Verwaltungsgemeinschaft: Begriff und rechtliche Einordnung
Eine Verwaltungsgemeinschaft ist ein Zusammenschluss mehrerer selbstständiger Gemeinden, die bestimmte Verwaltungsaufgaben gemeinsam durch eine zentrale Verwaltungseinheit erledigen lassen. Die beteiligten Gemeinden behalten dabei ihre Eigenständigkeit mit eigenem Gemeinderat und eigener Bürgermeisterin oder eigenem Bürgermeister. Verwaltungsgemeinschaften sind Formen interkommunaler Zusammenarbeit und dienen dazu, Verwaltungsabläufe zu bündeln, Fachkompetenz zu sichern und Ressourcen effizient einzusetzen. Ihre genaue Ausgestaltung richtet sich nach dem Recht des jeweiligen Bundeslandes und kann in Bezeichnung, Aufbau und Aufgabenumfang variieren.
Rechtlich handelt es sich in vielen Ländern um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts mit eigener Organisations- und Finanzverantwortung. In anderen Ländern ist die Verwaltungsgemeinschaft funktional als gemeinsame Verwaltungsstelle organisiert, ohne eine eigenständige Körperschaft zu sein. Einheitlich ist, dass Aufgabenübertragung, Zuständigkeiten und interne Entscheidungsprozesse in einer Satzung und in der Gründungsvereinbarung festgelegt werden und der staatlichen Aufsicht unterliegen.
Abgrenzung zu anderen Kommunalverbünden
- Samtgemeinde/Verbandsgemeinde: Stärker integrierte Verbünde mit weitergehenden eigenen Aufgaben und oftmals eigenem, unmittelbar gewähltem Vertretungsorgan. Verwaltungsgemeinschaften sind regelmäßig lockerer ausgestaltet.
- Zweckverband: Zusammenschluss für klar begrenzte Einzelaufgaben (z. B. Wasser, Abwasser, Abfall), keine allgemeine Verwaltungsunterstützung.
- Erfüllende Gemeinde: Eine größere Gemeinde erledigt Aufgaben für eine oder mehrere kleinere Gemeinden; die Aufgabenabgrenzung ähnelt teilweise einer Verwaltungsgemeinschaft, jedoch ohne deren typische Verbandsstruktur.
- Amt (vor allem im Norden): Funktional vergleichbar, aber landesspezifisch anders bezeichnet und organisiert.
- Gemeindefusion: Vollständige Vereinigung zu einer neuen Gemeinde; im Gegensatz dazu bleiben Gemeinden in der Verwaltungsgemeinschaft rechtlich eigenständig.
Gründung und Mitgliedschaft
Voraussetzungen und Verfahren
Verwaltungsgemeinschaften entstehen in der Regel durch Vereinbarung der beteiligten Gemeinden. Diese wird durch Beschlüsse der Gemeinderäte vorbereitet, in einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung niedergelegt und bedarf der Genehmigung oder Feststellung durch die zuständige Aufsichtsbehörde. In manchen Fällen werden Verwaltungsgemeinschaften im Zuge kommunaler Gebiets- oder Funktionalreformen durch Landesrecht angeordnet. Mitglieder sind regelmäßig Gemeinden desselben Landkreises oder benachbarter Gebiete.
Satzung und Geschäftsordnung
Die innere Organisation, die Sitzgemeinde, der Name, Aufgabenumfang, Verteilung der Stimmen in der Gemeinschaftsversammlung sowie die Finanzierung werden in einer Satzung geregelt. Ergänzend wird die Arbeitsweise durch eine Geschäftsordnung konkretisiert. Diese Regelwerke schaffen Transparenz über Zuständigkeiten, Vertretungsbefugnisse und Verfahren der Entscheidungsfindung.
Dauer und Auflösung
Verwaltungsgemeinschaften sind auf Dauer angelegt, können jedoch erweitert, verkleinert, zusammengelegt oder aufgelöst werden. Solche Veränderungen erfolgen aufgrund kommunaler Vereinbarungen und Genehmigungen oder auf gesetzlicher Grundlage. Bei Auflösung wird festgelegt, wie Personal, Vermögen, Verträge, Aktenbestände und laufende Verfahren zugeordnet werden. Bereits erlassene Verwaltungsakte bleiben grundsätzlich wirksam und werden von der Rechtsnachfolgerin oder der zuständig gewordenen Stelle fortgeführt.
Organe und Organisation
Gemeinschaftsversammlung
Zentrales Beschlussorgan ist regelmäßig die Gemeinschaftsversammlung oder Verbandsversammlung. Sie setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern der Mitgliedsgemeinden zusammen, häufig aus den Bürgermeisterinnen oder Bürgermeistern und delegierten Ratsmitgliedern. Die Stimmverteilung kann nach Kopfprinzip, nach Einwohnerzahl oder nach einem Mischmaßstab erfolgen. Die Gemeinschaftsversammlung entscheidet über Grundsatzfragen, Satzungen, Haushalt, Personalrahmen und den Aufgabenbestand der gemeinsamen Verwaltung.
Leitung und Vertretung
Die laufende Verwaltung wird durch eine Leitungsperson geführt (z. B. Gemeinschaftsvorsitzende oder -vorsitzender, Verbandsvorsteherin oder -vorsteher), oftmals aus dem Kreis der Bürgermeisterinnen oder Bürgermeister gewählt. Eine Verwaltungsleitung (z. B. Geschäftsführung, Amtsleitung) verantwortet die operative Organisation und die Umsetzung der Beschlüsse. Die Vertretung nach außen richtet sich nach der Satzung; sie umfasst die rechtliche und tatsächliche Wahrnehmung der übertragenen Aufgaben.
Personal, Dienstherrschaft und Datenschutz
Beschäftigte können unmittelbar bei der Verwaltungsgemeinschaft oder, je nach Modell, bei einer erfüllenden Gemeinde angestellt sein. Zuständigkeiten für Personalangelegenheiten, Mitbestimmung und Beihilfen ergeben sich aus der jeweiligen Organisationsform. Im Datenschutz ist die Verantwortlichkeit danach ausgerichtet, wem die Aufgabe rechtlich zugewiesen ist: Für zentral erledigte Aufgaben ist regelmäßig die Verwaltungsgemeinschaft verantwortliche Stelle; für originäre Gemeindeaufgaben bleibt die einzelne Gemeinde verantwortlich. Gemeinsame oder wechselseitige Datenverarbeitungen werden organisatorisch und vertraglich festgelegt.
Rechtsform und Haftung
Ist die Verwaltungsgemeinschaft als Körperschaft organisiert, besitzt sie eigene Rechtsfähigkeit, führt einen eigenen Haushalt und haftet im Rahmen der übertragenen Aufgaben. In funktionalen Modellen ohne eigene Rechtspersönlichkeit tritt die erfüllende oder auftragnehmende Stelle nach außen auf; die Haftung folgt dann den allgemeinen Grundsätzen der Auftrags- und Amtserfüllung. Die Mitgliedsgemeinden tragen die finanzielle Verantwortung nach den in der Satzung bestimmten Maßstäben (Umlage, Kostenerstattung).
Aufgaben und Zuständigkeiten
Typische Aufgaben der Verwaltungsgemeinschaft
Der konkrete Aufgabenbestand ist landes- und satzungsabhängig. Häufig umfasst er:
- Einwohner- und Meldewesen, Ausweis- und Passangelegenheiten
- Standesamtliche Aufgaben
- Gewerbe- und Ordnungsverwaltung im übertragenen Umfang
- Finanzverwaltung, Kassen- und Steueramtsaufgaben (z. B. Veranlagung kommunaler Abgaben)
- Bauverwaltung in definierten Teilen (Bauanträge, Bauaufsicht im Rahmen der Zuständigkeit, Erschließungsbeiträge)
- Sozial- und Jugendangelegenheiten, soweit kommunal zugewiesen
- Liegenschafts-, Friedhofs- und Straßenverwaltung in standardisierten Verfahren
- E-Government, IT-Betrieb, zentrale Vergabestellen
Die Aufgabenübertragung kann obligatorisch (durch Landesrecht) oder freiwillig (durch Vereinbarung) erfolgen. Maßgeblich ist stets, was in Satzung und Gründungsvereinbarung festgelegt ist.
Entscheidungsbefugnisse der Mitgliedsgemeinden
Die originäre Selbstverwaltung bleibt bei den Mitgliedsgemeinden. Dazu zählen insbesondere Beschlüsse über gemeindliche Satzungen, Haushalte der Gemeinden, örtliche Abgabenhöhen, Bauleitplanung, lokale Infrastrukturprojekte und Kultur- sowie Sportförderung. Die Verwaltungsgemeinschaft führt diese Entscheidungen verwaltungsmäßig aus, soweit dies übertragen ist, und bündelt fachliche Verfahren.
Finanzierung und Haushalt
Verwaltungsgemeinschaften finanzieren sich überwiegend über Umlagen der Mitgliedsgemeinden. Der Umlageschlüssel wird in der Satzung festgelegt, häufig nach Einwohnerzahl, Finanzkraft oder Mischmaßstäben. Hinzu kommen Gebühren und Entgelte für erbrachte Leistungen sowie Zuweisungen aus Finanz- und Förderprogrammen. Der Haushalt der Verwaltungsgemeinschaft bildet Personal-, Sach- und Investitionsausgaben ab. Eine eigenständige Steuerhoheit besteht in der Regel nicht. Kreditaufnahmen und Verpflichtungen unterliegen den üblichen kommunalen Haushaltsregeln und der Aufsicht.
Aufsicht, Kontrolle und Transparenz
Die Verwaltungsgemeinschaft unterliegt der Kommunalaufsicht, die die Rechtmäßigkeit des Handelns überwacht. Für spezielle Aufgaben kann eine fachliche Aufsicht bestehen. Interne Kontrolle erfolgt durch Rechnungsprüfung, ggf. eine Gemeinschaftskasse und durch Berichtswesen an die Gemeinschaftsversammlung. Öffentliche Bekanntmachungen, Informationszugang und Beteiligungsrechte richten sich nach den einschlägigen landesrechtlichen Vorgaben und der Satzung.
Bedeutung für Bürgerinnen und Bürger
Für Einwohnerinnen und Einwohner bedeutet die Verwaltungsgemeinschaft, dass viele Verwaltungsleistungen zentral an einem Bürgerbüro oder in mehreren Servicestellen erbracht werden. Rechtlich ändert sich die Zugehörigkeit zur eigenen Gemeinde nicht. Anträge, Bescheide und Widerspruchsverfahren werden entweder im Namen der Verwaltungsgemeinschaft oder im Namen der jeweiligen Gemeinde erlassen, je nach Aufgabenverteilung. Zuständigkeiten, Fristen und Rechtsbehelfe bleiben durch Landesrecht und kommunale Regelungen bestimmt.
Vor- und Nachteile
Vorteile
- Bündelung von Fachwissen und Spezialisierung
- Skaleneffekte und effizientere Verfahrensabwicklung
- Verbesserte Vertretung bei Abwesenheiten und Ausfällen
- Standardisierte Prozesse und gemeinsame IT-Strukturen
Herausforderungen
- Abstimmungsaufwand zwischen mehreren Gemeinderäten
- Wahrung der örtlichen Belange bei zentralisierter Bearbeitung
- Komplexere Zuständigkeits- und Verantwortungszuordnung
- Finanzielle Ausgleichsfragen zwischen unterschiedlich starken Mitgliedern
Varianten in den Ländern
Die Bezeichnung und Ausgestaltung variiert: In mehreren ostdeutschen Ländern heißt der Verbund Verwaltungsgemeinschaft und ist häufig als Körperschaft organisiert. In Niedersachsen ist die Samtgemeinde verbreitet, in Rheinland-Pfalz die Verbandsgemeinde, in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern das Amt. Auch innerhalb eines Modells bestehen Unterschiede etwa bei Zusammensetzung der Organe, Wahlmodellen, Aufgabenpaketen und Finanzierungsmaßstäben. Diese Vielfalt beruht auf den eigenständigen Kommunalverfassungen der Länder.
Häufig gestellte Fragen
Was ist der zentrale rechtliche Zweck einer Verwaltungsgemeinschaft?
Sie dient der gemeinsamen Erfüllung kommunaler Verwaltungsaufgaben durch mehrere eigenständige Gemeinden. Dadurch werden Verfahren gebündelt, ohne dass die Gemeinden ihre rechtliche Selbstständigkeit verlieren.
Bleibt meine Gemeinde in einer Verwaltungsgemeinschaft eigenständig?
Ja. Gemeinderat und Bürgermeisteramt bleiben bestehen. Die Verwaltungsgemeinschaft übernimmt bestimmte Aufgaben der Verwaltungsausführung, während wesentliche Entscheidungen weiterhin in der Gemeinde getroffen werden.
Wer trifft die grundlegenden Entscheidungen in der Verwaltungsgemeinschaft?
Die Gemeinschaftsversammlung als Verbundgremium entscheidet über Satzung, Haushalt, Organisation und den übertragenen Aufgabenbestand. Die Leitung vertritt die Verwaltungsgemeinschaft nach außen und setzt Beschlüsse um.
Wie wird die Verwaltungsgemeinschaft finanziert?
Über Umlagen der Mitgliedsgemeinden, festgelegt nach einem satzungsbestimmten Schlüssel. Ergänzend können Gebühren, Entgelte und Zuweisungen hinzukommen. Eine eigene Steuerhoheit besteht in der Regel nicht.
Welche Aufsicht besteht über Verwaltungsgemeinschaften?
Es besteht Kommunalaufsicht zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit. Für einzelne Aufgaben tritt zusätzlich fachliche Aufsicht hinzu. Interne Kontrolle erfolgt durch Rechnungsprüfung und Berichtswesen.
Kann eine Gemeinde einer Verwaltungsgemeinschaft beitreten oder austreten?
Beitritt und Austritt richten sich nach dem Recht des jeweiligen Bundeslandes sowie nach den Regelungen der Satzung und bedürfen regelmäßig behördlicher Mitwirkung und Fristenwahrung.
Wer ist datenschutzrechtlich verantwortlich?
Für zentral übertragene Aufgaben ist regelmäßig die Verwaltungsgemeinschaft verantwortlich. Für originäre Aufgaben der einzelnen Gemeinden bleibt die jeweilige Gemeinde verantwortlich. Konkrete Zuständigkeiten sind in Organisation und Vereinbarungen festgelegt.