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Versorgungsfreibetrag

Versorgungsfreibetrag: Bedeutung, Zweck und Einordnung

Der Versorgungsfreibetrag ist ein steuerlicher Vergünstigungstatbestand, der in zwei unterschiedlichen Bereichen des Steuerrechts vorkommt: bei laufenden Versorgungsbezügen im Einkommensteuerrecht und beim Erwerb von Todes wegen im Erbschaftsteuerrecht. In beiden Fällen dient er dazu, Versorgungsleistungen, die typischerweise der Absicherung des Lebensunterhalts dienen, steuerlich zu begünstigen. Seine Voraussetzungen, die Bemessung und die Rechtsfolgen unterscheiden sich je nach Anwendungsbereich deutlich.

Versorgungsfreibetrag im Einkommensteuerrecht

Welche Bezüge gelten als Versorgungsbezüge?

Als Versorgungsbezüge gelten laufende Leistungen, die aus Anlass des früheren Dienst- oder Arbeitsverhältnisses gezahlt werden und eine Versorgungsfunktion haben. Dazu zählen insbesondere Ruhegehälter für Beamtinnen und Beamte, Richterinnen und Richter sowie Soldatinnen und Soldaten. Erfasst sind regelmäßig auch betriebliche Versorgungsleistungen (Werkspensionen) aus früheren Arbeitsverhältnissen. Nicht zu den Versorgungsbezügen gehören Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung; diese unterliegen einem gesonderten Besteuerungssystem.

Systematik des Freibetrags

Der Versorgungsfreibetrag mindert den steuerpflichtigen Anteil der Versorgungsbezüge. Er besteht aus einem prozentualen Anteil der in einem Kalenderjahr zufließenden Versorgungsbezüge, der durch einen Höchstbetrag begrenzt ist. Maßgeblich ist stets das Jahr, in dem die betreffende Person erstmals Versorgungsbezüge erhält. Der für dieses Erstbezugsjahr geltende Prozentsatz und Höchstbetrag werden dauerhaft festgeschrieben.

Für spätere Erstbezugsjahre sind Prozent- und Höchstbeträge gesetzlich abgestuft und sinken schrittweise. Ziel ist eine über die Zeit abnehmende steuerliche Begünstigung neu hinzutretender Versorgungsempfängerinnen und -empfänger. Für bereits laufende Versorgungen bleibt der im Erstjahr festgestellte Freibetrag in Euro unverändert.

Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag

Neben dem eigentlichen Versorgungsfreibetrag wird ein zusätzlicher fester Zuschlag gewährt. Auch dieser Zuschlag ist vom Erstbezugsjahr abhängig, mit einem gesetzlich bestimmten Höchstbetrag gedeckelt und wird nach seiner erstmaligen Feststellung dauerhaft in gleicher Höhe berücksichtigt. Für spätere Erstbezugsjahre sinkt der Zuschlag schrittweise.

Bindung an das Erstbezugsjahr und lebenslange Festschreibung

Der jährlich zu berücksichtigende Euro-Betrag aus Versorgungsfreibetrag und Zuschlag wird aus den Werten des ersten Bezugsjahres ermittelt und gilt grundsätzlich dauerhaft fort. Er ändert sich nicht bei späteren Anpassungen, Erhöhungen oder Kürzungen der Versorgung. Wird die Versorgung innerhalb eines Jahres erstmals bezogen, erfolgt die Lohnsteuerberücksichtigung zeitanteilig; ab dem Folgejahr wird der volle Jahresbetrag angesetzt.

Abgrenzung zu Renten und anderen Freibeträgen

Der Versorgungsfreibetrag für Versorgungsbezüge ist von anderen steuerlichen Entlastungsmechanismen zu unterscheiden. Insbesondere gilt er nicht für Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die einem eigenen Besteuerungssystem mit einem vom Rentenbeginn abhängigen steuerpflichtigen Anteil unterliegen. Ebenfalls getrennt zu betrachten sind der Grundfreibetrag zur Sicherung des Existenzminimums sowie sonstige Pausch- und Freibeträge, die unabhängig von Versorgungsbezügen wirken.

Versorgungsfreibetrag im Erbschaftsteuerrecht

Begünstigter Personenkreis

Der erbschaftsteuerliche Versorgungsfreibetrag begünstigt bestimmte Hinterbliebene, die typischerweise einen Unterhalts- oder Versorgungsbedarf haben. Begünstigt sind der überlebende Ehegatte beziehungsweise die eingetragene Lebenspartnerin oder der eingetragene Lebenspartner sowie Kinder der oder des Verstorbenen bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres. Für andere Erbinnen und Erben wird dieser Freibetrag nicht gewährt.

Höhe des Freibetrags

Die Höhe richtet sich nach dem Verwandtschaftsverhältnis und – bei Kindern – nach dem Alter zum Zeitpunkt des Erbfalls:

  • Ehegatte bzw. eingetragene Lebenspartnerin / eingetragener Lebenspartner: 256.000 Euro
  • Kinder je nach Alter:
    • bis 5 Jahre: 52.000 Euro
    • über 5 bis 10 Jahre: 41.000 Euro
    • über 10 bis 15 Jahre: 30.700 Euro
    • über 15 bis 20 Jahre: 20.500 Euro
    • über 20 bis 27 Jahre: 10.300 Euro

Der Versorgungsfreibetrag kommt zusätzlich zu den persönlichen Freibeträgen zur Anwendung, die nach dem persönlichen Verhältnis zur oder zum Verstorbenen bemessen sind.

Anrechnung von Hinterbliebenenleistungen

Der erbschaftsteuerliche Versorgungsfreibetrag wird um den Kapitalwert von Hinterbliebenenrenten und vergleichbaren Ansprüchen gemindert, die aufgrund des Todesfalls aus öffentlichen Versorgungssystemen zufließen (zum Beispiel Witwen-, Witwer- oder Waisenrenten). Ziel ist, eine doppelte Begünstigung für denselben Versorgungszweck zu vermeiden. Die Minderung betrifft regelmäßig nur die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Todesfall stehenden, laufenden Hinterbliebenenleistungen.

Verhältnis zu persönlichen Freibeträgen und Steuerklassen

Der Versorgungsfreibetrag ist neben den persönlichen Freibeträgen zu berücksichtigen. Er mindert die erbschaftsteuerliche Bemessungsgrundlage zusätzlich und unabhängig von der Steuerklasse. Er entfaltet seine Wirkung nur im Erbfall; bei späteren Änderungen der Vermögenszusammensetzung oder bei Schenkungen findet er keine Anwendung.

Abgrenzung zur Schenkungsteuer

Der erbschaftsteuerliche Versorgungsfreibetrag wird ausschließlich bei Erwerb von Todes wegen gewährt. Bei unentgeltlichen Zuwendungen unter Lebenden (Schenkungen) ist er nicht anwendbar. Hier kommen ausschließlich die persönlichen Freibeträge und die allgemeinen schenkungsteuerlichen Regelungen zum Tragen.

Verfahrens- und Praxisaspekte

Berücksichtigung durch die Verwaltung

Im Einkommensteuerbereich wird der Versorgungsfreibetrag in der Regel bereits im Lohnsteuerabzug durch die auszahlende Stelle berücksichtigt, wenn die maßgeblichen Daten zum Erstbezugsjahr vorliegen. Im Erbschaftsteuerverfahren berücksichtigt die Finanzverwaltung den Versorgungsfreibetrag im Rahmen der steuerlichen Festsetzung zum Erbfall, sofern die Voraussetzungen gegeben und die relevanten Nachweise vorhanden sind.

Nachweise und Feststellung

Für die zutreffende Anwendung sind Angaben zum Beginn des Versorgungsbezugs, zur Art der Leistung und zur Höhe der Zahlungen erforderlich. Im Erbschaftsteuerfall sind für die Minderung um Hinterbliebenenleistungen Angaben zu Art, Beginn und Höhe der laufenden Ansprüche maßgeblich. Der jeweils festgestellte Jahresbetrag (Einkommensteuer) beziehungsweise der anwendbare Freibetrag (Erbschaftsteuer) wird in der Steuerfestsetzung dokumentiert.

Wechselwirkungen und typische Irrtümer

  • Der Versorgungsfreibetrag für Versorgungsbezüge ist nicht identisch mit dem Rentenfreibetrag; beide beruhen auf unterschiedlichen Systematiken.
  • Der erbschaftsteuerliche Versorgungsfreibetrag steht nur einem eng umgrenzten Personenkreis zu und ist altersabhängig, soweit es Kinder betrifft.
  • Eine doppelte Begünstigung im Erbschaftsteuerrecht wird durch die Anrechnung von Hinterbliebenenrenten vermieden.
  • Im Einkommensteuerrecht bleibt der einmal ermittelte Jahresbetrag des Versorgungsfreibetrags und des Zuschlags grundsätzlich konstant und ändert sich nicht durch spätere Anpassungen der Versorgungsleistungen.

Häufig gestellte Fragen

Wer kann den Versorgungsfreibetrag erhalten?

Im Einkommensteuerrecht erhalten Personen mit Versorgungsbezügen aus einem früheren Dienst- oder Arbeitsverhältnis den Versorgungsfreibetrag. Im Erbschaftsteuerrecht erhalten ihn der überlebende Ehegatte oder die eingetragene Lebenspartnerin beziehungsweise der eingetragene Lebenspartner sowie Kinder bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres.

Gilt der Versorgungsfreibetrag auch für gesetzliche Renten?

Nein. Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung fallen nicht unter den Versorgungsfreibetrag für Versorgungsbezüge. Sie werden nach einem eigenen System mit einem vom Rentenbeginn abhängigen steuerpflichtigen Anteil erfasst.

Wie wird der Versorgungsfreibetrag im Einkommensteuerrecht bemessen?

Er besteht aus einem prozentualen Anteil der jährlichen Versorgungsbezüge, begrenzt durch einen Höchstbetrag, sowie einem zusätzlichen Zuschlag. Maßgeblich ist das Jahr des erstmaligen Bezugs; die daraus abgeleiteten Euro-Beträge gelten für die Folgejahre fort. Für spätere Erstbezugsjahre sind die Prozentsätze und Höchstbeträge abgestuft niedriger.

Wie hoch ist der Versorgungsfreibetrag im Erbschaftsteuerrecht?

Für den überlebenden Ehegatten oder die eingetragene Lebenspartnerin bzw. den eingetragenen Lebenspartner beträgt er 256.000 Euro. Für Kinder richtet er sich nach dem Alter zum Zeitpunkt des Erbfalls und beträgt gestaffelt 52.000 Euro (bis 5 Jahre), 41.000 Euro (über 5 bis 10 Jahre), 30.700 Euro (über 10 bis 15 Jahre), 20.500 Euro (über 15 bis 20 Jahre) und 10.300 Euro (über 20 bis 27 Jahre).

Wird der erbschaftsteuerliche Versorgungsfreibetrag durch Hinterbliebenenrenten gemindert?

Ja. Er wird um den Kapitalwert von Hinterbliebenenrenten und vergleichbaren Ansprüchen gemindert, die aufgrund des Todesfalls aus öffentlichen Versorgungssystemen zustehen. Dadurch soll eine doppelte steuerliche Begünstigung für denselben Versorgungszweck vermieden werden.

Gibt es den Versorgungsfreibetrag auch bei Schenkungen unter Lebenden?

Nein. Der erbschaftsteuerliche Versorgungsfreibetrag ist ausschließlich für den Erwerb von Todes wegen vorgesehen. Bei Schenkungen gelten ausschließlich die allgemeinen schenkungsteuerlichen Regeln und persönlichen Freibeträge.