Legal Lexikon

Versicherter


Begriff und rechtliche Einordnung des „Versicherten“

Der Begriff „Versicherter“ bezeichnet im deutschen Recht eine natürliche oder juristische Person, für die im Rahmen eines Versicherungsvertrages Versicherungsschutz besteht. Die rechtliche Stellung des Versicherten ist zentraler Bestandteil zahlreicher versicherungsrechtlicher Regelungen und Abgrenzungen, insbesondere im Versicherungsvertragsrecht, im Sozialversicherungsrecht sowie im Zusammenhang mit der Haftung und dem Schutzumfang des jeweiligen Versicherungsschutzes.

Versicherungstechnische Definition

Versicherter ist die Person, auf deren Leben, Gesundheit, Vermögen, Haftung oder sonstiger Rechtsgüter sich die Versicherung bezieht. Der Versicherte ist nicht zwangsläufig identisch mit dem Versicherungsnehmer, also der Person, die den Versicherungsvertrag abschließt und die Prämien zahlt. Eine Abgrenzung ist daher häufig erforderlich.

Abgrenzung: Versicherter, Versicherungsnehmer und Begünstigter

  • Versicherungsnehmer: Die Person, die mit dem Versicherer den Vertrag abschließt.
  • Versicherter: Die Person, deren Risiko der Vertrag abdeckt.
  • Begünstigter: Die Person, die im Bedarfsfall Leistungen vom Versicherer erhält (z. B. im Todesfall bei der Lebensversicherung).

In vielen Konstellationen fällt die Rolle des Versicherten und des Versicherungsnehmers zusammen, etwa bei der privaten Haftpflichtversicherung. Bei der Lebensversicherung kann hingegen eine andere Person als der Versicherungsnehmer versichert werden.

Versicherter im Privatversicherungsrecht

Das Privatversicherungsrecht, geregelt insbesondere im Versicherungsvertragsgesetz (VVG), befasst sich mit den Rechtsbeziehungen zwischen dem Versicherer, dem Versicherungsnehmer und dem Versicherten.

Rechte und Pflichten des Versicherten

Die Rechte des Versicherten unterscheiden sich von denen des Versicherungsnehmers, sind aber je nach Vertragsgestaltung eigenständig ausgestaltet:

  • Anspruch auf Leistung: In vielen Fällen steht ausschließlich dem Versicherten das Recht auf Leistungserbringung zu, etwa wenn eine Person versichert wird, ohne Versicherungsnehmer zu sein.
  • Mitwirkungsrechte und -pflichten: Der Versicherte ist häufig zur Mitwirkung verpflichtet, beispielsweise bei der Anzeige von Versicherungsfällen (§ 30 VVG) oder bei der Offenlegung bestimmter Informationen.

Versicherte Personen im Sinne des VVG

Ein Versicherungsvertrag kann einen oder mehrere Versicherte umfassen. Das VVG unterscheidet die Stellung des Versicherten ausdrücklich von der des Versicherungsnehmers, etwa in § 44 VVG (Kündigungsrecht des Versicherten bei Lebensversicherungen).

Bezogen auf verschiedene Versicherungsarten

  • Lebensversicherung: Der Versicherte ist die Person, auf deren Leben der Vertrag abgeschlossen wird.
  • Unfallversicherung: Der Versicherte ist diejenige Person, deren Gesundheit geschützt werden soll.
  • Haftpflichtversicherung: Hier wird das Haftungsrisiko des Versicherten abgedeckt.

Versicherter im Sozialversicherungsrecht

Im Sozialgesetzbuch (SGB) finden sich zahlreiche Regelungen rund um die Stellung des Versicherten in den Zweigen der Sozialversicherung (Kranken-, Unfall-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung).

Sozialrechtliche Definition und Bedeutung

Versicherter im sozialrechtlichen Sinn ist grundsätzlich jede Person, die kraft Gesetzes, durch Satzung oder freiwillig in einer Sozialversicherung versichert ist (§§ 2 ff. SGB I).

Pflichten und Rechte

Sozialversicherte genießen gesetzlich garantierten Versicherungsschutz, sind jedoch auch zur Mitwirkung und Beitragszahlung verpflichtet (§§ 60 ff. SGB I).

Verpflichtungen und Rechte des Versicherten

Mitwirkungspflichten

Versicherte müssen bei der Feststellung des Versicherungsfalls und des Leistungsumfangs mitwirken. Dazu zählen im Versicherungsfall die unverzügliche Meldung und die Einreichung relevanter Unterlagen. Unterlassen oder verzögern Versicherte diese Pflichten schuldhaft, kann dies zur Leistungskürzung oder Leistungsfreiheit des Versicherers führen.

Anspruch auf Versicherungsschutz

Der Versicherte kann, je nach Ausgestaltung des Versicherungsvertrages, im eigenen Namen gegen den Versicherer vorgehen und Leistungen fordern, selbst wenn er nicht der Versicherungsnehmer ist (Beispiel: Direktversicherung im Arbeitsverhältnis oder Bezugsberechtigte in der Lebensversicherung).

Versicherter und Datenschutz

Im Verhältnis zwischen Versicherer und Versichertem gelten die gesetzlichen Datenschutzbestimmungen. Personenbezogene Daten des Versicherten dürfen nur zur Erfüllung des Versicherungsvertrages verarbeitet werden. Die Einwilligung des Versicherten zur Verarbeitung seiner Gesundheitsdaten ist – insbesondere bei der Personenversicherung – regelmäßig erforderlich (§ 213 VVG, DSGVO).

Besonderheiten bei Mehrpersonenverhältnissen

Familienversicherung und Mitversicherung

Im Rahmen kollektiver Versicherungen oder der Familienversicherung (z.B. in der gesetzlichen Krankenversicherung) erstreckt sich der Versicherungsschutz auf weitere, mitversicherte Personen. Diese können beispielsweise Ehepartner oder Kinder des Versicherten sein.

Gruppenversicherungen

Im Gruppenversicherungsrecht werden mehrere Versicherte unter einem gemeinsamen Versicherungsvertrag zusammengefasst (zum Beispiel betriebliche Altersversorgung, Gruppenunfallversicherung).

Verlust und Änderung der Stellung als Versicherter

Die Eigenschaft als Versicherter kann durch verschiedene Umstände enden, wie zum Beispiel Vertragsende, Kündigung, Austritt aus der versicherten Bezugsgruppe oder durch Rücktritt vom Vertrag. Übertragungen der Stellung als Versicherter sind in der Regel nur in bestimmten Ausnahmefällen möglich (etwa im Rahmen eines Forderungsübergangs).

Bedeutung des Versichertenbegriffs in der Praxis

Die genaue Bestimmung des Begriffs „Versicherter“ hat erhebliche Auswirkungen auf den Leistungsfall, die Anspruchsinhaberschaft und die Rechte im Streitfall. Vor allem im Bereich der Haftpflicht-, Unfall- und Lebensversicherung ist die Definition maßgeblich für die Geltendmachung von Versicherungsleistungen.


Fazit:
Der Versicherte ist im Versicherungs- und Sozialversicherungsrecht eine zentrale Rechtsfigur mit zahlreichen eigenständigen Rechten und Pflichten, deren genaue rechtliche Stellung sich je nach Versicherungsart und Vertragsgestaltung unterscheiden kann. Die klare Abgrenzung vom Versicherungsnehmer und anderen Beteiligten ist für die Anspruchsberechtigung, Leistungsabwicklung und Durchsetzung von Ansprüchen im Versicherungsfall von entscheidender Bedeutung.

Häufig gestellte Fragen

Welche Rechte hat der Versicherte im Versicherungsverhältnis?

Der Versicherte besitzt im Versicherungsverhältnis umfassende Rechte, die im Wesentlichen dem Schutz seiner Interessen und der Durchsetzung seiner Ansprüche gegenüber dem Versicherer dienen. Zentrale Rechte sind das Recht auf Leistungserbringung im Versicherungsfall nach Maßgabe des Versicherungsvertrages (§ 1 VVG), das Recht auf Auskunft und Information über den Umfang des Versicherungsschutzes, die Versicherungsbedingungen und den Leistungsfall (§§ 6-7a VVG). Weiterhin ist der Versicherte berechtigt, eine sach- und fachgerechte Schadenregulierung zu verlangen und kann im Streitfall unter bestimmten Voraussetzungen Klage auf Leistung gegen den Versicherer erheben (§ 44 VVG). Zudem hat der Versicherte im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten Rechte nach der DSGVO, etwa auf Auskunft, Datenberichtigung oder Widerspruch. Im Sozialversicherungsrecht stehen dem Versicherten darüber hinaus besondere Mitwirkungsrechte, beispielsweise bei der Antragsstellung, Anhörung und im Widerspruchsverfahren, zu.

Inwiefern haftet der Versicherte bei Obliegenheitsverletzungen?

Verstößt der Versicherte gegen vertraglich vereinbarte Obliegenheiten, etwa Melde-, Anzeige- oder Aufklärungspflichten vor oder nach Eintritt des Versicherungsfalls (§§ 19 ff. VVG), kann dies gravierende rechtliche Konsequenzen haben. Rechtsfolge einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Obliegenheitsverletzung kann die vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit des Versicherers im Schadensfall sein, wenn der Verstoß ursächlich für den Schaden oder die Feststellung bzw. den Umfang der Leistungspflicht ist (§ 28 VVG). In bestimmten Fällen, wie bei arglistiger Täuschung, kann auch eine Anfechtung oder Kündigung des Vertrages drohen. Es besteht eine wesentliche Beweislastumkehr zugunsten des Versicherten, wenn der Versicherer sich auf Leistungsfreiheit beruft: Der Versicherte kann nachweisen, dass die Obliegenheitsverletzung keinen Einfluss auf die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht hatte.

Welche Informationspflichten bestehen gegenüber dem Versicherten?

Der Versicherer ist nach dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG) sowie nach spezialgesetzlichen Regelungen verpflichtet, den Versicherten umfassend und transparent zu informieren. Vorvertraglich muss der Versicherte gemäß §§ 6-7a VVG klar, verständlich und rechtzeitig über sämtliche wesentlichen Vertragsinhalte und Bedingungen, insbesondere über Art, Umfang, Ausschlüsse und Obliegenheiten, aufgeklärt werden. Im laufenden Vertragsverhältnis und insbesondere im Versicherungsfall treffen den Versicherer fortlaufende Informationspflichten über etwaige Änderungen, Prämienanpassungen (§ 203 VVG), Leistungsentscheidungen und deren Begründung. Werden diese Pflichten verletzt, können Ansprüche auf Schadenersatz entstehen und dem Versicherten Sonderkündigungsrechte zustehen.

Wie gestaltet sich die Rechtsstellung des Versicherten gegenüber dem Versicherungsnehmer?

Versicherungsnehmer und Versicherter können unterschiedliche, aber auch identische Personen sein. Ist der Versicherte nicht selbst Versicherungsnehmer, so erhält er nach § 44 VVG unter bestimmten Voraussetzungen ein eigenes, sogenanntes gestärktes Forderungsrecht gegen den Versicherer. Dies bedeutet insbesondere, dass er als „Dritter“ im Vertrag zugunsten Dritter i. S. d. § 328 BGB selbständig Ansprüche auf Versicherungsleistungen geltend machen kann. Im Verhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Versichertem können gesonderte Rechte bestehen, die etwaig im Innenverhältnis (z.B. bei Gruppenversicherungen oder Fremdversicherung) durch Vereinbarungen ausgestaltet sind. Der Versicherte hat in diesem Fall allerdings keinen Einfluss auf vertragliche Vereinbarungen zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer, sofern sich daraus keine Rechte direkt zu seinen Gunsten ergeben.

Welche Besonderheiten ergeben sich bei der Leistungsdurchsetzung durch den Versicherten?

Die Leistungsdurchsetzung durch den Versicherten hängt maßgeblich vom Typus des Versicherungsverhältnisses ab (Individualversicherung, Gruppenversicherung, Sozialversicherung). In der Individualversicherung kann der Versicherte – sofern er Anspruchsinhaber ist – eigene Leistungsansprüche im Klagewege geltend machen. Im Falle eines Vertrages zugunsten Dritter oder der Fremdversicherung stehen dem Versicherten ebenfalls Rechte gegen den Versicherer zu, jedoch kann der Versicherungsnehmer unter Umständen die Geltendmachung blockieren, sofern er noch den Bezugsrechtsstatus ändern kann. In der Sozialversicherung besteht ein formalisiertes Verwaltungsverfahren, das dem Versicherten umfangreiche Verfahrensrechte (Anhörung, Akteneinsicht, Widerspruch, Klage) sichert. Kommt der Versicherer seiner Leistungspflicht nicht nach, kann sich der Versicherte neben dem ordentlichen Gerichtsweg auch auf Ombudsstellen oder Schlichtungsstellen stützen.

Welche Mitwirkungspflichten treffen den Versicherten im Schadensfall?

Im Schadensfall treffen den Versicherten zahlreiche Mitwirkungspflichten, die im Versicherungsvertrag, den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) sowie gesetzlichen Vorschriften (§ 31 VVG, bei Sozialversicherungen § 60 SGB I ff.) geregelt sind. Dazu zählen insbesondere die Pflicht zur unverzüglichen Schadensmeldung, die Pflicht zur umfassenden und wahrheitsgemäßen Auskunftserteilung und Mitwirkung bei der Aufklärung des Schadenshergangs, Ermittlungen und Beweissicherung. Des Weiteren können versicherungsartenspezifisch besondere Mitwirkungshandlungen erforderlich sein (z.B. Schadenminderung, ärztliche Untersuchungen, Vorlage von Nachweisen). Die Verletzung dieser Pflichten kann zu Leistungsreduzierung oder Ausschluss der Versicherungsleistung führen, wobei stets eine Einzelfallprüfung hinsichtlich Verschuldensgrad und Kausalität erfolgt.

Unter welchen Voraussetzungen kann das Versicherungsverhältnis beendet werden?

Das Versicherungsverhältnis kann sowohl durch ordentliche oder außerordentliche Kündigung, Zeitablauf oder besondere Beendigungsregelungen (z.B. bei Tod des Versicherten, Eintritt des Versicherungsfalls, Aufhebungsvertrag) beendet werden. Die Voraussetzungen sind im Versicherungsvertragsgesetz (§§ 8, 92-98 VVG), in den jeweiligen Versicherungsbedingungen sowie ggf. spezialgesetzlich geregelt. Besonders hervorzuheben sind Sonderkündigungsrechte des Versicherten, z.B. nach einer Beitragserhöhung oder Leistungsablehnung (§ 40 VVG), sowie das Widerrufsrecht bei bestimmten Versicherungssparten gemäß § 8 VVG. In der Sozialversicherung bestehen regelmäßige Beendigungen durch politische oder beitragsrechtliche Änderungen, Wechsel der Versicherungspflicht oder Ablauf bestimmter Versicherungszeiten. Die rechtlichen Folgen der Beendigung, wie Nachhaftung oder Beitragsrückerstattung, sind einzelfallspezifisch zu beurteilen.