Begriff und Systematik der Versicherungsteuer
Die Versicherungsteuer ist eine indirekte Steuer auf Entgelte aus Versicherungsverträgen. Sie knüpft rechtlich an den Abschluss und die Durchführung von Versicherungen an und wird typischerweise vom Versicherer abgeführt. Wirtschaftlich wird sie in der Regel über den Versicherungsbeitrag auf die Versicherungsnehmenden überwälzt. Sie dient nicht der Entlohnung einer konkreten Verwaltungsleistung, sondern ist eine Abgabe mit Finanzierungsfunktion.
Die Versicherungsteuer steht systematisch neben der Umsatzsteuer. Viele Versicherungsumsätze sind nicht der Umsatzsteuer unterworfen; die Besteuerung der Versicherungsentgelte erfolgt stattdessen über die Versicherungsteuer. Der Gesetz- und Verordnungsgeber ordnet die Steuer administrativ dem Bund zu, die Erhebung erfolgt zentral.
Steuergegenstand und Anwendungsbereich
Erfasste Versicherungsverhältnisse
Steuerbar sind grundsätzlich Entgelte, die für die Übernahme eines Risikos durch einen Versicherer gezahlt werden. Dazu zählen insbesondere Sach-, Haftpflicht-, Unfall-, Rechtsschutz-, Kredit- und Kautionsversicherungen sowie sonstige Nichtlebensversicherungen. Erfasst werden sowohl Einzelverträge als auch Rahmen- und Gruppenverträge.
Typische Ausnahmen
Bestimmte Versicherungszweige sind von der Versicherungsteuer regelmäßig ausgenommen. Hierzu zählen in der Regel die Lebensversicherung, Teile der Krankenversicherung, die Rückversicherung sowie einzelne Transport- und Seeversicherungen mit internationalem Bezug. Daneben bestehen branchenspezifische Ausnahmen, etwa wenn übergeordnete Gründe des Sozial- oder Verbraucherschutzes vorliegen. Ob eine Ausnahme greift, hängt von Art, Zweck und Ausgestaltung des Vertrags ab.
Grenzüberschreitende Sachverhalte und Ort der Risikoübernahme
Bei grenzüberschreitenden Versicherungen richtet sich die Zuständigkeit für die Besteuerung nach dem Ort des Risikos. Maßgeblich sind objektive Anknüpfungspunkte:
- Bei unbeweglichen Sachen: deren Belegenheit.
- Bei Fahrzeugen: der Staat der Zulassung oder Nutzung.
- Bei Reise- und kurzfristigen Risiken: der Ort des Wohnsitzes bzw. der Niederlassung der versicherten Person oder der Schwerpunkt des Risikos.
- Bei sonstigen Risiken: gewöhnlicher Aufenthalt natürlicher Personen oder die Betriebsstätte, der der Vertrag zuzuordnen ist.
Liegt der Ort des Risikos im Inland, unterfallen die Prämien regelmäßig der inländischen Versicherungsteuer, auch wenn der Versicherer im Ausland ansässig ist.
Steuerentstehung, Bemessungsgrundlage und Steuersätze
Steuerentstehung
Die Steuer entsteht grundsätzlich mit dem Entgelt für die Versicherungsleistung. Maßgeblich ist, wann der Anspruch auf die Prämie entsteht oder die Prämie vereinnahmt wird. Bei Vertragsänderungen, Nachträgen, Stornierungen und Erstattungen sind entsprechende Korrekturen vorzunehmen, die die ursprüngliche Entstehung berücksichtigen.
Bemessungsgrundlage
Bemessungsgrundlage ist regelmäßig das gesamte Versicherungsentgelt, das der Versicherungsnehmende für den Versicherungsschutz aufwendet. Hierzu gehören neben der reinen Risikoprämie auch Zuschläge, Kostenanteile und sonstige Entgelte, die im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Versicherungsvertrag stehen. Nicht einzubeziehen sind eigenständige Entgelte, die keinen Versicherungscharakter haben und nicht vom Versicherer als Teil der Prämie vereinnahmt werden.
Steuersätze und Sonderabgaben
Es gilt ein allgemeiner Steuersatz für die meisten Nichtlebensversicherungen. Abweichende Sätze oder Befreiungen bestehen für bestimmte Sparten. Daneben kann bei einzelnen Feuergefahren eine eigenständige, neben der Versicherungsteuer stehende Abgabe anfallen, die getrennt zu behandeln ist. Die konkrete Höhe hängt von der Versicherungsart und der Ausgestaltung des Vertrags ab.
Steuerschuldnerschaft, Traglast und Erhebung
Wer schuldet die Steuer?
Steuerschuldner ist regelmäßig der Versicherer, der die Prämie vereinnahmt. Der Versicherungsnehmende trägt die wirtschaftliche Last, weil die Steuer im Beitrag eingepreist wird. In besonderen Konstellationen, etwa bei im Ausland ansässigen Versicherern mit inländischem Risiko, bestehen Registrierungspflichten und Abführungspflichten im Inland.
Erhebung, Anmeldung und Aufzeichnungspflichten
Die Erhebung erfolgt im Selbstveranlagungsverfahren durch den Versicherer gegenüber der zuständigen Bundesbehörde. Üblich sind periodische Steueranmeldungen und Zahlungen, ergänzt um Jahreserklärungen und Nachweise. Es bestehen Anforderungen an die Aufzeichnung der steuerrelevanten Vorgänge, einschließlich Prämien, Vertragsdaten, Steuerbefreiungen und Korrekturen.
Intermediäre und Nebenentgelte
Vermittler und Makler sind nicht Steuerschuldner der Versicherungsteuer. Provisionen und Courtagen, die im Namen und für Rechnung des Versicherers Teil der Prämienkalkulation sind, können die Bemessungsgrundlage beeinflussen. Eigenständige Serviceentgelte von Intermediären sind abzugrenzen, soweit sie nicht als Teil der Versicherungsprämie gelten.
Vertragsformen und besondere Konstellationen
Gruppenversicherungen
Bei Gruppenverträgen ist maßgeblich, ob der Gruppenvertrag die versicherten Personen individuell einbezieht und wer die Prämien wirtschaftlich trägt. Der Ort des Risikos bestimmt sich für jede versicherte Person oder Einheit gesondert, wenn die Risiken unterschiedlichen Staaten zuzuordnen sind.
Mitversicherung und Rückversicherung
Teilen sich mehrere Versicherer ein Risiko (Mitversicherung), ist die Steuer grundsätzlich anteilig nach den Beteiligungsquoten zu erheben. Rückversicherung dient der Rückdeckung von Erstversicherern und ist typischerweise nicht steuerbar, da kein direkter Versicherungsschutz gegenüber Versicherungsnehmenden besteht.
Zusatz- und Reiseversicherungen
Ergänzende Versicherungen, die an den Erwerb anderer Waren oder Dienstleistungen gekoppelt sind (z. B. Garantieverlängerungen oder Reisegepäckschutz), unterliegen der Versicherungsteuer, sofern sie Versicherungsschutz gewähren. Kurzfristige Reiseversicherungen folgen besonderen Orts- und Zuordnungsregeln und können bei internationalem Bezug zu abweichenden Ergebnissen führen.
Verhältnis zu anderen Abgaben
Die Versicherungsteuer ist von der Umsatzsteuer abzugrenzen; die Prämien unterliegen regelmäßig nicht der Umsatzsteuer. Daneben existieren ergänzende Abgaben, die an bestimmte Versicherungszweige anknüpfen, etwa feuerbezogene Abgaben. Ebenfalls abzugrenzen sind staatliche Gebühren, die keine Steuer darstellen, sondern eine konkrete Gegenleistung für eine hoheitliche Tätigkeit.
Rechtsfolgen bei Verstößen
Bei Verstößen gegen Anmelde-, Aufzeichnungs- oder Zahlungspflichten können Zuschläge, Zinsen und Sanktionen anfallen. Korrekturen sind in den gesetzlich vorgegebenen Fristen und Formen vorzunehmen. Die Durchsetzung erfolgt durch die zuständige Bundesbehörde, die über Prüfungs- und Schätzungsbefugnisse verfügt.
Historische Entwicklung und Systemeinordnung
Die Versicherungsteuer hat sich als besonderes Steuerregime für Versicherungsentgelte entwickelt, um den strukturellen Besonderheiten der Versicherungswirtschaft Rechnung zu tragen. Sie ist Teil der Verbrauch- und Verkehrssteuern und fügt sich in eine europäisch geprägte Systematik ein, nach der der Ort des Risikos für die territoriale Zuständigkeit maßgeblich ist. Nationale Besonderheiten betreffen vor allem Steuerbefreiungen, abweichende Steuersätze und Verfahrensregeln.
Häufig gestellte Fragen
Was ist die Versicherungsteuer und wie unterscheidet sie sich von der Umsatzsteuer?
Die Versicherungsteuer ist eine indirekte Steuer auf Versicherungsentgelte. Im Gegensatz zur Umsatzsteuer erfasst sie speziell Prämien für Versicherungsschutz, während viele Versicherungsleistungen nicht der Umsatzsteuer unterliegen. Die Versicherungsteuer ersetzt insoweit die Umsatzbesteuerung der Prämien.
Wer schuldet die Versicherungsteuer und wer trägt sie wirtschaftlich?
Steuerschuldner ist in der Regel der Versicherer, der die Prämie vereinnahmt und die Steuer an die zuständige Bundesbehörde abführt. Die wirtschaftliche Last liegt üblicherweise beim Versicherungsnehmenden, da die Steuer in den Beitrag einkalkuliert ist.
Auf welche Versicherungen fällt keine Versicherungsteuer an?
Typischerweise ausgenommen sind Lebensversicherungen, Teile der Krankenversicherung, Rückversicherungen sowie bestimmte internationale Transport- und Seeversicherungen. Ob eine Ausnahme greift, richtet sich nach der konkreten Vertragsgestaltung und dem versicherten Risiko.
Wie wird der Ort der Besteuerung bei grenzüberschreitenden Verträgen bestimmt?
Der Ort der Besteuerung richtet sich nach dem Ort des Risikos. Bei Immobilien ist dies die Belegenheit, bei Fahrzeugen der Zulassungsstaat, bei kurzzeitigen Reise-Risiken der Wohnsitz bzw. die relevante Niederlassung, bei sonstigen Risiken der gewöhnliche Aufenthalt oder die zugeordnete Betriebsstätte der Versicherungsnehmenden.
Was gehört zur Bemessungsgrundlage der Versicherungsteuer?
Zur Bemessungsgrundlage zählt das gesamte Versicherungsentgelt für den gewährten Schutz, einschließlich Zuschlägen und Kostenanteilen, die unmittelbar mit dem Vertrag zusammenhängen. Eigenständige Entgelte ohne Versicherungscharakter sind abzugrenzen.
Wann entsteht die Versicherungsteuer?
Die Steuer entsteht grundsätzlich mit Fälligkeit oder Vereinnahmung der Prämie. Änderungen, Erstattungen oder Stornierungen führen zu entsprechenden Berichtigungen der Steuer.
Welche Rolle spielen Vermittler, Makler und Vergleichsplattformen?
Intermediäre sind nicht Steuerschuldner der Versicherungsteuer. Provisionen, die Teil der Prämienkalkulation des Versicherers sind, können die Bemessungsgrundlage beeinflussen. Eigenständige Serviceentgelte von Intermediären sind hiervon zu unterscheiden.
Wie werden Korrekturen bei Vertragsänderungen behandelt?
Nachträge, Risikoänderungen, Rückkäufe oder Stornierungen führen zu einer Anpassung der steuerlichen Erfassung. Korrekturen erfolgen innerhalb der maßgeblichen Fristen und nach den verfahrensrechtlichen Vorgaben gegenüber der zuständigen Behörde.