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Verwaltungsgebühren

Verwaltungsgebühren: Begriff und Einordnung

Verwaltungsgebühren sind Geldbeträge, die eine Behörde für eine konkrete, individuell zurechenbare Leistung erhebt. Sie fallen an, wenn eine Person oder ein Unternehmen eine Amtshandlung veranlasst oder in Anspruch nimmt, etwa eine Genehmigung, Bescheinigung, Eintragung oder Prüfung. Im Gegensatz zu Steuern dienen Verwaltungsgebühren nicht der allgemeinen Finanzierung öffentlicher Aufgaben, sondern dem Ausgleich des Verwaltungsaufwands, der durch die einzelne Leistung entsteht.

Rechtlich gehören Verwaltungsgebühren zu den öffentlichen Abgaben. Sie unterscheiden sich von Beiträgen (die für die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung erhoben werden) und von Benutzungsgebühren (die für die laufende Nutzung öffentlicher Einrichtungen wie Abfallentsorgung oder Schwimmbäder anfallen). Verwaltungsgebühren knüpfen an eine konkrete Amtshandlung an und sind damit anlassbezogen und individuell.

Rechtsnatur und Systematik

Charakter als öffentlich-rechtliches Entgelt

Verwaltungsgebühren sind öffentlich-rechtliche Entgelte. Sie beruhen auf einer hoheitlichen Entscheidung und werden durch Verwaltungsakt festgesetzt. Die Zahlungspflicht entsteht nicht aus Vertrag, sondern aus dem anlassbezogenen Handeln gegenüber einer Behörde.

Abgrenzung zu Steuern, Beiträgen und anderen Abgaben

Steuern werden ohne individuelle Gegenleistung erhoben und finanzieren den allgemeinen Haushalt. Beiträge werden für die mögliche Inanspruchnahme einer Einrichtung oder Leistung erhoben, auch wenn sie tatsächlich nicht genutzt wird. Benutzungsgebühren vergüten die tatsächliche Nutzung einer öffentlichen Einrichtung. Verwaltungsgebühren hingegen entstehen für eine bestimmte Amtshandlung, die einer Person individuell zugeordnet werden kann, beispielsweise die Erteilung einer Baugenehmigung.

Träger und Adressaten

Erheben können Verwaltungsgebühren der Bund, die Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände sowie sonstige Körperschaften des öffentlichen Rechts, soweit ihnen hoheitliche Aufgaben übertragen sind. Zahlungspflichtig sind in der Regel diejenigen, die die Amtshandlung beantragen, veranlassen oder in deren Interesse diese vorgenommen wird.

Rechtsgrundlagen und Entstehung

Gesetzliche und satzungsrechtliche Grundlage

Verwaltungsgebühren werden auf Grundlage von Gesetzen und Gebührenordnungen oder -satzungen erhoben. Diese regeln, für welche Amtshandlungen Gebühren anfallen, nach welchen Maßstäben sie bemessen werden und in welcher Höhe Tarife vorgesehen sind.

Gebührenauslöser und Festsetzung

Die Gebührenpflicht entsteht durch einen gebührenpflichtigen Tatbestand, etwa die Entscheidung über einen Antrag, die Vornahme einer Prüfung oder die Ausstellung eines Dokuments. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn ein Antrag abgelehnt wird, sofern hierfür Aufwand anfällt. Die Festsetzung erfolgt regelmäßig durch Gebührenbescheid, der die Person des Schuldners, die gebührenpflichtige Leistung, den Betrag und die Rechtsgründe erkennen lässt.

Gebührenschuldnerschaft

Gebührenschuldner ist in der Regel, wer die Amtshandlung veranlasst oder zu wessen Gunsten sie vorgenommen wird. Mehrere Personen können als Gesamtschuldner haften, wenn sie gemeinsam handeln oder gemeinsam profitieren. In bestimmten Fällen kann auch eine gesetzliche Haftung Dritter vorgesehen sein.

Grundprinzipien der Gebührenbemessung

Kostendeckung

Verwaltungsgebühren sollen den durchschnittlichen Verwaltungsaufwand decken. Eine systematische Über- oder Unterdeckung ist zu vermeiden. Der Aufwand umfasst Personal-, Sach- und Gemeinkosten, soweit sie der Leistung zurechenbar sind.

Äquivalenz

Die Gebühr muss in einem angemessenen Verhältnis zum Wert und zur Bedeutung der Amtshandlung für die betroffene Person stehen. Eine grobe Unangemessenheit zwischen Gebühr und Vorteil ist unzulässig.

Verhältnismäßigkeit und Gleichbehandlung

Gebührenregelungen und Einzelentscheidungen müssen verhältnismäßig sein und den Gleichbehandlungsgrundsatz beachten. Gleich gelagerte Fälle sind nach einheitlichen Maßstäben zu behandeln.

Gebührenmaßstab und Tarife

Die Höhe kann als Festgebühr, Rahmengebühr oder Zeitgebühr ausgestaltet sein. Übliche Maßstäbe sind der Verwaltungsaufwand, der wirtschaftliche Wert der Amtshandlung, der Umfang der Prüfung, die Bedeutung der Angelegenheit und der Zeitbedarf. Bei Rahmengebühren ist eine ermessensgeleitete Einstufung im Einzelfall erforderlich, die sich an den maßgeblichen Kriterien orientiert.

Pauschalierung und Differenzierung

Zulässig sind pauschalierte Gebühren zur Vereinfachung, sofern sie realitätsnah und sachgerecht differenziert sind. Differenzierungen können etwa nach Komplexität, Volumen oder Risikoprofil der Vorgänge erfolgen.

Verfahren, Erhebung und Vollstreckung

Bescheid, Fälligkeit, Begründung

Die Festsetzung erfolgt durch Gebührenbescheid. Er ist mit einer Begründung zu versehen, die die maßgeblichen Erwägungen erkennen lässt, insbesondere bei Rahmengebühren. Die Fälligkeit regeln die einschlägigen Gebührenvorschriften, häufig verbunden mit Zahlungsfristen.

Vorschuss, Stundung, Niederschlagung, Erlass

Vorschüsse oder Vorauszahlungen sind möglich, wenn dies vorgesehen ist. Unter den gesetzlichen Voraussetzungen kommen Stundung, Ratenzahlung, Niederschlagung oder Erlass in Betracht. Solche Entscheidungen erfolgen in der Regel nach pflichtgemäßem Ermessen unter Beachtung haushaltsrechtlicher Vorgaben.

Mahnung und Vollstreckung

Bei Nichtzahlung kann die Behörde mahnen und Säumniszuschläge erheben, soweit vorgesehen. Ausstehende Gebühren können im Verwaltungszwangsverfahren vollstreckt werden.

Ermäßigungen, Befreiungen und soziale Aspekte

Ermäßigungen oder Befreiungen können für bestimmte Personengruppen, Sachverhalte oder im öffentlichen Interesse vorgesehen sein. Grundlage sind die jeweiligen Gebührenregelungen. Auch Billigkeitsmaßnahmen sind möglich, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.

Mehrwertsteuerliche Einordnung und Abgrenzung zum Privatrecht

Verwaltungsgebühren betreffen hoheitliches Handeln und sind im Regelfall nicht der Umsatzsteuer unterworfen. Demgegenüber stehen privatrechtliche Entgelte, die Behörden vereinzelt für Leistungen außerhalb hoheitlicher Tätigkeit verlangen können. Entscheidend ist die rechtliche Einordnung des Handelns als öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich.

Typische Anwendungsfelder

  • Personaldokumente und Register: Ausstellung von Ausweisen, Meldebescheinigungen, Auskünfte aus Registern
  • Bau- und Planungsrecht: Baugenehmigungen, Teilungsgenehmigungen, Planfeststellungsakteneinsicht
  • Gewerbe und Handwerk: Erlaubnisse, Konzessionen, Eintragungen
  • Umwelt und Ordnung: Erlaubnisse, Prüfungen, Anzeigenbearbeitung
  • Verkehr: Erteilung von Fahrerlaubnissen, Zulassungen, Ausnahmegenehmigungen
  • Anerkennungen und Prüfungen: Befähigungsnachweise, Bescheinigungen, amtliche Beglaubigungen

Rechtsschutz und typische Fehlerquellen

Überprüfung von Gebührenbescheiden

Gebührenbescheide sind Verwaltungsakte und unterliegen der verwaltungsrechtlichen Überprüfung. Maßgeblich ist, ob der gebührenpflichtige Tatbestand vorliegt, die zuständige Stelle gehandelt hat, der richtige Gebührenmaßstab angewandt wurde und die Ermessensausübung fehlerfrei ist.

Häufige Konfliktpunkte

Themen sind insbesondere die Abgrenzung zwischen Verwaltungsgebühr und Benutzungsgebühr, die Notwendigkeit und Höhe von Auslagen, die Begründung bei Rahmengebühren, die Kostendeckung sowie die Frage, ob bei abgelehnten oder zurückgenommenen Anträgen Gebühren entstehen.

Abgrenzung zu Benutzungsgebühren, Auslagen und sonstigen Forderungen

Benutzungsgebühren öffentlicher Einrichtungen

Benutzungsgebühren fallen für die fortlaufende Nutzung öffentlicher Einrichtungen an (z. B. Abfallentsorgung, Kindertagesstätten, Schwimmbäder). Sie unterscheiden sich von Verwaltungsgebühren, die an einer einmaligen oder konkretisierten Amtshandlung anknüpfen.

Auslagen und Nebenkosten

Neben der Verwaltungsgebühr können Auslagen anfallen, etwa für Zustellungen, Beglaubigungen, Sachverständige oder Reisekosten, sofern sie der konkreten Amtshandlung zuzurechnen sind. Auslagen werden gesondert geltend gemacht und orientieren sich an den tatsächlichen Kosten oder pauschalierten Sätzen.

Häufig gestellte Fragen zu Verwaltungsgebühren

Was sind Verwaltungsgebühren?

Verwaltungsgebühren sind Entgelte für individuell zurechenbare Amtshandlungen einer Behörde, etwa Genehmigungen, Bescheinigungen oder Prüfungen. Sie dienen dem Ausgleich des Aufwands für die konkrete Leistung und nicht der allgemeinen Haushaltsfinanzierung.

Worin unterscheiden sich Verwaltungsgebühren von Steuern und Beiträgen?

Steuern werden ohne individuelle Gegenleistung erhoben. Beiträge finanzieren die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung. Verwaltungsgebühren entstehen für eine konkrete Amtshandlung und knüpfen an ein individuelles Verfahren an.

Wann entsteht die Pflicht zur Zahlung einer Verwaltungsgebühr?

Die Pflicht entsteht, wenn der gebührenpflichtige Tatbestand verwirklicht ist, etwa mit der Bearbeitung eines Antrags, der Entscheidung über eine Genehmigung oder der Ausstellung eines Dokuments. Dies kann auch bei Ablehnung oder Rücknahme gelten, sofern Aufwand entstanden ist.

Wer schuldet die Verwaltungsgebühr?

Schuldner ist in der Regel, wer die Amtshandlung beantragt, veranlasst oder in dessen Interesse sie vorgenommen wird. Mehrere Beteiligte können gesamtschuldnerisch haften, wenn sie gemeinsam handeln oder gemeinsam begünstigt sind.

Nach welchen Kriterien wird die Höhe einer Verwaltungsgebühr bemessen?

Maßgeblich sind der durchschnittliche Verwaltungsaufwand, die Bedeutung und der wirtschaftliche Wert der Angelegenheit sowie der Umfang der Prüfung. Die Höhe kann als Fest-, Rahmen- oder Zeitgebühr ausgestaltet sein und muss angemessen und verhältnismäßig sein.

Gibt es Ermäßigungen, Befreiungen oder Billigkeitsentscheidungen?

Ermäßigungen und Befreiungen können vorgesehen sein, etwa für bestimmte Personengruppen oder Sachverhalte. Zudem sind Billigkeitsentscheidungen wie Stundung, Ratenzahlung oder Erlass möglich, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.

Wie werden Verwaltungsgebühren durchgesetzt?

Verwaltungsgebühren werden durch Gebührenbescheid festgesetzt. Bei Nichtzahlung sind Mahnung, Säumniszuschläge und Vollstreckungsmaßnahmen möglich, sofern die einschlägigen Vorschriften dies vorsehen.