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Versetzung des Arbeitnehmers

Versetzung des Arbeitnehmers: Bedeutung und Einordnung

Als Versetzung wird die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs durch den Arbeitgeber verstanden. Sie kann den Arbeitsort, die Art der Tätigkeit, die Arbeitszeit oder eine Kombination daraus betreffen. Entscheidend ist, dass die Veränderung über eine bloße Feinsteuerung des Arbeitsalltags hinausgeht und für einen gewissen Zeitraum oder dauerhaft angelegt ist. Im Alltag reicht die Spannbreite von der Tätigkeit in einer anderen Abteilung bis zum Wechsel an einen anderen Standort.

Abzugrenzen ist die Versetzung von der einfachen Arbeitsanweisung, die nur Details der bereits vereinbarten Tätigkeit betrifft (zum Beispiel die Reihenfolge von Arbeitsschritten). Wenn die Veränderung die vertraglich vereinbarte Tätigkeit oder den vereinbarten Arbeitsort erkennbar überschreitet, spricht man regelmäßig von einer Versetzung. Geht die Änderung noch weiter und passt gar nicht mehr zum Arbeitsvertrag, kann eine Vertragsanpassung erforderlich sein. In bestimmten Fällen wird dafür eine Änderung der Vertragsbedingungen genutzt.

Rechtlicher Rahmen und Grenzen

Direktionsrecht und Arbeitsvertrag

Der Arbeitgeber kann die Arbeit inhaltlich, zeitlich und örtlich anordnen, soweit dies durch den Arbeitsvertrag, einschlägige Vereinbarungen im Betrieb und allgemeine Grenzen gedeckt ist. Oft enthalten Verträge Versetzungsklauseln, die den Einsatz in anderen Bereichen oder an anderen Orten vorsehen. Solche Klauseln dürfen nicht grenzenlos sein: Maßgeblich ist, was nach Art des Betriebs, der Qualifikation und den berechtigten Interessen beider Seiten noch als vertraglich umfasst gilt.

Zumutbarkeit und Interessenabwägung

Eine Versetzung muss angemessen sein. Dazu gehört eine Abwägung zwischen betrieblichen Erfordernissen und den persönlichen Belangen der betroffenen Person. Aspekte wie Qualifikation, gesundheitliche Eignung, familiäre Bindungen, Pendelzeiten und die praktische Durchführbarkeit spielen dabei eine Rolle. Änderungen dürfen nicht willkürlich sein und sollen nachvollziehbar begründet werden.

Gleichbehandlung und Diskriminierungsverbot

Versetzungen unterliegen dem Gebot der Gleichbehandlung. Ungleichbehandlungen ohne sachlichen Grund sind zu vermeiden. Zudem dürfen Entscheidungen nicht an verbotene Merkmale anknüpfen, etwa an Herkunft, Geschlecht, Alter, Behinderung, Religion oder Weltanschauung. Schutzvorschriften für bestimmte Gruppen (zum Beispiel werdende Mütter oder schwerbehinderte Menschen) sind zu beachten.

Formen der Versetzung

Ortsversetzung

Hier wird der Arbeitsort verlagert, etwa in einen anderen Betriebsteil oder an einen anderen Standort. Je weiter der neue Einsatzort entfernt liegt, desto eher ist eine Versetzung anzunehmen. Von Bedeutung sind Erreichbarkeit, Reisezeiten und die Dauer der Maßnahme.

Tätigkeitsversetzung

Die Zuweisung einer anderen Tätigkeit oder eines anderen Aufgabenprofils kann eine Versetzung darstellen, wenn sich das Anforderungsniveau oder der Charakter der Arbeit spürbar ändert. Ein bloßes Umverteilen gleichartiger Aufgaben innerhalb desselben Aufgabenbildes ist eher eine Arbeitsanweisung.

Zeitliche Versetzung

Die Veränderung der Arbeitszeit oder des Schichtsystems kann eine Versetzung sein, wenn sie die Arbeitsumstände erheblich verändert, etwa durch einen dauerhaften Wechsel in ein Nachtschichtmodell.

Vorübergehend oder dauerhaft

Eine Versetzung kann zeitlich begrenzt oder auf Dauer angelegt sein. Gesetzliche und betriebliche Regelungen verknüpfen die Einordnung oft mit der erwarteten Dauer und der Erheblichkeit der Veränderung. Vorübergehende Einsätze von kurzer Dauer sind eher als Umsetzung oder Abordnung einzuordnen, während längerfristige und tiefgreifende Änderungen als Versetzung gelten.

Beteiligungsrechte im Betrieb

Mitbestimmung des Betriebsrats

In Betrieben mit Arbeitnehmervertretung besteht ein Mitbestimmungsrecht bei Versetzungen. Als Versetzung gilt hier insbesondere die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die voraussichtlich länger als einen Monat dauert, oder eine Maßnahme mit erheblich veränderten Arbeitsumständen. Der Arbeitgeber muss die Vertretung vor Durchführung informieren und beteiligen. Eine fehlende oder fehlerhafte Beteiligung kann die Maßnahme beeinträchtigen.

Weitere Interessenvertretungen

Bei schwerbehinderten oder gleichgestellten Beschäftigten ist die zuständige Vertretung einzubeziehen. In bestimmten Bereichen können Gleichstellungs- oder Personalvertretungen zusätzliche Rechte haben. Im öffentlichen Dienst gelten eigene Beteiligungsverfahren.

Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen

Kollektive Regelungen können Ankündigungsfristen, Auswahlgrundsätze, Kriterien der Sozialauswahl oder Ausgleichsregelungen vorsehen. Sie prägen, was im Einzelfall als zulässig und zumutbar gilt.

Verfahren und Kommunikation

Ankündigung und Form

Eine Versetzung bedarf keiner besonderen Form, wird in der Praxis aber regelmäßig schriftlich mitgeteilt. Inhalt, Zeitpunkt und voraussichtliche Dauer sollten erkennbar sein. Bei befristeten Versetzungen wird die Laufzeit angegeben.

Dokumentation und Transparenz

Eine nachvollziehbare Begründung erleichtert die Einordnung und macht deutlich, dass sachliche Gründe zugrunde liegen. Die Dokumentation hilft auch bei der Beteiligung der Interessenvertretungen und bei späteren Überprüfungen.

Auswirkungen auf Vergütung und Eingruppierung

Wertigkeit der Tätigkeit

Wechselt die Tätigkeit auf ein anderes Anforderungsniveau, kann dies Auswirkungen auf Eingruppierung und Vergütung haben, wenn entsprechende Regelungen bestehen. Eine dauerhafte Zuweisung geringerwertiger Tätigkeiten ohne vertragliche Grundlage ist regelmäßig problematisch. Höherwertige Tätigkeiten können Zulagen oder eine angepasste Eingruppierung auslösen, sofern die einschlägigen Regelwerke dies vorsehen.

Zulagen, Aufwendungen und Wegezeiten

Bei Veränderungen des Arbeitsorts oder der Arbeitszeit können tarifliche oder betriebliche Regelungen zu Zulagen, Erschwerniszuschlägen oder Reisekosten einschlägig sein. Ob und in welchem Umfang solche Leistungen entstehen, hängt von den jeweiligen Vereinbarungen ab.

Besondere Konstellationen

Gesundheitliche Aspekte

Gesundheitliche Einschränkungen können die Zumutbarkeit beeinflussen. Maßnahmen, die die Sicherheit oder Gesundheit gefährden, sind unzulässig. Eignungs- und Tauglichkeitsfragen werden im Rahmen der Interessenabwägung berücksichtigt.

Schutzzeiten und familiäre Belange

Bei Schwangerschaft, Elternzeit oder Pflegeverantwortung gelten besondere Schutzmechanismen und Rücksichtnahmepflichten. Diese können die Reichweite einer Versetzung begrenzen oder besondere Anforderungen an ihre Ausgestaltung stellen.

Öffentlicher Dienst

Im öffentlichen Dienst unterscheiden sich Begrifflichkeiten und Verfahren (beispielsweise Abordnung und Versetzung im beamten- oder tarifrechtlichen Sinne). Häufig bestehen konkrete Vorgaben zu Dauer, Beteiligung und Folgefragen, die von den allgemeinen Regeln abweichen können.

Auslandseinsatz

Bei Einsätzen im Ausland spielen zusätzliche Fragen eine Rolle, etwa Aufenthaltsstatus, Sozialversicherung, Tax Compliance und Arbeitsschutz nach ausländischem Recht. Üblicherweise werden solche Einsätze gesondert geregelt.

Konflikte und Rechtsfolgen

Fehlende Beteiligung der Interessenvertretung

Wird eine Versetzung ohne erforderliche Beteiligung der Arbeitnehmervertretung vorgenommen, kann dies die Wirksamkeit der Maßnahme beeinträchtigen. In solchen Fällen sehen die einschlägigen Beteiligungsverfahren Korrekturmöglichkeiten vor.

Verweigerung der Arbeitsaufnahme

Lehnt eine Person die Versetzung ab, obwohl sie vom Vertrag oder von wirksamen Regelungen gedeckt ist, kann dies zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen führen. Umgekehrt kann die Anordnung einer offensichtlich unzulässigen Versetzung ebenfalls Folgen haben. Welche Konsequenzen im Einzelfall entstehen, hängt von den Umständen ab.

Innerbetriebliche Konfliktlösung

Kollektive und betriebliche Mechanismen wie Einigungsstellen oder interne Beschwerdewege dienen der Klärung von Streitfällen rund um Versetzungen. Sie unterstützen dabei, zwischen betrieblichen Erfordernissen und individuellen Belangen einen Ausgleich zu finden.

Häufig gestellte Fragen

Was ist unter einer Versetzung im Arbeitsverhältnis zu verstehen?

Eine Versetzung ist die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs durch den Arbeitgeber, die den Arbeitsort, die Tätigkeit, die Arbeitszeit oder die Arbeitsumstände spürbar verändert und regelmäßig über eine nur kurzfristige Maßnahme hinausgeht.

Worin unterscheidet sich eine Versetzung von einer einfachen Arbeitsanweisung?

Eine Arbeitsanweisung steuert Details innerhalb der bereits vereinbarten Tätigkeit. Eine Versetzung liegt vor, wenn Charakter, Umfang oder Ort der Arbeit so verändert werden, dass der bisherige Zuschnitt des Arbeitsplatzes wesentlich betroffen ist.

Ist für eine Versetzung die Zustimmung der betroffenen Person erforderlich?

Ob eine Zustimmung erforderlich ist, hängt davon ab, ob die Maßnahme vom Arbeitsvertrag und den einschlägigen Regelungen gedeckt ist. Liegt die Versetzung innerhalb dieses Rahmens und wahrt sie die Zumutbarkeit, kann sie regelmäßig einseitig angeordnet werden. Geht sie darüber hinaus, bedarf es einer Vertragsänderung.

Welche Rolle spielt der Betriebsrat bei Versetzungen?

In Betrieben mit Arbeitnehmervertretung besteht ein Mitbestimmungsrecht. Der Arbeitgeber muss die Versetzung vorab mitteilen und die Zustimmung der Vertretung einholen oder das vorgesehene Verfahren durchführen. Ohne ordnungsgemäße Beteiligung kann die Maßnahme beeinträchtigt sein.

Darf eine Versetzung zu einer geringeren Vergütung führen?

Eine dauerhafte Zuweisung geringerwertiger Tätigkeiten mit Auswirkungen auf die Vergütung setzt eine entsprechende Grundlage voraus. Ob und wie sich die Vergütung ändert, bestimmen Arbeitsvertrag, Tarifverträge und betriebliche Regelungen.

Welche Grenzen gelten für Ort und Dauer einer Versetzung?

Maßgeblich sind der vertragliche Rahmen, die Zumutbarkeit und die Abwägung der beiderseitigen Interessen. Längerfristige und weitreichende Änderungen werden eher als Versetzung eingeordnet. Ortswechsel über große Distanzen unterliegen erhöhten Anforderungen an die Angemessenheit.

Gibt es besondere Schutzvorschriften für bestimmte Personengruppen?

Ja. Für werdende Mütter, Beschäftigte in Elternzeit sowie schwerbehinderte oder gleichgestellte Menschen gelten besondere Schutzmechanismen und Beteiligungsrechte. Diese können Umfang und Ausgestaltung einer Versetzung beeinflussen.