Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Versicherungsrecht»Versicherungskennzeichen

Versicherungskennzeichen


Begriff und rechtliche Grundlagen des Versicherungskennzeichens

Das Versicherungskennzeichen ist im deutschen Recht ein amtliches Kennzeichen, das für bestimmte, in der Regel zulassungsfreie Kraftfahrzeuge, vorgeschrieben ist. Es dient als Nachweis über das Bestehen einer Haftpflichtversicherung gegenüber Dritten und ist damit integraler Bestandteil des deutschen Systems der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung. Versicherungskennzeichen sind deutschlandweit nach festen gesetzlichen Vorgaben gestaltet und werden jährlich neu ausgegeben.

Rechtlicher Rahmen

Gesetzliche Grundlagen

Die Verpflichtung zur Anbringung eines Versicherungskennzeichens ist insbesondere in folgenden Rechtsquellen geregelt:

  • § 29 Pflichtversicherungsgesetz (PflVG): Nach dem Pflichtversicherungsgesetz muss für bestimmte Kraftfahrzeuge, die nicht zulassungspflichtig sind, eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen werden, deren Nachweis das Versicherungskennzeichen darstellt.
  • § 26 Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV): Die FZV konkretisiert die versicherungsrechtlichen Pflichten und beschreibt Einzelheiten zur Kennzeichnung von dazu verpflichteten Fahrzeugen.

Darüber hinaus regeln die Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr (Fahrzeug-Zulassungsverordnung – FZV) sowie die Fahrzeugkennzeichen-Verordnung (FZV) die Gestaltung und die Pflicht zur Anbringung des Versicherungskennzeichens.

Anwendungsbereich

Das Versicherungskennzeichen ist für folgende Kraftfahrzeuge vorgesehen:

  • Kleinkrafträder (Mopeds, Mofas)
  • Leichtkraftroller
  • Elektronische Kleinfahrzeuge (z. B. E-Scooter, sofern sie bestimmten Voraussetzungen genügen)
  • bestimmte motorisierte Krankenfahrstühle
  • motorisierte Fahrräder mit Hilfsmotor

Fahrzeuge, die der regulären Zulassungspflicht unterliegen (z. B. Pkw, Lkw, Motorräder), erhalten stattdessen ein amtliches Kennzeichen und eine Zulassungsbescheinigung.

Funktion und Eigenschaften

Nachweis der Haftpflichtversicherung

Das Versicherungskennzeichen ist primär ein sichtbares Zeichen für eine bestehende Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung. Ohne einen solchen Versicherungsschutz ist das Führen fahrerlaubnisfreier, aber kennzeichenpflichtiger Fahrzeuge auf öffentlichen Verkehrsflächen untersagt. Das Kennzeichen befreit jedoch nicht von weiteren gesetzlichen Pflichten, wie z. B. ggf. erforderlichen Betriebserlaubnissen.

Gestaltung und Gültigkeit

Form und Design

Das Versicherungskennzeichen besteht aus einem kleinen Metall- oder Kunststoffschild (alternativ als selbstklebendes Schild bei modernen Fahrzeugen möglich) und ist nach gesetzlichen Vorgaben gestaltet:

  • Maße: üblicherweise 13 cm × 10 cm
  • Dreistellige Buchstabenkombination, gefolgt von dreistelliger Zahl
  • Farbgebung wechselt jährlich: Schwarz, Grün und Blau (zur schnellen Erkennbarkeit des Versicherungsjahres)

Gültigkeit

Das Versicherungskennzeichen ist stets ab dem 1. März eines Jahres gültig und verliert spätestens am letzten Tag des Februars des darauffolgenden Jahres seine Wirksamkeit. Fahrzeuge dürfen danach nur mit einem neuen Kennzeichen geführt werden.

Ausgabe und Erwerb

Erwerb und Ausgabeprozess

Der Abschluss einer Haftpflichtversicherung für ein kennzeichenpflichtiges Fahrzeug erfolgt über eine Versicherungsgesellschaft. Nach Zahlung des Versicherungsbeitrags stellt die Gesellschaft das jeweilige Versicherungskennzeichen sowie eine Versicherungsbescheinigung aus. Diese Bescheinigung ist mitzuführen und ist bei Kontrollen vorzulegen.

Mitführungspflichten und Kontrollrechte

Das Kennzeichen muss an einer gut sichtbaren und fest angebrachten Stelle am Fahrzeug geführt werden. Die Polizei und andere zur Verkehrskontrolle befugte Behörden sind berechtigt, die Versicherungsbescheinigung anzufordern.

Rechtliche Konsequenzen bei Verstößen

Fahren ohne gültiges Versicherungskennzeichen

Das Fahren mit einem Fahrzeug ohne gültiges Versicherungskennzeichen stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und kann nach § 6 Pflichtversicherungsgesetz häufig eine Strafbarkeit begründen. Neben Bußgeldern kann dies auch eine Beschlagnahmung des Fahrzeugs und den Entzug von Fahrzeugpapieren zur Folge haben.

Haftungsfolgen

Im Falle eines Unfalls ohne vorliegenden Versicherungsschutz haften Fahrende persönlich in voller Höhe für entstandene Schäden. Die Verkehrsopferhilfe tritt gegebenenfalls subsidiär ein, nimmt jedoch Regress gegenüber dem Fahrer.

Abgrenzung und Sonderregelungen

Unterscheidung zu amtlichen Kennzeichen

Anders als amtliche Kennzeichen belegen Versicherungskennzeichen ausschließlich das Bestehen einer Haftpflichtversicherung und ersetzen keine Zulassungsbescheinigung oder Betriebserlaubnis.

Sonderregelungen für E-Scooter und moderne Elektrokleinstfahrzeuge

Seit Inkrafttreten der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV) gelten für E-Scooter spezielle Vorgaben. Diese erhalten abweichende, kleinere Versicherungsschilder (Aufkleber), welche sich in Größe und Gestaltung unterscheiden, jedoch gleichermaßen nachweisen, dass ein Haftpflichtschutz besteht.

Internationale Betrachtung

Das Konzept des Versicherungskennzeichens existiert in ähnlicher Form auch in anderen europäischen Staaten. In Deutschland ist das System jedoch besonders etabliert und gesetzlich klar ausgeprägt, sodass ausländische Versicherungskennzeichen im Inland (außer in Fällen von Besuchsfahrzeugen im Rahmen von internationalen Versicherungsabkommen) nicht anerkannt werden.

Literatur und weiterführende Rechtsquellen

  • Pflichtversicherungsgesetz (PflVG)
  • Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr (FZV)
  • Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV)
  • Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV)
  • Straßenverkehrsgesetz (StVG)

Durch die sorgfältige Beachtung der dargestellten rechtlichen Vorgaben zum Versicherungskennzeichen lassen sich Risiken im Straßenverkehr und strafrechtliche Folgen bei Verstößen vermeiden. Das Versicherungskennzeichen bleibt ein wichtiges Element zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit und des Opferschutzes im deutschen Straßenverkehrsrecht.

Häufig gestellte Fragen

Wann ist ein Versicherungskennzeichen gesetzlich erforderlich?

Ein Versicherungskennzeichen ist immer dann gesetzlich vorgeschrieben, wenn ein motorisiertes Fahrzeug geführt wird, das nach dem Pflichtversicherungsgesetz (PflVG) von der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungspflicht erfasst ist, für das jedoch kein amtliches Kennzeichen vorgesehen ist. Dies betrifft insbesondere Kleinkrafträder, Leichtmofas, E-Scooter und ähnliche Fahrzeuge mit geringer Motorleistung oder Höchstgeschwindigkeit. Die gesetzliche Grundlage findet sich im § 1 PflVG, in Verbindung mit der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV), wo bestimmt ist, dass derartige Fahrzeuge nicht zugelassen, aber mit einem gültigen Versicherungskennzeichen im öffentlichen Verkehrsraum betrieben werden dürfen. Ohne dieses Kennzeichen ist das Führen solcher Fahrzeuge untersagt und kann gemäß § 6 PflVG strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Welche rechtlichen Konsequenzen drohen beim Fahren ohne gültiges Versicherungskennzeichen?

Das Fahren ohne gültiges Versicherungskennzeichen stellt eine Ordnungswidrigkeit oder sogar eine Straftat dar. Konkret handelt es sich dabei um das Fahren ohne Haftpflichtversicherungsschutz, was nach § 6 PflVG eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe nach sich ziehen kann. Zusätzlich kann gemäß Straßenverkehrsgesetz (StVG) ein Fahrverbot verhängt werden. Die Polizei ist berechtigt, das Fahrzeug sofort aus dem Verkehr zu ziehen, wenn festgestellt wird, dass kein Versicherungsschutz besteht. Darüber hinaus erlöschen sämtliche Ansprüche gegenüber der Versicherung im Schadensfall, der Fahrzeughalter haftet für Schäden also persönlich und unbegrenzt mit seinem gesamten Vermögen.

Wie lange ist ein Versicherungskennzeichen gültig und wie ist die gesetzliche Regelung für den Wechsel?

Versicherungskennzeichen haben gemäß § 26 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung stets eine Ablaufdauer von maximal einem Jahr, beginnend am 1. März und endend am letzten Tag im Februar des Folgejahres. Mit Ablauf des Gültigkeitszeitraumes ist das Versicherungskennzeichen unverzüglich zu entfernen und das Fahrzeug darf ohne erneutes, neues Versicherungskennzeichen nicht mehr im öffentlichen Straßenverkehr genutzt werden. Es besteht keine Möglichkeit, die Gültigkeitsdauer zu verlängern; der Halter muss aktiv ein neues Kennzeichen und damit einen neuen Versicherungsvertrag abschließen.

Sind Versicherungskennzeichen an eine Person oder an ein Fahrzeug gebunden?

Nach geltendem Recht ist das Versicherungskennzeichen grundsätzlich an das Fahrzeug gebunden, nicht an die Person. Das heißt, das Kennzeichen legitimiert das jeweilige Fahrzeug, nicht den jeweiligen Halter oder Fahrer. Bei einem Halterwechsel bleibt das Kennzeichen am Fahrzeug, solange es für das laufende Versicherungsjahr gültig ist – erst ab dem neuen Versicherungsjahr muss es gegen ein neues Kennzeichen getauscht werden. Beim Wechsel des Fahrzeugs auf eine andere Person empfiehlt die Versicherung jedoch, den Versicherungsbestand anzupassen, um mögliche Haftungslücken zu vermeiden, da vertragliche Absprachen hiervon abweichen können.

Wer darf ein Versicherungskennzeichen ausgeben, und welche rechtliche Grundlage existiert dafür?

Versicherungskennzeichen dürfen ausschließlich von zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen ausgegeben werden, die in Deutschland eine Erlaubnis gemäß Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) besitzen. Grundlage hierfür bildet § 6 Pflichtversicherungsgesetz in Verbindung mit § 26 Fahrzeug-Zulassungsverordnung. Andere Stellen oder Privatpersonen, die nicht als Versicherungsunternehmen anerkannt sind, dürfen keine Versicherungskennzeichen ausgeben. Die Ausgabe erfolgt nach Abschluss eines entsprechenden Haftpflichtversicherungsvertrages; dabei ist die Versicherung verpflichtet, das ausgehändigte Kennzeichen an das zentrale Versicherungskennzeichenregister zu melden.

Welche Anforderungen gibt es an die Lesbarkeit und Anbringung des Versicherungskennzeichens aus rechtlicher Sicht?

Die gesetzlichen Anforderungen bezüglich Größe, Lesbarkeit und Anbringung des Versicherungskennzeichens sind in der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (§ 27 FZV) geregelt. Demnach muss das Kennzeichen fest und gut sichtbar an der Rückseite des Fahrzeugs angebracht werden, so dass es jederzeit eindeutig ablesbar ist und nicht durch Gegenstände oder Verschmutzungen verdeckt wird. Verstöße gegen diese Regelungen werden als Ordnungswidrigkeit behandelt und gemäß Bußgeldkatalog geahndet. Das Kennzeichen darf nicht verändert, bemalt, beklebt oder anderweitig manipuliert werden.

Welche Pflichten bestehen beim Verlust oder Diebstahl eines Versicherungskennzeichens?

Kommt es zum Verlust oder Diebstahl des Versicherungskennzeichens, ist der Versicherungsnehmer nach § 27 Abs. 3 FZV unverzüglich verpflichtet, dies der Versicherungsgesellschaft zu melden. Diese kann ein Ersatzkennzeichen ausstellen und das alte Kennzeichen als ungültig im zentralen Register markieren. Die weitere Verwendung eines abhandengekommenen oder gestohlenen Kennzeichens ist unzulässig und gilt, sofern im Verkehr verwendet, als strafbare Handlung nach den einschlägigen Vorschriften des Pflichtversicherungsgesetzes und des Strafgesetzbuches über Urkundenfälschung (§ 267 StGB).