfahren in den beteiligten Kommunalvertretungen vor. Außerdem sind Regelungen zu Ausnahmen, Bestandsschutz und zur Auflösung oder Änderung des Zusammenschlusses enthalten.
Wie ist die Haftungsverteilung innerhalb einer Verwaltungsgemeinschaft gesetzlich geregelt?
Die Haftungsverteilung innerhalb einer Verwaltungsgemeinschaft ist gesetzlich dahingehend geregelt, dass die Verwaltungsgemeinschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts Träger der übertragenen Aufgaben und somit für deren ordnungsgemäße Erledigung verantwortlich ist. Für Handlungen, die auf gemeinschaftsübertragene Aufgaben zurückzuführen sind, haftet in der Regel die Verwaltungsgemeinschaft selbst – etwa für Amtspflichtverletzungen ihrer Bediensteten (§ 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG bzw. entsprechenden Landesgesetzen). Jedoch können auch die Mitgliedsgemeinden subsidiär oder gesamtschuldnerisch haften, wenn Pflichtverletzungen im eigenen Wirkungskreis der Gemeinden stattfinden oder vertraglich etwas anderes vereinbart ist. In der Praxis regeln Satzungen oder öffentlich-rechtliche Vereinbarungen die Details der Haftungsverteilung und etwaige Regressansprüche. Über die internen Regelungen hinaus gelten stets die allgemeinen Grundsätze des Staatshaftungsrechts.
Welche gesetzlichen Mitbestimmungsrechte besitzen die Mitgliedsgemeinden in der Verwaltungsgemeinschaft?
Den Mitgliedsgemeinden werden durch die einschlägigen Gemeinde- oder Verwaltungsgemeinschaftsgesetze verschiedene Mitbestimmungsrechte eingeräumt. Entscheidend ist das Organ der Gemeinschaftsversammlung bzw. Gemeinschaftsrates, in welchem Vertreter aller beteiligten Gemeinden gemäß gesetzlichen oder satzungsmäßigen Vorschriften ein Stimmrecht haben. Die Organe entscheiden über gemeinsame Belange – z. B. Festlegung des Haushalts, Personalangelegenheiten und wesentliche Verwaltungsvorgänge. Grundsätzlich dürfen die Kommunen an den Entscheidungsprozessen partizipieren, wobei die Stimmgewichtung nach Einwohnerzahl oder einer satzungsrechtlichen Quote erfolgt. Ferner besitzen die Mitgliedsgemeinden ein eingeräumtes Initiativrecht zur Beratung bestimmter Angelegenheiten und ein Zustimmungsrecht bei wichtigen Satzungsänderungen oder bei der Gesamtauflösung. Die jeweiligen Landesgesetze sichern zudem Kontroll- und Informationsrechte der Gemeinden über die Wahrnehmung der übertragenen Selbstverwaltungsaufgaben.
Können Aufgaben individuell übertragen werden oder gibt es fixe Pflichtaufgaben laut Gesetz?
Die gesetzlichen Bestimmungen unterscheiden zwischen so genannten Pflichtaufgaben und freiwillig übertragenen Aufgaben. Pflichtaufgaben ergeben sich direkt aus den Kommunalverwaltungsgesetzen der Länder, wonach bestimmte Verwaltungsaufgaben zwingend von der Verwaltungsgemeinschaft wahrgenommen werden müssen (z. B. Durchführung des Meldewesens, Standesamtsangelegenheiten, Bauleitplanung). Darüber hinaus können Mitgliedsgemeinden im Rahmen öffentlich-rechtlicher Vereinbarungen oder aufgrund spezieller Satzungsermächtigungen freiwillig weitere Aufgaben auf die Verwaltungsgemeinschaft übertragen. Die Übertragung freiwilliger Aufgaben ist stets nur im Rahmen der Gesetzgebung, insbesondere nach Maßgabe der Kommunalverfassung und unter Berücksichtigung etwaiger haushaltsrechtlicher Vorbehalte, möglich. Rechtliche Schranken ziehen die Landesgesetze insbesondere da, wo Aufgaben zum Kernbereich der Gemeindeautonomie zählen und nicht übertragbar sind.
Welche rechtlichen Vorschriften bestimmen die Kontrolle und Aufsicht über Verwaltungsgemeinschaften?
Die Verwaltungsgemeinschaft selbst unterliegt, wie die Mitgliedsgemeinden, der Kommunalaufsicht. Die Kontroll- und Aufsichtsbefugnisse ergeben sich aus kommunalrechtlichen Vorschriften der Länder, insbesondere aus den Gemeindeordnungen und speziellen Verwaltungsgemeinschaftsgesetzen. Die Aufsicht kann im Rahmen der sogenannten Rechtsaufsicht (Überprüfung auf Gesetz- und Satzungsmäßigkeit der Handlungen) oder über Fachaufsicht (in übertragenen staatlichen Angelegenheiten) durch die zuständige Kommunalaufsichtsbehörde (z. B. Landratsamt oder Kreisverwaltungsbehörde) ausgeübt werden. Diese ist befugt, Maßnahmen zu beanstanden, Anordnungen zu erlassen oder im Extremfall rechtswidrige Beschlüsse aufzuheben. Darüber hinaus bestehen Prüfungsrechte hinsichtlich der Haushaltsführung und ordnungsgemäßen Verwaltung. Die Aufsichtsbefugnisse unterscheiden sich dabei je nach Zuständigkeitsbereich und Landesrecht.
Wie werden Streitigkeiten zwischen Mitgliedsgemeinden rechtlich behandelt?
Für Streitigkeiten zwischen Mitgliedsgemeinden innerhalb einer Verwaltungsgemeinschaft sieht das Kommunalrecht grundsätzlich vorrangig innerverbandliche Schlichtungs- und Einigungsmechanismen vor, etwa durch Vermittlung oder Beschlussfassung in den Organen der Verwaltungsgemeinschaft. Wenn keine Einigung erzielt wird, können Mitgliedsgemeinden, gestützt auf die Gemeindeordnungen sowie allgemeines Verwaltungsprozessrecht, Rechtsmittel vor den Verwaltungsgerichten einlegen (zulässig z. B. beim Streit über die Auslegung der Gemeinschaftssatzung, Kompetenzabgrenzungen oder Kostentragung). Maßgeblich ist dafür § 40 VwGO, der den Verwaltungsrechtsweg für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten eröffnet. Ergänzend können Schiedsstellen oder externe Gutachter im Rahmen interkommunaler Vereinbarungen hinzugezogen werden, sofern dies in der Satzung vorgesehen ist. Die gerichtliche Klärung bleibt jedoch der letzte Schritt im Streitbeilegungsmechanismus.