Definition und Rechtsgrundlagen der Versicherungsteuer
Die Versicherungsteuer ist eine besondere Verbrauchsteuer, die auf den Abschluss und das Bestehen von Versicherungsverträgen im Bundesgebiet erhoben wird. Sie zählt in Deutschland zu den sogenannten indirekten Steuern und stellt einen wichtigen Bestandteil des deutschen Steuerrechts dar. Rechtsgrundlage der Versicherungsteuer bildet das Versicherungsteuergesetz (VersStG) in der jeweils geltenden Fassung.
Gesetzliche Regelungen
Das Versicherungsteuergesetz regelt die Entstehung, Erhebung, Bemessungsgrundlage und Fälligkeit der Versicherungsteuer. Ergänzende Ausführungsbestimmungen finden sich in der Versicherungsteuer-Durchführungsverordnung (VersStDV). Die Verwaltung und Erhebung der Versicherungsteuer obliegt dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt).
Steuergegenstand und Steuerpflicht
Steuerpflichtige Tatbestände
Gegenstand der Versicherungsteuer sind grundsätzlich alle Versicherungsverhältnisse, bei denen sich das versicherte Risiko im Inland befindet (§ 1 Abs. 2 VersStG). Dazu zählt insbesondere der Abschluss von Versicherungsverträgen durch Versicherungsnehmer mit Wohnsitz oder Sitz im Bundesgebiet. Die Steuerpflicht entsteht auch dann, wenn die versichernde Gesellschaft ihren Sitz im Ausland hat, das Risiko jedoch im Inland belegen ist.
Steuerbare Vorgänge
Die Versicherungsteuer fällt sowohl bei Abschluss einer Versicherung als auch bei jeder Beitragserhebung an. Besteuert werden insbesondere die folgenden Versicherungssparten, sofern keine gesetzlichen Ausnahmen vorliegen:
- Sachversicherungen (z.B. Hausrat-, Gebäudeversicherung)
- Haftpflichtversicherungen
- Unfall- und Kfz-Versicherungen
- Rückversicherungen (eingeschränkt)
Lebens-, Kranken- und Arbeitslosenversicherungen sowie bestimmte Transport- und Rückversicherungen sind steuerfrei (§ 4 VersStG).
Steuerpflichtiger Personenkreis
Steuerschuldner ist in der Regel das Versicherungsunternehmen, das die Versicherung gewährt (§ 7 VersStG). In einigen Fällen, etwa bei ausländischen Versicherern ohne Sitz im Inland, kann auch der Versicherungsnehmer unmittelbar als Schuldner herangezogen werden.
Bemessungsgrundlage und Steuersatz
Bemessungsgrundlage
Die Bemessungsgrundlage bildet der Versicherungsbeitrag (Prämie) einschließlich aller Nebenleistungen, Gebühren und Zuschläge, die im Zusammenhang mit dem Versicherungsvertrag stehen (§ 5 VersStG). Rabatte und Skonti können den steuerpflichtigen Betrag mindern.
Steuersätze
Der allgemeine Steuersatz beträgt nach § 6 Abs. 1 VersStG 19 % der Beitragszahlung. Für bestimmte Risikogruppen, insbesondere Feuerversicherungen im Agrarbereich, gelten abweichende Steuersätze (z.B. 0,3 %).
Ausnahmen und Steuerbefreiungen
Das Versicherungsteuergesetz enthält zahlreiche Ausnahmen und Steuerbefreiungen (§ 4 VersStG), unter anderem für:
- Lebensversicherungen
- Kranken- und Pflegeversicherungen
- Arbeitslosenversicherungen
- bestimmte Transport- und Rückversicherungsverhältnisse
- Seeschiffs- und Luftfahrtversicherungen
Diese Ausnahmen entsprechen teilweise unionsrechtlichen Vorgaben, etwa aufgrund der Mehrwertsteuersystemrichtlinie der EU, und sollen Doppelbesteuerungen sowie wettbewerbsrechtliche Benachteiligungen vermeiden.
Erhebung, Fälligkeit und Abführung der Steuer
Anmeldung und Abführung
Versicherungsunternehmen sind verpflichtet, die Versicherungsteuer in einer Steueranmeldung (in der Regel monatlich oder vierteljährlich) selbst zu berechnen und an das BZSt abzuführen (§§ 8, 9 VersStG). Die Anmeldung hat spätestens zum 15. Tag nach Ablauf des Anmeldezeitraums zu erfolgen.
Haftung und Ordnungswidrigkeiten
Bei verspäteter oder fehlerhafter Abführung der Versicherungsteuer können Haftungstatbestände gegenüber Versicherern und in besonderen Fällen gegenüber Versicherungsnehmern greifen. Verstöße stellen zudem Ordnungswidrigkeiten dar, die mit Bußgeldern geahndet werden können (§ 18 VersStG).
Versicherungsteuer und internationales Steuerrecht
Versicherungsteuer bei grenzüberschreitenden Versicherungen
Das deutsche Versicherungsteuergesetz berücksichtigt auch Versicherungen, bei denen entweder das Versicherungsunternehmen oder der Versicherungsnehmer im Ausland ansässig ist, das Risiko aber im Inland belegen ist. Für solche Konstellationen regelt § 1 Abs. 2 VersStG die inländische Steuerpflicht. Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) enthalten in der Regel keine speziellen Regelungen zur Versicherungsteuer, sodass jeweils das nationale Recht Anwendung findet.
Europarechtliche Aspekte
Bestimmte Steuerbefreiungen und -ausnahmen leiten sich aus Vorschriften des europäischen Binnenmarktes ab. Die Europäische Kommission überwacht die Erhebung der Versicherungsteuer auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundfreiheiten nach dem AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union), insbesondere hinsichtlich der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs.
Bedeutung der Versicherungsteuer für die öffentliche Hand
Die Versicherungsteuer stellt eine beachtliche Einnahmequelle für den Bundeshaushalt dar. Ihr Aufkommen fließt ausschließlich dem Bund und nicht den Ländern oder Gemeinden zu. Das jährliche Steueraufkommen beläuft sich auf mehrere Milliarden Euro und wird regelmäßig im Finanzbericht der Bundesregierung ausgewiesen.
Abgrenzung zu anderen Steuern
Unterschied zur Umsatzsteuer
Die Versicherungsteuer ist von der Umsatzsteuer zu unterscheiden. Versicherungsprämien sind nach § 4 Nr. 10 UStG explizit von der Umsatzsteuer befreit, sodass allein die Versicherungsteuer im Zusammenhang mit Versicherungsleistungen anfällt.
Unterschied zu anderen Verkehrssteuern
Im Gegensatz zu anderen Verkehrssteuern, wie z.B. der Kraftfahrzeugsteuer, besteuert die Versicherungsteuer nicht die Nutzung oder den Besitz eines Gegenstandes, sondern das Bestehen eines Versicherungsverhältnisses.
Reformen und aktuelle Entwicklungen
Das Versicherungsteuerrecht unterliegt fortlaufenden Anpassungen, unter anderem aufgrund geänderter europarechtlicher Vorgaben oder mit Blick auf die Entwicklung des Versicherungsmarktes (z. B. elektronische Verträge, internationale Versicherungsmodelle). Die Bemessung und Strukturierung der Steuerbefreiungen sowie die Kontrolle von ausländischen Versicherern stehen regelmäßig auf der politischen Agenda.
Literatur und weiterführende Quellen
- Versicherungsteuergesetz (VersStG)
- Versicherungsteuer-Durchführungsverordnung (VersStDV)
- Offizielle Informationen beim Bundeszentralamt für Steuern
- Bundesministerium der Finanzen: Finanzstatistik
- Kommentare und Monographien zum deutschen Steuerrecht
Dieser Beitrag bietet eine umfassende rechtliche Übersicht zur Versicherungsteuer, deren Rechtsgrundlagen, Anwendungsbereich, Steuerbefreiungen, Verwaltung sowie zu aktuellen Entwicklungen im Steuerrecht der Versicherungen.
Häufig gestellte Fragen
Wer ist im rechtlichen Sinne Steuerschuldner der Versicherungsteuer?
Im rechtlichen Kontext ergibt sich der Steuerschuldner der Versicherungsteuer aus § 7 Absatz 1 Versicherungssteuergesetz (VersStG). Demnach ist grundsätzlich der Versicherungsnehmer Steuerschuldner, d. h., die Person, die mit dem Versicherungsunternehmen den Versicherungsvertrag abschließt. Allerdings bestimmt das Gesetz in § 7 Absatz 2 VersStG zusätzlich, dass das Versicherungsunternehmen die Steuer als Entrichtungsschuldner zu übernehmen hat, sofern es im Inland steuerpflichtige Versicherungsleistungen anbietet. Das bedeutet, das Versicherungsunternehmen ist verpflichtet, die Versicherungsteuer im eigenen Namen abzuführen, auch wenn es sich rechtlich um eine Steuerschuld des Versicherungsnehmers handelt. Eine Ausnahme besteht z. B. bei Versicherungsschutz, der im Ausland bezogen und im Inland nicht steuerbar ist. In solchen Fällen kann die Steuerschuld weiterhin beim Versicherungsnehmer verbleiben. Bei bestimmten internationalen Versicherungsfällen kann sich die Steuerschuld auch auf andere Personen transferieren, insbesondere wenn kein inländischer Versicherer beteiligt ist. Die genaue Zuordnung ist zwingend anhand der versicherungssteuerrechtlichen Vorschriften vorzunehmen.
Wie wird der steuerbare Ort bei grenzüberschreitenden Versicherungen bestimmt?
Der steuerbare Ort, also das Land, in dem eine Versicherungsteuerpflicht besteht, richtet sich nach § 1 Absatz 2 und 2a VersStG i. V. m. den europäischen unionsrechtlichen Regelungen (insbes. der Richtlinie 2009/138/EG – Solvency II). Der maßgebliche Anknüpfungspunkt ist der Sitz des versicherten Risikos: Dies kann der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt des Versicherungsnehmers sein, bei Immobilien das Belegenheitsprinzip (wo das Objekt liegt) oder bei Fahrzeugen das Land der Zulassung. Hat eine natürliche Person ihren Wohnsitz im Inland und schließt eine Versicherung im Ausland ab, so unterliegt der Vertrag trotzdem der deutschen Versicherungsteuerpflicht. Für juristische Personen ist – außer bei Immobilien oder Fahrzeugen – der Sitz der Niederlassung ausschlaggebend, die durch den Vertrag abgesichert wird. Für den exklusiven grenzüberschreitenden Fall sieht das Gesetz spezielle Bestimmungen vor, um Kollisionen und Doppelbesteuerungen zu vermeiden, wodurch eine klare steuerliche Zuordnung gewährleistet ist.
Welche Versicherungsarten sind von der Versicherungsteuer ausgenommen?
§ 4 Versicherungssteuergesetz regelt umfassende Steuerbefreiungen. Rechtsdogmatisch ergibt sich daraus, dass bestimmte Versicherungsarten aufgrund ihrer besonderen sozialpolitischen, staatlichen oder gemeinnützigen Funktionen nicht der Versicherungsteuer unterliegen. Zu den wichtigsten Ausnahmen zählen in erster Linie die Sozialversicherungen (z. B. gesetzliche Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung), die selbst nach versicherungsrechtlicher Dogmatik als nicht-steuerbar gelten. Ebenfalls ausgenommen sind bestimmte Lebensversicherungen, die in Verbindung mit der betrieblichen Altersversorgung stehen, sowie Rückversicherungsverträge, soweit sie ausschließlich der Rückdeckung von Erstversicherungsunternehmen dienen. Steuerfrei sind auch Versicherungen auf gesetzlicher Grundlage (zum Beispiel Jagdhaftpflicht, soweit sie gesetzlich vorgeschrieben ist) und einige spezielle Bereiche, wie Seetransportversicherungen unter bestimmten Voraussetzungen. Die genauen Befreiungstatbestände sind eng auszulegen und unterliegen einem strikten Nachweis- sowie Dokumentationsregime.
Wann entsteht die Versicherungsteuer rechtlich und wie ist der Fälligkeitszeitpunkt geregelt?
Im deutschen Versicherungssteuerrecht entsteht die Steuer grundsätzlich mit dem Inkrafttreten des Versicherungsvertrages bzw. mit dem Beginn des versicherten Risikos gemäß § 8 Abs. 1 VersStG. Abweichend hiervon gibt es für bestimmte Vertragstypen oder gestundete Risiken Sonderregelungen. Der Fälligkeitszeitpunkt orientiert sich dabei an § 9 VersStG; die Abführung der Steuer durch das Versicherungsunternehmen an das Bundeszentralamt für Steuern ist innerhalb von 15 Tagen nach Ablauf eines jeden Anmeldezeitraums vorgeschrieben. In der Regel entspricht der Anmeldezeitraum einem Kalendermonat, kann aber auf Antrag auch vierteljährlich festgelegt werden. Für die konkrete Steueranmeldung und Entrichtung gilt das Selbstveranlagungsprinzip. Steuerpflichtige Fehler bei der Fristwahrung führen zu Säumniszuschlägen und ggf. zur Einleitung von steuerlichen Ordnungswidrigkeitsverfahren.
Welche Mitteilungspflichten treffen die Versicherungsunternehmen im Rahmen der Versicherungsteuer?
Nach § 12 VersStG sind Versicherungsunternehmen verpflichtet, dem Bundeszentralamt für Steuern umfangreiche Angaben zu allen steuerbaren und steuerpflichtigen Versicherungsverhältnissen zu machen. Dies umfasst insbesondere die Vertragspartner, Beginn und Ende des Versicherungsverhältnisses, das versicherte Risiko, die Beitragshöhe sowie etwaige Änderungen oder Stornierungen des Vertrags. Weiterhin sind sie nach § 10 VersStG dazu verpflichtet, monatlich oder vierteljährlich Steueranmeldungen abzugeben, in denen die Steuerberechnung detailliert aufgeführt sein muss. Die Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten betragen dabei regelmäßig zehn Jahre, § 147 AO analog. Änderungen der Unternehmenseigenschaft, Fusionen oder Übertragungen von Vertragsbeständen sind ebenfalls dem Bundeszentralamt für Steuern anzeigepflichtig.
Wie beeinflusst eine Vertragsänderung oder -aufhebung die bereits gezahlte Versicherungsteuer?
Jede Änderung des Versicherungsvertrags, etwa durch Beitragserstattung, Prämiensanpassung, Sonderkündigung oder Aufhebung des Vertrags, hat nach § 8 Abs. 2 VersStG unmittelbare Konsequenzen für die bereits abgeführte Versicherungsteuer. Bei anteiliger Rückgewähr der Versicherungsprämie (z. B. bei vorzeitiger Vertragsbeendigung) kann der Versicherer eine Erstattung der zu viel gezahlten Steuer beantragen. Die Anpassung geschieht im Rahmen der nächsten Steueranmeldung. Ist der Versicherungsfall bereits eingetreten und stellt sich eine fehlerhafte Besteuerungsgrundlage heraus, können Korrekturen nur im Rahmen der allgemeinen steuerlichen Festsetzungsfristen (§§ 169-171 AO) geltend gemacht werden. Für Rückerstattungen besteht eine eigenständige Antragspflicht, und Nachweise sind beizufügen, um Missbrauch zu vermeiden.
Welche Rechtsbehelfe stehen gegen Festsetzungsbescheide der Versicherungsteuer zur Verfügung?
Gegen Steuerfestsetzungsbescheide des Bundeszentralamts für Steuern im Bereich der Versicherungsteuer können nach § 347 AO die üblichen steuerlichen Rechtsbehelfe eingelegt werden. Hierzu zählt maßgeblich der Einspruch, der binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides schriftlich oder elektronisch beim Bundeszentralamt für Steuern erhoben werden muss. Wird dem Einspruch nicht abgeholfen, steht der Weg zu den Finanzgerichten offen. Im Beschwerdeverfahren sind sowohl formelle als auch materielle Einwendungen zulässig, beispielsweise Fehler bei der Steuerberechnung oder bei der rechtlichen Einordnung der Vertragsverhältnisse. Wird die Frist versäumt, gilt der Bescheid als bestandskräftig; nur in Ausnahmefällen wie bei nachträglich bekannt gewordenen Tatsachen oder Änderungsanträgen auf der Grundlage des § 173 AO kann eine (Wieder-)Aufnahme des Verfahrens beantragt werden.