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Vertaner Urlaub


Begriff und rechtliche Relevanz des „Vertanen Urlaubs“

Der Begriff „Vertaner Urlaub“ beschreibt im Rechtskontext eine Situation, in der ein Arbeitnehmer geplante und genehmigte Urlaubstage nicht wie vorgesehen nutzen kann, weil während des Urlaubszeitraums Umstände eintreten, die die Erholung oder Nutzung des Urlaubszwecks wesentlich beeinträchtigen oder unmöglich machen. Dies kann insbesondere durch Krankheit, behördliche Maßnahmen, Reiseausfall, pandemiebedingte Vorkommnisse oder Vertragsänderungen bedingt sein. Die rechtliche Bewertung solcher Fälle ist vor allem durch das deutsche Urlaubsrecht, insbesondere das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG), geprägt.


Rechtliche Grundlagen des Urlaubsanspruchs

Gesetz zur Regelung des Urlaubs (BUrlG)

Das Bundesurlaubsgesetz verpflichtet Arbeitgeber, jedem Arbeitnehmer einen bezahlten Erholungsurlaub von mindestens 24 Werktagen pro Kalenderjahr zu gewähren. Ziel ist die Erhaltung der Gesundheit und die Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers (Erholungsfunktion des Urlaubs). Der Urlaubsanspruch steht grundsätzlich unter dem Vorbehalt der tatsächlichen Inanspruchnahme und Erholung.

Arbeitsvertragliche und tarifvertragliche Regelungen

Neben dem gesetzlichen Mindesturlaub können individualvertragliche oder tarifvertragliche Vereinbarungen über einen darüber hinausgehenden Urlaubsanspruch getroffen werden. Auch für diesen Mehrurlaub gelten die nachstehenden Grundsätze in Bezug auf die effektive Urlaubserholung.


Vertaner Urlaub im Spiegel des Urlaubsrechts

Unterscheidung zu anderen urlaubsbezogenen Ansprüchen

Der Begriff „Vertaner Urlaub“ ist rechtssystematisch von anderen urlaubsbezogenen Ausfall- und Entschädigungsansprüchen zu unterscheiden. Nicht jeder Urlaub, der aus subjektiver Sicht als „vertan“ wahrgenommen wird, bietet eine Grundlage für einen geldwerten Ausgleich oder Nachgewährung. Vielmehr kommt es auf die gesetzlichen Vorgaben und die jeweiligen Fallkonstellationen an.


Krankheit während des Urlaubs

Auswirkungen der Arbeitsunfähigkeit

Erkrankt ein Arbeitnehmer während des genehmigten Urlaubs, werden die durch ärztliches Attest nachgewiesenen Krankheitstage gemäß § 9 BUrlG nicht auf den Jahresurlaub angerechnet. Dieser Zeitraum gilt nicht als Erholungsurlaub, sondern als Arbeitsunfähigkeit. Der betroffene Arbeitnehmer kann nach Genesung die Urlaubstage zu einem anderen Zeitpunkt nachnehmen.

Nachweispflichten und Verfahren

Voraussetzung für die Nichtanrechnung der Urlaubstage ist die unverzügliche Anzeige und Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung. Kommt der Arbeitnehmer dieser Pflicht nicht nach, können die Urlaubstage trotz Krankheit angerechnet werden.


„Vertaner Urlaub“ durch Reiseausfall oder Reiseabbruch

Vertragsrechtliche Grundlage

Kommt es dazu, dass eine bereits gebuchte Reise storniert werden muss oder abgebrochen wird (z. B. aufgrund von höherer Gewalt, Naturkatastrophen oder behördlicher Anordnung), stellt sich die Frage nach einem „vertanen Urlaub“ arbeitsrechtlich wie folgt dar: Grundsätzlich beeinträchtigt dies nicht den Urlaubsanspruch aus dem Arbeitsverhältnis, sofern der Arbeitnehmer nicht arbeitsunfähig erkrankt ist.

Kein Ausgleichsanspruch gegen den Arbeitgeber

Ein Entschädigungsanspruch gegen den Arbeitgeber lässt sich daraus grundsätzlich nicht ableiten, da der Gesetzgeber die Erholungsfunktion des Urlaubs zwar in den Vordergrund stellt, jedoch grundsätzlich kein „Erfolgserlebnis“ garantiert. Der Arbeitgeber schuldet für die Urlaubsdauer lediglich die Befreiung von der Arbeitspflicht bei gleichzeitiger Fortzahlung der Vergütung.

Reiserechtliche Entschädigungsansprüche

Scheitert der geplante Urlaub an versäumten Reiseleistungen, können Schadensersatzansprüche grundsätzlich nur gegen den Reiseveranstalter oder Dritte, nicht aber gegen den Arbeitgeber, geltend gemacht werden. Hier greifen die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und des Reisevertragsrechts (§§ 651a ff. BGB).


Vertaner Urlaub durch Quarantäne, Ausgangssperre oder behördliche Maßnahmen

Abgrenzung zur Arbeitsunfähigkeit

Wird während des Urlaubs eine Quarantäne oder behördliche Isolation ohne Erkrankung angeordnet, liegt keine Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 9 BUrlG vor. Die Tage gelten als gewöhnliche Urlaubstage, auch wenn der Arbeitnehmer den Urlaub nicht wie beabsichtigt verbringen kann.

Ausnahmeregelungen bei Arbeitsverboten

Nur bei einem behördlich angeordneten Tätigkeitsverbot aufgrund einer konkreten individuellen Gefährdungssituation (z. B. nach dem Infektionsschutzgesetz, IfSG) könnte im Ausnahmefall eine Anrechnung als Arbeitsunfähigkeit zu prüfen sein.


Ersatzurlaub und Entschädigung bei vertanem Urlaub

Voraussetzungen der Nachgewährung von Urlaub

Eine Nachgewährung oder ein Ausgleich des „vertanen Urlaubs“ ist nur unter engen Voraussetzungen möglich. Anerkannte Fälle hierfür sind ausschließlich die nachgewiesene Arbeitsunfähigkeit (Krankheit) oder – vereinzelt – behördlich angeordnete Tätigkeitsverbote aufgrund individueller Gefährdung.

Keine Entschädigung bei bloßer Zweckverfehlung

Das Nichterreichen individueller Urlaubsziele (z. B. Verhinderung der Reise durch äußere Umstände, schlechtes Wetter, Nichtzustandekommen einer Reise) begründen keinen Anspruch auf Ersatzurlaub oder Entschädigung, solange der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nicht anbieten muss und faktisch von der Arbeitspflicht befreit ist.


Gerichtliche Entscheidungen und aktuelle Entwicklung

Aktuelle Rechtsprechung

Die Arbeitsgerichte betonen in ständiger Rechtsprechung, dass der Urlaubsanspruch keine Garantie für den vom Arbeitnehmer gewünschten Erholungseffekt oder eine bestimmte Reisegestaltung bietet. Maßgeblich ist die objektive Möglichkeit zur Erholung durch Freistellung von der Arbeit.

Europäische Einflüsse

Durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (insbesondere im Kontext des Urlaubsanspruchs bei Krankheit) hat sich das Schutzniveau zugunsten der Arbeitnehmer weiterentwickelt. Gleichwohl besteht kein allgemeiner Anspruch auf Ersatz für „vertanen Urlaub“ im Sinne einer ausgebliebenen Erholung, sofern kein gesetzlich anerkannter Ausfallgrund vorliegt.


Zusammenfassung

Im arbeitsrechtlichen Sinne bezeichnet „Vertaner Urlaub“ den Umstand, dass Arbeitnehmer aus äußeren, nicht vom Arbeitgeber verursachten Gründen den Erholungsurlaub nicht wie geplant nutzen können. Ein Anspruch auf Nachgewährung oder finanzielle Entschädigung besteht ausschließlich bei nachgewiesener Arbeitsunfähigkeit oder bestimmten behördlichen Maßnahmen, nicht jedoch bei bloßer Zweckverfehlung des Urlaubs aufgrund widriger Umstände. Die rechtliche Risikoverteilung in Bezug auf vertanen Urlaub ist eindeutig zugunsten einer engen Anspruchsgrundlage ausgestaltet.


Weiterführende Literatur und Quellen

  • Bundesurlaubsgesetz (BUrlG)
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), insbesondere Reisevertragsrecht
  • Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG)
  • Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urteile zum Urlaubsrecht

Dieser Artikel bietet eine umfassende Darstellung sämtlicher rechtlicher Aspekte des Begriffs „Vertaner Urlaub“ im Arbeits- und Reiserecht.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein Arbeitnehmer einen Schadenersatzanspruch wegen vertanen Urlaubs geltend machen kann?

Um einen Schadenersatzanspruch wegen vertanen Urlaubs durchzusetzen, müssen mehrere rechtliche Voraussetzungen erfüllt sein. Zunächst muss der Urlaub vom Arbeitnehmer ordnungsgemäß beantragt und vom Arbeitgeber genehmigt worden sein. Der Arbeitnehmer muss zudem den Urlaub tatsächlich nicht wie geplant zur Erholung nutzen können, was insbesondere dann der Fall ist, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nachträglich aus dem Urlaub zurückholt oder während des genehmigten Urlaubs zur Arbeit verpflichtet. Ein Schaden im rechtlichen Sinne (z. B. nutzlos gewordene Reisebuchungen oder entgangene Erholungszeit) muss entstanden sein. Außerdem ist das Verschulden des Arbeitgebers erforderlich, das heißt, dessen Verhalten muss mindestens fahrlässig gewesen sein. Schließlich muss der entstandene Schaden nachweisbar und konkret beziffert sein. Der Arbeitnehmer trägt hierfür die Darlegungs- und Beweislast.

In welchen Fällen haftet der Arbeitgeber bei vereiteltem Urlaub für zusätzliche Kosten des Arbeitnehmers?

Ein Arbeitgeber haftet für zusätzliche Kosten, die dem Arbeitnehmer durch die Vereitelung des genehmigten Urlaubs entstehen, insbesondere dann, wenn diese durch schuldhaftes Verhalten des Arbeitgebers ausgelöst wurden. Beispiele sind Stornierungskosten von Urlaubsreisen, Hotelbuchungen oder andere bereits verbindlich getätigte Ausgaben. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer nachweisen kann, dass die Kosten kausal auf die Maßnahme des Arbeitgebers zurückzuführen sind und er zum Zeitpunkt der Buchung davon ausgehen durfte, seinen Urlaub tatsächlich antreten zu können. Es empfiehlt sich, den Arbeitgeber frühzeitig über bereits getätigte Buchungen zu informieren und sich den Urlaub schriftlich bestätigen zu lassen, um die Rechte zu wahren und Nachweise zu sichern.

Welche Möglichkeiten zur Schadensbegrenzung bestehen für den Arbeitnehmer bei absehbar vertanem Urlaub?

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, den Schaden möglichst gering zu halten (Schadensminderungspflicht gemäß § 254 BGB). Wird absehbar, dass der bewilligte Urlaub nicht angetreten werden kann, sollte der Arbeitnehmer schnellstmöglich stornieren oder nach Alternativen suchen. Dies kann bedeuten, Reiseleistungen umzubuchen oder Stornogebühren zu reduzieren. Unterlässt der Arbeitnehmer solche Maßnahmen und erhöht sich dadurch der Schaden, kann der Arbeitgeber für die erhöhten Kosten unter Umständen nicht haftbar gemacht werden. Der Arbeitnehmer muss dem Arbeitgeber nachweisen, dass die Schadensminderung eingehalten wurde und die Kosten unvermeidbar waren.

Kann Schadensersatz auch für entgangene Erholung wegen vertanen Urlaubs verlangt werden?

Grundsätzlich besteht ein Schadensersatzanspruch wegen vertaner Erholung („immaterieller Schaden“) nur dann, wenn der Arbeitgeber durch schuldhaftes Verhalten dafür verantwortlich ist, dass der bereits genehmigte und angetretene Urlaub widerrufen oder abgebrochen werden musste. Der Gesetzgeber sieht zwar grundsätzlich die Erholungsfunktion des Urlaubs vor, doch ist die Zuerkennung eines immateriellen Schadensersatzanspruchs nach derzeitiger Rechtsprechung nur in Ausnahmefällen möglich, etwa bei groben Pflichtverletzungen des Arbeitgebers. Meist werden nur vermögensrechtliche Nachteile, wie Stornokosten, ersetzt. Der Anspruch auf Nachgewährung von Freizeit (Ersatzerholungsurlaub) besteht daneben grundsätzlich fort.

Welche Fristen müssen Arbeitnehmer für Schadensersatzansprüche wegen vertanen Urlaubs beachten?

Für Ersatzansprüche aus vertanem Urlaub gelten die regelmäßigen Verjährungsfristen gemäß § 195 BGB, das heißt drei Jahre, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Arbeitnehmer hiervon Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. In Tarifverträgen oder Arbeitsverträgen können jedoch kürzere Ausschlussfristen geregelt sein, innerhalb derer Schadensersatzansprüche geltend zu machen sind. Arbeitnehmer sollten daher ihre Arbeits- oder Tarifverträge prüfen und Ansprüche möglichst frühzeitig schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber einfordern, um keinen Rechtsverlust zu erleiden.

Was ist zu tun, wenn der Arbeitgeber den Schadenersatz verweigert oder nicht reguliert?

Verweigert der Arbeitgeber den Schadensersatz, sollte der Arbeitnehmer seinen Anspruch schriftlich und detailliert begründen sowie alle relevanten Belege (Buchungsbestätigungen, Stornorechnungen, Bestätigung des Urlaubs) beifügen. Gelingt eine Einigung nicht, bleibt der Rechtsweg offen. Zuständig ist in der Regel das Arbeitsgericht. Empfehlenswert ist es, vor einer gerichtlichen Auseinandersetzung eine rechtliche Beratung bei einer Gewerkschaft, bei einem Rechtsanwalt oder bei der zuständigen Kammer in Anspruch zu nehmen, um die Erfolgsaussichten zu prüfen und die Ansprüche sachgerecht durchzusetzen.