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Versorgungsfreibetrag


Definition und rechtliche Einordnung des Versorgungsfreibetrags

Der Versorgungsfreibetrag ist eine steuerrechtliche Vergünstigung nach dem deutschen Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG). Er betrifft insbesondere die Besteuerung von Versorgungsleistungen, die Ehegatten, eingetragene Lebenspartner oder Kinder im Rahmen eines Erbfalls erhalten. Ziel ist es, die Versorgung der Hinterbliebenen im Todesfall steuerlich zu begünstigen und deren wirtschaftliche Absicherung zu erleichtern.

Gesetzliche Grundlagen

Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG)

Die zentrale gesetzliche Regelung für den Versorgungsfreibetrag findet sich in § 17 ErbStG. Dieser Paragraf regelt sowohl die Höhe des Freibetrags als auch die anspruchsberechtigten Personengruppen und spezifische Anrechnungen.

Wortlaut von § 17 ErbStG (Auszug)

„(1) Der Ehegatte oder der Lebenspartner des Erblassers erhält einen besonderen Versorgungsfreibetrag von 256.000 Euro. Kinder erhalten einen besonderen Versorgungsfreibetrag, dessen Höhe altersabhängig gestaffelt ist.“

Anwendungsbereich und Zweck

Der Zweck des Versorgungsfreibetrags liegt darin, den Hinterbliebenen Schutz und finanzielle Sicherheit zu gewähren. Er deckt nicht bloß den reinen Erwerb von Vermögenswerten ab, sondern berücksichtigt explizit Versorgungsleistungen, wie etwa Witwenrenten, Versorgungsbezüge oder Unterhaltsansprüche.

Anspruchsberechtigte Personengruppen

Ehegatten und eingetragene Lebenspartner

Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 ErbStG kann der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner des Erblassers insgesamt einen Versorgungsfreibetrag in Höhe von 256.000 EUR in Anspruch nehmen. Der Freibetrag wird nur einmal pro Erbfall gewährt. Es handelt sich dabei um einen personenbezogenen Freibetrag, dessen Höhe unabhängig vom tatsächlichen Erwerb bzw. Wert des Nachlasses ist.

Kinder und Enkel

Kinder des Erblassers können gemäß § 17 Abs. 2 ErbStG ebenfalls einen Versorgungsfreibetrag erhalten. Die Höhe ist altersabhängig und wird vom Gesetzgeber mit einer Tabelle festgelegt. Für Kinder bis zum 27. Lebensjahr ist der Freibetrag degressiv, abhängig vom Alter zum Zeitpunkt des Erbfalls.

Enkel erhalten den Versorgungsfreibetrag grundsätzlich nur, wenn beide Elternteile vorverstorben sind oder kein Anspruch auf den Freibetrag besteht.

Voraussetzungen und Ausschlussgründe

Die Inanspruchnahme des Versorgungsfreibetrags setzt voraus, dass der Erwerb durch Erbschaft, Vermächtnis oder geltend gemachten Pflichtteil erfolgt. Stirbt der Versicherte und wird ein Anspruch auf Versorgungsleistungen begründet, ist der Versorgungsfreibetrag anwendbar. Scheidet etwa der Erwerber durch Eheauflösung oder Aufhebung der Lebenspartnerschaft vor dem Erbfall aus, entfällt der Freibetrag.

Berechnung und Anrechnung des Versorgungsfreibetrags

Umfang und Übergang

Der Freibetrag wird neben den üblichen persönlichen Freibeträgen nach § 16 ErbStG gewährt. Die relevante Steuerklasse für den Versorgungsfreibetrag bestimmt sich nach dem Verhältnis zum Erblasser.

Anrechnung von Versorgungsbezügen

Nach § 17 Abs. 2 ErbStG werden auf den Versorgungsfreibetrag bestimmte Versorgungsbezüge angerechnet, soweit sie steuerfrei oder steuerbegünstigt sind. Dazu zählen insbesondere:

  • Hinterbliebenenrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung
  • Versorgungsrenten nach beamtenrechtlichen Vorschriften
  • vergleichbare Versorgungsleistungen des Arbeitgebers oder öffentlicher Stellen

Die jährliche Rente oder Versorgung wird mit dem nach dem Bewertungsgesetz ermittelten Kapitalwert für den Versorgungsbezug abgezogen. Der Versorgungsfreibetrag verringert sich entsprechend, maximal jedoch bis auf Null.

Steuerliche Folgen nach Ausschöpfung des Freibetrags

Übersteigt der Wert der Versorgungsleistungen den Freibetrag nicht, bleibt ein steuerpflichtiger Erwerb insoweit steuerfrei. Überschreitet der kapitalisierte Wert den Freibetrag, ist der übersteigende Betrag als steuerpflichtiger Erwerb zu versteuern.

Besonderheiten und Abgrenzungen

Unterscheidung zwischen Versorgungsfreibetrag und sonstigen Freibeträgen

Der Versorgungsfreibetrag ist unabhängig von den allgemeinen persönlichen Freibeträgen des § 16 ErbStG oder sonstigen sachlichen Steuerbegünstigungen. Er bezieht sich ausschließlich auf Versorgungsleistungen der im Gesetz genannten Personengruppen.

Internationale Aspekte

Bei grenzüberschreitenden Erbfällen und ausländischer Staatsangehörigkeit werden die Regelungen des ErbStG grundsätzlich auch für den Versorgungsfreibetrag angewandt, sofern das Erbrecht des Erblassers deutsches Recht vorsieht oder Vermögen im Inland belegen ist.

Praxisrelevanz und Bedeutung des Versorgungsfreibetrags

Der Versorgungsfreibetrag hat in der Nachlassplanung erhebliche Bedeutung für die steuerliche Entlastung von Angehörigen. Durch gezielte Nachfolgegestaltung lässt sich der Anspruch auf den Versorgungsfreibetrag in der Familie optimal nutzen. Steuerpflichtige können ihren Nachlass so gestalten, dass der Freibetrag ausgeschöpft wird und eine möglichst geringe Steuerlast verbleibt.

Rechtsprechung und Verwaltungspraxis

Gerichte und Finanzverwaltung haben die Voraussetzungen und Anrechnung des Versorgungsfreibetrags in verschiedenen Urteilen und Verwaltungsanweisungen präzisiert. Strittig war in der Vergangenheit häufig, wie Kapitalwert und tatsächliche Rentenansprüche zu bemessen sind (vgl. Anwendungserlasse zum ErbStG und föderale Verwaltungsvorschriften).

Fazit

Der Versorgungsfreibetrag nach § 17 ErbStG ist eine zentrale steuerliche Vergünstigung für Ehegatten, Lebenspartner und Kinder im Rahmen der Erbschaftsteuer. Er gewährt einen zusätzlichen Freibetrag auf bestimmte Versorgungsbezüge, wobei der Freibetrag durch andere steuerbefreite Leistungen zu kürzen ist. Die praktische Umsetzung erfordert genaue Kenntnisse der gesetzlichen Voraussetzungen sowie deren Anwendung auf den Einzelfall.


Siehe auch:

Häufig gestellte Fragen

Wie wird der Versorgungsfreibetrag bei der Erbschaftsteuer angerechnet?

Der Versorgungsfreibetrag dient innerhalb des Erbschaftsteuerrechts dazu, bestimmte Vorteile aus einer Versorgung (wie etwa laufende Rentenansprüche des überlebenden Ehegatten oder der Kinder) steuerlich privilegiert zu behandeln. Die Anrechnung erfolgt zusätzlich zum allgemeinen persönlichen Freibetrag nach § 16 ErbStG. Der Versorgungsfreibetrag wird auf Antrag vom steuerpflichtigen Erwerb abgezogen, sofern ein entsprechender Anspruch besteht. Maßgeblich sind die Voraussetzungen des § 17 ErbStG. Sollte der Nachlass Empfänger mehrere Versorgungsbezüge erhalten, wird der Freibetrag dennoch nur einmal berücksichtigt. Der Versorgungsfreibetrag kann jedoch nur insoweit abgezogen werden, als nicht nach anderen gesetzlichen Vorschriften steuerfreie Versorgungsbezüge (z.B. gemäß § 3 Nr. 50 EStG) auf den Erwerb angerechnet werden. Die konkrete Höhe des Versorgungsfreibetrags hängt von der Steuerklasse und etwaigen Altersgrenzen ab. Der Nachweis über das Vorliegen der anspruchsbegründenden Versorgung ist durch entsprechende Unterlagen (z.B. Rentenbescheid, beamtenrechtliche Unterlagen) zu führen.

Welche Nachweise sind für die Gewährung des Versorgungsfreibetrags erforderlich?

Für die Gewährung des Versorgungsfreibetrags verlangt das Finanzamt eine eingehende Dokumentation des Versorgungsanspruchs. Hierzu zählen insbesondere Urkunden über den Tod des Erblassers, Nachweise über das Ehe- bzw. Kindschaftsverhältnis (etwa Heirats- und Geburtsurkunden), Bescheide über die Zuerkennung von Witwen-/Witwerrenten oder Waisenrenten sowie detaillierte Informationen zur Art und Höhe der gewährten Versorgungsbezüge. Ist der Erwerber Beamter, sind etwaige Pensionsansprüche durch eine Bescheinigung der Versorgungsdienststelle nachzuweisen. Liegen Versorgungsbezüge aus unterschiedlichen Gründen vor (z.B. betriebliche und gesetzliche Versorgung), sind alle Unterlagen beizufügen. Das Finanzamt prüft die Anspruchsberechtigung sowie die Höhe des Freibetrags anhand dieser Nachweise.

Kann der Versorgungsfreibetrag gekürzt oder entfallen?

Ja, eine Kürzung oder ein Wegfall des Versorgungsfreibetrages kommt vor allem dann in Betracht, wenn der Erwerber bereits Versorgungsbezüge erhält, die nach anderen Vorschriften steuerfrei sind, oder wenn Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu berücksichtigen sind. Gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 ErbStG wird der Freibetrag um den Kapitalwert der gesetzlichen Rentenansprüche, sofern sie dem Erwerber aufgrund des Todes des Erblassers zustehen, gekürzt. Ebenso entfällt der Freibetrag, wenn ausschließlich nicht steuerbare oder außerhalb des Erbschaftsteuerrechts liegende Versorgungsbezüge bestehen. Die Anrechnung erfolgt nach einer speziellen Berechnungsformel zur Ermittlung des kapitalisierten Werts der laufenden Bezüge, wobei die Lebenserwartung sowie ein gesetzlicher Zinssatz berücksichtigt werden. Die Kürzung ist zwingend und erfolgt unabhängig vom tatsächlichen Zufluss der Versorgungsleistung.

Sind beim Versorgungsfreibetrag Altersgrenzen zu beachten?

Ja, das Erbschaftsteuerrecht sieht für Kinder spezifische Altersgrenzen vor, bis zu denen der Versorgungsfreibetrag beansprucht werden kann. Nach § 17 Abs. 2 ErbStG steht Kindern des Erblassers ein Versorgungsfreibetrag grundsätzlich nur bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres zu. Diese Regelung soll dem Zweck dienen, die Versorgung minderjähriger oder in Ausbildung befindlicher Kinder abzusichern. Nach Erreichen der Altersgrenze entfällt der Anspruch auf den Versorgungsfreibetrag und es bleibt allein der persönliche Freibetrag nach § 16 ErbStG. Für Ehegatten hingegen gibt es keine vergleichbare Altersgrenze; der Versorgungsfreibetrag steht ihnen ohne altersbezogene Einschränkung zu.

Wie wird der Kapitalwert der Versorgungsbezüge berechnet?

Die Berechnung des Kapitalwerts der Versorgungsbezüge erfolgt gemäß den Richtlinien des Bewertungsgesetzes (§§ 14, 15 BewG). Hierbei ist der jährlich zustehende Versorgungsbetrag zu ermitteln, wobei abweichende Zahlungsintervalle zu berücksichtigen sind. Der Kapitalwert wird unter Berücksichtigung des gesetzlichen Bewertungszinssatzes (aktuell 5,5 % pro Jahr) und der statistischen Lebenserwartung laut Anlage 9 zum BewG berechnet. Hierzu werden Barwertfaktoren herangezogen, die das Alter des Begünstigten und die voraussichtliche Bezugsdauer der Rente berücksichtigen. Die so berechnete Summe wird dann zur Kürzung des Versorgungsfreibetrags herangezogen. Sollte die Versorgung befristet sein, wird der Kapitalwert entsprechend verkürzt berechnet.

Ist der Versorgungsfreibetrag für nichteheliche Lebensgemeinschaften anwendbar?

Nein, im geltenden Erbschaftsteuerrecht ist der Versorgungsfreibetrag ausschließlich für Ehegatten, eingetragene Lebenspartner gemäß Lebenspartnerschaftsgesetz sowie leibliche Kinder und im Einzelfall Stief- oder Adoptivkinder vorgesehen. Bei Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft besteht kein Anspruch auf den Versorgungsfreibetrag, selbst wenn eine Versorgungslage vergleichbar der Ehe vorliegt. Gleiches gilt für entfernte Verwandte oder sonstige Begünstigte. Diese Ungleichbehandlung ist durch die steuerliche Privilegierung klassischer Familienstrukturen im deutschen Rechtssystem vorgegeben und wurde von der Rechtsprechung bislang bestätigt.

Kann der Versorgungsfreibetrag mehrfach beansprucht werden, etwa bei mehrfachem Ableben nacheinander?

Der Versorgungsfreibetrag ist personenbezogen und kann pro Erwerb von Todes wegen jeweils einmal beansprucht werden. Sofern beispielsweise ein Kind sowohl von Vater als auch Mutter binnen weniger Jahre erbt und jeweils einen Anspruch auf Versorgung hat, steht ihm für jeden Erbfall ein (ggf. gekürzter) Versorgungsfreibetrag zu. Allerdings wird im jeweiligen Erbfall nur dann ein Freibetrag gewährt, wenn die rechtlichen Voraussetzungen vorliegen und ausreichende Nachweise erbracht werden. Eine „Anhäufung“ von Versorgungsfreibeträgen innerhalb eines einzelnen Erbvorgangs ist nicht möglich. Für jedes mutmaßliche Ereignis ist eine Einzelprüfung durchzuführen.