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Verspätungszuschlag

Verspätungszuschlag: Bedeutung und Zweck

Der Verspätungszuschlag ist eine finanzielle Sanktion, die von der Steuerverwaltung erhoben werden kann, wenn gesetzlich vorgeschriebene Steuererklärungen oder Anmeldungen nicht rechtzeitig abgegeben werden. Er dient der Sicherung eines fristgerechten Veranlagungsverfahrens, soll verspätete Erklärungen eindämmen und den Verwaltungsablauf stabilisieren. Der Zuschlag ist eine eigenständige steuerliche Nebenleistung und steht neben der eigentlichen Steuerfestsetzung.

Anwendungsbereich

Betroffene Erklärungen und Personenkreis

Ein Verspätungszuschlag kann bei verspäteter Abgabe verschiedenster Steuererklärungen und Steueranmeldungen festgesetzt werden. Dazu zählen insbesondere Jahreserklärungen (zum Beispiel Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuererklärungen gegenüber der zuständigen Finanzbehörde) sowie laufende Anmeldungen (zum Beispiel Umsatzsteuervoranmeldungen oder Lohnsteueranmeldungen). Betroffen sein können natürliche Personen, Unternehmen, Vereine sowie andere steuerpflichtige Körperschaften.

Abgrenzung zu weiteren Sanktionen

Der Verspätungszuschlag ist von anderen Sanktionen zu unterscheiden. Er betrifft die verspätete Abgabe der Erklärung. Davon getrennt ist der Säumniszuschlag, der an eine verspätete Zahlung anknüpft. Ebenfalls eigenständig sind Zinsen auf Steuernachforderungen sowie Zwangsmittel, die der Durchsetzung einer Abgabepflicht dienen. Diese Instrumente können nebeneinander bestehen, verfolgen jedoch unterschiedliche Zwecke und setzen jeweils andere Voraussetzungen voraus.

Voraussetzungen der Festsetzung

Fristversäumnis

Grundvoraussetzung ist die Überschreitung einer gesetzlichen oder behördlich gesetzten Abgabefrist. Maßgeblich ist der Zeitpunkt des Eingangs der vollständigen Erklärung bei der zuständigen Behörde. Elektronische Übermittlungen gelten in dem Moment als eingegangen, in dem sie die technische Annahmestelle erreichen.

Ermessens- und Pflichtfestsetzungen

Die Festsetzung kann in zwei Formen erfolgen: In zahlreichen Konstellationen entscheidet die Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen. Dabei werden typischerweise Dauer und Ausmaß der Verspätung, Gründe für die Verzögerung, die Mitwirkung im Verfahren sowie die steuerliche Bedeutung des Falls berücksichtigt. In bestimmten Fallgruppen ist die Festsetzung zwingend, etwa wenn allgemein geltende Fristen deutlich überschritten sind und keine Fristverlängerung vorliegt. In diesen Fällen wird der Zuschlag unabhängig von individuellen Gründen erhoben.

Fristverlängerungen und besondere Umstände

Bewilligte Fristverlängerungen verschieben die maßgebliche Abgabefrist. Wird die Erklärung innerhalb der verlängerten Frist abgegeben, liegt keine Verspätung vor. Allgemein gewährte Erleichterungen (zum Beispiel für Erklärungen, die durch Angehörige der steuerberatenden Berufe übermittelt werden) sind bei der Beurteilung gleichermaßen zu beachten. Unverschuldete Hindernisse können in Ermessensfällen berücksichtigt werden.

Berechnung und Grenzen

Bemessungsgrundlage

Der Verspätungszuschlag bemisst sich regelmäßig nach der festgesetzten Steuer, die auf die verspätet abgegebene Erklärung entfällt. Dabei wird eine monatliche Pauschale zugrunde gelegt, die sich pro angefangenem Monat der Verspätung auf einen festen Prozentsatz des maßgeblichen Steuerbetrags beläuft. Im Regelfall beträgt dieser Prozentsatz 0,25 Prozent je angefangenem Monat. Die Berechnung orientiert sich an der Zahllast, die sich nach Anrechnung von Vorauszahlungen und einbehaltenen Beträgen ergibt.

Mindest- und Höchstbeträge

Es gilt üblicherweise ein Mindestbetrag je angefangenem Monat der Verspätung. Dieser Mindestbetrag beträgt regelmäßig 25 Euro pro begonnenem Monat. Gleichzeitig ist der Verspätungszuschlag der Höhe nach begrenzt; die Obergrenze liegt im Regelfall bei 25.000 Euro. In Fällen ohne Zahllast oder mit Erstattungen kann gleichwohl ein Mindestbetrag in Betracht kommen.

Zeitliche Berechnung

Die Verspätung wird monatsweise gerechnet. Maßgeblich ist der Zeitraum vom Tag nach Ablauf der Abgabefrist bis zum Eingang der Erklärung. Jeder angebrochene Monat zählt als voller Monat. Eine anteilige Tagesberechnung findet hierbei üblicherweise nicht statt.

Verfahren

Festsetzung und Bekanntgabe

Der Verspätungszuschlag wird in einem gesonderten Verwaltungsakt festgesetzt. Praktisch erfolgt dies häufig im Zusammenhang mit dem Steuerbescheid oder in einem ergänzenden Bescheid. Die Entscheidung enthält die Berechnungsgrundlagen sowie eine Begründung. Bei Pflichtfestsetzungen kann sich die Begründung auf die gesetzlichen Voraussetzungen beschränken.

Rechtsschutz

Gegen die Festsetzung steht der reguläre Rechtsbehelf zur Verfügung. Die Anfechtung richtet sich gegen die Höhe und/oder die Voraussetzungen des Zuschlags. Maßgeblich sind die gesetzlichen Fristen und Formerfordernisse des Verwaltungsverfahrensrechts der Steuerverwaltung.

Änderung, Aufhebung, Erlass

Der Verspätungszuschlag kann unter bestimmten Voraussetzungen geändert oder aufgehoben werden. In Ermessensfällen kommt eine abweichende Entscheidung in Betracht, wenn sich wesentliche Umstände anders darstellen oder nachträglich hervortreten. Ein Erlass kann im Ausnahmefall möglich sein, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen. Pflichtfestsetzungen unterliegen insoweit strengeren Maßstäben.

Rechtsfolgen und Einordnung

Verhältnis zu Zinsen

Der Verspätungszuschlag ist unabhängig von etwaigen Zinsen auf Steuernachforderungen. Zinsen dienen dem Ausgleich eines Liquiditätsvorteils, der durch spätere Steuerfestsetzung oder Zahlung entsteht. Beginn, Dauer und Zinssatz richten sich nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und weichen vom System des Verspätungszuschlags ab.

Abgrenzung zu Zwangsmitteln

Zwangsgeld und andere Zwangsmittel zielen auf die Durchsetzung der Abgabepflicht. Der Verspätungszuschlag ahndet die bereits eingetretene Fristversäumnis und kann zusätzlich zu Zwangsmitteln festgesetzt werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen jeweils erfüllt sind.

Wirtschaftliche Einordnung

Als steuerliche Nebenleistung wird der Verspätungszuschlag wie eine öffentliche Abgabe behandelt. Er ist weder eine Strafe im strafrechtlichen Sinn noch ein Bußgeld im Ordnungswidrigkeitenrecht, auch wenn er spürbar sanktionierenden Charakter haben kann.

Besondere Fallkonstellationen

Null- oder Erstattungsfälle

Auch wenn eine Erklärung keine Zahllast ausweist oder zu einer Erstattung führt, bleibt eine Festsetzung grundsätzlich möglich. In der Praxis wird dann häufig auf Mindestbeträge abgestellt. Ob und in welcher Höhe ein Zuschlag festgesetzt wird, hängt von der konkreten Rechtslage und der behördlichen Entscheidung ab.

Wiederholte Verspätungen

Wiederholte oder andauernde Verspätungen können das Gewicht der Fristverletzung erhöhen. Dies kann sich im Rahmen von Ermessensentscheidungen auswirken und zu strengeren Zuschlägen führen. Bei Pflichtfestsetzungen spielen Wiederholungsaspekte vor allem für die Höhe innerhalb der gesetzlichen Bandbreiten eine Rolle.

Elektronische Abgabe und Formvorgaben

Ob eine Erklärung elektronisch oder in Papierform einzureichen ist, ergibt sich aus den jeweiligen Verfahrensvorschriften. Die Art der Übermittlung ist für die Frage der Verspätung insoweit relevant, als der rechtzeitige Eingang maßgeblich ist. Formfehler oder technische Übermittlungsprobleme können Auswirkungen auf die Beurteilung haben, wenn sie der Sphäre der erklärungspflichtigen Person zuzurechnen sind.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was ist ein Verspätungszuschlag?

Der Verspätungszuschlag ist eine zusätzliche Geldleistung gegenüber der Steuerverwaltung, die wegen verspäteter Abgabe einer Steuererklärung oder Steueranmeldung erhoben wird. Er soll die rechtzeitige Mitwirkung sichern und wirkt unabhängig von der eigentlichen Steuerschuld.

Wann wird ein Verspätungszuschlag festgesetzt?

Ein Zuschlag kommt in Betracht, wenn eine gesetzliche oder behördlich gesetzte Abgabefrist überschritten wurde. In bestimmten Konstellationen ist die Festsetzung zwingend; in anderen entscheidet die Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls.

Wie wird der Verspätungszuschlag berechnet?

Üblicherweise wird pro angefangenem Monat der Verspätung ein Prozentsatz von 0,25 Prozent der maßgeblichen Zahllast angesetzt, mindestens 25 Euro pro Monat. Insgesamt ist der Zuschlag regelmäßig auf 25.000 Euro begrenzt. Bei fehlender Zahllast kann ein Mindestbetrag festgesetzt werden.

Worin unterscheidet sich der Verspätungszuschlag vom Säumniszuschlag?

Der Verspätungszuschlag knüpft an die verspätete Abgabe der Erklärung an. Der Säumniszuschlag betrifft dagegen die verspätete Zahlung einer fälligen Steuer. Beide Zuschläge können nebeneinander anfallen, da sie unterschiedliche Pflichtverstöße sanktionieren.

Wer ist vom Verspätungszuschlag betroffen?

Betroffen sein können alle, die zur Abgabe von Steuererklärungen oder -anmeldungen verpflichtet sind, etwa Privatpersonen, Unternehmen, Personengesellschaften, Vereine oder Stiftungen. Der Zuschlag wird für die jeweils verspätete Erklärung gesondert beurteilt.

Spielt eine Fristverlängerung eine Rolle?

Ja. Eine gewährte Fristverlängerung verschiebt die maßgebliche Abgabefrist. Wird die Erklärung innerhalb der verlängerten Frist abgegeben, liegt keine Verspätung vor. Fehlt eine Verlängerung oder wird auch die verlängerte Frist überschritten, kann ein Zuschlag festgesetzt werden.

Kann ein Verspätungszuschlag aufgehoben oder reduziert werden?

In Ermessensfällen kann die Behörde milder entscheiden, wenn besondere Umstände vorliegen. In Pflichtfällen bestehen dafür engere Spielräume. Maßgeblich sind die gesetzlichen Grundlagen und die dokumentierten Gründe für die Verzögerung.

Wie verhält sich der Verspätungszuschlag zu Zinsen und Zwangsmitteln?

Der Zuschlag ist unabhängig von Zinsen auf Steuernachforderungen und von Zwangsmitteln. Zinsen gleichen einen möglichen Liquiditätsvorteil aus; Zwangsmittel dienen der Durchsetzung von Pflichten. Alle Instrumente können kumulativ auftreten, wenn die jeweiligen Voraussetzungen erfüllt sind.